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L5 KulturrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung eines Beschlusses der Stmk Landesregierung über die Bekanntgabe von Gebieten für das Schutzgebietsnetz Natura 2000 der Europäischen Kommission gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie mangels Darlegung einer aktuellen Betroffenheit der AntragstellerSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Steiermärkische Landesregierung hat am 6. Juli 1998 beschlossen, insgesamt 25 Gebiete für das Schutzgebietsnetz Natura 2000 der Europäischen Kommission bekannt zu geben. Gegen diesen Beschluss (GZ: 6-50 E2/444-1998) richtet sich ein auf Art139 Abs1 B-VG gestützter Individualantrag der Antragsteller vom 20. Jänner 2000, in dem beantragt wird, diesen Beschluss (in eventu Teile davon) als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Der Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung steht im folgenden rechtlichen Zusammenhang:
Am 21. Mai 1992 wurde die Richtlinie 92/43/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, FFH-RL) erlassen (Amtsblatt vom 22. Juli 1992, L 206/7). Ziel der Richtlinie ist es, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen beizutragen. Dabei soll ein günstiger Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse bewahrt oder wiederhergestellt werden. Zu diesem Zweck sollen Gebiete, in denen die von der Richtlinie benannten Lebensraumtypen und einheimischen Arten vorkommen, als besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden. Diese Schutzgebiete werden nach erfolgter Ausweisung in ein kohärentes europäisches ökologisches Schutzgebietsnetz mit der Bezeichnung "Natura 2000" integriert. Für diese Gebiete müssen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungs- und Schutzmaßnahmen festlegen. Die Ausweisung derartiger Schutzgebiete erfolgt in mehreren Phasen entsprechend Art4 FFH-RL. Dieser Artikel lautet:
"Artikel 4
(1) Anhand der in Anhang III (Phase 1) festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Informationen legt jeder Mitgliedstaat eine Liste von Gebieten vor, in der die in diesen Gebieten vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I und einheimischen Arten des Anhangs II aufgeführt sind. Bei Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, entsprechen diese Gebiete den Orten im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Arten, welche die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweisen. Für im Wasser lebende Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, werden solche Gebiete nur vorgeschlagen, wenn sich ein Raum klar abgrenzen lässt, der die für das Leben und die Fortpflanzung dieser Arten ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweist. Die Mitgliedstaaten schlagen gegebenenfalls die Anpassung dieser Liste im Lichte der Ergebnisse der in Artikel 11 genannten Überwachung vor. Binnen drei Jahren nach der Bekanntgabe dieser Richtlinie wird der Kommission diese Liste gleichzeitig mit den Informationen über die einzelnen Gebiete zugeleitet. Diese Informationen umfassen eine kartographische Darstellung des Gebietes, seine Bezeichnung, seine geographische Lage, seine Größe sowie die Daten, die sich aus der Anwendung der in Anhang III (Phase 1) genannten Kriterien ergeben, und werden anhand eines von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 21 ausgearbeiteten Formulars übermittelt.
(2) Auf der Grundlage der in Anhang III (Phase 2) festgelegten Kriterien und im Rahmen der fünf in Artikel 1 Buchstabe c) Ziffer iii) erwähnten biogeographischen Regionen sowie des in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gesamtgebietes erstellt die Kommission jeweils im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten aus den Listen der Mitgliedstaaten den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind. Die Mitgliedstaaten, bei denen Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) und einer oder mehreren prioritären Art(en) flächenmäßig mehr als 5 v. H. des Hoheitsgebiets ausmachen, können im Einvernehmen mit der Kommission beantragen, dass die in Anhang III (Phase 2) angeführten Kriterien bei der Auswahl aller in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung flexibler angewandt werden. Die Liste der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewählt wurden und in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind, wird von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 21 festgelegt.
(3) Die in Absatz 2 erwähnte Liste wird binnen sechs Jahren nach Bekanntgabe dieser Richtlinie erstellt.
(4) Ist ein Gebiet aufgrund des in Absatz 2 genannten Verfahrens als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bezeichnet worden, so weist der betreffende Mitgliedstaat dieses Gebiet so schnell wie möglich - spätestens aber binnen sechs Jahren - als besonderes Schutzgebiet aus und legt dabei die Prioritäten nach Maßgabe der Wichtigkeit dieser Gebiete für die Wahrung oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes eines natürlichen Lebensraumtyps des Anhangs I oder einer Art des Anhangs II und für die Kohärenz des Netzes Natura 2000 sowie danach fest, inwieweit diese Gebiete von Schädigung oder Zerstörung bedroht sind.
