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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des A T in G, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Pilgramgasse 22/7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 10. Jänner 2000, Zl. RV 274-16/04/98, betreffend Umsatzsteuer für 1995 und 1996 sowie Einkommensteuer 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein aus Bulgarien stammender Student, war in den Streitjahren 1995 und 1996 für die D GmbH tätig. Er hat die ihm daraus zugeflossenen Einkünfte nicht versteuert und die in "Kassa-Ausgangs-Belegen" ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge nicht an das Finanzamt abgeführt.
Auf Grund abgabenbehördlicher Erhebungen wurden die Einnahmen des Beschwerdeführers für das Jahr 1995 mit 113.776,21 S (zuzüglich 20 % Umsatzsteuer) und für das Jahr 1996 mit 7.925,60 S (zuzüglich 20 % Umsatzsteuer) ermittelt. In der Folge erließ das Finanzamt Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1995 und 1996 sowie einen Einkommensteuerbescheid für 1995. Die Umsatzsteuerbescheide wiesen eine "Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 12 und 14 UStG 1994" von 22.755,24 S (1995) bzw. von 1.585,12 S (1996) aus. Dem Einkommensteuerbescheid 1995 liegt ein gemäß § 184 BAO mit 88 % der Einnahmen geschätzter Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 100.123 S zu Grunde. Einkommensteuer für 1996 wurde mangels Überschreitens der Besteuerungsgrenzen nicht vorgeschrieben.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er vorbrachte, dass er sein Studium an der Technischen Universität Wien zielstrebig verfolge und zwar eine Aufenthalts-, nicht jedoch eine Arbeitsbewilligung in Österreich besitze. In Unkenntnis der österreichischen Rechtslage habe er mit der D GmbH einen "Werkvertrag" geschlossen, wobei ihm der Unterschied zwischen Werk- und Dienstvertrag als Bulgare nicht bekannt gewesen sei. Er habe für die D GmbH Aushilfsarbeiten, wie das Einlegen von Prospekten in Zeitungen, das Verpacken und Einschachteln von Druckwerken, das Schlichten von Paletten sowie das "Einschleifen", verrichtet. Dafür sei er "stückmäßig bzw. akkordmäßig" entlohnt worden. Seine Arbeit habe das typische Erscheinungsbild einer unselbständigen Beschäftigung aufgewiesen, weil alle Arbeiten über Veranlassung des Arbeitgebers nach kurzer Einschulung bzw. Anleitung in den Arbeitsräumen des Arbeitgebers mit dessen Arbeitsmitteln, soweit erforderlich, erfolgt seien. Er sei regelmäßig nach Maßgabe des Bedarfs seitens der D GmbH beauftragt worden. Hinsichtlich seiner Entlohnung habe er lediglich Blankobestätigungen unterschrieben und tatsächlich nicht jene Beträge erhalten, welche vom Finanzamt nunmehr festgestellt worden seien. Insgesamt habe er "weniger als 80.000 S" erhalten. Auch habe er nicht den "darin angeführten Umsatzsteuervermerk ausgefüllt bzw. die Umsatzsteuer ausgeworfen". Bei den vom Finanzamt herangezogenen Belegen, die seine Unterschrift aufwiesen, handle es sich um nachträgliche Fälschungen. Zu diesem Punkt werde die Einholung des Gutachtens eines Schriftsachverständigen beantragt. Insgesamt habe er von der D GmbH nichtselbständige Einkünfte bezogen, welche dem Lohnsteuerabzug zu unterziehen gewesen wären.
Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde damit begründet, dass für eine selbständige Tätigkeit charakteristisch sei: "Kosten und Auslagen werden selbst getragen, keine persönliche Weisungsgebundenheit (wohl aber denkbar sachliche oder technische - wie in Berufung ausgeführt), Einflussmöglichkeit auf den Ertrag der Tätigkeit durch Fleiß und Geschicklichkeit, keine feste Dienstzeit, keine arbeitsrechtlich begründete Urlaubsregelung, eine Entlohnung nur nach geleisteten Arbeitsstunden und nicht in Form laufender Zahlungen eines Fixbetrages usw. Aufgrund der angeführten zutreffenden Merkmale kann von einer nichtselbständigen Tätigkeit nicht gesprochen werden." In umsatzsteuerlicher Hinsicht wies das Finanzamt auf eine im Steuerakt einliegende (an die D GmbH gerichtete) Bestätigung hin, wonach der Beschwerdeführer auf die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer gemäß § 6 Z 27 UStG 1994 verzichtet habe.
In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz entgegnete der Beschwerdeführer, er habe in persönlicher Weisungsgebundenheit Aushilfsarbeiten verrichtet und sich auch nicht vertreten lassen können. Bei den Arbeiten habe es sich um einfache, inhaltlich gleich bleibende und wiederkehrende Tätigkeiten gehandelt, wobei dem Beschwerdeführer nicht einmal von der Arbeitszeit her eine gewisse Freizügigkeit eingeräumt worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 3. März 1995 mit der D GmbH einen "Werkvertrag" folgenden Inhaltes geschlossen:
"1.) GEGENSTAND DES ABGESCHLOSSENEN WERKVERTRAGES
Kuvertierarbeiten, Konfektionierungsarbeiten, Sortier- sowie Klebearbeiten und ähnliches.
2.) BEGINN UND UMFANG DES WERKVERTRAGES
Der Beginn dieses Werkvertrages ist der 03.03.1995. Dieser Vertrag ist lediglich ein Rahmenvertrag, welcher auf die Zeit der Zusammenarbeit der Vertragspartner geschlossen wird. Der Auftragnehmer erklärt sich hiermit während der Dauer dieser Vereinbarung bereit, für den Auftraggeber jeweils im Einzelfall konkret zu vereinbarende Werkaufträge auszuführen. Der Abschluss dieser Werkverträge erfolgt in der Regel mündlich.
Der Auftragnehmer hat das Recht, einzelne Werkaufträge aus wichtigen Gründen abzulehnen.
3.) DURCHFÜHRUNG DES WERKES
Der Umfang und die Art der zu erbringenden Leistung, der Ort der Leistungserbringung, sowie die Zeit der Leistungserbringung wird für jeden Werkvertrag gesondert vereinbart. Die Leistungen des Auftragnehmers werden selbständig und in voller Eigenverantwortlichkeit erbracht. Der Auftragnehmer ist an keine Weisungen des Auftraggebers gebunden. Er ist lediglich verpflichtet, die vereinbarten Leistungen zu den vereinbarten Bedingungen zu erbringen.
Er kann sich zur Erbringung seiner Leistung in Eigenverantwortlichkeit auch dritter Personen bedienen. Der Auftraggeber ist berechtigt, dem Auftragnehmer den jeweiligen Auftrag mit sofortiger Wirkung zu entziehen, wenn aus den Umständen offensichtlich ist, dass der Auftragnehmer, aus welchen Gründen immer, nicht in der Lage ist, den Auftrag zu den vereinbarten Bedingungen, insbesondere hinsichtlich Qualität der Ausführung und Einhaltung der Lieferzeit, zu erfüllen.
4.) VERRECHNUNG DES ENTGELTES UND ABNAHME DES WERKES
Der Auftragnehmer stellt dem Auftraggeber für die von ihm erbrachten Leistungen eine den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Buchhaltung entsprechende Rechnung zuzüglich Mehrwertsteuer in der jeweiligen gesetzlichen Höhe. Der Vertragsnehmer erbringt die vertragsgegenständlichen Leistungen freiberuflich. Er hat demnach auch für eine allfällige Besteuerung, Sozialversicherung und sonstige abgabenrechtliche Behandlung der ihm zufließenden Honorare selbst zu sorgen. Der Werklohn wird jeweils im Einzelfall festgelegt, wobei dieser entweder pauschal für einen bestimmten Umfang der Leistung erfolgt, oder aber nach Regiestunden in jeweils zu vereinbarender Höhe.
