TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/13 2003/16/0100

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Veröffentlicht am 13.05.2004
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §14;
GGG 1984 §15 Abs6;
ZPO §391;
ZPO §393 Abs1;
ZPO §393 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. Willibald Rath, Dr. Manfred Rath, Mag. Gerhard Stingl, Mag. Georg Dieter, Rechtsanwälte in 8020 Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 7. Mai 2003, Zl. Jv 1733-33a/03, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich - unstrittig - Folgendes:

Die Beschwerdeführerin war Bestandgeberin einer Betriebsliegenschaft. Mit der Bestandnehmerin hat sie im Bestandvertrag für alle Streitigkeiten aus dem Bestandverhältnis die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes vereinbart. Für das Schiedsverfahren sollten - mit hier nicht wesentlichen Einschränkungen - die Vorschriften der österreichischen Zivilprozessordnung (ZPO) gelten.

Unter Berufung auf diese Schiedsklausel brachte die Bestandnehmerin eine Schiedsklage ein und forderte als klagende Partei von der Beschwerdeführerin als beklagter Partei die Zahlung des Betrages von S 10,611.150,07 samt Zinsen als Schadenersatz und beantragte die Feststellung der Haftung der Beschwerdeführerin für künftige Schäden. Der Schaden sei dadurch entstanden, dass die Beschwerdeführerin Einreichpläne der beklagten Partei zur Vornahme baulicher Änderungen auf der Liegenschaft vertragswidrig nicht unterzeichnet habe.

In dem auf Grund dieser Klage durchgeführten Schiedsverfahren fällte das Schiedsgericht folgenden Zwischenschiedsspruch: "Der Anspruch der klagenden Partei, a.) die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei ATS 10,611.150,07 samt 5% Zinsen seit 01.07.1998 zu bezahlen, besteht dem Grunde nach zu Recht. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten."

Mit Klage vom 14. Jänner 2002 hat die Beschwerdeführerin diesen Zwischenschiedsspruch beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien "gem. §§ 595 ff ZPO" angefochten und als Streitwert den Betrag von EUR 771.142,35 (das sind umgerechnet S 10,611.150,07) angegeben. Die Klage sei auf Aufhebung des Zwischenschiedsspruches gerichtet. Die "Bemessungsgrundlage" ergebe sich aus dem Umstand, dass sich der Streitwert des Leistungsbegehrens der angefochtenen Schiedsklage auf diesen Betrag belaufe bzw. im Schiedsspruch das Zurechtbestehen der Forderung in dieser Höhe dem Grunde nach festgestellt worden sei.

Mit einem als "Richtigstellung" bezeichneten Schriftsatz vom 25. Jänner 2002 brachte die Beschwerdeführerin im Anfechtungsverfahren vor, dass sie den in der Klage genannten Streitwert nach RATG auf EUR 70.000,-- und nach GGG auf EUR 630,-- ändere bzw. richtig stelle.

Das Erstgericht hat mit Urteil vom 12. August 2002 das Klagebegehren (der Beschwerdeführerin) abgewiesen; die dagegen gerichtete Berufung sowie die Revision der Beschwerdeführerin waren ohne Erfolg.

Mit Zahlungsaufträgen vom 20. Februar 2003 schrieb der Kostenbeamte, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 771.142,--, der Beschwerdeführerin die Pauschalgebühr nach TP 1 in der Höhe von EUR 10.763,-- und nach TP 2 in der Höhe von EUR 16.100,-- sowie jeweils die Einhebungsgebühr von EUR 7,-- und einen Mehrbetrag gemäß § 31 GGG von EUR 290,--, insgesamt somit EUR 27.167,-- vor.

