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L85003 Straßen Niederösterreich;Norm
AVG §8;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/05/0074Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde 1. des Franz Aiginger jun. (hg. Zl. 2003/05/0073) und 2. der Brigitte Aiginger (hg. Zl. 2003/05/0074), beide in Neufurth, beide vertreten durch Dr. Hermann Gaigg, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Museumstraße 4, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung je vom 20. März 2003, Zlen. RU1-B-0211/02 (hg. Zl. 2003/05/0073) und RU1-B-0211/03 (hg. Zl. 2003/05/0074), jeweils betreffend Einwendungen gegen eine straßenbaurechtliche Bewilligung gemäß § 12 NÖ Straßengesetz 1999 (mitbeteiligte Partei: Land Niederösterreich, Niederösterreichische Straßenbauabteilung VI, vertreten durch den Landeshauptmann), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die beiden Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 356,15 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 28. Mai 2002 beantragte die mitbeteiligte Partei bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten als zuständiger Behörde im Sinne des § 2 Z. 2 NÖ Straßengesetz 1999 die Erteilung der Bewilligung gemäß § 12 NÖ Straßengesetz 1999 für das Baulos "Ertüchtigung der B 121" auf der Weyrer Straße (Landesstraße B 121) von Kilometer 4,0 bis 7,4 (Weißes Kreuz).
Bei Straßenkilometer 6,9 der B 121 grenzt unmittelbar an die Weyrerstraße das Grundstück Nr. 1885/24, KG Mauer bei Amstetten, der zweitbeschwerdeführenden Partei. Die erstbeschwerdeführende Partei ist Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Nr. 1885/28, des selben Grundbuches, welches ebenfalls der Weyrer Straße (bei Straßenkilometer 7,00) unmittelbar benachbart ist. Beide beschwerdeführende Parteien wurden zur Ortsaugenscheinsverhandlung am 26. Juni 2002 persönlich geladen. Sie haben an dieser Verhandlung auch teilgenommen, jedoch keine Einwendungen erhoben. Sie haben ihre Parteistellung im Verfahren dennoch nicht verloren (siehe das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2003, Zlen. 2002/05/1389 und 1390).
Nach Durchführung eines Ortsaugenscheines erstattete der beigezogene verkehrstechnische Amtssachverständige (in dieser Verhandlung) folgendes Gutachten:
"Befund
Es ist beabsichtigt, die B 121 im Bereich zwischen der lichtsignalgeregelten Kreuzung mit der Daimlerstraße/Leinerstraße und der Kreuzung B 121/L 89 (Weisses Kreuz) vierstreifig auszubauen. Da bei einem vierstreifigen Ausbau Linksabbiegerrelationen nur mehr an signalgeregelten Kreuzungen oder an Kreuzungen, die als Kreisverkehr ausgebaut sind, möglich sind, werden Zufahrtsrelationen in diesem Bereich geändert.
...
Der Kreuzungsbereich mit der Friedenstraße wird dahin abgeändert, dass von der B 121 nur mehr das Abbiegen nach rechts möglich ist sowie die Ausfahrt aus der Friedenstraße nach rechts in die B 121. Der Fahrzeugverkehr aus Richtung Norden zur Friedenstraße wird über den Kreisverkehr 'Weisses Kreuz', die L 89 und die Gemeindestraße Schlüsselstraße zur Friedenstraße geführt. Im Projekt ist zwischen dem Kreisverkehr und der Kreuzung mit der Schlüsselstraße ein Linksabbiegestreifen auf der L 89 vorgesehen.
Gutachten
Aus verkehrstechn. und straßenbautechn. Sicht entspricht das vorgelegte Projekt den Erfordernissen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Straßenverkehrs. Es besteht somit kein Einwand gegen die Erteilung der Bewilligung gemäß § 12 NÖ Straßengesetz."
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 9. August 2002 wurde dem Land Niederösterreich die beantragte Bewilligung gemäß § 12 NÖ Straßengesetz unter Nebenbestimmungen erteilt.