Der vereinbarte Werklohn ist spätestens 30 Tage nach Rechnungslegung fällig, Akontozahlungen können im Einzelfall vereinbart werden.
5.) KÜNDIGUNGSBESTIMMUNGEN
Der vorliegende Rahmenvertrag kann von beiden Vertragspartnern ohne Angabe von Gründen mit jederzeitiger Wirkung aufgelöst werden.
Abänderungen des vorliegenden Vertrages sind nur in Schriftform zulässig.
Der Vertragsnehmer erklärt, dass die mit dem Vertrag im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten nicht den Hauptberuf und die Hauptquelle seiner/ihrer Einnahmen bildet.
Oben stehender Vertragsinhalt wurde zur Kenntnis genommen:"
In ihren rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde aus, die Argumentation des Beschwerdeführers, dass die von ihm zu verrichtenden Aushilfsarbeiten typischerweise in nichtselbständiger Form ausgeübt würden, sei im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht "aussagekräftig". Aushilfsweise ausgeübte Tätigkeiten könnten je nach Ausgestaltung der Vertragsbeziehung entweder eine selbständige oder eine nichtselbständige Tätigkeit darstellen.
Das Vorbringen, es habe eine typische Weisungsgebundenheit bestanden, sei ohne Nachweis geblieben. Die vom Beschwerdeführer "nachweislos in den Raum gestellte Behauptung, er habe sich nicht vertreten lassen können", stehe mit Punkt 3 des Werkvertrages in Widerspruch. Überhaupt deute der Umstand, dass sowohl nach der Überschrift als auch nach dem Inhalt des Vertrages ein "Werkvertrag" abgeschlossen worden sei, darauf hin, dass der Vertragswille jedenfalls seitens der D GmbH nicht auf den Abschluss eines Dienstvertrages gerichtet gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei der Unterschied zwischen Werk- und Dienstvertrag nicht bekannt gewesen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, nicht einmal von der Arbeitszeit her eine gewisse Freizügigkeit gehabt zu haben, sei über das Aufstellen der bloßen Behauptung nicht hinausgegangen. Der Vorhalt in der Berufungsvorentscheidung betreffend das Nichtvorliegen einer festen Dienstzeit sei unwidersprochen geblieben. Sowohl die unterschiedlichen Abrechnungszeitpunkte bzw. -zeiträume als auch die immer verschieden hohen Entgelte sprächen für eine dem Beschwerdeführer eingeräumte zeitmäßige Freizügigkeit. Punkt 3 des Werkvertrages sehe vor, dass der Beschwerdeführer die übernommenen Aufträge lediglich innerhalb eines bestimmten vereinbarten Zeitraumes fertig zu stellen habe.
Die dem Beschwerdeführer auferlegten Pflichten seien nicht die eines unselbständig Tätigen gewesen. Der Beschwerdeführer habe der D GmbH nicht seine Arbeitskraft, sondern nur die Bereitschaft zur Verfügung gestellt, im Einzelfall konkret zu vereinbarende Werkverträge auszuführen oder diese durch Heranziehung dritter Personen erbringen zu lassen. Damit sei der Beschwerdeführer in Betätigung seines geschäftlichen Willens auch nicht unter der Leitung der D GmbH gestanden. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in den Betriebsräumen der D GmbH tätig geworden sei, habe aus der Art der übernommenen Tätigkeiten resultiert und könne nicht als Kennzeichen einer Eingliederung des Beschwerdeführers in den geschäftlichen Organismus der D GmbH gesehen werden.
Da die beschriebenen Tätigkeiten naturgemäß keine ins Gewicht fallenden Mitteln erforderten, sei das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Argument, er habe die Tätigkeit mit Arbeitsmitteln der D GmbH verrichtet, de facto inhaltsleer. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer das Risiko der mangelhaften Erfüllung oder Nichterfüllung der Werkaufträge getragen.
