TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/27 2003/05/0111

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Veröffentlicht am 27.04.2004
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Index

L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;

Norm

GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs1;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §2 Abs2;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §6;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 TPB7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Frascati Imbißstubenbetriebsgesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien 6, Windmühlgasse 30, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 12. Februar 2003, Zl. MA 64 - BE 133/2002, betreffend eine Angelegenheit nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk, vom 8. Mai 2001, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 1 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (GAG) sowie gemäß § 82 Abs. 1 StVO die Erlaubnis erteilt, den öffentlichen Grund und den darüber befindlichen Luftraum vor dem Haus 6., Schadekgasse 2/ident Barnabitengasse 1, zur Aufstellung von Tischen und Stühlen in jeweils näher bezeichneten Ausmaßen sowohl an der Front zur Schadekgasse als auch zur Front Barnabitengasse gemäß dem einen Bescheidbestandteil bildenden Plan ab Rechtskraft des Bescheides bis 15. November 2001 und vom 1. März bis 15. November 2002 benützen zu dürfen (im nunmehrigen Beschwerdeverfahren geht es um den Bereich in der Barnabitengasse). Festzuhalten ist, dass gemäß dem bezogenen Plan im Hinblick auf die Neigung der Barnabitengasse die Errichtung von Podesten vorgesehen ist, um darauf Tische und Stühle (udgl.) waagrecht aufstellen zu können.

Mit der am 8. April 2002 bei der Behörde eingelangten Eingabe vom 29. März 2002 beantragte die Beschwerdeführerin diese gemäß dem Bescheid vom 8. Mai 2001 erteilte Erlaubnis unbefristet, jedenfalls bis zum Zeitraum 1. März 2005 bis 15. November 2005, zu verlängern.

Weiters brachte die Beschwerdeführerin vor, das von ihr im Bereich der Barnabitengasse hergestellte Podest sowie die dort befindliche Einfriedung seien "in ausgesprochen anspruchsvoller Art und Weise aufgeführt" und fügten sich auch optimal in das Straßenbild und das Gebäudeensemble der Barnabitengasse ein. Diese sei eine Fußgängerzone. Da er außerhalb "der Baulichkeit des Podestes bzw. Einfriedung" verbleibende Bereich an öffentlichem Gut sei umfangreich, und es bestünden im Grunde von öffentlichen Interessen überhaupt keine Bedenken, dass das Podest und die Einfriedung in der Barnabitengasse außerhalb des Bewilligungszeitraumes von jeweils 11. November bis Ende Februar bestehen blieben. Es seien daher die Voraussetzungen der Anlage B.7. GAG gegeben, weshalb beantragt werde, "unbefristet bzw. jedenfalls bis zum Zeitraum 16.11.2005 bis Ende Februar 2006" das Podest und die Einfriedung gemäß dem Bewilligungsbescheid vom 8. Mai 2001 an der Front zur Barnabitengasse belassen zu können.

In der hierüber am 24. Oktober 2002 durchgeführten Verhandlung wurden behördenseits verschiedene Bedenken geäußert. Insbesondere wurde ein Gutachten der MA 19 verlesen, wonach der Belassung des Podestes samt Einfriedung aus stadtgestalterischer Sicht nicht zugestimmt werden könne.

Bedenken gab es auch seitens der MA 31 (aus dem Gesichtspunkt der Zugänglichkeit einer Wasserleitung im Bereich unterhalb des Schanigartens).

Der Vertreter der Bezirksvorsteherin äußerte sich dahin, angesichts der bislang aktenkundigen Stellungnahmen der MA 19 und der MA 31 könne der Belassung der Einfriedung nicht zugestimmt werden. Im Übrigen gelte "die jederzeitige Entfernbarkeit der Einrichtung für alle gleich und könne hier keine Ausnahme gemacht werden". Im Übrigen sei noch die Stellungnahme der MA 46 ausständig. Weiters wäre eine Stellungnahme der MA 48 (bezüglich der Schneeräumung) einzuholen.

