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L34006 Abgabenordnung Steiermark;Norm
BauG Stmk 1995 §15 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der U GmbH in W, vertreten durch Dr. Hans Georg Zeiner, Dr. Brigitte Heaman-Dunn, Dr. Georg Punkenhofer, Dr. Rudolf Pendl und Mag. Andreas Zinober, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Schellinggasse 6, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 30. Juni 2003, Zl. A8/1-K-247/1996-6, betreffend Bauabgabe gemäß § 15 Steiermärkisches Baugesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Magistrat der Landeshauptstadt Graz schrieb mit Bescheid vom 10. April 1996 der G GmbH (in der Folge: G-GmbH) aus Anlass der Erteilung einer Baubewilligung vom 22. März 1996 betreffend ein näher genanntes Grundstück eine Bauabgabe in der Höhe von S 614.173,-- zur Zahlung vor.
Die G-GmbH wandte sich mit ihrer Berufung vom 22. Mai 1996 gegen diese Vorschreibung im Wesentlichen mit der Begründung, eine schon bestehende Geschossfläche sei außer Acht gelassen worden, sodass sich insgesamt nur eine vorzuschreibende Bauabgabe von S 193.914,-- ergebe.
In der Folge langte ein offenbar Namens der beschwerdeführenden Partei verfasstes Schreiben vom 2. August 1996 mit folgendem wesentlichen Inhalt ein:
"Die U-GmbH (beschwerdeführende Partei) hat mit Kaufvertrag vom 19.6.1996 und mit Übernahmedatum 1.7.1996 einen Teil der Liegenschaft ... erworben.
(Die beschwerdeführende Partei) ist somit Rechtsnachfolger der (G-GmbH) und rechtsgültiger Besitzer der Baugenehmigung für das (gegenständliche Objekt) mit all den damit verbundenen Unterlagen.
Der Kinobetrieb der (G-GmbH, künftig Ge-GmbH) wird als (M-Kino) mit acht Sälen unter dem Namen (U-Kinowelt) in Zukunft weitergeführt.
Für alle Eingaben an ihre Behörde und sämtliche Belange, die dieses Bauvorhaben betreffen, ist nun hinkünftig die (U-GmbH) mit Sitz in W. unter Filiale A Straße ... Graz, verantwortlich".
Mit der an die G-GmbH, nunmehr U-GmbH, gerichteten Berufungsvorentscheidung vom 24. April 1998 wurde in teilweiser Stattgebung der Berufung eine Bauabgabe von S 579.342,-- vorgeschrieben; aus den Archivakten sei festgestellt worden, dass ein Aufschließungsbeitrag hinsichtlich der abgetragenen Objekte bezahlt worden sei, welcher auf die vorgeschriebene Bauabgabe anzurechnen gewesen sei.
In der Folge stellten die Ge-GmbH (vormals G-GmbH) und die beschwerdeführende Partei am 28. Mai 1998 einen (gemeinsamen) Vorlageantrag an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Zu diesem erstatteten gleichfalls die Ge-GmbH (vormals G-GmbH) und die beschwerdeführende Partei mittels eines gemeinsamen Schriftsatzes vom 12. Juni 1998 ein ergänzendes Vorbringen.
Die belangte Behörde gewährte im Zuge des Berufungsverfahrens ausschließlich der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom 18. Oktober 1999 und vom 18. Juli 2001 Parteiengehör, wobei zu beiden genannten Schreiben die Rechtsanwaltskommanditpartnerschaft, die bereits bisher für die G-GmbH und die Ge-GmbH sowie die beschwerdeführenden Partei eingeschritten war, Stellung nahm, offenbar im Namen der beschwerdeführenden Partei.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 30. Juni 2003 wies die belangte Behörde die Berufung der "G-GmbH, nunmehr U-GmbH", gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet ab und änderte den angefochtenen Bescheid im Spruch dahin, dass eine Bauabgabe in Höhe von EUR 42.102,43 entsprechend einer näher angeführten Berechnung vorgeschrieben werde. Die Bescheidänderung sei deshalb vorzunehmen gewesen, weil im erstinstanzlichen Bescheid ein bereits einmal vorgeschriebener und bezahlter Aufschließungsbeitrag nicht angerechnet worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung einer Bauabgabe mangels gesetzlicher Voraussetzungen bzw. "in eventu in ihrem Recht auf gesetzmäßige Berechnung der Bauabgabe" gemäß § 15 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 15 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes - Stmk BauG, in der hier anzuwendenden Stammfassung LGBl. Nr. 59/1995, ist dem Bauwerber anlässlich der Erteilung der Baubewilligung oder der Genehmigung der Baufreistellung von der Abgabenbehörde eine Bauabgabe vorzuschreiben. Für die Bauabgabe samt Nebengebühren haftet auf dem Grundstück, bei Superädifikaten oder Objekten nach dem Baurechtsgesetz auf den baulichen Anlagen, ein gesetzliches Pfandrecht. Wird von der Baubewilligung nicht Gebrauch gemacht, so ist die vorgeschriebene Bauabgabe bei späteren Baubewilligungen auf demselben Grundstück anzurechnen.