Die Angaben des Beschwerdeführers über die an ihn ausbezahlten Beträge seien widersprüchlich. In seiner Vernehmung vom 11. November 1996 habe der Beschwerdeführer von "ca. S 10.000,-
-" gesprochen, in der Berufung habe er eingeräumt "weniger als Schilling 80.000,--" erhalten zu haben. Die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers sei damit erschüttert. Die Besteuerungsgrundlagen seien daher zu Recht an Hand der von der D GmbH zur Verfügung gestellten Belege ermittelt worden. Auch stünden diese Belege (datierend vom 23. Mai 1995 bis 1. März 1996) in zeitlicher Hinsicht in Einklang mit dem Werkvertrag vom 3. März 1995, während der Beschwerdeführer "durch nichts belegt" seinen Tätigkeitszeitraum mit "Juli bis Oktober 1995 .... mit Unterbrechungen" angegeben habe.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Wie im Verwaltungsverfahren bekämpft der Beschwerdeführer primär die Beurteilung der belangten Behörde, er sei als selbständiger Unternehmer und nicht als unselbständiger Arbeitnehmer der D GmbH tätig geworden. Bei dem Rahmenvertrag vom 3. März 1995 habe es sich offenkundig um ein Umgehungs- bzw. Scheingeschäft gehandelt, um solcherart die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu umgehen und der D GmbH ungerechtfertigt steuerliche und sonstige finanzielle Vorteile zu verschaffen.
Nach Lehre und Rechtsprechung sind bei Abgrenzungsfragen zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit wesentliche Merkmale einerseits das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses, andererseits das Vorliegen einer Weisungsgebundenheit, d.h. die Verpflichtung einer natürlichen Person als Dienstnehmer, bei ihrer Tätigkeit die Weisungen eines anderen - des Dienstgebers - zu befolgen, sowie die organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Dienstgebers. Es ist daher das Gesamtbild einer Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Für die Frage nach dem Bestehen eines Dienstverhältnisses kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung wie Dienstvertrag oder Werkvertrag an. Vielmehr sind die tatsächlich verwirklichten vertraglichen Vereinbarungen entscheidend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 2002, 2000/14/0148, m.w.N.). Erst wenn die Behörde ein genaues Bild über die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der beschäftigten Person, die Pflichten, die ihr obliegen, die Risken, die sie zu tragen hat, und ihre allfällige Weisungsgebundenheit besitzt, kann ein entsprechend fundiertes Urteil über die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit der Tätigkeit abgegeben werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1994, 90/13/0251, m. w.N.).
Im Beschwerdefall hat sich die belangte Behörde auf die Bestimmungen des Werkvertrages vom 3. März 1995 gestützt und das Vorbringen des Beschwerdeführers, das tatsächlich verwirklichte Geschehen spreche für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988, als ohne Nachweis gebliebene Behauptung verworfen. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer allerdings weder aufgefordert, sein Vorbringen nachzuweisen, noch hat sie den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen ermittelt. Der Werkvertrag vom 3. März 1995 war schon deshalb nicht geeignet, ohne weitere Feststellungen der Entscheidung zu Grunde gelegt zu werden, weil er als sogenannter Rahmenvertrag weder die vom Beschwerdeführer tatsächlich
geschuldete Leistung noch das Entgelt ("entweder pauschal ... oder
aber nach Regiestunden") bestimmte, sondern ("in der Regel") mündlichen Vereinbarungen überließ.
