TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/17 2003/06/0130

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Veröffentlicht am 17.05.2004
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §354;
ABGB §431;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsident Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde 1. des RM und 2. der HM, beide in G, beide vertreten durch Dr. Helmut Klement, Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner und Mag. Heimo Allitsch, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29/3, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 30. Juni 2003, Zl. A 17 - 7587/2003 - 2, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: D GesmbH in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) suchte mit Eingabe vom 20. Dezember 2002 (welche bei der Behörde am selben Tag einlangte) um baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines unterkellerten, zweigeschoßigen Mehrfamilienhauses (mit vier Wohneinheiten) mit Dachterrassen und vier im Kellergeschoß integrierten PKW-Abstellplätzen sowie der Errichtung einer Flügelmauer und Geländeveränderungen auf einer Liegenschaft in Graz an. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines südlich angrenzenden, bebauten Grundstückes und eines weiteren, westlich angrenzenden Grundstückes (den Akten nach eine Straße).

Mit Erledigung der erstinstanzlichen Behörde vom 11. März 2003 wurde die Bauverhandlung für den 26. März 2003 anberaumt; hiezu wurden u.a. auch die Beschwerdeführer geladen. In der Kundmachung/Ladung zur Bauverhandlung heißt es u.a.:

"Als Beteiligte beachten sie bitte, dass Einwendungen gegen den Gegenstand der Verhandlung, die nicht spätestens am Tage vor der Verhandlung der Behörde bekannt gegeben oder während der Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung mehr finden und angenommen wird, dass Sie dem Gegenstand der Verhandlung zustimmen.

Außerdem wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 42 AVG nur die Nachbarn Parteistellung behalten, die spätestens am Tage vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erheben."

In der Bauverhandlung wendeten die Beschwerdeführer ein, dass "das gesetzliche Abstandausmaß" von 4,00 m bei der südwestlichen Ecke des Projektes und einer ebenfalls südlich gelegenen (näher bezeichneten) Ecke "von den Katastergrenzen" ausgehe, die natürliche Grenze zwischen der zu bebauenden Liegenschaft und ihrem (bebauten) Grundstück aber seit 1966 ein betonierter Zaunsockel mit Eisensäulen und Maschendraht bilde. Diese "natürliche Grenze" habe zu den zuvor bezeichneten Punkten einen Abstand von nur ca. 3,60 m beim südwestlichen Punkt und "ca. 0,25 m bei südlichen Mittelpunkt".

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 27. März 2003 wurde der Bauwerberin die angestrebte Bewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt; die Beschwerdeführer wurden mit ihren (zuvor wiedergegebenen) Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in welcher sie geltend machten, sie hätten vorgebracht, dass die Naturgrenze nicht mit der Katastergrenze übereinstimme, was bedeute, dass die Bauwerberin für ihr Vorhaben einen Grund "im Umfang der Differenz zwischen Natur- und Katastergrenze" in Anspruch nehme. Als Grundeigentümer, deren Grund durch das Bauvorhaben in Anspruch genommen werde, müssten sie jedoch formell dem Vorhaben zustimmen. Diese Zustimmung liege nicht vor. Die Behörde erster Instanz wäre verhalten gewesen, die Frage des Grenzverlaufes (als Vorfrage) zu lösen. Es sei daher verfehlt gewesen, die Beschwerdeführer auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Bei Prüfung ihres Einwandes als Vorfrage wäre nämlich die Behörde zum Ergebnis gelangt, dass die Beschwerdeführer die strittige Teilfläche ersessen hätten, "und daher, wenn man diese Grundfläche für das Bauvorhaben selbst, sei es bei der Dichteberechnung, sei es bei der Berechnung des Abstandes zum Grundnachbarn, in Anspruch nimmt, die Zustimmung der Grundeigentümer vorliegen müsste". Diese liege jedoch nicht vor. Die in der Baubeschreibung angegebene Geschoßfläche stimme nicht. Die höchstzulässige Bebauungsdichte werde überschritten.