(5) Sobald ein Gebiet in die Liste des Absatzes 2 Unterabsatz 3 aufgenommen ist, unterliegt es den Bestimmungen des Artikels 6 Absätze 2, 3 und 4."
Mit dem angefochtenen Beschluss werden Gebiete gemäß Art4 Abs1 FFH-RL festgelegt und der Europäischen Kommission vorgelegt. Die Antragsteller sind Eigentümer von in die Gebietsmeldung einbezogenen Liegenschaften.
Art6 FFH-RL, der in den Abs2 und 3 ein Schutzregime vorsieht, lautet:
"Artikel 6
(1) Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.
(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.
(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, daß das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.
(4) Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, daß die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen. Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden."
3. Zur Begründung der Antragslegitimation führen die Antragsteller aus:
"1.) Schutzregime des Art6 FFH-RL
Zentrale Norm der FFH-RL ist Art6, der das 'Schutzregime' der Richtlinie festlegt. Im Mittelpunkt dieses Schutzregimes steht das zu Art6 Abs2 statuierte 'Verschlechterungsverbot' und das Erfordernis einer Verträglichkeitsprüfung für Pläne und Projekte, welches in Abs3 festgelegt ist.
Nun wäre zwar aus dem Wortlaut des §4 Abs5 zu folgern, daß dieses Schutzregime erst in Kraft tritt, sobald nach Abschluß des Konzertierungsverfahrens die zwischen Kommission und Mitgliedstaaten akkordierte 'Gemeinschaftsliste' vorliegt, ein derartiger Schluß aus dem bloßen Wortlaut der Richtlinie wäre aber verkürzend und unzulässig, wie nicht zuletzt der jüngst von der Europäischen Kommission verfaßte Entwurf einer Interpretationshilfe zu Art6 der FFH-RL zeigt.
Unter Berufung auf Art10 (ehemals Art5) des EGV und auf Grund eines Analogieschlusses zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Fall Santona Marshes kommt nämlich die EU-Kommission zu dem Ergebnis, daß - letztlich wegen des vorliegenden Umsetzungsverzuges - das Schutzregime der Art6 Abs2, 3 und 4 bereits auf jene Gebiete anzuwenden ist, die bloß in einer nationalen Gebietsmeldungsliste enthalten sind (Interpretationsleitfaden der Kommission zu Art6 der FFH-RL Zahl HAB.99/6 Seite 8 f; ...). Zum praktisch gleichen Ergebnis kommen übrigens einerseits in der österreichischen Literatur Mauerhofer (Mauerhofer, Das Schutzgebietssystem 'Natura 2000' RdU 1999/3, 86 mwN für die deutsche Literatur) und andererseits nicht zuletzt das deutsche Bundesverwaltungsgericht in seinem Leiturteil zur A-20 (BverwG, Urteil vom 19.5.1998 - 4 A 9.97). Zumindest die - nicht unerheblichen - 'Vorwirkungen' des Schutzregimes der FFH-Richtlinie erstrecken sich sohin auf Gebiete, die in einer nationalen 'Gebietsliste' enthalten sind. Demzufolge gilt also das Schutzregime der FFH-RL spätestens seit Juni 1998; die gegenständliche Gebietsmeldung wurde von der Steiermärkischen Landesregierung am 6. Juli 1998 beschlossen, so daß seither die betroffenen Liegenschaften der Antragsteller dem Schutzregime unterfallen.
2.) Unterstellung eines Gebietes unter das Schutzregime
a) Materielle Rechtsverordnung
Die Unterstellung eines Gebietes unter das Schutzregime der FFH-RL betrifft - wie im vorliegenden Fall - eine Vielzahl von Rechtssubjekten und ist als genereller Normsetzungsakt zu werten. Inhaltlich handelt es sich um einen Akt der behördlichen Raumplanung (Mauerhofer, aaO, 91 'Natura 2000' als ein Ansatz einer 'ökologischen Raumplanung'), der über bloßes Planungshandeln weit hinausreicht. Wenn schon Pläne selbst nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung als Verordnungen zu qualifizieren sind (Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 156 mwN; zu derartigen raumgestaltenden Planungen mit 'Außenwirkung' auch Potacs in Ress, Entwicklungstendenzen im Vw-verfahrensrecht, 209ff), so muß der vorliegende Akt der Unterstellung vieler verschiedener Rechtssubjekte unter ein generelles Regelwerk eines speziellen Umweltschutzregimes, aus dem Pflichten folgen, umso mehr als Verordnung qualifiziert werden. Der angefochtene Landesregierungsbeschluß stellt daher materiell eine Rechtsverordnung dar.
b) Kundmachung
Der angefochtene Beschluß hat auch jenes Maß an Publizität erreicht, das den Erfordernissen der Kundmachung einer Verordnung genügt.
