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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
KFG 1967 §36 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des HS in N, vertreten durch Dax - Klepeisz - Klimburg Rechtsanwaltspartnerschaft in Güssing, Hauptplatz 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23. November 2000, Zl. UVS- 03/P/18/4610/1999/16, betreffend Übertretungen des KFG,
Spruch
I. den Beschluss gefasst:
Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit sie sich auf die Übertretung des § 102 Abs. 5 lit. b KFG bezieht, abgelehnt.
II. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Übertretung des § 36 lit. a KFG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. November 2000 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 2. September 1998 um 22.45 Uhr an einem näher genannten Ort in Wien als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges
1. ein zum Verkehr nicht zugelassenes Kraftfahrzeug verwendet, ...
4. als Lenker des Kraftfahrzeug den Zulassungsschein nicht mitgeführt.
Er habe dadurch zu Pkt. 1 eine Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. a KFG und zu Pkt. 4. nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 KFG jeweils eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Zur Ablehnung betreffend die Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG:
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 726,-- verhängt wurde.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind erfüllt. Es wurde in der Sache keine EUR 726,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
2. Zur Übertretung des § 36 lit. a KFG:
Der Beschwerdeführer wendet insbesondere ein, dass ihm der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling (kurz: BH) über die Aufhebung der Zulassung seines Kraftfahrzeuges sowie auch die Verständigung über die beabsichtigte Aufhebung der Zulassung nie ordnungsgemäß zugestellt worden seien. Es habe auch nicht der Nachweis der ordnungsgemäßen Zustellung seitens der BH erbracht werden können. Dieser Bescheid sei somit nicht in "Rechtskraft" erwachsen und damit die Vollstreckbarkeit dieses Bescheides nie eingetreten. Der Beschwerdeführer habe von der Aufhebung der Zulassung erst zum Zeitpunkt der Kontrolle am 2. September 1998 erfahren. Bei der BH habe laut vorliegendem Schreiben vom 3. April 2000 der gegenständliche Akt nicht aufgefunden und es habe auch kein Zustellnachweis vorgelegt werden können. Aus dem Schreiben gehe auch nicht hervor, wie die Zustellung erfolgt sei bzw. wer den Zustellnachweis unterschrieben habe. Der Beschwerdeführer habe den Antrag auf Einholung des Aktes der BH und die Einvernahme eines informierten Vertreters der BH beantragt. Dies habe sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde unterlassen. Dass der Beschwerdeführer von der Aufhebung der Zulassung nichts gewusst habe, gehe auch daraus hervor, dass er die Haftpflichtversicherung bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 2. September 1998 für dieses Kraftfahrzeug entrichtet habe.
Gemäß § 36 lit. a KFG dürfen Kraftfahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind.
Die Aufhebung der Zulassung wird in § 44 KFG geregelt.
Nach § 44 Abs. 3 KFG hat eine Berufung gegen die Aufhebung der Zulassung gemäß Abs. 1 lit. a oder c keine aufschiebende Wirkung.
Gemäß § 44 Abs. 5 leg. cit. gelten die Bestimmungen des § 43 Abs. 2 über die Bestätigung der Abmeldung sinngemäß auch für die Aufhebung der Zulassung. Als Tag der Aufhebung der Zulassung gilt der Tag des Eintrittes der Vollstreckbarkeit des Aufhebungsbescheides (Abs. 3 und 4).
Wie auch aus dem letzten Satz des § 44 Abs. 5 KFG zu ersehen ist, kommt es hinsichtlich der Aufhebung der Zulassung auf die Vollstreckbarkeit des Aufhebungsbescheides, die in den Fällen des § 44 Abs. 3 KFG sofort nach Erlassung desselben eintritt, an.
Aus der in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Stellungnahme der BH vom 3. April 2000 geht insbesondere hervor, dass zwar der gegenständliche Verwaltungsakt nicht habe aufgefunden werden können, jedoch habe auf Grund noch eingespeicherter Vermerke im Computer dieser Behörde u. a. festgestellt werden können, dass das Aufhebungsverfahren am 23. März 1998 mittels Verständigung von der beabsichtigten Aufhebung gemäß § 44 Abs. 2 lit. g i.V.m. § 43 Abs. 4 lit. b KFG eingeleitet worden sei, weil der Beschwerdeführer laut Angaben des Meldeamtes H. am 27. Dezember 1997 an eine näher genannte Anschrift in Güssing verzogen sei. Am 10. April 1998 sei dann der Bescheid über die Aufhebung der Zulassung ergangen. "Nach Zustellung des Bescheides und Ablauf der Rechtsmittelfrist" sei die Aufhebung der Zulassung am 4. Mai 1998 rechtskräftig geworden. Da gegen die Aufhebung der Zulassung kein Rechtsmittel ergriffen worden sei, sei der Bescheid im Computer automatisch gelöscht worden und daher nicht mehr verfügbar. Der Zustellnachweis könne, weil er sich im (in Verstoß geratenen) Akt befinde, nicht übermittelt werden.
Die belangte Behörde verweist in der Begründung hinsichtlich der getroffenen Feststellungen - so auch, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt am Tatort sein Kraftfahrzeug gelenkt habe, obwohl dieses Fahrzeug nicht zum Verkehr zugelassen gewesen sei - insbesondere auf die Anzeige vom 3. September 1998 sowie auf die Stellungnahme der BH vom 3. April 2000. Gerade aber die Stellungnahme der BH vom 3. April 2000 lässt offen, worauf die Annahme einer wirksamen Zustellung des Bescheides betreffend die Aufhebung der Zulassung gestützt werden könnte, zumal es infolge des in Verstoß geratenen Verwaltungsaktes und infolge der durchgeführten Löschung des Bescheides nach § 44 KFG in der EDV-Anlage der BH weder einen Nachweis für den Inhalt dieses Bescheides noch einen Zustellnachweis gibt. Der in der EDV-Anlage der BH noch vorhandene Hinweis auf die Rechtskraft dieses Bescheides vermag jedoch nicht den Beweis für die wirksame Zustellung des Bescheides nach § 44 KFG zu erbringen. Auch die ursprünglich Anzeige konnte sich nur auf die seinerzeit aus der EDV bekannt gewordenen Fakten, nicht jedoch auf einen Nachweis der rechtswirksamen Zustellung des Bescheides betreffend die Aufhebung der Zulassung stützen.
Für den Verwaltungsgerichtshof ist daher auf der Grundlage der von der belangten Behörde angestellten Ermittlungen nicht nachvollziehbar, ob dem Beschwerdeführer jemals ein Bescheid nach § 44 KFG zugestellt wurde, was jedoch Voraussetzung für die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Übertretung nach § 36 lit. a KFG ist.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Übertretung des § 36 lit. a KFG gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 11. Mai 2004
Schlagworte
"zu einem anderen Bescheid" Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001020029.X00Im RIS seit
16.06.2004