Die Antragstellerin erwiderte dem durch ihren Vertreter, dass die "Schanigartenkonstruktion", insbesondere die Podeste, jederzeit rasch entfernt werden könnten, möge dies auch sehr teuer kommen. Dem "Vorbringen des Bezirkes" sei zu entgegnen, dass die Verhältnisse im Sommer und Winter die gleichen seien und diese Einwendungen daher nicht zielführend seien.

Das bezogene Gutachten der MA 19 vom 4. November 2002 langte bei der erstinstanzlichen Behörde im November 2002 per Fax und sodann am 14. November 2002 im Original ein. Dieses Gutachten lautet:

"Zum vorliegenden Bauvorhaben wird aus architektonischer Sicht folgendes Gutachten abgegeben:

Im zur Verfügung stehenden öffentlichen Raum kommt neben allen verkehrs- und sicherheitstechnischen Belangen vor allem der gestalterischen Komponente eine wesentliche Bedeutung zu. Dabei sind Grundsätze und Vorgangsweisen zu beachten, die dem Benützer ein optimales Erleben des öffentlichen Raumes auch aus einem ästhetischen Blickwinkel erlauben.

Das Bedürfnis nach Errichtung von sogenannten Schanigärten entstand vermehrt in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Damals waren durch die einsetzende Stadtverdichtung zahlreiche private Gärten, Höfe und sonstige Grünflächen als sommerliche Grünerholungsräume entfallen und mussten diese behelfsmäßig und 'mobil' im öffentlichen Bereich gesucht werden.

Ein historisches Zitat dazu drückt die klassische Situation bildlich aus: 'Schani (Jean = damals häufiger Name Johann, französische Form mit Bezug auf besondere Gastronomie) trag' den Garten 'raus...'

Auch in der heutigen Zeit soll, dem dringenden Bedürfnis der Bürger folgend und trotz des, für die unterschiedlichen Anforderungen (Verkehr, Parkraum, Warenausräumungen, usw.) nicht allzu großzügig bemessenen, öffentlichen Raumes die Möglichkeit gegeben sein, dieses 'sommerliche Vergnügen' zu genießen. Es wird daher oft unter Beschränkung des Fußgeherbereiches auf ein Minimum oder durch Verzicht auf Stellplätze versucht, möglichst alle diesbezüglichen Wünsche zu erfüllen.

Auch in der vorliegenden Situation wurde eine ansprechende und aus der Sicht der Stadtgestaltung akzeptable Lösung im betroffenen örtlichen Stadtbild gefunden. Alle Überlegungen und Beurteilungen bezogen sich auf das Bild, das sich dem Betrachter während der warmen Jahreszeit bietet. Es wird auch mit diesem Schanigarten der Eindruck geboten und optisch ausgesagt: 'Hier kann man die sommerliche Hitze der Stadt ertragen.' Die Umzäunung bietet eine klare Abgrenzung zum Fussgeherbereich, der heiter wirkende Garten trägt zum sommerlichen Gepräge des historisch bedeutenden Straßenzuges bei. Die vorwiegend biedermeierliche Verbauung wird durch das frische und blühende Grün der Saison positiv hervorgehoben.

Ganz anders stellt sich die Situation während der kalten Jahreszeit dar. An 'schattiger Erfrischung' und Sitzen im 'kleinen Grünraum' kann es zu dieser Zeit keinen wirklichen Bedarf geben. Auch bietet ein winterlich 'ab-oder ausgeräumter Rest' eines Schanigartens nicht dasselbe positive Bild, das im Sommer vermittelt bzw. mit Wohlgefallen wahrgenommen wird. Der sommers blühende, gestalterisch anziehende Garten mutiert unweigerlich zu einer trostlosen Ansammlung von unbenützten Einrichtungselementen. Eine vermehrte Verschmutzung sowohl der Pflanzen als auch des Podests und der Einzäunung als Folge von schneebedingter Streusandanwendung und der darausfolgenden Staubentwicklung ist sicher. Eiskrusten und Salze bedeuten eine zusätzliche Belastung für alle Bestandteile eines solchen Schanigartens. Die Oberflächen weisen rasch ein ungepflegtes Bild auf.