Gegen diese Zahlungsaufträge erhob die Beschwerdeführerin einen Berichtigungsantrag, in dem sie sich in erster Linie gegen die Höhe der vom Kostenbeamten herangezogenen Bemessungsgrundlage wandte. In dem mit Klage angefochtenen Zwischenschiedsspruch - so die Beschwerdeführerin - sei ihre Haftung lediglich dem Grunde nach als berechtigt festgestellt worden. Diese Feststellung unterliege grundsätzlich der Bewertung durch die Parteien. Die Bewertung sei nach Klagseinbringung mit EUR 70.000,-- erfolgt; diesen Betrag habe das Erstgericht der Kostenentscheidung zu Grunde gelegt. Für die Bemessung der Gerichtsgebühren sei davon auszugehen, dass die Schiedsklage bestandrechtlichen Ursprungs gewesen sei, somit eine bestandrechtliche Streitigkeit vorliege, die gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. c GGG mit EUR 630,-- zu bewerten sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge, hob jedoch aus Anlass des Berichtigungsantrages die Vorschreibung der Einhebungsgebühr für die Pauschalgebühr des Berufungsverfahrens (in der Höhe von EUR 7,- -) auf. Begründend ging die belangte Behörde nach kurzer Darstellung des Verfahrens und der einschlägigen Rechtslage davon aus, dass das Klagebegehren auf Aufhebung eines Zwischenschiedsspruches das Vorliegen einer Bestandsache ausschließe. Eine Bewertung durch den Kläger sei zudem bei Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer ziffernmäßig bestimmten Geldforderung unzulässig. Tatsächlich sei die Bestimmung des § 15 Abs. 6 GGG heranzuziehen, wonach bei Streitigkeiten über die Aufhebung eines Schiedsspruches der Wert des Gegenstandes des im Schiedsspruch entschiedenen Streites maßgebend sei; dieser Wert habe EUR 771.142,-- betragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich erkennbar in ihrem Recht verletzt, dass die Gerichtsgebühren nicht auf der Grundlage eines Betrages von EUR 771.142,-- bemessen würden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Gerichts- und des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin leitet die Beschwerdebegründung mit der Behauptung ein, der angefochtene Bescheid weise Mängel auf, "welche die Bescheidqualität an sich zweifelhaft erscheinen lassen". Es sei nicht mit Sicherheit erkennbar, welche Behörde den Bescheid - gegen welche konkrete Person - erlassen habe; zudem sei der Bescheid vom Verfasser nicht unterzeichnet worden.

Mit ihrer Behauptung des Fehlens der Fertigung des angefochtenen Bescheides ist die Beschwerdeführerin auf das im Verwaltungsakt befindliche Original des Bescheides zu verweisen, das die (Original)Unterschrift des Genehmigenden trägt.

Die den Bescheid erlassende Behörde, nämlich der Präsident des Landesgerichtes für ZRS Wien, ergibt sich - entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin - einerseits aus der dem Kopf vorangestellten Bezeichnung "Landesgericht für ZRS Wien, Der Präsident", andererseits aus dem Vermerk am Ende des Bescheides "Für den Präsidenten". Daran hatte offenbar auch die Beschwerdeführerin keine Zweifel, weil sie in ihrer Beschwerde den genannten Präsidenten als belangte Behörde bezeichnet.

Schließlich lässt sich - anders als die Beschwerdeführerin meint - dem angefochtenen Bescheid auch der Bescheidadressat entnehmen, zumal die belangte Behörde im Kopf des Bescheides den abgewiesenen Berichtigungsantrag der dort klagenden Partei, nämlich der mit Namen und Anschrift genannten Beschwerdeführerin, zugeordnet hat; damit ist die Beschwerdeführerin eindeutig als die durch den Bescheid Verpflichtete benannt (vgl. auch den in diesem Verfahren gefassten Beschluss vom 18. September 2003). Die vorgebrachten formalen Mängel des angefochtenen Bescheides liegen somit nicht vor.

In der Sache ist im Beschwerdefall strittig, ob die belangte Behörde - unter Berufung auf § 15 Abs. 6 GGG - als Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren zutreffend den im Zwischenschiedsspruch festgestellten Betrag von EUR 711.142,-- herangezogen hat. Die Beschwerdeführerin hält dieser Ansicht entgegen, die genannte Bestimmung sei nicht auf Teil- oder Zwischenentscheidungen anwendbar; es sei lediglich ein Teilzwischenschiedsspruch über den Grund des Anspruches gefällt worden, weshalb nicht der gesamte Streitwert maßgebend sei; außerdem liege eine bestandrechtliche Streitigkeit vor, die gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. c GGG mit EUR 630,-- zu bewerten gewesen wäre.

Nach § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 15 Abs. 6 GGG ist bei Streitigkeiten über die Aufhebung eines Schiedsspruches (§§ 595 ff ZPO, Art. XXIII und XXV EGZPO) mit der sich aus § 18 Abs. 2 Z 3 GGG ergebenden Einschränkung, wonach es bei einer Teilanfechtung im Rechtsmittelverfahren nur auf den Wert des angefochtenen Teiles ankommt, der Wert des Gegenstandes des im Schiedsspruch entschiedenen Streites maßgebend.