Durch eine bloß interne Verwaltungsverordnung etwa wäre nämlich die Unterstellung eines Gebietes unter das Schutzregime des Art6 gar nicht möglich. Um dies aber zu erreichen, wurde zunächst der entsprechende Landesregierungsbeschluß der Kommission der Europäischen Union zugestellt und hat schon dadurch das für eine Kundmachung nötige Maß an Publizität erreicht. Vor allem aber wurde dann die 'Gebietsmeldung' samt Kartenmaterial von der Landesregierung in Zeitschriften und sogar im Internet unter der Adresse http:\\www.stmk.gv.at/LUIS sohin in einer 'government domaine' des Internet unter 'Naturschutz/Flächenschutz' veröffentlicht.
Schließlich wurden die der Meldung zugrundeliegenden 'Standarddatenbögen' und letztlich auch der Landesregierungsbeschluß selbst - wenn auch erst über deren ausdrückliche Anforderung - den Antragstellern und auch deren Interessensvertretung direkt zugestellt.
Wenn nun der Verfassungsgerichtshof beispielsweise (VfSlg 8351) die Zustellung eines Bescheides, der in Wahrheit eine Verordnung darstellte, als Kundmachung genügen ließ und die entsprechende Verordnung aufhob, so legt ein Größenschluss doch nahe, daß gleiches im vorliegenden Fall umso eher zu geschehen hätte. Nach Vorlage des angefochtenen Beschlusses an die Europäische Kommission mit den dadurch ausgelösten Rechtsfolgen, weltweiter Veröffentlichung im Internet und direkter Zustellung an die Betroffenen und deren Interessensverbände ist ein höheres Maß an Publizität eines Landesregierungsbeschlusses doch kaum mehr vorstellbar und der Normsetzungswille der Behörde auch nicht zu bezweifeln.
3.) Betroffenheitsdichte
Von der Unterstellung ihrer Liegenschaften sind die Antragsteller unmittelbar und aktuell betroffen, ohne daß ein weiteres behördliches Handeln, insbesondere etwa die Erlassung eines Bescheides, nötig wäre. So wie etwa das subjektive Recht zu bauen, durch die einschränkende Widmung 'Grünland-Park' unmittelbar eingeschränkt wird (VfSlg 8463/1978), weil widmungswidrige Bauten verboten sind, wird das subjektive Recht der Antragsteller, mit ihren Liegenschaften ohne Rücksicht auf die Schutzziele der FFH-RL zu verfahren, eingeschränkt, weil ihnen alles untersagt ist, was zu einer 'Verschlechterung' iS der Schutzziele führen könnte.
Die Unterstellung der Liegenschaften der Antragsteller unter das Schutzregime des Art6 FFH-RL greift also genauso unmittelbar in die Rechtssphäre der Betroffenen ein, wie die einstweilige Sicherstellung von Grundflächen im Frastranzer Ried durch die diesbezügliche VO der Vorarlberger Landesregierung, in welchem Fall (GZ V101/97) der Verfassungsgerichtshof auch die Zulässigkeit eines Individualantrages erkannt hat. Anders als dort ist aber im vorliegenden Fall die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse nicht befristet, so daß sie auch nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht.
4.) Unzumutbarkeit eines 'Umwegs'
Wie auch im zuletzt zitierten Fall stehen den Antragstellern keine anderen Möglichkeiten offen, um die Rechtswidrigkeit der Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Zum einen sind keine Ausnahmebewilligungen vom Schutzregime der FFH-RL vorgesehen, zum anderen könnte ein Bescheid nur in teuren und langwierigen Verfahren provoziert werden, was den Antragstellern nicht zumutbar ist."
4. Die Steiermärkische Landesregierung erstattete am 15. Februar 2000 eine Äußerung, in der sie beantragt, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen, in eventu abzuweisen. Sie bringt vor, dass dieser Vorgang auf administrativer Ebene - mit Regierungsbeschluss - vorgenommen worden sei, ohne einen rechtswirksamen Außenakt, zum Beispiel in Form einer Verordnung, zu erlassen, da es sich bei diesem Beschluss lediglich um die im Rahmen der Phase 1 vorzunehmende Auswahl und Abgrenzung der zu meldenden Gebiete gemäß Art4 Abs1 FFH-RL sowie um die Meldung der diesbezüglichen Daten an die Europäische Kommission handle.