Sowohl die harmonische Wirkung der umliegenden Bebauung als auch das Erscheinungsbild des historischen Straßenraumes samt der neugestalteten Fussgängerzone werden durch eine derart negative, optische Wirkung gestört. Dadurch wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine gröblicheStörung des örtlichen Stadtbildes in der Schutzzone Barnabitengasse erwartet.

Die unmittelbaren Belange der Stadtgestaltung sind hiermit erläutert. Ergänzend weist die MA 19 jedoch aus der Sicht einer im gesamten magistratischen Bereich anzustrebenden Bürgerfreundlichkeit deutlich noch auf Folgendes hin:

Nicht nur ein gestalterisch unbefriedigendes Bild wird von Bürgern negativ wahrgenommen, auch das Fehlen des nachvollziehbaren, dauernden und dringenden Bedürfnisses der Bevölkerung nach dem Angebot eines 'Schanigartens' im Winter stößt auf oft geäußertes Unverständnis. Weiters werden in unseren Breiten winters durch Schnee und Eis die Gehbereiche eingeengt, die Verkehrssicherheit individuell vermindert. Dies ist besonders in der leicht abschüssigen, stark frequentierten Straße zu beachten: Das Bedürfnis der Bevölkerung verlagert sich vermehrt auf den Anspruch, den gesamt möglichen öffentlichen Raum für Verkehrszwecke nützen zu können. Ein in dieser Zeit 'nutzloser', im Weg stehender Schanigarten wird allgemein nur als störend empfunden, gibt Anlass zu Ärger.

Daher ist aus allen genannten Gründen eine Weiterbelassung des Schanigartens über die Wintermonate abzulehnen."

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MBA 6/7, vom 21. November 2002 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 6 GAG aufgetragen, die ohne Vorliegen einer aufrechten Bewilligung vorhandenen Einrichtungen, nämlich Podeste und Einfriedungen, an der Front zur Barnabitengasse binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen. Dies wurde damit begründet, dass es für die Weiterbelassung dieser Objekte (noch) keine Bewilligung gebe.

Die MA 46 äußerte sich mit Schreiben vom 25. November 2002 zur Frage der Belassung der Einrichtungen über die Wintermonate dahin, dass damit die gesetzlich gemäß § 93 Abs. 1 StVO vorgeschriebene Schneeräumungspflicht nicht gewährleistet wäre.

Die MA 48 führte in einem Schreiben vom 26. November 2002 aus, dass der Gastgarten für die MA 48 im Winterdienst keine Behinderung darstelle. Eine winterliche Betreuung bzw. Reinigung der Flächen des Gastgartens habe selbstverständlich durch die Beschwerdeführerin zu erfolgen.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MBA 6/7, vom 6. Dezember 2002 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. April 2002 auf Belassung der Einfriedung des Schanigartens in der Front zur Barnabitengasse abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, es stehe außer Zweifel, dass die Podeste und die Einfriedungen als Bestandteile bzw. Einrichtung des genehmigten Schanigartens dem GAG unterlägen. Auf Grund der Ausführungen der MA 19 komme die Behörde zum Schluss, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer ausnahmsweisen Bewilligung der Belassung der Abfriedung ganz oder teilweise über den 1. März bis 15. November hinausgehend gemäß Anlage B.7 GAG nicht vorlägen.

