TE Vfgh Erkenntnis 2000/10/10 B869/00

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Veröffentlicht am 10.10.2000
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Index

L3 Finanzrecht
L3704 Ankündigungsabgabe

Norm

StGG Art5
FAG 1997 §15a
F-VG 1948 §7 Abs5, §8 Abs5
Kremser AnkündigungsabgabeV vom 23.06.99

Leitsatz

Verletzung im Eigentumsrecht durch Vorschreibung von Ankündigungsabgabe für Rundfunkwerbung aufgrund der Kremser Ankündigungsabgabeverordnung; rückwirkendes Ausscheiden dieser Verordnung aus dem Rechtsbestand und daher rückwirkender Entfall der Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Die Gemeinde Krems ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit ATS 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems wurde dem Österreichischen Rundfunk unter Berufung auf Bestimmungen der Verordnung der Stadtgemeinde Krems vom 23. Juni 1999, betreffend die Ausschreibung einer Abgabe von Ankündigungen durch Hör- und Fernsehrundfunk, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 25. Juni 1999 bis 10. Juli 1999 (im folgenden Kremser AnkündigungsabgabeV), für die im August 1999 im Hör- und Fernsehrundfunk gegen Entgelt verbreiteten Ankündigungen Ankündigungsabgabe in der Höhe von ATS 77.441,-- vorgeschrieben.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums und die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, "hilfsweise" die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht wird.

3. Die belangte Behörde hat innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie sinngemäß beantragt, die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wird dem beschwerdeführenden Österreichischen Rundfunk eine Abgabe vorgeschrieben und dadurch in sein Eigentumsrecht eingegriffen. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg. 10.337/1985, 10.362/1985, 11.470/1987) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (z.B. VfSlg. 10.807/1986, 11.720/1988, 14.243/1995, 14.406/1996, 14.577/1996).

2. Zur Rechtslage:

Nach §1 der Kremser AnkündigungsabgabeV hebt die Stadt Krems, entsprechend der bundesgesetzlichen Ermächtigung des §15 Abs3 Z4 iVm §14 Abs1 Z13 FAG 1997, BGBl. 201/1996, idF BGBl. I 32/1999, eine Abgabe von Ankündigungen durch den Rundfunk (Hör- und Fernsehrundfunk) im Gemeindegebiet ein. §2 der Kremser AnkündigungsabgabeV umschreibt den Begriff der Ankündigung mit folgenden Worten:

"Ankündigungen im Sinne dieser Verordnung sind alle fremden Ankündigungen, die durch den Rundfunk (Hörrundfunk oder Fernsehrundfunk) von einem Rundfunkunternehmen mit dem Sitz im Inland gegen Entgelt im Gemeindegebiet verbreitet werden (Rundfunkwerbung)."

Die Höhe der Abgabe beträgt 10 v.H. des für die Verbreitung der Werbung im Rundfunk entrichteten Entgeltes, jedoch unter Ausschluß der Abgabe und der Umsatzsteuer (§4 Abs1 Kremser AnkündigungsabgabeV).

3.1. Durch das am 31. Mai 2000 ausgegebene Bundesgesetz, mit dem das FAG 1997 geändert wird, BGBl. I 30/2000, wurde in das FAG 1997 nach §15 ein als Verfassungsbestimmung beschlossener und bezeichneter §15a eingefügt. Nach dem Einleitungssatz des Abs1 dieser Bestimmung umfaßt die in den Finanzausgleichsgesetzen 1989, 1993 und 1997 (letzteres in der Fassung vor der Novelle BGBl. I 29/2000) enthaltene Ermächtigung der Gemeinden zur Erhebung von Abgaben von Ankündigungen auch "Abgaben für die Vornahme von Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen), die von Studios im Gemeindegebiet ihren Ausgang nehmen, unabhängig davon, wo die Wahrnehmung der Ankündigung erfolgt".

§15a Abs2 FAG 1997, idF BGBl. I 30/2000, hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"(2) Wenn in Verordnungen von Gemeinden gemäß §7 Abs5 F-VG 1948 oder §8 Abs5 F-VG 1948, die nach dem 31. Dezember 1998 in Kraft getreten sind, Abgaben von Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen) oder auf Anzeigen für Tatbestände ausgeschrieben wurden, die vor dem 1. Jänner 1999 von dieser Gemeinde nicht oder nicht in diesem Umfang besteuert wurden, dann werden diese Verordnungen hiermit dahin gehend abgeändert, dass in dieser Gemeinde hinsichtlich der Abgaben auf Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen) und auf Anzeigen auf Verordnungsebene weiterhin die Rechtslage gilt, wie sie am 31. Dezember 1998 bestanden hat; eine neuerliche Änderung der Verordnung durch die Gemeinde ist nicht möglich. ..."

3.2. Im hg. Erk. vom 29. Juni 2000, G19/00 u.a. Zlen., hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß §15a Abs2 FAG 1997, idF BGBl. I 30/2000, im Ergebnis jenen Gemeinden, "auf deren Gebiet sich kein Studio befindet, die Ausschreibung bzw. Einhebung einer Ankündigungsabgabe auf Rundfunkwerbung rückwirkend ab 1. Jänner 1999 verwehrt". Er hat außerdem mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß gegen die Verfassungsbestimmung des §15a leg.cit. aus dem Blickwinkel des Art44 Abs3 B-VG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden.

4. Die Stadt Krems hat auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 23. Juni 1999 eine Verordnung, betreffend die Ausschreibung einer Abgabe von Ankündigungen durch Hör- und Fernsehrundfunk, erlassen; diese Verordnung wurde durch Anschlag an der Amtstafel vom 25. Juni 1999 bis 10. Juli 1999 kundgemacht und trat gemäß §10 leg.cit. mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Monatsersten in Kraft.

Gemäß §15a Abs2 FAG 1997, idF BGBl. I 30/2000, gilt - wenn in Verordnungen von Gemeinden gemäß §7 Abs5 F-VG 1948 oder §8 Abs5 F-VG 1948, die nach dem 31. Dezember 1998 in Kraft getreten sind, Abgaben von Ankündigungen durch Rundfunk ausgeschrieben werden, welche vor dem 1. Jänner 1999 von dieser Gemeinde nicht oder nicht in diesem Umfang besteuert wurden, - jene Rechtslage, welche am 31. Dezember 1998 bestand. Im Ergebnis führt dies nun aber dazu, daß - da zu diesem Zeitpunkt in der Stadtgemeinde Krems keine Verordnung betreffend die Ausschreibung einer Abgabe von Ankündigungen durch Hör- und Fernsehrundfunk in Geltung stand - die Kremser AnkündigungsabgabeV rückwirkend aus dem Rechtsbestand ausgeschieden und damit auch die Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid rückwirkend entfallen ist.

5. Der Bescheid war daher schon aus diesem Grund wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen ist.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG in Höhe von ATS 2.500,-- und Umsatzsteuer in Höhe von ATS 4.500,-- enthalten.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Ankündigungsabgaben, Finanzverfassung, Finanzausgleich, Rückwirkung, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B869.2000

Dokumentnummer

JFT_09998990_00B00869_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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