Die aufgrund des Beschlusses festgelegten Gebiete seien lediglich als Vorschlag zu qualifizieren. Es stehe damit noch nicht fest, welche Gebiete in die endgültige Liste der Europäischen Kommission aufgenommen würden. Erst wenn diese endgültige Gebietsliste beschlossen ist, werde man in der Steiermark die geforderten, besonderen Schutzgebiete ausweisen. Da rund 90 % bis 95 % der in der vorgeschlagenen Gebietsliste enthaltenen Gebiete bereits derzeit nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz 1976 (NSchG 1976), LGBl. Nr. 65/1976 idF LGBl. Nr. 79/1985, mit Verordnung als Schutzgebiete - dass heißt als Naturschutz- bzw. Landschaftsschutzgebiete - ausgewiesen seien, würden sich auch im Zuge der endgültigen Ausweisung keine maßgeblichen Veränderungen für die betroffenen Grundeigentümer ergeben.
Zur Zulässigkeit des Individualantrages führt die Steiermärkische Landesregierung aus:
"Die Antragsteller begründen ihre Antragslegitimation damit, dass das in Art6 der FFH-RL normierte 'Schutzregime' schon im Zeitpunkt der Übermittlung der nationalen Gebietslisten an die Europäische Kommission in vollem Umfang zum Tragen komme und gegenüber den Eigentümern der Liegenschaften unmittelbare Wirkung entfalte. Da aus Art6 der FFH-RL bereits umfassende Verpflichtungen der Liegenschaftseigentümer resultieren - insbesondere die Nutzungsmöglichkeiten der Liegenschaften eingeschränkt werden - sei bereits die Gebietsmeldung als außenwirksamer Verwaltungsakt und damit materiell als Verordnung zu qualifizieren.
Die Steiermärkische Landesregierung kann dieser Ansicht auf Grund nachstehender Überlegungen nicht folgen:
Art4 Abs5 der FFH-RL regelt ausdrücklich den zeitlichen Geltungsbereich der Schutzbestimmungen des Art6 der RL. Danach unterliegt ein Gebiet erst dann den Bestimmungen des Art6 Abs2, 3 und 4, wenn es in die endgültig von der Kommission festgelegte Liste gemäß Art4 Abs2 Unterabsatz 3 der RL aufgenommen wurde. Schon auf Grund des eindeutigen Wortlautes des Art4 Abs5 FFH-RL ist daher auszuschließen, dass Art6 bereits ab dem Zeitpunkt der Gebietsmeldung in vollem Umfang zu Anwendung gelangen kann.
Wie im Antrag auch ausgeführt, ist aber davon auszugehen, dass bereits für den Zeitraum zwischen Gebietsmeldung und Aufnahme eines Gebietes in die endgültige Liste gewisse 'Vorwirkungen' des Schutzregimes des Art6 FFH-RL zur Anwendung gelangen. Auch wenn die RL für diese Phase noch keine konkreten Schutzverpflichtungen normiert, gehen die Europäische Kommission (vgl. Interpretationsleitfaden für Art6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, September 1999, 10 f) und die herrschende Lehre (Mauerhofer, RdU 1999, 86 mwN FN 33; Rödiger-Vorwerk, Die FFH-Richtlinie der Europäischen Union und ihre Umsetzung in nationales Recht, 52 ff) davon aus, dass sich ein gewisser indirekter Schutz für die vorgeschlagenen Gebiete bereits aus Art10 EGV (früher Art5 EGV) ergibt. Art10 EGV statuiert den sog. Grundsatz der Gemeinschaftstreue bzw. der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen. Insbesondere aus der in Art10 Abs2 EGV normierten Pflicht der Mitgliedstaaten, alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele des Vertrages gefährden könnten, wird im Zusammenhang mit der FFH-RL ein sog. 'Verschlechterungsverbot' ab dem Zeitpunkt der Gebietsmeldung angenommen.
Um den Grundsatz des gemeinschaftsfreundlichen Verhaltens gemäß Art10 EGV gerecht zu werden, haben die Mitgliedstaaten daher schon vor der endgültigen Erstellung der Liste durch die Kommission und dem damit zusammenhängenden Wirksamwerden der Schutzbestimmungen des Art6 FFH-RL sicherzustellen, dass die Ziele der FFH-RL nicht unterlaufen werden. Damit soll verhindert werden, dass im Zeitraum zwischen Gebietsmeldung und endgültiger Festlegung des Gebietes Maßnahmen gesetzt werden und Entwicklungen eintreten können, die eine Festlegung des Gebietes als Schutzgebiet durch die Kommission in einem späteren Zeitpunkt praktisch unmöglich machen würde.
