TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/27 2002/21/0204

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Veröffentlicht am 27.04.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §107 Abs1 Z4;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37;
VStG §6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 13. Mai 2002, Zl. 1- 0636/01/E2, betreffend Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, einer Übertretung des § 107 Abs. 1 Z. 4 iVm § 31 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, schuldig erkannt, weil er sich als Fremder im Zeitraum vom 1. August 1997 bis zum 12. Dezember 2000 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Über den Beschwerdeführer wurde deswegen eine Geldstrafe von EUR 180,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 9. Oktober 2002, B 1105/02-3, ablehnte und die Beschwerde mit Beschluss vom 18. November 2002, B 1105/02-5, an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vom Beschwerdeführer ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Nach den Feststellungen der belangten Behörde hält sich der Beschwerdeführer seit dem 15. November 1988 im Bundesgebiet auf. In dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Berufungsschriftsatz vom 9. August 2001 hat der Beschwerdeführer nicht nur auf seinen langjährigen Aufenthalt in Österreich sondern auch auf seine Beschäftigung im Bundesgebiet seit dem 25. September 1991 hingewiesen und ausgeführt, dass er im Besitz eines bis 8. Juli 2003 gültigen Befreiungsscheines sei. In seinem an die belangte Behörde gerichteten Schriftsatz vom 2. Oktober 2001 betonte der Beschwerdeführer seine "nunmehr zehnjährige (!!!) legale Erwerbstätigkeit in Österreich" und wendete gegen die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung die Verletzung seines durch Art. 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Privatleben ein.

Indem sich die belangte Behörde, worauf die Beschwerde zutreffend hinweist, in der rechtlichen Beurteilung ihres Bescheides mit dem von ihr festgestellten langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht auseinandergesetzt hat, hat sie die Rechtslage verkannt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. dazu aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2002/21/0203, und die dort referierte - gleichfalls die belangte Behörde betreffende - Rechtsprechung), dass bezüglich des Tatbestandes des § 107 Abs. 1 Z. 4 FrG ein gesetzlicher Strafausschließungsgrund gemäß § 6 VStG angenommen werden müsse, wenn der - im Verwaltungsstrafverfahren als Vorfrage zu prüfenden - Zulässigkeit einer (hypothetischen) Ausweisung des Fremden eine zu seinen Gunsten ausfallende Interessenabwägung nach § 37 FrG im Wege steht. Dass dies beim Beschwerdeführer der Fall ist, ergibt sich aus dem hg. Erkenntnis vom 4. September 2003, Zl. 2001/21/0159, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 27. April 2004

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002210204.X00

Im RIS seit

03.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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