Der Berufung ist eine (als nicht maßstabgetreu bezeichnete) Skizze angeschlossen, wonach die "Naturgrenze" im Bereich zu ihrem südlich gelegenen Grundstück um bis zu 31 cm nördlich der Katastergrenze liege (sowie die Grenze zum westlichen gelegenen Weggrundstück zwischen 24 cm und 10 cm östlich der Katastergrenze).

Die belangte Behörde brachte den Geschäftsführern der Bauwerberin die Berufung zur Kenntnis und hielt deren Äußerungen in einer Niederschrift vom 13. Mai 2003 fest. Die Geschäftsführer brachten vor, wie dem in Einem vorgelegten Vermessungsplan des DI R. zu entnehmen sei, habe schon "vor der Verhandlung" eine Vermessung vor Ort stattgefunden, in welcher die natürliche Grenze festgestellt worden sei. Im nun vorgelegten Plan sei vom Planverfasser die natürliche Grenze dadurch gekennzeichnet worden, dass am Plan ein Doppelstrich mit darin eingetragenen, unterbrochener Rechtsschraffur angebracht worden sei. Diese Darstellung gebe gleichzeitig das Fundament des dort bestehenden Zaunes wieder, was auch seitens der Beschwerdeführer offenkundig als "natürliche" (im Original unter Anführungszeichen) Grenze gehalten werde.

Wie dem im Akt erliegenden Lageplan sowie dem Erdgeschoßplan zu entnehmen sei, halte die geplante Bauführung den gesetzlichen Grenzabstand zum südlichen Nachbargrundstück ein, welcher nämlich 4,0 m ausmache (so am Plan zur so genannten "natürlichen Grenze" kotiert). Sie wollten nochmals hervorheben, dass es zu keiner Unterschreitung des gesetzlichen Grenzabstandes komme.

Insoweit in der Berufung vorgebracht werde, die Bauwerberin würde Nachbargrund in Anspruch nehmen und hiezu bedürfte es einer Zustimmung der Beschwerdeführer, genüge zunächst der Hinweis, dass das Bauvorhaben ausschließlich auf Eigengrund verwirklicht werde und sie daher der Auffassung seien, dass es einer solchen Zustimmung der Beschwerdeführer nicht bedürfe. Eine solche Zustimmung wäre ihrer Auffassung nach dann und nur dann erforderlich, wenn der geplante Bau auf einer im Eigentum eines Nachbarn stehenden Grundfläche errichtet werden sollte.

Der zuvor erwähnte, vom "Vermesser" eingemessene Zaun sei schon Bestand und sei im Übrigen nicht von der Bauwerberin errichtet worden, sodass auch hier die Frage einer allfälligen nachbarlichen Zustimmungserklärung als Grundeigentümer nicht im Raum stehen könne.

Um die "richtige" (im Original unter Anführungszeichen) Bauplatzgrenze zu den beiden Grundstücken der Beschwerdeführer ein für alle Mal klarzustellen, erklärten sie hiemit, dass die vom genannten Vermesser gekennzeichnete "natürliche" Grundgrenze (der Zaun) zu den beiden Grundstücken der Beschwerdeführer die Bauplatzgrenze für das Bauvorhaben sein solle bzw. darstelle. Um dies auch in den Plänen deutlich zu machen, würden in Einem die in den Plänen enthaltenen Darstellungen korrigiert (in der Niederschrift ist festgehalten, dass die beiden Geschäftsführer die Pläne dahingehend korrigierten, dass sie die nicht als Bauplatzgrenze geltenden Grenzlinien mit rotem Stift durch rote Überkreuzung kennzeichneten).