Die Beschwerdeführerin berief gegen beide Bescheide. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde

I. die Berufung gegen den Bescheid vom 6. Dezember 2002 als unbegründet abgewiesen und den bekämpften Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass gemäß § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 GAG in Verbindung mit der Tarifpost B 7 des Tarifes zum GAG der Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. April 2002 auf Belassung der Einfriedung (und des Podestes) des Schanigartens an der Front zur Barnabitengasse in näher bezeichneten Ausmaßen über den 15. November jedes Jahres hinaus abgewiesen werde;

II. die Berufung gegen den Bescheid vom 21. November 2002 ebenfalls als unbegründet abgewiesen und den bekämpften Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Beschwerdeführerin gemäß § 6 GAG aufgetragen werde, die im Zuge der Errichtung des mit Bescheides des MBA 6/7 vom 8. Mai 2001 gemäß § 1 GAG und § 82 Abs. 1 StVO bewilligten Schanigartens angebrachten Einrichtungen (Podeste und Einfriedungen) in Wien 6, Barnabitengasse 1, zu entfernen, wobei hiefür gemäß § 6 GAG eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides festgesetzt werde.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Berufungen aus, in rechtlicher Hinsicht sei festzuhalten, dass gemäß § 2 Abs. 2 GAG die Gebrauchserlaubnis zu versagen sei, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstünden. Im Beschwerdefall habe die schlüssige Stellungnahme der MA 19 vom 4. November 2002 ergeben, dass die Belassung der Einfriedung und des Podestes das öffentliche Interesse am Schutz des Stadtbildes beeinträchtige. Es werde ausführlich dargestellt, dass die Belassung der Einfriedung und des Podestes über den 15. November jeden Jahres hinaus insbesondere durch die Verschmutzung und Funktionslosigkeit der Teile zu einer gröblichen Störung des örtlichen Stadtbildes in der Schutzzone Barnabitengasse führen würde. Das Argument der Beschwerdeführerin, der Schanigarten stehe auch im Sommer "im Weg" (im Original unter Anführungszeichen), sei insofern nicht zutreffend, als der Schanigarten im Sommer seine eigentliche Funktion, nämlich den Aufenthalt und die Bewirtung von Personen im Freien, erfülle. Das funktionslose Verbleiben eines Teiles des Schanigartens im Winter im Straßenraum sei vom Gesetzgeber als Ausnahme formuliert. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin seien daher im Verfahren zur Erteilung einer diesbezüglichen Bewilligung die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 GAG zu prüfen, weil es sich um einen Teil des Schanigartens handle, der öffentliche Interessen nicht beeinträchtigen dürfe. Weiters sei überdies im Sinne der Ausnahmeregelung restriktiv vorzugehen. Es werde daher nur dann eine solche Bewilligung zu erteilen sein, wenn selbst bei Berücksichtigung der Funktionslosigkeit der Schanigarteneinfriedung im Winter keine öffentlichen Interessen entgegenstünden. In einer Schutzzone, wie sie hier vorliege, werde zwar ein besonders hoher Maßstab anzulegen sein, dies bedeute aber nicht, dass die Erteilung einer Ausnahmebewilligung ausgeschlossen sei, wobei auf die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abzustellen sei, sodass eine Verallgemeinerung der Voraussetzungen nicht möglich sei.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin über eine (nicht gegebene) Verkehrsbehinderung durch die Belassung der Einfriedung und des Podestes gingen insofern ins Leere, als eine Verkehrsbeeinträchtigung durch die Behörde erster Instanz nicht angenommen worden sei. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass in der Verhandlung vom 24. Oktober 2002 auch der Vertreter der MA 31 Bedenken gegen die Belassung der Einfriedung und des Podestes geäußert habe, weil diese nicht problemlos zu entfernen seien, der darunter befindliche Rohrstrang jedoch jederzeit zugänglich sein müsse. Auch die MA 46 habe sich in ihrer Stellungnahme vom 25. November 2002 gegen die Belassung der Einfriedung ausgesprochen, weil diese in den Wintermonaten die gesetzlich vorgeschriebene Schneeräumung behindern würde.

Der Rüge der Beschwerdeführerin, im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sei eine falsche Rechtsnorm angeführt worden, sei durch die Modifizierung des Spruches Rechnung getragen worden.