In der dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, das vorliegende Straßenbauvorhaben sei überflüssig; es werde nicht einmal dem Erfordernis des § 9 Abs. 1 NÖ Straßengesetz 1999 Rechnung getragen, wonach ein Straßenbauprojekt dem zu erwartenden Verkehr zu entsprechen habe. Diesbezüglich bestehe weder die Notwendigkeit, die Weyrer Straße vierspurig auszubauen, noch existiere eine entsprechend verlässliche Prognose des zu erwartenden Verkehrs, der einen vierspurigen Ausbau erforderlich machen könnte. Ein vierspuriger Ausbau sei nicht erforderlich, wenn zumindest ein Kreisverkehr existiere, zumal die Erfahrung zeige, dass eine Straße nur so leistungsfähig sei, wie ihre schmalste (dünnste) Stelle. Kreisverkehre entsprächen nicht einmal der Kapazität einer zweispurigen Straße. Das im § 13 NÖ Straßengesetz 1999 den Nachbarn gewährte Recht, dass eine bestehende Zufahrt zum Grundstück zu gewährleisten sei, bedeute auch, dass es der Behörde verboten sei, wesentliche und unzumutbare Erschwernisse durch Straßenneubauten zu schaffen. Künftighin müssten alle bisher von der B 121 in die Friedenstraße links einbiegenden Fahrzeuge den Umweg über das "Weiße Kreuz" nehmen; dies führe zu einer Erhöhung der Verkehrsunsicherheit und einer Erhöhung des Gefahrenpotenzials, weil sich zu den auf den Grundstücken befindlichen Betrieben Zufahrende erst orientieren müssten. Für die Beschwerdeführer und deren Betriebe entstünden existenzgefährdende Umsatzeinbußen wegen der komplizierten Umleitung, die an drei Konkurrenzbetrieben vorbeiführe. Es käme auch zu erhöhten Emissionen (Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigungen) auf Grund der zahlreichen Mehrkilometer, die bedingt durch die Umleitung entstünden. Deshalb erscheine der Verweis auf eine andere Zufahrt zu ihrem Firmengelände als sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch unzumutbar. Die uneingeschränkte Zufahrt in die Friedenstraße sei ein absolut notwendiges Verkehrsbedürfnis. Das Verfahren sei mangelhaft, weil die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen und Kosten der Beschränkung der direkten Zufahrtsmöglichkeit von der Weyrer Landesstraße in die Friedenstraße weder erhoben noch festgestellt noch diesbezügliche Gutachten eingeholt worden seien.
Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführer seien Nachbarn im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 3 NÖ Straßengesetz 1999. Im Straßenbewilligungsverfahren nach § 12 NÖ Straßengesetz 1999 könnten Nachbarn nur die im § 13 Abs. 2 NÖ Straßengesetz 1999 taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen. Alle anderen Einwendungen seien unzulässig. Die Beschwerdeführer hätten somit hinsichtlich der Einwendungen der ökologischen und wirtschaftlichen Unzumutbarkeit bzw. der Kosten, die für sie durch die Beschränkung der direkten Zufahrtsmöglichkeit von der Weyrer Straße in die Friedenstraße entstünden sowie durch den Einwand, dass der vierspurige Ausbau der Weyrer Straße nicht erforderlich sei, keine subjektivöffentlichen Rechte im Sinne des § 13 Abs. 2 NÖ Straßengesetz 1999 geltend gemacht. Bei dem Antrag der Beschwerdeführer auf Errichtung eines Kreisverkehrs an der Kreuzung Weyrer Straße/Friedenstraße handle es sich ebenfalls um kein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 13 Abs. 2 NÖ Straßengesetz 1999. Es komme lediglich darauf an, ob bereits zum Zeitpunkt des Bewilligungsverfahrens bestehende Zufahrten bzw. bestehende Zugänge zu einem Grundstück, das an die für den Straßenbau beanspruchten Flächen angrenze, genommen würden. Die Beschwerdeführer hätten keine direkte Zufahrt bzw. keinen direkten Zugang zur Weyrer Straße, weshalb durch das gegenständliche Projekt den Beschwerdeführern keine direkte bestehende Zufahrt bzw. kein direkt bestehender Zugang genommen werde. Hinsichtlich der Erforderlichkeit des Straßenbauvorhabens werde auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Verkehrstechnik vom 26. Juni 2002 hingewiesen. In diesem Gutachten werde nachvollziehbar dargelegt, warum die Zufahrtsmöglichkeit zur Friedenstraße bei Realisierung des Ausbaus der Weyrer Straße zu beschränken sei.