Mit Erledigung vom 15. Mai 2003 eröffnete die belangte Behörde den Beschwerdeführern, wie sie der beiliegenden Ablichtung der Niederschrift vom 13. Mai 2003 entnehmen könnten, hätten die Geschäftsführer der Bauwerberin und Grundeigentümerin die "strittige" Grundgrenze zu den Nachbargrundstücken richtig gestellt. Dieser Sachverhalt werde in Wahrung des Parteiengehörs mit der Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt der Mitteilung zur Kenntnis gebracht. Der der Niederschrift anliegende Vermessungsplan entziehe sich bedauerlicherweise einer Reproduktion im Ablichtungswege. Die Beschwerdeführer hätten jedoch Gelegenheit, in diesen Plan innerhalb der ihnen eben eingeräumten Stellungnahmefrist Einsicht zu nehmen (Ort und Zeiten werden näher angegeben).

Die Beschwerdeführer erwiderten hierauf, der genannten Niederschrift sei zu entnehmen, dass die Bauwerberin nach wie vor den Standpunkt vertrete, dass das Bauvorhaben ausschließlich auf "Eigengrund" im (Original unter Anführungszeichen) verwirklicht werde und dass daher die strittige "Grundfrage" kein Thema dieses Verfahrens sein könne. Wie der beiliegenden, zwischenzeitig eingebrachten Klage entnommen werden könne, sei jene Grundgrenze, die sich aus der Vermessung des DI R. ergebe, nicht mit der tatsächlichen Grundgrenze identisch. Der Niederschrift sei nicht zu entnehmen, dass die Bauwerberin die Grenze im Sinne der beiliegenden Klage anerkenne und akzeptiere. Es werde nur darauf verwiesen, dass diese gekennzeichnete "natürliche" Grundgrenze zwischen den beiden Grundstücken die Bauplatzgrenze für das Bauvorhaben sein solle. Mit dieser Erklärung beseitige jedoch die Bauwerberin "nicht das Thema der strittigen Grenzsituation".

Gemäß § 22 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (Stmk. BauG) sei die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers Tatbestandselement beim Bauansuchen bzw. für die Abteilung einer Baubewilligung. Liege die Zustimmung nicht vor, sei die Bewilligung zu versagen. Bei einer strittigen Grundgrenze stehe nicht fest, wer Grundeigentümer des zu bebauenden Grundes sei, dieser Mangel sei durch die Erklärung der Bauwerberin nicht beseitigt worden.

Interpretiere man die Erklärung der Bauwerberin derart, dass sie die Grundgrenzen, wie von den Beschwerdeführern auch in der Klage dargestellt, anerkennt und akzeptiere, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass sich zwingende Notwendigkeit einer neuen Dichteberechnung ergebe. In diesem Fall könne daher nicht jene Dichteberechnung zu Grunde gelegt werden, die Gegenstand des erstinstanzlichen Bewilligungsverfahrens gewesen sei, weil hier von der Katastergrenze ausgegangen worden sei. Der "Verlust" an Grundflächen "betrage zwischen Katastergrenze und der tatsächlichen Grundgrenze ca. 20 m2, um welche sich die zur Verfügung stehende Grundfläche reduziere. Da die zulässige Bebauungsdichte beim ursprünglichen Bauansuchen bereits erreicht worden sei, bedeute dies zwingend, dass bei der nunmehrigen Korrektur die zulässige Bebauungsdichte jedenfalls überschritten werde.

Im Übrigen verwiesen die Beschwerdeführer auf ihr Vorbringen in der Berufung, wonach generell, und zwar unabhängig von der Frage der Grundgrenze, die Dichteberechnung nicht in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen und insbesondere nicht unter Berücksichtigung des Altbestandes errechnet worden sei. Auf das Vorbringen in der Berufung werde ausdrücklich hingewiesen.