Was den Entfernungsauftrag anlange, sei unbestritten geblieben, dass der Beschwerdeführerin für die Belassung der Podeste und Einfriedungen (zu ergänzen: im Zeitraum vom 16. November bis Ende Feber) keine Gebrauchserlaubnis erteilt worden sei. Dem Argument, hiefür sei eine Gebrauchserlaubnis gar nicht erforderlich, sei nicht zu folgen. Diese Einrichtungen unterlägen als Teil des Schanigartens eben dem Tarif Post B 7 und seien daher vor Bewilligung auch dahingehend zu überprüfen, ob ihre Errichtung öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Sie könnten jedoch ausnahmsweise über den Zeitraum vom 15. November eines Jahres bis zum 1. März des folgenden Jahres belassen werden, wenn dies unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen bewilligt worden sei. Die eingeräumte Frist von 14 Tagen sei ausreichend, weil die Beschwerdeführerin längst Zeit gehabt hätte, sich mit der Frage, wie die Entfernung zu bewerkstelligen sei und wo die Teile zu lagern seien, auseinanderzusetzen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 10. Juni 2003, B 633/03-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie mit weiterem Beschluss vom 8. Juli 2003 dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin hat repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das (Wiener) Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20, in der Fassung LGBl. Nr. 26/2000 anzuwenden.

§ 1 GAG lautet:

"§ 1

(1) Für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll.

(2) Die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauches von öffentlichem Gemeindegrund (Abs. 1) gehen über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus.

(3) Wenn eine Gebrauchsart im Sinne des Abs. 2 in einem geringeren als dem angegebenen Umfang in Anspruch genommen werden soll, bedarf der geringere Umfang keiner Gebrauchserlaubnis."

§ 2 Abs. 2 GAG lautet:

"(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist."

Gemäß § 6 GAG ist der Magistrat berechtigt, den Besitzer von Einrichtungen, durch die ein im § 1 GAG umschriebener Gebrauch ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis ausgeübt wird, durch Bescheid zu verpflichten, die Einrichtungen binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen.

Im Abschnitt B des Tarifes sind "Jahresabgaben je begonnenes Abgabenjahr" angeführt, Post 7 lautet:

"7. für Vorgärten (Aufstellung von Tischen, Sesseln u.a.) vor Geschäftslokalen aller Art je m2 Fläche 3,63 Euro, in Fußgängerzonen und verkehrsarmen Zonen je m2 27,25 Euro, mindestens aber 43,60 Euro; die Abfriedung (Geländer, Gitter, Abschlusswand, Zierpflanzen u. dgl.) ist innerhalb der bewilligten Ausmaße aufzustellen; für etwaige Gegenstände innerhalb der Einfriedung, die weder mit dem Gebäude noch mit dem Gehsteig fest verbunden sind und über die zugestandene Vorgartenfläche nicht hinausragen, ist eine weitere Abgabe nicht zu entrichten; die Bewilligung für Vorgärten gilt nur für die Zeit vom 1. März bis 15. November; wird ausnahmsweise die Belassung der Abfriedung ganz oder teilweise über den genannten Zeitraum hinaus bewilligt, erhöht sich die Abgabe um ein Drittel;"