Gegen diese Bescheide richten sich die jeweiligen Beschwerden. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Durch den vierspurigen Ausbau, der das Linksabbiegen der von Nordosten kommenden Kunden und möglichen Kunden der Firma Aiginger GmbH und der Franz Aiginger GesmbH & Co KG verhindere, werde diesen Kunden ein komplizierter Umweg empfohlen und diese ausgerechnet zu den "Konkurrenz-Autohäusern" gebracht, wodurch diese Konkurrenz-Unternehmen einen entscheidenden Vorteil gewännen. Daran vermöge auch eine allfällige Beschilderung nichts zu ändern. Das Ergebnis des mehr als zweifelhaften Straßenprojektes (vierspuriger Ausbau der B 121 in einer Länge von nicht einmal 4 km zwischen zwei Kreisverkehren) werde daher ein gravierender Umsatzeinbruch der genannten, auf den Grundstücken der Beschwerdeführer betriebenen Unternehmen sein, welcher zumindest zu einem Reorganisationsbedarf mit allfälliger Reduzierung des Mitarbeiterstandes werde führen müssen. Im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei § 13 Abs. 2 Z. 3 des NÖ Straßengesetzes 1999 daher weit auszulegen und zwar dahingehend, dass durch Straßenneubauten nicht nur direkte Zufahrten zu erhalten oder adäquat zu ersetzen seien, sondern es generell untersagt sei, durch Straßenneubauten unwirtschaftliche und unzumutbare Erschwernisse bei den Zufahrten zu Nachbarliegenschaften zu schaffen, die in ihrer Bedeutung der Beschränkung einer direkten Zufahrt gleichkämen. Ein notwendiges Verkehrsbedürfnis sei schon dann anzunehmen, wenn eine Straße zumindest für einen verhältnismäßig kleinen Teil von Personen notwendig sei und die Zufahrt über andere Straßen nur mit einem unverhältnismäßig großen Kosten- und Zeitaufwand möglich sei. Die Ausführungen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen im Gutachten vom 26. Juni 2002, wonach ein Verkehrsbedürfnis an einer uneingeschränkten Zufahrt von der B 121 in die Friedenstraße zu verneinen sei, hätten diesen Umstand nicht berücksichtigt. Auch beim Ortsaugenschein seien diesbezügliche Erhebungen nicht durchgeführt worden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete jeweils Gegenschriften zu den Beschwerden mit dem Antrag, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Straßenbewilligungsverfahren nach § 12 NÖ Straßengesetz 1999 haben gemäß § 13 Abs. 1 Z. 3 Parteistellung u. a. die Eigentümer der Grundstücke, die an die für den geplanten Straßenbau beanspruchten Flächen angrenzen (Nachbarn). Nach dem letzten Satz dieser Gesetzesstelle dürfen Nachbarn nur die in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiven-öffentlichen Rechte geltend machen.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen sind subjektiv-öffentliche Rechte
1.
die Standsicherheit und Trockenheit der Bauwerke der Nachbarn
2.
die ausreichende Belichtung der Hauptfenster der zulässigen Gebäude der Nachbarn
3. die Gewährleistung eines bestehenden Zuganges oder einer bestehenden Zufahrt zum Grundstück, wenn das Grundstück über keinen anderen Zugang oder keine andere Zufahrt auf der Straße erreicht werden kann.
Die Beschwerdeführer sind im Beschwerdeverfahren zwar Parteien im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 3 NÖ Straßengesetz 1999, haben jedoch weder im Verfahren vor der Behörde erster Instanz noch in ihrer Berufung Einwendungen erhoben, aus denen sich ergibt, dass ihre im § 13 Abs. 2 NÖ Straßengesetz 1999 taxativ aufgezählten, ihnen als Nachbarn zustehenden subjektivöffentlichen Rechte durch das beschwerdegegenständliche Straßenbauvorhaben verletzt werden.
Mit ihrem Beschwerdevorbringen, durch die vorliegende straßenbaurechtliche Bewilligung würden die auf ihren Grundstücken betriebenen Unternehmen benachteiligt, machen die Beschwerdeführer einerseits keine subjektiv-öffentlichen Rechte geltend, andererseits übersehen sie, dass die von ihnen geltend gemachten Gesichtspunkte im Rahmen der straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren von der Behörde nicht zu berücksichtigen sind. Gemäß § 9 Abs. 1 NÖ Straßengesetz 1999 sind nämlich Straßen der hier zu beurteilenden Art so zu planen, zu bauen und zu erhalten, dass sie dem zu erwartenden Verkehr entsprechen, bestehende Natur- und Kunstdenkmale sowie die Natur- und Landschaftsschutzgebiete schonen, dem Landschafts- und Ortsbild angepasst werden, keine Wasserschon- und -Schutzgebiete beeinträchtigen, für die Umwelt verträglich sind und die bestehende Aufschließung von Grundstücken erhalten. Ob daher durch das bewilligte Straßenbauvorhaben ein Umsatzeinbruch bei den genannten Unternehmen eintritt, hatte die Behörde im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren nicht zu prüfen.
Dass die bestehende Aufschließung ihrer Grundstücke im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren nicht unmittelbar betroffen ist, wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten und kann auch den einen integrierenden Bestandteil der straßenbaurechtlichen Bewilligung bildenden Projektsunterlagen entnommen werden. Ebenso wenig wird von den Beschwerdeführern die Feststellung im angefochtenen Bescheid bekämpft, dass die Zufahrt zu ihren Grundstücken auch weiterhin gewährleistet ist. Dass auf Grund der straßenbaurechtlichen Bewilligung nunmehr die Zufahrt zu den Grundstücken der Beschwerdeführer auf andere Weise zu erfolgen hat, verletzt die Beschwerdeführer nach dem klaren Gesetzeswortlaut, gegen den auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken obwalten, in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten nicht.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. April 2004
Schlagworte
Straßenrecht Wegerecht Kraftfahrwesen StraßenverkehrEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003050073.X00Im RIS seit
09.06.2004