Diesem Schriftsatz ist eine an das Bezirksgericht für ZRS Graz gerichtete "Ersitzungsklage" vom 21. Mai 2003 (ohne Beilagen, insbesondere ohne Pläne) angeschlossen. Mit dieser Klage wird die Feststellung des Eigentumsrechtes der Beschwerdeführer an den fraglichen Flächen, und zwar zwischen "der bestehenden Naturgrenze" und der Grenze zu ihrem südlich gelegenen Grundstück im Ausmaß von insgesamt 15,27 m2 begehrt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich der Bezeichnungen der Grundstücke, auf welchen das Vorhaben verwirklicht werden solle, dahin abgeändert (präzisiert), dass es auf den beiden näher genannten Grundstücken "in jener Konfiguration, wie sie in dem einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Vermessungsplanes Dipl. Ing. R... durch den darin eingetragenen Doppelstrich mit darin ausgewiesener, unterbrochener Rechtsschraffur gekennzeichnet" sei, errichtet werden solle. Im Übrigen wurde der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Nach Wiedergabe der Berufung heißt es begründend (zusammengefasst), der Bauwerberin sei die Berufung vorgehalten worden, woraufhin sie in den Plänen die "nicht als Bauplatzgrenze geltenden Grenzlinien mit rotem Stift durch rote Überkreuzung gekennzeichnet" habe. Damit habe die Bauwerberin ihr Bauvorhaben modifiziert, was zulässig sei. Dieser Modifikation sei durch die Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides Rechnung getragen worden.

In der Sache selbst sei zu bedenken, dass die Bauwerberin auf Grund der Einwendungen der Beschwerdeführer in der Bauverhandlung das gesamte Bauwerk um den erforderlichen Abstand (ca. 55 cm) in Richtung Norden verschoben und in weiterer Folge neue Einreichpläne vorgelegt habe. Auf Grundlage dieser neuen Einreichunterlagen sei der erstinstanzliche Bescheid ergangen. Dies sei zwar ohne ausdrücklichen Vorhalt der Änderung des Projektes an die Nachbarn geschehen, doch sei wenigstens in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides festgehalten worden, dass bei den genehmigten Einreichplänen darauf geachtet worden sei, dass der gesetzliche Abstand zum südlich gelegenen Grundstück der Beschwerdeführer "zur natürlichen Grenze (Zaun) eingehalten werde".

Es könne dahingestellt bleiben, ob die Auffassung der Behörde erster Instanz, das Vorbringen der Beschwerdeführer stelle eine privatrechtliche Einwendung dar, zutreffe, weil dieses Vorbringen durch die Modifikation des Bauvorhabens infolge Änderung der Bauplatzkonfiguration "materiell erledigt" (im Original unter Anführungszeichen) worden sei, somit das Bauvorhaben auch hinsichtlich der gesetzlichen Mindestabstände zum Nachbargrundstück vorschriftsmäßig sei. Selbst wenn also das Vorbringen der Beschwerdeführer in erster Instanz keine privatrechtliche, sondern eine subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendung darstellen sollte, sei ihr durch die Modifikation des Bauvorhabens im Rechtsmittelverfahren Rechnung getragen worden, sodass die Beschwerdeführer (nunmehr) auch in ihrem aus den Bauvorschriften entspringenden, subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht auf gehörige Grenzabstände nicht verletzt werden könnten. Eben um dies sicherzustellen, seien von der Bauwerberin die Bauplatzgrenzen geändert worden.

Das Vorbringen der Beschwerdeführer zur Frage der Bebauungsdichte sei präkludiert, wobei ihnen diesbezüglich ohnedies kein Mitspracherecht zukomme. Insoweit die Beschwerdeführer weiterhin behaupteten, es würde auf fremden Grund gebaut und es bedürfe daher hiezu ihrer Zustimmung, so genüge dazu der Hinweis, dass dieses Vorbringen am Kern der Sache deshalb vorbeigehe, weil durch die Modifikation ein solches "Bauen auf fremden Grund" von vornherein ausgeschlossen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998, die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