Die Beschwerdeführerin vertritt zusammengefasst die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung einer ausnahmsweisen Belassung der Abfriedung eines Vorgartens im Sinne der Position B 7 des Tarifes zum GAG nicht in den §§ 1 und 2 GAG, die Versagungsgründe daher insbesondere nicht im § 2 Abs. 2 GAG geregelt seien. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der ausnahmsweisen Belassung der Abfriedung eines Vorgartens müssten andere sein als die der Gebrauchserlaubnis für den Vorgarten selbst, weil es ansonsten keiner Ausnahme bedürfte und der Gesetzgeber sich nicht entschlossen hätte, die Erteilung der Gebrauchserlaubnis für Vorgärten auf die Zeit vom 1. März bis 15. November eines Jahres einzuschränken. Das Argument der Behörde, die "Belassung der Abfriedung des Podestes" über den 15. November eines jeden Jahres hinaus würde zur Verschmutzung und zur Funktionslosigkeit der Teile und damit zu einer gröblichen Störung des öffentlichen Stadtbildes in dieser Schutzzone führen, sei verfehlt. Das Argument der Verschmutzung sei schon deshalb obsolet, weil der Beschwerdeführerin ohne Weiteres durch eine Auflage die entsprechende Reinigung der Abfriedung und des Podestes vorgeschrieben werden könnte. Was die Funktionslosigkeit dieser Teile anlange, könne nur gesagt werden, dass eine Abfriedung und ein Podest eines Vorgartens in der Zeit vom 15. November bis zum 1. März des Folgejahres grundsätzlich funktionslos sei, weil nicht der Vorgarten zum Aufstellen von Tischen und Stühlen genehmigt werde, sondern eben nur die Abfriedung bzw. ein Podest. Die Abfriedung eines Vorgartens sei grundsätzlich funktionslos, wenn man von der Funktion eines Vorgartens ausgehe. Daher bedürfe es auch einer ausnahmsweisen Bewilligung. Das GAG kenne eine Gebrauchserlaubnis (im Sinne der §§ 1 und 2 GAG) für Vorgärten nur für die Zeit vom 1. März bis 15. November eines Jahres. Eine Gebrauchserlaubnis für die Zeit vom 15. November bis 1. März des Folgejahres sei dem GAG unbekannt. Für eine Nutzung des Gemeindegrundes mit der inhaltlichen Ausgestaltung einer Gebrauchserlaubnis bedürfte es einer zivilrechtlichen Einigung in Form einer Nutzungsvereinbarung oder Dienstbarkeit, die zwischen der Bundeshauptstadt Wien und dem Interessenten abzuschließen wäre. Eine Nutzung des Gemeindegrundes auf Grundlage des öffentlichen Interesses sei nur durch die ausnahmsweise Belassung der Abfriedung im Sinne des Punktes B 7 des Tarifes zum GAG vorgesehen. Wäre die Argumentation der belangten Behörde richtig, hätte dies zur Folge, dass die ausnahmsweise Bewilligung der Belassung einer Abfriedung nie zu genehmigen wäre, weil eine Abfriedung im Hinblick auf die Nutzung eines Vorgartens als körperlicher Teil der Anlage eines Vorgartens immer funktionslos sei und auch immer verschmutzen könne. In der Stellungnahme der MA 19 werde weiter über das Erscheinungsbild einer Abfriedung im Winter ausgeführt, es werde auch vom Bedarf von Konsumenten gesprochen. Darauf stütze sich die belangte Behörde ebenfalls. Daraus sei für sie aber nichts zu gewinnen. Die äußeren Umstände, insbesondere was das Erscheinungsbild betreffe, seien eben in Mitteleuropa im Frühjahr und im Sommer andere als im Herbst und Winter. Doch gerade für die Monate im Herbst und Winter bedürfe es der ausnahmsweisen Bewilligung für das Belassen der Abfriedung. Es sei daher augenscheinlich und unwiderlegbar, dass das öffentliche Interesse anders ausgeformt sein müsse als im Falle der Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach den §§ 1 und 2 GAG, wenn die Bewilligung zur ausnahmsweisen Belassung der Abfriedung zu erteilen sei. Jedenfalls zeige die belangte Behörde überhaupt nicht auf, wann eine derartige Ausnahmeregelung überhaupt zutreffen könne.

