TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/13 2003/16/0060

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Veröffentlicht am 13.05.2004
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

GebG 1957 §14 TP6 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2003/16/0061 E 13. Mai 2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der G AG in W, vertreten durch Dr. Erwin Wlaka, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bösendorferstraße 2/11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 14. Februar 2003, Zl. RV/4054- W/2002, betreffend Stempelgebühr und Erhöhung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt das Bewachungsgewerbe. Mit Eingabe vom 15. März 2001 legte sie der Bundespolizeidirektion Wien, Sicherheitsbüro, ein Verzeichnis von 22 Arbeitnehmern zur Überprüfung der Zuverlässigkeit nach § 255 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 vor und vergebührte die Eingabe mit Bundesstempelmarken im Wert von S 3.240,--.

Mit Bescheid vom 23. Jänner 2002 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die Gebühr für diese Eingabe - ausgehend von 22 Ansuchen - mit EUR 287,78 fest, sodass sich auf Grund der festgesetzten Abgabe und des in Stempelmarken entrichteten Betrages von S 3.240,-- - entsprechend EUR 235,46 - eine Nachforderung in Höhe von EUR 52,32 ergab. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag setzte die Erstbehörde gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 eine Gebührenerhöhung in der Höhe von 50 % des nicht in Stempelmarken entrichteten Betrages von S 720,-- (EUR 52,32) in der Höhe von S 360,-- (EUR 26,16) fest.

Gegen beide Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie zusammengefasst vorbrachte, dass es sich bei der Vorlage des Arbeitnehmerverzeichnisses nach § 255 Abs. 2 GewO 1994 nicht um eine Eingabe im Sinn des § 14 TP 6 GebG 1957 handle, weil diese weder im privaten Interesse des Einschreiters erfolge noch ein bestimmtes Verhalten oder Handeln der Behörde anstrebe, sondern in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung nach § 255 GewO 1994 eingebracht worden sei. Der Einschreiter habe auch keinerlei Ingerenz auf die nachfolgende Tätigkeit der Behörde. Die Zuverlässigkeitsüberprüfungen der gemeldeten Arbeitnehmer erfolgten vielmehr ebenfalls über gesetzliche Anordnung und nicht über Ansuchen des zur Anzeige verpflichteten Gewerbetreibenden. Daraus, dass die gesamte Vorgangsweise vom Gesetz vorgezeichnet und jeder Parteiinitiative entzogen sei, ergebe sich, dass ein öffentliches Interesse an der Beschäftigung zuverlässiger Personen in bestimmten Gewerben gegeben sei, gegen welches allfällige private Interessen des Gewerbetreibenden an der amtlichen Zuverlässigkeitsprüfung - auf die er keinen Anspruch habe - in den Hintergrund träten.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom 3. Juli 2002 wurde die Berufung gegen die Bescheide vom 23. Jänner 2002 mit dem Argument als unbegründet abgewiesen, die Gebührenpflicht werde bereits durch ein teilweises Privatinteresse ausgelöst. Die Gebührenerhöhung ergebe sich aus der nicht vorschriftsmäßig in Stempelmarken oder in einer anderen in § 3 Abs. 2 GebG 1957 vorgesehenen Weise entrichteten Gebühr.

Die Beschwerdeführerin beantragte hierauf die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, weil auch ein bloß teilweises Privatinteresse zur Erfüllung des Gebührentatbestandes genüge. Die Meldung der Arbeitnehmer sei durch die Beschwerdeführerin dazu erfolgt, um ein Tätigwerden der Behörde (nämlich die Überprüfung der Zuverlässigkeit der gemeldeten Arbeitnehmer) zu veranlassen. Durch die in § 255 Abs. 3 GewO 1994 vorgesehene Mitteilung der Behörde werde die Beschwerdeführerin von der ansonst ihr obliegenden Verpflichtung, die Zuverlässigkeit ihrer Arbeitnehmer zu beurteilen, entlastet. Selbst das Vorliegen öffentlicher Interessen in Konkurrenz mit Privatinteressen schließe die Gebührenpflicht nicht aus.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit für die Vorlage des Verzeichnisses nach § 255 Abs. 2 GewO 1994 verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin betont im vorliegenden Fall das "überwiegend öffentliche Interesse" an der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Mitarbeitern des Bewachungsgewerbes nach § 255 Abs. 2 GewO 1994. Die Meldung der Arbeitnehmer durch die Beschwerdeführerin sei in unausweichlicher Befolgung eines Gesetzesauftrages erfolgt; über Gesetzesauftrag erfolgte Anzeigen (Pflichtmeldungen) seien jedoch - so auch die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte - gebührenfrei.

Nach § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957 unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlichrechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr.

§ 255 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 lautete in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Wiederverlautbarung, kundgemacht mit BGBl. Nr. 194/1994, bis zu seiner Aufhebung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2002, ausgegeben am 23. Juli 2002, mit dem auf die Kundmachung dieses Gesetzes folgenden Monatsersten:

"Arbeitnehmer

§ 255. (1) Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Bewachungsgewerbes berechtigt sind, dürfen zur Ausübung der im § 254 genannten Tätigkeiten nur Arbeitnehmer verwenden, die eigenberechtigt sind und die für diese Verwendung erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung besitzen.

(2) Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Bewachungsgewerbes berechtigt sind, sind verpflichtet, der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde dieser, als Sicherheitsbehörde binnen einer Woche ein Verzeichnis aller Personen, die für eine der im § 254 Abs. 1 genannten Tätigkeiten herangezogen werden, vorzulegen; jede Änderung hinsichtlich der für die im § 254 Abs. 1 genannten Tätigkeiten herangezogenen Personen ist dieser Behörde ebenfalls binnen einer Woche anzuzeigen. Das Verzeichnis oder die Anzeigen von Änderungen dieses Verzeichnisses haben neben dem Vor- und Familiennamen der betreffenden Person auch deren Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit und Unterkunft (Wohnung) zu enthalten.

(3) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen die Zuverlässigkeit einer gemäß Abs. 2 bekanntgegebenen Person nicht gegeben, so hat die Sicherheitsbehörde dem Gewerbetreibenden ohne unnötigen Aufschub schriftlich mitzuteilen, dass der Betroffene die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt."

Eine Eingabe im Sinn des § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957 ist ein schriftliches Anbringen, wodurch ein bestimmtes Verhalten einer Privatperson zur amtlichen Kenntnis gebracht oder im Interesse einer Privatperson eine Anordnung oder Verfügung innerhalb des gesetzlichen Wirkungskreises von der Behörde getroffen werden soll. Die Eingabe muss hiebei nicht auf die Herbeiführung einer Entscheidung gerichtet sein; es genügt, dass durch die Eingabe eine amtliche Tätigkeit der angerufenen Behörde im Rahmen des ihr zustehenden Wirkungskreises begehrt wird (vgl. etwa die in Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren7, in Anm. 1 sowie unter E. 3 bis 14 zu § 14 TP 6 GebG 1957 wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Ein bloß teilweises Privatinteresse genügt zur Erfüllung des Tatbestandes nach § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957 (vgl. wiederum die bei Fellner, aaO, in Anm. 5 sowie unter E. 52 bis 56 zu § 14 TP 6 GebG 1957 wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Soweit die Beschwerde bloß von einem "überwiegend" öffentlichen Interesse am beschwerdegegenständlichen Vorgang nach § 255 Abs. 2 GewO 1994 spricht, zieht sie damit das Vorliegen eines teilweisen Privatinteresses nicht in Zweifel und ist damit das Schicksal der Beschwerde schon entschieden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 13. Mai 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003160060.X00

Im RIS seit

17.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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