Nach § 15 Abs. 2 leg. cit. ist bei Zu- und Umbauten die Bauabgabe entsprechend der neu gewonnenen Bruttogeschossfläche zu berechnen.
Das Gesetz vom 8. März 1963 über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Landes und der Gemeinden verwalteten Abgaben (Steiermärkische Landesabgabenordnung - LAO), LGBl. Nr. 158/1963 in der Fassung durch die Novelle LGBl. Nr. 29/1994, regelt in seinem § 3 die Entstehung des Abgabenanspruches. Dieser entsteht gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit., sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpft. Nach § 3 Abs. 3 leg. cit. ist der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.
Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 12 Abs. 1 Stmk LAO a) für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben für die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen; b) für Steuerabzugsbeträge, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres abzuführen waren. Nach § 17 Abs. 1 Stmk LAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.
Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen ihre Inanspruchnahme für die hier gegenständliche Bauabgabe dem Grunde nach mit dem Vorbringen, sie sei zu keinem Zeitpunkt Gesamtrechtsnachfolgerin der G-GmbH gewesen. Diese existiere nach wie vor und sei auch grundbücherliche Miteigentümerin der im angefochtenen Bescheid bezeichneten Liegenschaften unter ihrem neuen Namen Ge-GmbH.
Nach § 15 Abs. 1 Stmk BauG ist der Bauwerber abgabepflichtig für die anlässlich der Erteilung der Baubewilligung oder der Genehmigung der Baufreistellung vorzuschreibende Bauabgabe. Nach dem Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten war Bauwerberin die G-GmbH, der auch mit Bescheid vom 22. März 1996 die Baubewilligung erteilt wurde, was wiederum zur Vorschreibung der hier gegenständlichen Bauabgabe mit dem erstinstanzlichen Abgabenbescheid vom 10. April 1996 führte. Das abgabenrechtliche Schuldverhältnis wurde daher (zutreffend) mit der G-GmbH begründet.
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass die beschwerdeführende Partei Rechtsnachfolgerin der G-GmbH sei. Diesbezüglich bedürfte es aber - worauf die beschwerdeführende Partei zutreffend verweist - näherer Feststellungen. Aus dem Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 2. August 1996 ergibt sich nämlich nur, dass die beschwerdeführende Partei einen Teil der vorliegenden Liegenschaft erworben hat, die G-GmbH jedoch (unter anderer Firma) weiter besteht. Auf dem Boden bloß dieses Schreibens wäre der Schluss zu ziehen gewesen, dass eine Gesamtrechtsnachfolge ausscheidet.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 20. März 2003, Zl. 98/17/0319, mwN), bedürfte es für den Eintritt eines Schuldnerwechsels im Falle des Eigentumsüberganges an einem Grundstück, auf das sich ein Vorhaben bezieht, für welches eine Abgabe vorgeschrieben worden ist oder für welches der Abgabenanspruch entstanden ist, einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung.
Für das vorliegende Abgabenschuldverhältnis ist eine solche "dingliche Wirkung" in der Steiermärkischen Bauordnung nicht vorgesehen. Der Anordnung des § 15 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit., wonach für die Bauabgabe auf dem Grundstück ein gesetzliches Pfandrecht haftet, enthält gerade keine ausdrückliche Regelung für einen Schuldnerwechsel hinsichtlich der bereits entstandenen Abgabenverbindlichkeit; die Anordnung einer (bloßen) Pfandhaftung macht einen allfälligen neuen Eigentümer der Liegenschaft nicht zum Abgabenschuldner, sondern beschränkt vielmehr dessen Haftung auf den Pfandgegenstand, somit die Liegenschaft. Einer solchen ausdrücklichen Regelung betreffend den Schuldnerwechsel (oder allenfalls eines Schuldnerbeitritts) hätte es allerdings bedurft, um in dem nach § 15 Abs. 1 Stmk BauG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Stmk LAO entstandenen (und im Beschwerdefall auch bescheidmäßig konkretisierten) Abgabenschuldverhältnis einen Schuldnerwechsel bei einem Eigentümerwechsel bzw. einem Wechsel in der Stellung als Bauwerber nach der Bescheiderlassung annehmen zu können.
Auf Grund der dargestellten Rechtslage wäre somit die G-GmbH (die als Ge-GmbH weiterbesteht) nach wie vor Abgabenschuldnerin der hier gegenständlichen Bauabgabe. Ob sich aus der Bestimmung des § 12 Abs. 1 Stmk LAO etwas anderes ergibt, ist derzeit nicht ersichtlich. Überdies wäre die beschwerdeführende Partei bei Vorliegen der Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle zunächst mit einem erstinstanzlichen Bescheid in Anspruch zu nehmen.
Ausgehend von der dargelegten Rechts- und der sich aus dem Akteninhalt ergebenden Sachlage hätte die Annahme einer Rechtsnachfolge der beschwerdeführenden Partei als Abgabenschuldnerin der vorliegenden Bauabgabe im angefochtenen Bescheid einer näheren Begründung bedurft. Dadurch, dass eine solche unterblieb, entzieht sich die Rechtsrichtigkeit des Spruches der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, weshalb der angefochtene Bescheid wegen des dargelegten wesentlichen Begründungsmangels wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes
nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 17. Mai 2004
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003170246.X00Im RIS seit
22.06.2004