2.

die Abstände (§ 13);

3.

den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);

4.

die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);

5.

die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);

              6.              die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid näher dargelegt, dass durch die noch im Verfahren erster Instanz als Reaktion auf die Einwendungen der Beschwerdeführer erfolgte Projektmodifikation, wodurch das Vorhaben planlich nach Norden "verschoben" worden sei, der erforderliche Abstand zu der von den Beschwerdeführern behaupteten "natürlichen Grenze" jedenfalls eingehalten sei. Die Beschwerdeführer ziehen dies in ihrer Beschwerde auch nicht in Zweifel (und machen auch keine Verletzung des Grenzabstandes mehr geltend), bekämpfen aber den angefochtenen Bescheid aus dem Gesichtspunkt, dass die belangte Behörde zu Unrecht den genauen Grenzverlauf nicht ermittelt habe, womit (schon deshalb) die Ermittlung der genauen Größe des Bauplatzes ebenso unterlieben sei, wie die genaue Ermittlung der Geschoßflächen, was von Bedeutung für die Ermittlung der Bebauungsdichte gewesen wäre. Das Vorhaben überschreite nämlich die höchstzulässige Bebauungsdichte.

Dem ist zu entgegnen, dass § 26 Abs. 1 Stmk. BauG dem Nachbarn kein Recht auf Einhaltung der im Flächenwidmungsplan festgesetzten höchstzulässigen Bebauungsdichte einräumt (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 2003, Zl. 2003/06/0051, unter Hinweis auf Vorjudikatur). Nur in diesem Zusammenhang ist das exakte Ausmaß des Grundstückes und der Geschoßflächen von Bedeutung; ein Nachbarrecht auf ein bestimmtes Ausmaß des Bauplatzes oder bestimmte Gesamtausmaße der Geschoßflächen ist in der taxativen Auflistung der Nachbarrechte in § 26 Abs. 1 Stmk. BauG (zur taxativen Auflistung siehe ua. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2002, Zl. 2000/06/0174, unter Hinweis auf Vorjudikatur) jedenfalls nicht vorgesehen.

Das Beschwerdevorbringen in diesem Zusammenhang, die (behauptete) mangelhafte Ermittlung des Grenzverlaufes greife "rechtswidrig in das Eigentum der Beschwerdeführer ein", ist verfehlt; ebenso unzutreffend war (wie die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben hat) das Vorbringen im Verwaltungsverfahren, durch das Vorhaben werde Grund der Beschwerdeführer in Anspruch genommen, ohne dass sie dazu zugestimmt hätten. Die Zustimmung der Beschwerdeführer wäre erforderlich, wenn das Bauvorhaben auf ihrem Grund verwirklicht werden sollte. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr muss das Vorbringen der Beschwerdeführer, ihr Eigentum werde verletzt, nach dem gegebenen Zusammenhang dahin verstanden werden, dass bei der Ermittlung der Bauplatzgröße zu Unrecht Grundstücksflächen einbezogen worden seien, die sie bereits durch Ersitzung erworben hätten. Zur Frage aber, ob die Baubehörden das Ausmaß des Bauplatzes richtig angenommen haben oder nicht, steht dem Nachbarn aber nach dem zuvor Gesagten kein Mitspracherecht zu, zumal durch eine unrichtige Annahme der Bauplatzgröße auch nicht in Eigentumsrechte der Beschwerdeführer eingegriffen werden kann. Damit kann auch die von der belangten Behörde angeschnittene Frage der Präklusion der Beschwerdeführer dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Dies konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG ohne Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung erfolgen, weil in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Zu den im Beschwerdefall thematisierten Fragen des Mitspracherechtes des Nachbarn gemäß § 26 Stmk. BauG ist der entscheidungswesentliche Sachverhalt geklärt und es sind diese Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Mai 2004

Schlagworte

Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003060130.X00

Im RIS seit

16.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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