Gemäß § 393 Abs. 1 ZPO kann das Gericht, wenn in einem Rechtsstreite ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und die Verhandlung zunächst bloß in Ansehung des Grundes zur Entscheidung reif ist, vorab über den Grund des Anspruches durch Urteil entscheiden (Zwischenurteil), auch wenn noch strittig ist, ob der Anspruch überhaupt mit irgendeinem Betrag zu Recht besteht. Hinsichtlich der Rechtsmittel sind Zwischenurteile als Endurteile anzusehen und auch der Rechtskraft fähig (vgl. § 393 Abs. 3 ZPO). Sind einzelne Ansprüche oder ein Teil des Anspruches entscheidungsreif, kann das Gericht in Ansehung dieses Anspruches oder dieses Teiles ein Teilurteil fällen, das in seinen Wirkungen einem Endurteil gleichkommt (vgl. §§ 391 f ZPO).

Durch den im vorliegenden Schiedsvertrag enthaltenen Verweis auf die Geltung der Bestimmungen der ZPO für das konkrete Schiedsverfahren kann kein Zweifel daran bestehen, dass der angefochtene Zwischenschiedsspruch, mit dem über den Grund der Schadenersatzforderung abgesprochen worden ist, einem Zwischenurteil gleichkommt, das im Sinne des § 393 Abs. 3 ZPO wiederum als Endurteil anzusehen ist. Es liegt insofern auch ein Teilschiedsspruch im Sinne eines Teilurteiles vor, als darin zunächst nur über das Zahlungsbegehren dem Grunde nach und noch nicht über das weitere Begehren auf Feststellung der Haftung der Beschwerdeführerin für künftige Schäden entschieden wurde.

§ 15 Abs. 6 GGG unterscheidet nicht zwischen der Anfechtung von das gesamte Verfahren beendenden Schiedssprüchen einerseits und der Anfechtung von Zwischenschiedssprüchen über den Grund des Anspruches bzw. von Teilschiedssprüchen andererseits, woraus folgt, dass diese Bestimmung - unter Berücksichtigung der dargestellten zivilprozessualen Rechtslage - auch bei Streitigkeiten über die Aufhebung eines (Teil)Zwischenschiedsspruches anzuwenden ist. Wird demnach ein "Teilzwischenschiedsspruch" bei Gericht angefochten, ist als Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren der Wert des Gegenstandes des im Schiedsspruch entschiedenen Streites maßgebend.

Geht man im vorliegenden Fall von der Anwendbarkeit der zuletzt genannten Norm aus, ist wesentlich, über welchen Streitwert das Schiedsgericht entschieden hat. Im Schiedsspruch wurde die Haftung der Beschwerdeführerin für einen bestimmten Betrag dem Grunde nach festgestellt. In einem solchen Fall sieht die Rechtsprechung - etwa bei der Bekämpfung eines Zwischenurteiles - vor, dass für die Gebührenbemessung der ziffernmäßig bestimmte Geldbetrag als Grundlage heranzuziehen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 2001, Zl. 2001/16/0203, und vom 19. Dezember 2002, Zl. 2002/16/0032). Wenn es um die Feststellung des Bestehens einer bestimmten Summe geht, bleibt für die Bewertung durch die Partei kein Raum (vgl. die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, E 13 ff zu § 14 GGG angeführte Judikatur).

Genau dieser Fall war - anhand eines Zwischenschiedsspruches -

vorliegend zu beurteilen. Das Schiedsgericht hat die Haftung der Beschwerdeführerin für die Summe von umgerechnet EUR 711.142,35 dem Grunde nach bejaht. Nach der eben dargestellten Rechtslage hatte die Beschwerdeführerin daher weder im Falle der Klage noch für die Einbringung der Berufung die Möglichkeit für eine Bewertung; der maßgebende Wert ergab sich vielmehr schon aus der dem Grunde nach festgestellten Summe. Zutreffend hat die belangte Behörde demnach den von der Beschwerdeführerin in der Klage angegebenen Streitwert der Gebührenbemessung zu Grunde gelegt.

Dem Argument der Beschwerdeführerin, der von ihr in der "Richtigstellung" angenommene Streitwert von EUR 70.000,-- sei letztlich auch vom Gericht als für die Kostenfrage maßgebend erachtet worden, ist entgegen zu halten, dass keines der angerufenen Gerichte einen Ausspruch über den Streitwert bzw. dessen Bemessung getroffen hat, sodass die von der Beschwerdeführerin offenbar ins Auge gefasste Bindung an eine gerichtliche Entscheidung schon wegen des Fehlens einer solchen Entscheidung nicht gegeben war.

Insgesamt vermochte die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. Mai 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003160100.X00.1

Im RIS seit

22.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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