Keinesfalls aber kann das aus Art10 EGV resultierende Verschlechterungsverbot so weit ausgedehnt werden, dass - wie die Antragsteller ausführen - von einem vollumfänglichen Inkrafttreten des Schutzregimes des Art6 Abs2, 3 und 4 FFH-RL schon ab dem Zeitpunkt der Übermittlung der Gebietslisten an die Kommission auszugehen wäre. Dies würde dem eindeutigen Wortlaut des Art4 Abs5 der RL widersprechen. Weder die von den Antragstellern zitierten Lehrmeinungen noch die Europäische Kommission, deren Ansicht von den Antragstellern sehr verkürzt wiedergegeben wird, gelangen zu diesem Ergebnis. Die Antragsteller übersehen, dass die Kommission hinsichtlich der Frage, ab welchem Zeitpunkt Art6 FFH-RL zur Anwendung gelangt, in ihrem Interpretationsleitfaden zwischen Schutzgebieten gemäß der Vogelschutz-RL, 79/409/EWG (Interpretationsleitfaden Seiten 8 und 9) und solchen gemäß der FFH-RL (Seiten 9, 10 und 11) unterscheidet. Art7 FFH-RL normiert für Schutzgebiete auf Grund der RL 79/409/EWG, dass die Verpflichtungen gemäß Art6 FFH-RL ab dem Datum, an dem die RL 79/409/EWG in den Mitgliedstaaten Gültigkeit erlangt, zur Anwendung gelangen. Da es sich im vorliegenden Fall aber lediglich um Schutzgebiete nach der FFH-RL handelt, sind die Überlegungen der Kommission zu den Vogelschutzgebieten im konkreten Zusammenhang nicht relevant.
Gestützt auf Art10 EGV sowie auf eine analoge Heranziehung des Urteils des EuGH in der Rechtssache Santona-Sümpfe (Rs. C-355/90, Slg. 1-4221) gelangt die Kommission in dem bereits zitierten Interpretationsleitfaden (Seite 10 f) hinsichtlich der Schutzgebiete gemäß der FFH-RL zu, folgendem Ergebnis:
'Im Lichte der oben angeführten Aussagen wird den Behörden der Mitgliedstaaten geraten zu gewährleisten, dass es in den auf ihrer Liste vorgeschlagenen GGB (Anm.: Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung) nicht zu Verschlechterungen kommt, bevor die Gemeinschaftsliste der GGB angenommen wird. Falls die nationale Liste noch unvollständig ist, wird den Mitgliedstaaten geraten, auch Verschlechterungen in Gebieten, die nach autoritativen wissenschaftlichen Erkenntnissen auf der nationalen Liste stehen sollen, zu verhindern. Ein praktischer Vorschlag ist der korrekte Einsatz der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) im Rahmen der Richtlinie 85/337/EWG (Umweltverträglichkeitsprüfung) in bezug auf potentiell schädliche Projekte. Der EuGH hat bereits bestätigt, welche Bedeutung sensiblen Naturräumen bei der Entscheidung darüber, ob für ein Projekt eine UVP im Rahmen dieser Richtlinie durchgeführt werden sollte, beigemessen werden sollte (Anm.: EuGH, 21. September 1999, Rs. C-392/96, Kommission/Irland).'
Zusammenfassend hält die Kommission fest:
'In bezug auf Gebiete, die auf der Richtlinie 92/43/EWG beruhen, kann argumentiert werden, daß die Mitgliedstaaten insbesondere nach Ablauf der Frist für die Annahme der Gemeinschaftsliste am 10. Juni 1998 eine gewisse Verpflichtung haben, so zu handeln, daß gewährleistet ist, daß die Ziele der Richtlinie nicht gefährdet werden. Den Mitgliedstaaten wird daher geraten, selbst bei Fehlen der Gemeinschaftsliste zumindest alle Aktivitäten zu unterlassen, die bei einem in der nationalen Liste enthaltenen Gebiet Verschlechterungen verursachen können. ...'
Es ist daher wohl nicht davon auszugehen, dass bereits auf Grund des aus Art10 EGV abgeleiteten Verschlechterungsverbotes das gesamte Schutzregime des Art6 FFH-RL zur Anwendung gelangt. Sollten daran Zweifel bestehen, wäre diese Frage - wie auch die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art6 FFH-RL - einer Klärung durch den EuGH zuzuführen. Mit Sicherheit kann aber davon ausgegangen werden, dass die von den Antragstellern dargestellte weitreichende Einschränkung der Eigentümerbefugnisse in der Form, dass den Eigentümern der betroffenen Liegenschaften eine Disposition gänzlich untersagt wäre, nicht eintritt. Selbst bei vollinhaltlicher Anwendung des Art6 FFH-RL wären Vorhaben, die eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes bewirken können, nicht von vornherein untersagt, sondern einem Verträglichkeitsprüfungsverfahren zu unterziehen. Dies muss umso mehr für die Phase vor der endgültigen Gebietsfestlegung und dem Inkrafttreten des Art6 gelten.
