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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13a impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des JR in O/Deutschland, vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl, Rechtsanwalt in Micheldorf, Hauptstraße 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Zwettl, vom 10. November 2003, Zl. Senat-KR-03-3015, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 28. März 2003, Zl. 2000/02/0356, verwiesen, womit der Bescheid der belangten Behörde vom 31. Oktober 2000 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.
Im zweiten Rechtsgang führte die belangte Behörde am 25. Juni 2003 eine mündliche Verhandlung durch, in welcher nicht nur (die Entlastungszeugen) Franz W. und Josef K., sondern auch die bei der Amtshandlung eingeschrittenen Gendarmeriebeamten als Zeugen einvernommen wurden.
Mit Bescheid vom 10. November 2003 wurde der Beschwerdeführer (neuerlich) für schuldig befunden, er habe am 2. Oktober 1999 gegen 20.45 Uhr an einem näher umschriebenen Ort ein Fahrrad gelenkt und an diesem Tag um 21.03 Uhr (an einem weiteren näher umschriebenen Ort) die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verweigert, obwohl er ein Fahrzeug gelenkt habe und vermutet habe werden können, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO begangen; es wurde eine Geldstrafe von S 16.000,-- (EUR 1.162,77), sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Entgegen den weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde sehr wohl davon ausgehen, dass die einschreitenden Gendarmeriebeamten zu Recht den "Verdacht" (welcher nach der ständigen hg. Rechtsprechung ausreichte - vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. April 2004, Zlen. 2002/03/0005, 2002/03/0006) der Alkoholisierung (auch) des Beschwerdeführers haben konnten; dies schon deshalb, weil diese Beamten übereinstimmend angegeben hatten, dass u.a. bei allen bei der Amtshandlung anwesenden Radfahrern - sohin auch beim Beschwerdeführer - ein "Wanken" beim Stehen festgestellt worden sei und sich diese auf den Fahrrädern "abgestützt" hätten. Da nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, Zl. 2000/03/0111) bereits das Vorliegen eines einzigen Alkoholisierungssymptomes genügt, ist es entbehrlich, auf das (Nicht-)Vorliegen weiterer Symptome einzugehen. Auch verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage, indem er die Einholung eines medizinischen Gutachtens zum Beweis für seine "Alkoholinsuffizienz" vermisst, weil - wie oben erwähnt - der bloße "Verdacht" seiner Alkoholisierung ausreichte. Soweit der Beschwerdeführer aber unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. April 1989, Zl. 89/02/0015, behauptet, er sei - als Radfahrer -
von den einschreitenden Gendarmeriebeamten nicht über die Folgen der Verweigerung der Atemluftprobe belehrt worden, ist zu bemerken:
Es trifft zu, dass der Verwaltungsgerichtshof in diesem soeben zitierten Erkenntnis die Rechtsansicht vertreten hat, dass ein Radfahrer, bei welchem es sich nicht um einen geschulten und geprüften Fahrzeuglenker handelt, von dem einschreitenden Straßenaufsichtsorgan über die Folgen der Verweigerung der Ablegung der Atemluftprobe belehrt worden sein muss, damit die diesbezügliche Strafbarkeit eintritt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Rechtsprechung - ohne dass es der Bildung eines verstärkten Senates nach § 13 Abs. 1 VwGG bedarf, weil § 5 StVO seither mehrfach (zuletzt durch BGBl. I Nr. 128/2002) novelliert wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2004/02/0056) - nicht weiter aufrecht zu halten. Vielmehr vertritt der Gerichtshof nunmehr den Standpunkt, dass ein Verkehrsteilnehmer, auch wenn er kein geprüfter und geschulter Fahrzeuglenker (wie etwa ein Radfahrer oder auch ein Fußgänger) ist, sich - wie dies grundsätzlich auch in anderen Rechtsbereichen gilt (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, II. Band, 2. Auflage, S. 100 zitierte hg. Judikatur) - mit den einschlägigen Vorschriften über seine Teilnahme am Straßenverkehr vertraut zu machen hat, wobei dies auch für Ausländer (vgl. zum Lenken eines Kraftfahrzeuges etwa das hg. Erkenntnis vom 25. März 1992, Zl. 91/03/0335) - wie den Beschwerdeführer - Geltung findet. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.
Aber auch die Strafbemessung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen:
Zutreffend verweist die belangte Behörde zunächst darauf, dass ohnehin nur die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde. Aber auch für die Anwendung der §§ 20 und 21 (Abs. 1) VStG blieb kein Raum: Die "Rechtsunkundigkeit" hat sich der Beschwerdeführer selbst zuzuschreiben (vgl. die obigen Ausführungen); dass aber die (bloß) "geringfügige" Alkoholisierung des Beschwerdeführers bei der vorliegenden Verwaltungsübertretung keinen Milderungsgrund darstellen kann, liegt auf der Hand. Gleiches gilt für das Fehlen "nachteiliger Folgen", weil es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2004, Zl. 2004/02/0037). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG nicht bloß auf das Vorliegen von Milderungsgründen an, vielmehr allein darauf, dass solche Gründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen, und zwar nicht der Zahl, sondern dem Gewicht nach; es kommt sohin nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zl. 92/02/0095).
Selbst wenn man daher die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und die lange Verfahrensdauer (der Beschwerdeführer verweist insoweit auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 2001, B 4/01) als Milderungsgründe heranzieht, kann von einem "beträchtlichen" Überwiegen im Sinne des § 20 VStG nicht gesprochen werden. Was aber die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG anlangt, so wäre dies nur in Frage gekommen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2004, Zl. 2001/03/0429). Dass dies im vorliegenden Fall zuträfe, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 11. Mai 2004
Schlagworte
Alkotest Voraussetzung Erschwerende und mildernde Umstände Alkotest Verweigerung Allgemein Erschwerende und mildernde Umstände Allgemein Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004020005.X00Im RIS seit
16.06.2004Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008