TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/13 2004/16/0083

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Veröffentlicht am 13.05.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2004/16/0084 E 13. Mai 2004 2004/16/0085 E 13. Mai 2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Hotel K & Co in B, vertreten durch Dr. Hubert F. Kinz, Rechtsanwalt in 6901 Bregenz, Kirchstraße 10, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 18. März 2004, Zl. IIIa-230.297, betreffend Aufhebung eines Vorstellungsbescheides in Angelegenheit der Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Bregenz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 18. Mai 2001 versagte die Abgabenkommission der Landeshauptstadt Bregenz gemäß § 106a Abgabenverfahrensgesetz die beantragte Rückzahlung der Getränkesteuer.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung Folge, hob den bekämpften Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadt Bregenz zurück. Der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 2. Oktober 2003, Rs C-147/01, und danach habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Gesetzeswortlaute, "auf andere überwälzt" oder "wirtschaftlich von anderen getragen" gemeinschaftsrechtskonform so zu interpretieren seien, dass eine Bereicherung vorliegen müsse, die einen allenfalls durch die Getränkesteuer verursachten Schaden übersteige. Die Abgabenbehörden hätten daher prüfen müssen, inwieweit sich die Beschwerdeführerin tatsächlich bereichert habe. Die Abgabenbehörden hätten zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht wissen können, wie diese Wortfolgen im § 106a des Abgabenverfahrensgesetzes auszulegen seien. Deshalb hätten sie die tatsächliche Bereicherung nicht geprüft, weshalb der angefochtene Bescheid zu beheben gewesen sei. Die Abgabenbehörden hätten nunmehr unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 2003, Zl. 2003/16/0148, ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchzuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, "dass als tragendes Begründungselement für die Bescheidaufhebung ein zutreffender Rechtsgrund angeführt werde, der ihren Rückerstattungsanspruch vorbehaltlos anerkennt, ferner dass die belangte Behörde der Gemeinde nicht die Einhaltung eines bestimmten Verfahrens auferlegt".

In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, halte sich die Gemeindebehörde exakt an die überbundene Wertung des § 106a des Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetzes, könnte in einem Rechtsbehelf gegen ihren Bescheid nicht geltend gemacht werden, den im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 2003, Zl. 2003/16/0148, beschriebenen Anforderungen sei nicht entsprochen worden. Der angefochtene Bescheid verpflichte die Gemeindebehörde nicht zu einer Bedachtnahme auf die mit der Getränkesteuerbelastung allenfalls verbundene Gewinnschmälerung. Deshalb sei der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet. Die belangte Behörde habe ferner nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen nur gemäß § 106a Abgabenverfahrensgesetz zu prüfen sei, ob und gegebenenfalls in welchem ziffernmäßig bestimmten Umfang die Getränkesteuer tatsächlich auf einen Dritten überwälzt worden sei sowie für den Fall der Feststellung der Überwälzung, ob die Erstattung an die Beschwerdeführerin zu ihrer ungerechtfertigten Bereicherung führe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann gemäß § 83 Abs. 1 erster Satz Vorarlberger Gemeindegesetz nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen dagegen Vorstellung an die Aufsichtsbehörde erheben.

Zwar können Rechte einer Partei, über deren Vorstellung der Bescheid der höchsten Gemeindeinstanz durch die Vorstellungsbehörde aufgehoben wurde (Art 119a Abs 5 B-VG), durch die Begründung dieses aufhebenden Erkenntnisses insofern verletzt werden, als dadurch Rechtsansichten auf die Gemeindebehörde überbunden werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht jedoch eine Bindung an die - einem kassatorischen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheid beigegebene - Begründung nur insoweit, als die Begründung für die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften gemeindebehördlichen Bescheides tragend ist. Dementsprechend ist auch der obsiegende Vorstellungswerber berechtigt, den aufhebenden Vorstellungsbescheid deswegen vor dem Verwaltungsgerichtshof anzufechten, weil jene Gründe, die die Aufhebung tragen, seiner Ansicht nach unzutreffend sind. Die Teile der Begründung des aufhebenden Bescheides, die darlegen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, lösen keinerlei bindende Wirkung aus. Derartige Begründungselemente (mit denen die Vorstellungsbehörde etwa der Rechtsansicht der Gemeindebehörden in Teilbereichen beigetreten ist), die (ohne das Hinzutreten von Aufhebungsgründen hinsichtlich anderer Begründungselemente) zu einer Abweisung der Vorstellung führen hätten müssen, stellen keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1996, Zl. 96/17/0421).

Nach den tragenden Gründen der Aufhebung des Bescheides der Abgabenkommission der Landeshauptstadt Bregenz haben die Abgabenbehörden die Rückzahlung der Getränkesteuer ohne vorangegangene Prüfung der tatsächlichen "Bereicherung" der Beschwerdeführerin versagt. Die Beschwerde behauptet nicht, dass eine solche Prüfung stattgefunden habe. Hat eine solche Prüfung nicht stattgefunden, dann war die belangte Behörde mit der Aufhebung des bekämpften Bescheides der Abgabenkommission der Landeshauptstadt Bregenz im Recht, weil eine der Voraussetzungen für die Versagung der Rückzahlung der Getränkesteuer nicht festgestellt war.

Nur die die Aufhebung tragenden Gründe in der kassatorischen Entscheidung einer Gemeindeaufsichtsbehörde oder des VwGH vermögen in der Folge die Gemeindebehörden, die Vorstellungsbehörde und auch den VwGH selbst zu binden. Hiezu bedarf es einer ausdrücklich geäußerten Rechtsansicht des Gerichtshofes oder der Vorstellungsbehörde. Der Umstand, dass ein möglicherweise vorhandener weiterer Aufhebungsgrund nicht zur Begründung der Aufhebung herangezogen wurde, vermag diese spezifische Bindungswirkung nicht auszulösen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 1991, Zl. 91/17/0110).

Somit ist die Beschwerdeführerin durch die Entscheidung der belangten Behörde nicht gehindert, allenfalls bestehende im angefochtenen Bescheid nicht zum Anlass der Aufhebung des Bescheides der Abgabenkommission der Landeshauptstadt Bregenz gemachte weitere Rechtswidrigkeiten im fortgesetzten Verfahren aufzugreifen. Überdies hat die belangte Behörde der Abgabenbehörde aufgetragen, ein Ermittlungsverfahren unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 2003, Zl. 2003/16/0148, zu führen. Das Ergebnis dieses Ermittlungsverfahrens unterliegt ebenfalls der Überprüfung im fortgesetzten Verfahren.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 13. Mai 2004

Schlagworte

Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Verhältnis zu anderen Materien und Normen Gemeinderecht Vorstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004160083.X00

Im RIS seit

22.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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