Auch die Kommission geht nicht von einem gänzlichen Verbot von Vorhaben in diesen Gebieten aus, indem sie den Mitgliedstaaten rät, dem Verschlechterungsverbot zB. dadurch Rechnung zu tragen, die Bestimmungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung korrekt einzuhalten.
Inhalt und Umfang der aus dem Verschlechterungsverbot abzuleitenden Verpflichtungen wären durch Interpretation des Art10 EGV iVm der FFH-RL zu erschließen. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass Art10 EGV keine präzise, einheitliche Rechtsfolge anordnet, sondern die Art der gebotenen Maßnahme von der jeweiligen konkreten Situation abhängt und im Regelfall im Ermessen der Mitgliedstaaten steht (vgl. von Bogdandy in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art5 EGV Rz 26). Die Ausübung des Ermessens sollte sich jedoch an den Zielen und dem Regelungsgegenstand des jeweiligen Rechtsaktes orientieren. Für die FFH-RL ist dabei zu berücksichtigen, dass die Vorschlagsliste als Grundlage für die Entscheidung der Kommission dient und der Vorschlag für die Mitgliedstaaten grundsätzlich bindend ist. Das Ziel der Richtlinie ist die Errichtung des Schutzgebietsnetzes 'Natura 2000'. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Mitgliedstaaten die von ihnen vorgeschlagenen Flächen soweit schützen, dass diese Flächen auch im Zeitpunkt der späteren Schutzgebietsausweisung noch Teil des Schutzgebietsnetzes sein können und dies nicht praktisch unmöglich gemacht wird (vgl. Rödiger-Vorwerk, Die FFH-Richtlinie der Europäischen Union und ihre Umsetzung in nationales Recht, 53 f).
Die Steiermärkische Landesregierung geht davon aus, dass diesen aus Art10 EGV resultierenden Verpflichtungen im Zusammenhang mit der FFH-RL bereits durch bestehende gesetzliche Bestimmungen hinreichend Rechnung getragen wird. Insbesondere ist durch das Steiermärkische Naturschutzgesetz 1976 (NschG 1976), LGBl. Nr. 65 idF LGBl. Nr. 79/1985, sicher gestellt, dass Vorhaben, durch die nachhaltige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten sind, einem Anzeigeverfahren - soweit sie nicht über einen besonderen Schutzstatus verfügen - bzw. einem Bewilligungsverfahren - soweit sie als Natur- bzw. Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen sind - unterliegen. Dabei ist in allen Fällen den Schutzkriterien des §2 Abs1 leg. cit., das sind zB. die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichtes der Natur, die Erhaltung und Gestaltung der Landschaft in ihrer Eigenart sowie in ihrer Erholungswirkung, usw. Rechnung zu tragen.
Das im konkreten Fall betroffene Gebiet 'Teile der Eisenerzer Alpen' war bereits vor Aufnahme in die Gebietsliste mit Verordnung der Landesregierung zum Naturschutzgebiet bzw. Landschaftsschutzgebiet erklärt worden und unterliegt daher bereits innerstaatlich einem besonderen Schutzstatus (vgl. Verordnung LGBl. Nr. 29/1973 über die Erklärung des Gebietes Eisenerzer Reichenstein-Krumpensee zum Naturschutzgebiet; Verordnung LGBl. Nr. 61/1981 idF LGBl. Nr. 25/1987 über die Erklärung des Gebietes Reiting und Eisenerzer Reichenstein zum Naturschutzgebiet).
So sieht zB. §5 Abs5 Stmk. NschG 1976 vor, dass in einem Naturschutzgebiet keine die Natur schädigenden, das Landschaftsbild verunstaltenden oder den Naturgenuss beeinträchtigenden Eingriffe vorgenommen werden dürfen. Solche Eingriffe können gemäß §5 Abs6 leg. cit. ausnahmsweise - allenfalls unter Erteilung von Auflagen - dann bewilligt werden, wenn sie dem Zweck des Schutzes nicht widersprechen. In Landschaftsschutzgebieten sind gemäß §6 Abs3 NschG 1976 alle Handlungen zu unterlassen, die den oben dargelegten Schutzbestimmungen des §2 Abs1 leg. cit. widersprechen. Für bestimmte Vorhaben, wie zB. Bodenentnahmem, bestimmte Bauten, Verwendung als Sportgelände, usw. ist eine Bewilligung erforderlich. Diese darf - unter allfälliger Erteilung von Auflagen - nur dann erteilt werden, wenn besondere volkswirtschaftliche oder besondere regionalwirtschaftliche Interessen die Interessen des Landschaftsschutzes überwiegen.