Auch der Entfernungsauftrag sei zu Unrecht ergangen. Wie bereits dargelegt, sei in der Zeit vom 15. November bis 1. März des Folgejahres eine ausnahmsweise Bewilligung der Belassung der Abfriedung erforderlich, wobei es sich dabei, wie bereits ausgeführt, nicht um eine Gebrauchserlaubnis im Sinne des § 1 GAG sondern um eine ausnahmsweise Bewilligung handle, die nur im Punkt B 7 des Tarifes zum GAG geregelt sei. Damit könne auch eine Abfriedung "im Falle eines bewilligungslosen Zustandes" nicht nach § 6 GAG entfernt werden. Das GAG kenne vielmehr keine Norm, die im Beschwerdefall anwendbar wäre. Allenfalls könnte nach der StVO vorgegangen werden, was ungeprüft geblieben sei (wobei im Übrigen auch die Voraussetzungen nach der StVO nicht gegeben wären, weil keine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne dieser Gesetzesstelle gegeben sei).

Das Ermittlungsverfahren sei auch mangelhaft geblieben, weil die belangte Behörde nicht auf das Vorbringen eingegangen sei, in der Barnabitengasse in Richtung Mariahilferstraße befänden sich bereits drei große Blumentröge der Stadt Wien, die die Barnabitengasse einengten, womit diese Schmalstelle auch im Winter bestehe. Damit sei schon deshalb die Schneeräumung behindert.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Dem System des GAG, insbesondere des § 1 GAG iVm dem Punkt B 7 des Tarifes, kann nicht unterlegt werden, dass die Belassung von Schanigärten (oder der damit im Zusammenhang stehenden Einrichtungen) außerhalb des in Punkt B 7 des Tarifes genannten Zeitraumes bewilligungsfrei nach dem GAG sein sollte, zumal nicht ersichtlich ist, dass das Aufstellen solcher Objekte im Zeitraum vom 16. November bis Ende Feber des Folgejahres dem widmungsgemäßen Gebrauch dieser Straße im Sinne des § 1 Abs. 1 GAG entsprechen sollte. Der normative Gehalt des Abschnittes B Post 7 des Tarifes des GAG besteht vielmehr ua. darin, dass die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nur für Vorgärten außerhalb der dort genannten Zeit grundsätzlich für unzulässig erklärt wird, wobei aber für die dort genannten Abfriedungen eine Ausnahme dergestalt vorgesehen ist, dass für solche eine Gebrauchserlaubnis "ausnahmsweise" auch für diese Zeit erteilt werden kann.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist daher auch die (in Punkt B 7 des Tarifes genannte bzw. vorausgesetzte) Bewilligung zur ausnahmsweisen Belassung im Zeitraum vom 16. November bis Ende Feber des Folgejahres eine Bewilligung nach § 1 GAG. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, eine solche Berechtigung könnte sich nur aus einem zivilrechtlichen Vertrag ergeben, trifft daher nicht zu.

Ist aber für die ausnahmsweise Belassung eine Gebrauchserlaubnis nach dem GAG erforderlich, die im Beschwerdefall nicht vorlag, sind die Behörden des Verwaltungsverfahrens zutreffend nach § 6 GAG vorgegangen.

Voraussetzung für die Erteilung einer solchen Gebrauchserlaubnis ist einerseits das Fehlen der in § 2 Abs. 2 leg. cit. genannten Hindernisse und andererseits, wie sich aus der Verwendung des Wortes "ausnahmsweise" ergibt, ein besonderes, über das allgemeine Bedürfnis nach Nutzung des öffentlichen Raumes hinausgehendes Interesse des Antragstellers. Ob im vorliegenden Fall Letzteres gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, weil der Verwaltungsgerichtshof schon in der auf das Gutachten der MA 19 gestützten Annahme der belangten Behörde, der Erteilung der fraglichen Bewilligung stünden im § 2 Abs. 2 leg. cit. genannte öffentliche Rücksichten entgegen, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken vermag. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch ein Eingehen auf die Frage, ob die vom gegenständlichen Antrag umfasste Belassung der Podeste überhaupt einer Ausnahmebewilligung im Sinne des Abschnittes B Post 7 des Tarifes des GAG zugänglich ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. April 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003050111.X00

Im RIS seit

09.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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