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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über den in der Beschwerdesache des Thomas Benesch in Siegendorf, vertreten durch Beck & Dörnhöfer Rechtsanwälte OEG in 7000 Eisenstadt, Franz Liszt-Gasse 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. Dezember 2002, Zl. RU1-V-02196/00, betreffend eine Bausache, gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ergänzung der Beschwerde, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG stattgegeben.
Begründung
Mit hg. Beschluss vom 24. Februar 2004, Zl. 2003/05/0190, wurde das Verfahren über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. Dezember 2002, Zl. RU1-V-02196/00, betreffend eine Bausache, gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 VwGG eingestellt, weil der Antragsteller dem gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erteilten hg. Verbesserungsauftrag vom 21. Oktober 2003 insofern nicht entsprochen hat, als das Original der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde nicht wieder vorgelegt wurde.
Mit dem innerhalb der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG nach Zustellung dieses Beschlusses gestellten Antrag vom 5. März 2004 begehrt der Beschwerdeführer die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er führt aus, in Entsprechung des genannten Verbesserungsauftrages sei in der Kanzlei seines Rechtsvertreters der "aufgetragene Schriftsatz" in dreifacher Ausfertigung verfasst worden, wobei diesem Schriftsatz noch zwei Ausfertigungen der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vom 4. Februar 2003 beigelegt worden seien. Im Zuge der Unterfertigung dieser Schriftsätze sei vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Kanzleiangestellten H. die Weisung erteilt worden, neben diesen Schriftsätzen und der Bescheidkopie auch die Originalbeschwerde samt den damals beigefügten Unterlagen, welche allesamt oben im Akt eingelegt worden seien, mit abzufertigen. Bei Frau H. handle es sich um eine äußerst versierte und verlässliche Kanzleikraft, welche in der Kanzlei des Beschwerdevertreters u.a. auch mit der Buchhaltung betraut sei. Sie sei seit jeher mit dem selbständigen Kopieren von Beilagen und Abfertigten von Schriftstücken befasst und habe diese Tätigkeit auf Grund ihrer gewohnt genauen Arbeitsweise bisher fehlerlos erledigt, ohne dass es jemals zu Beanstandungen gekommen wäre.
Im Zuge der Postabfertigung des gegenständlichen Schriftsatzes habe Frau H. jedoch irrtümlich - entgegen der zuvor erteilten Weisung ihres Vorgesetzten - neben den Ausfertigungen des aufgetragenen Schriftsatzes lediglich nur eine Bescheidkopie sowie zwei weitere Ausfertigungen der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof kuvertiert und es irrtümlich unterlassen, die zuvor erwähnte, ursprünglich beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte und zurückgestellte Beschwerde samt den damals beigefügten Beilagen ebenfalls zu kuvertierten. Diese Urkunden seien im Akt verblieben. Über diese Urkunden seien die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 2003, die im Akt belassene Gleichschrift des aufgetragenen Schriftsatzes samt Einschreibezettel sowie ein Ausdruck des Berichtschreibens an den Beschwerdeführer gelegt worden. Frau H. habe anschließend, wie es ihre Aufgabe sei, die Frist, nach dem der aufgetragene Schriftsatz eingeschrieben zur Post gebracht worden sei, selbständig gestrichen und den Akt abgelegt.
Erst durch die Zustellung des hg. Einstellungsbeschlusses vom 24. Februar 2004 habe der Beschwerdevertreter von dem Umstand Kenntnis erlangt, dass sich die ursprünglich zurückgestellte Beschwerde noch im Akt befindet.
Frau H. sei eine versierte und routinierte Kanzleikraft, die bisher fehlerfrei und stets ausdrückliche Weisungen ihrer Vorgesetzten befolgend gehandelt habe. Bei der Tätigkeit des Kuvertierens handle es sich überdies um eine Routinetätigkeit, bezüglich derer sich der Beschwerdevertreter auf die fehlerfreie und weisungsgemäße Ausführung der Postabfertigung von Frau H. bisher und daher auch im gegenständlichen Fall habe verlassen können.
Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Das Verschulden eines Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes stellt dann ein Ereignis gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dar, wenn der Anwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht jenem Bediensteten gegenüber nachgekommen ist (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 12. März 1991, Slg. Nr. 13.402/A).
Unter Zugrundelegung des Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag ist davon auszugehen, dass es dem Vertreter des Antragstellers nicht zumutbar war zu überprüfen, ob sich nach der Kuvertierung noch Unterlagen im Handakt befinden, welche im Zuge der Erfüllung des Verbesserungsauftrages dem Gerichtshof vorzulegen gewesen wären (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 25. April 2002, Zl. WE 2002/05/0184).
Da die mangelhafte Erfüllung des hg. Verbesserungsauftrages sohin allein auf das Versehen der Angestellten des Vertreters des Antragstellers zurückzuführen ist und weder dem Antragsteller noch dessen Vertreter ein über einen minderen Grad des Versehens hinausreichendes Verschulden vorgeworfen werden kann, war dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben.
Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren gemäß § 46 Abs. 5 VwGG in jene Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat. Die dieser Verfahrenslage entsprechende, das Beschwerdeverfahren selbst betreffende Verfügung wird zur hg. Zl. 2004/05/0088 gesondert ergehen.
Wien, am 27. April 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004050088.X00Im RIS seit
09.07.2004