Die belangte Behörde hat das Vorliegen einer persönlichen Weisungsgebundenheit weiters mit der Begründung verneint, die (unregelmäßigen) Abrechnungen ließen nicht auf eine "feste Dienstzeit" des Beschwerdeführers schließen. Nun trifft es zu, dass die (im Beschwerdefall unstrittig nicht gegebene) Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden zu vom Arbeitgeber vorgegebenen Zeiten zur Verfügung zu stehen, ein starkes Indiz für das Vorliegen eines Dienstvertrages darstellen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2004, 2000/15/0078). Allerdings lässt das Fehlen fester Arbeitszeiten nicht ohne weiteres auf das Fehlen persönlicher Weisungsgebundenheit schließen. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, begründet etwa das "Bereitstehen auf Abruf" eine besondere persönliche Abhängigkeit, die für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern eher typisch ist als für selbständige Unternehmer (vgl. das schon angeführte Erkenntnis vom 16. Februar 1994). Auch ein Tätigwerden nach den jeweiligen zeitlichen Gegebenheiten des Auftraggebers bringt eine Eingliederung in dessen Unternehmensorganismus zum Ausdruck, was dem Vorliegen eines Werkverhältnisses zuwiderliefe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, 97/13/0164). Dass das Einlegen von Prospekten in Zeitungen oder das Verpacken von Druckwerken Tätigkeiten sind, welche in "zeitmäßiger Freizügigkeit" verrichtet werden können, ist eine Annahme der belangten Behörde, die sie in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht begründet hat und welche die Lebenserfahrung auch nicht nahe legt. Vielmehr wird im Regelfall davon auszugehen sein, dass derartige Tätigkeiten nicht ohne zeitliche Koordinierung mit den an der Herstellung und dem Vertrieb der Druckwerke beteiligten Personen ausgeübt werden können.
Dass sich ein Vertragsteil bei Erbringung seiner Leistung vertreten lassen kann und das Bestimmungsrecht darüber nicht dem anderen Vertragsteil zusteht, spricht - wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat - in der Regel für das Vorliegen eines Werkvertragsverhältnisses (vgl. das schon angeführte Erkenntnis vom 18. März 2004, m.w.N.). Welches Gewicht einer vertraglich vereinbarten Vertretungsbefugnis als Indiz für die Selbständigkeit einer Tätigkeit zukommt, hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalles ab. Kommt eine Vertretung für die Vertragspartner etwa auf Grund der betrieblichen Abläufe, der Art der Tätigkeit oder deren Entlohnung tatsächlich nicht in Betracht, kann die vereinbarte Vertretungsmöglichkeit ihre sonst bestehende Indizwirkung gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses unter Umständen zur Gänze verlieren. Solcherart hätte es auch in diesem Punkt der Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse bedurft.
Ein Unternehmerrisiko sieht die belangte Behörde (offenbar) in dem Umstand verwirklicht, dass der Beschwerdeführer "bestimmte Werkverträge" übernommen habe, woraus "von ihm zu tragende Risken einer mangelhaften Erfüllung oder Nichterfüllung" resultieren würden. Auch in diesem Punkt unterlässt es die Behörde, konkrete Feststellungen darüber zu treffen, nach welchen Kriterien die Entlohnung tatsächlich erfolgt ist. Unter welchen Umständen der Beschwerdeführer trotz Einsatzes seiner Arbeitskraft mangels "ordnungsgemäßer Werklieferung" keinen Anspruch auf Entlohnung hatte, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Sollte im fortgesetzten Verfahren die Unternehmereigenschaft des Beschwerdeführers verneint werden, ist darauf hinzuweisen, dass eine Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 nur dann anzunehmen ist, wenn Rechnungen den formalen Voraussetzungen des § 11 UStG 1994 zur Gänze entsprechen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2001, 2001/14/0023). Die im Akt erliegenden "Kassa-Ausgangs-Belege" erfüllen diese Voraussetzungen schon deshalb nicht, weil ihnen weder Art und Umfang der vom Beschwerdeführer erbrachten Leistung noch der Tag der Leistung oder der Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt hat, entnommen werden kann.
Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. April 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000140125.X00Im RIS seit
03.06.2004Zuletzt aktualisiert am
15.12.2017