Der durch das Stmk. NschG 1976 gewährleistete Schutz der Natur in den betroffenen Gebieten ist also durchaus vergleichbar mit dem Schutzregime des Art6 FFH-RL. Ergänzend wären weitere Gesetze, wie zB. das UVP-Gesetz, zu berücksichtigen. Kann den aus Art10 EGV resultierenden gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen durch das nationale Recht in einer bestimmten Auslegung entsprochen werden, ist die Wahl dieser Alternative geboten (von Bogdandy in: Grabitz/Hilf, Kommentar, Art5 EGV Rz 56). Einer gemeinschaftsrechtskonformen Interpretation bzw. Einräumung des Anwendungsvorranges gegenüber entgegenstehendem nationalen Recht bedarf es in einem solchen Fall nicht.
Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung sind für die betroffenen Liegenschaftseigentümer mit der Aufnahme der Gebiete in die der Kommission vorgeschlagene Gebietsliste keine über die auf Grund der geltenden Rechtslage bereits bestehenden rechtlichen Beschränkungen hinausgehenden Rechtswirkungen verbunden. Mangels derartiger Rechtswirkungen des Beschlusses der Steiermärkischen Landesregierung für die Allgemeinheit sowie im besonderen für die Antragsteller, kommt diesem Beschluss lediglich verwaltungsinterner Charakter, nicht jedoch Außenwirksamkeit zu. Er ist nicht als Rechtsverordnung zu qualifizieren. Damit ist ein Anfechtungsgegenstand im Sinne des Art139 B-VG nicht gegeben. Der Antrag auf Aufhebung des zitierten Beschlusses wäre daher nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung schon mangels Eingriffs in die Rechtssphäre der Antragsteller zurückzuweisen (vgl. zB. VfSlg 13.635/1993).
Sollte der Verfassungsgerichtshof dieser Ansicht nicht folgen und den Beschluss als Rechtsverordnung qualifizieren, so wäre der Antrag auf Grund folgender weiterer Überlegungen als unzulässig zurückzuweisen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist Voraussetzung der Antragslegitimation einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz bzw. die Verordnung in seinen Rechten verletzt worden zu sein. Andererseits, dass das Gesetz bzw. die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz bzw. die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit - verletzt. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz bzw. die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz bzw. die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die Rechte des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (vgl. zB. VfSlg 13.999/1994, 14.210/1995, 14.498/1996, 15.084/1998, ua.).
Die Antragsteller begründen ihre Antragslegitimation damit, dass es durch die unmittelbare Wirksamkeit der Schutzbestimmungen des Art6 FFH-RL zu einem unmittelbaren Eingriff in ihre Rechtssphäre - vergleichbar dem der Entscheidung VfSlg 15.065/1997 zugrundeliegenden Sachverhalt der einstweiligen Sicherstellung von Grundflächen nach dem Vlbg. Naturschutzgesetz - komme. Insbesondere seien keine Ausnahmebewilligungen vom Schutzregime des Art6 FFH-RL vorgesehen, so werde zB. das subjektive Recht zu bauen unmittelbar beschränkt. Die Antragsteller übersehen dabei, dass - soweit man die Anwendbarkeit des Art6 FFH-RL im Zeitpunkt der Gebietsmeldung bejaht - die Durchführung von Vorhaben und Projekten dennoch nicht gänzlich untersagt wird. Art6 Abs3 und 4 FFH-RL sieht ein Bewilligungsverfahren - vergleichbar jenen für Naturschutz- bzw. Landschaftsschutzgebiete nach dem Stmk. NschG 1976 - vor, das die Möglichkeit eröffnet, für Pläne und Projekte in diesen Gebieten Bewilligungen zu erlangen.
Nun vertritt aber der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass in den Fällen, in denen ein Gesetz bzw. eine Verordnung in Zusammenhang mit einem Verbot ein Bewilligungsverfahren normiert, demzufolge unter bestimmten tatbestandlichen Voraussetzungen eine Bewilligung ansonsten verbotenen Verhaltens vorgesehen ist, erst der die Bewilligung versagende Bescheid unmittelbar in die Rechtssphäre des Normadressaten eingreift. Die Einleitung eines Bewilligungsverfahrens hält der Verfassungsgerichtshof selbst dann für zumutbar, wenn der Antragsteller selbst Zweifel über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung hegt (vgl. ua. VfSlg 13.999/1994, 14.031/1995, 14.431/1996). So hat es der Verfassungsgerichtshof zB. im Zusammenhang mit der Anfechtung einer Verordnung, mit der ein Gebiet auf der Grundlage des Stmk. NschG 1976 zum Naturschutzgebiet erklärt wurde, als zumutbaren Weg anerkannt, eine Ausnahmebewilligung gemäß §5 Abs6 leg. cit. zu begehren und eine allfällige abweisende Entscheidung - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - beim Verfassungsgerichtshof in Beschwerde zu ziehen (VfSlg 15.025/1997, vgl. auch VfSlg 9724/1983, 11.554/1987, 14.251/1995, 14.522/1996, VfGH 11.3.1999, V128/96). Da das Schutzregime des Art6 FFH-RL die Möglichkeit eines Bewilligungsverfahrens - vergleichbar den den zitierten Erkenntnissen zugrundeliegenden Schutzgebietsausweisungen nach nationalem Recht - eröffnet, vermag die Steiermärkische Landesregierung keinen sachlichen Grund zu erkennen, weshalb der Antrag nicht auch in diesem Fall zurückzuweisen wäre."
II. Der Antrag ist unzulässig.
1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass die Antragsteller behaupten, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit - in ihren Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für die Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der Antragsteller nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre der Antragsteller unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen der Antragsteller nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn den Antragstellern kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).
Bei Beurteilung der Antragslegitimation ist zu untersuchen, ob die von den Antragstellern ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 10.593/1985, 11.453/1987).
Beurteilt man das Vorbringen der Antragsteller im Lichte der oben dargestellten Vorjudikatur, so kommt man zu dem Ergebnis, dass die Antragsteller eine aktuelle Betroffenheit durch den als Verordnung angefochtenen Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung nicht darzutun vermochten.
Die Antragsteller behaupten eine Betroffenheit in Verbindung mit dem sich aus dem Schutzregime des Art6 der FFH-RL ergebenden Verschlechterungsverbot und dem Erfordernis einer Verträglichkeitsprüfung. Die Antragsteller erachten sich in ihrem subjektiven Recht, "mit ihren Liegenschaften ohne Rücksicht auf die Schutzziele der FFH-RL zu verfahren, eingeschränkt, weil ihnen alles untersagt ist, was zu einer 'Verschlechterung' iS der Schutzziele führen könnte." Damit bezieht sich das Vorbringen der Antragsteller weder auf eine gegenwärtige noch auf eine in naher Zukunft zu gewärtigende Wirkung der Verordnung - sie machen insbesondere nicht geltend, welche Maßnahmen, die sie in nächster Zeit auf ihren Grundstücken beabsichtigen, durch den angefochtenen Beschluss eingeschränkt werden -, sondern sie beziehen sich auf eine Wirkung in Ansehung einer unbestimmten, hypothetischen Situation (vgl. VfGH, Beschluss vom 26. Juni 2000, V63/99, V64/99).
Die angefochtene Verordnung ist schon aufgrund des Vorbringens der Antragsteller für sie nicht unmittelbar wirksam. Der Antrag ist daher schon aus diesem Grunde unzulässig.
2. Dazu kommt, dass das in Art6 Abs2 und 3 FFH-RL vorgesehene Schutzregime derart unbestimmt ist, dass die Beurteilung von Art und Ausmaß der Betroffenheit in den Rechten der Antragsteller nicht schon auf Grund der Meldung gemäß Art4 Abs1 FFH-RL in Verbindung mit den möglichen Vorwirkungen der FFH-RL in Form eines Verschlechterungsverbotes oder einer Verträglichkeitsprüfung sondern erst auf Grund eines weiteren Verwaltungsaktes - wie zB einer Verordnung gemäß §13a Stmk. Naturschutzgesetz 1976, LGBl. Nr. 65/1976 idF LGBl. Nr. 35/2000 -möglich ist (vgl. VfGH, Erkenntnis vom 2. Dezember 1999, G96/99, V50/99, V66/98, V68/98, V69/98, V70/98, V71/98).
3. Insgesamt kann es angesichts der Tatsache, dass sich die von den Antragstellern behaupteten Auswirkungen der Bekanntgabe bestimmter Gebiete an die Europäische Kommission, wenn überhaupt, kraft Gemeinschaftsrechts ergeben, dahin gestellt bleiben, ob es sich beim angefochtenen Beschluss um eine Verordnung im Sinne des Art139 B-VG handelt.
4. Der Antrag war daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Schlagworte
EU-Recht Richtlinie, Naturschutz, Landschaftsschutz, Naturschutzgebiete, Verordnungsbegriff, VfGH / Individualantrag, VfGH / PrüfungsgegenstandEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:V5.2000Dokumentnummer
JFT_09998990_00V00005_00