TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/18 2003/05/0105

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Veröffentlicht am 18.05.2004
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Index

L70707 Theater Veranstaltung Tirol;
L70717 Spielapparate Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z8;
B-VG Art15 Abs1;
GewO 1994;
VeranstaltungsG Tir 1982 §1 Abs1;
VeranstaltungsG Tir 1982 §12 Abs1;
VeranstaltungsG Tir 1982 §17 Abs1 lita;
VeranstaltungsG Tir 1982 §2 Abs1;
VeranstaltungsG Tir 1982 §31 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. Mai 2003, Zl. uvs- 2002/22/200-6, betreffend Übertretung des Tiroler Veranstaltungsgesetzes 1982 (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T. GmbH zu verantworten, dass in der Nacht vom 5. Juli 2002 auf 6. Juli 2002 in der Zeit zwischen 23.00 Uhr und 2.30 Uhr in einem näher bezeichneten Tanzlokal eine sogenannte "Schaumparty" durchgeführt worden sei, die beim Bürgermeister nicht angemeldet gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 12 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 lit. b Tiroler Veranstaltungsgesetz 1982 verletzt. Gemäß § 31 Abs. 1 lit. b Tiroler Veranstaltungsgesetz 1982 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 300,-- verhängt. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde auf EUR 30,-- herabgesetzt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei einer sogenannten "Schaumparty" handle es sich um eine der Unterhaltung der Besucher oder Teilnehmer dienende Belustigung. Daher sei von einer Veranstaltung im Sinne des § 2 Abs. 1 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes 1982 auszugehen. Die Veranstaltung sei in einem Tanzlokal durchgeführt worden und damit eindeutig auch Personen zugänglich gewesen, die vom Veranstalter nicht persönlich eingeladen worden seien. Damit sei von einer öffentlichen Veranstaltung auszugehen, die gemäß § 1 Abs. 1 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes 1982 vom Geltungsbereich dieses Gesetzes umfasst sei, zumal keiner der Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 2 Tiroler Veranstaltungsgesetz 1982 zum Tragen komme. Entgegen dem Vorbringen in der Berufung komme das Tiroler Veranstaltungsgesetz 1982 zur Anwendung, auch wenn im vorliegenden Fall die Veranstaltung in den Räumlichkeiten eines Gastgewerbebetriebes stattgefunden habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die Zuerkennung von Ersatz des Vorlageaufwandes und nahm im Übrigen von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer legt dar, er betreibe am gegenständlichen Ort rechtmäßig den gewerberechtlich bewilligten Gastgewerbebetrieb einer Diskothek in der Weise, dass die Aufnahme von Speisen und Getränken und Tanz zur gleichen Zeit den Gästen wunschgemäß möglich sei. Durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 12.996 sei unzweifelhaft, dass die Diskothek im Rahmen der Gastwirtschaft kompetenzrechtlich in die Zuständigkeit des Bundes falle. Unlogisch bzw. denkunmöglich sei es, dass der Beschwerdeführer eine "Schaumparty" veranstaltet hätte, ohne im Rahmen seines Gastgewerbebetriebes die Tanzveranstaltung zu gestatten. Es sei aber denkmöglich und logisch, dass er im Rahmen seines Gastgewerbebetriebes die Tanzveranstaltung gestatte, ohne dabei eine "Schaumparty" zu veranstalten. Die Abhaltung der "Schaumparty" sei sohin ein "Gag" für die Besucher im Rahmen der Tanzveranstaltung. Die Besucher wären auch ohne "Schaumparty" in das Lokal gekommen. Vielen Besuchern sei im vorhinein gar nicht bekannt gewesen, dass eine "Schaumparty" stattfinde. Das Aufsprühen des Schaumes alleine stelle keine öffentliche Belustigung im Sinne des Veranstaltungsgesetzes dar. Solche "Gags" wie das Steigenlassen von Luftballons bei der Tanzveranstaltung oder das Installieren von Lichtspielen während des Tanzes seien typisch für Diskotheken. Ebenso sei das Aufsprühen von Schaum auf die Tanzfläche oder das Produzieren von Nebel typisch für Diskotheken. Nach einer intrasystematischen Weiterentwicklung des gewerberechtlichen Kompetenztatbestandes ermächtige dieser dazu, auch für sich neu entwickelnde Betriebsformen, wie etwa Diskotheken, Regelungen vorzusehen. Auf Grund der Gesichtspunktetheorie sei das Aufsprühen des Schaumes auf die Tanzfläche keine öffentliche Belustigung für sich selbst im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 17 der Gewerbeordnung. Die Bestrafung des Beschwerdeführers nach dem Veranstaltungsgesetz sei folglich zu Unrecht erfolgt, weil das Aufsprühen von Schaum in der Diskothek in Gesetzgebung und Vollziehung in die Bundeskompetenz falle und sohin von der Gewerbeordnung geregelt werde.

Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist zunächst entgegenzuhalten, dass das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1992, Slg. Nr. 12.996, nicht für die Auffassung ins Treffen geführt werden kann, dass Veranstaltungen in den Räumen von Gastgewerbebetrieben dem jeweiligen Veranstaltungsgesetz nicht unterliegen. Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis ausgeführt, dass - auch gewerbsmäßige - musikalische Darbietungen (etwa durch einen Barmusiker oder eine Fünf-Uhr-Tee-Kapelle) als solche vom Regelungsbereich des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG (somit von der Bundeskompetenz zur Regelung und Vollziehung der Angelegenheiten des Gewerbes) ausgenommen seien. Würden aber musikalische Darbietungen in einem Gewerbebetrieb veranstaltet, so stehe es dem Bundesgesetzgeber frei, gewerberechtliche Regelungen für den Gastgewerbebetrieb zu erlassen. Es bestehe daher - auch in historischer Sicht - kein Anlass anzunehmen, dass der Bund seine Kompetenz zur Regelung von bei Gastgewerbebetrieben auftretenden typisch gewerberechtlichen Fragen verliere, sofern Gastwirte Tanzunterhaltungen in ihren Lokalen gestatten oder durchführen. Bloß die Veranstaltung von Tanzunterhaltungen oder anderen öffentlichen Belustigungen für sich falle (und zwar auch dann, wenn sie regelmäßig und in Ertragsabsicht erfolge) somit nicht unter den Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie". § 2 Abs. 1 Z 17 GewO 1973 nehme vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung nur die Veranstaltung öffentlicher Belustigungen als solche aus, nicht aber die gastgewerbliche Tätigkeit, bei der in Kombination mit der typisch gastgewerblichen Leistungserbringung auch Musik oder auch Tanz veranstaltet werde. Ob (und allenfalls in welcher Weise) für diese im Rahmen der Tätigkeit des Gastgewerbetreibenden stattfindenden Darbietungen nach dem Veranstaltungsgesetz überdies entsprechende Bewilligungen erforderlich oder behördliche Aufsichtsmaßnahmen möglich seien, hatte der Verfassungsgerichtshof in diesem Verfahren nicht zu klären.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat der Verfassungsgerichtshof somit nur ausgeführt, dass der Gastgewerbebetrieb als solcher der Gewerberechtskompetenz des Bundes unterliegt, er hat aber keinesfalls die Anwendung des Veranstaltungsgesetzes auf Veranstaltungen, die im Gastgewerbebetrieb stattfinden, ausgeschlossen. Im Übrigen gelangte der Verfassungsgerichtshof sogar ausdrücklich zu dem Schluss, dass die Veranstaltung von Tanzunterhaltungen oder anderen öffentlichen Belustigungen für sich gerade nicht unter den gewerberechtlichen Kompetenztatbestand fällt (siehe dazu auch Mayer, B-VG, 3. Auflage, S. 36 mwN).

Auch nimmt das hier anzuwendende Tiroler Veranstaltungsgesetz 1982 Veranstaltungen, die in den Räumlichkeiten von Gastgewerbebetrieben stattfinden, keineswegs von seinem Geltungsbereich aus. Vielmehr sind gemäß § 17 Abs. 1 lit. a dieses Gesetzes in der Stammfassung LGBl. Nr. 59/1982 Räume von Gastgewerbebetrieben, wenn für die Veranstaltung nach ihrer Art keine über den Rahmen des regelmäßigen Gastgewerbebetriebes hinausgehenden bau-, feuer- und sicherheitspolizeilichen Vorkehrungen erforderlich sind, ausdrücklich als geeignete Betriebsanlagen für Veranstaltungen anzusehen.

Die Feststellungen der belangten Behörde, dass die Tatbestandmerkmale des § 2 Abs. 1 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes 1982 durch die "Schaumparty" erfüllt wurden, womit folglich eine anmeldepflichtige Veranstaltung vorlag, wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Mai 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003050105.X00

Im RIS seit

23.06.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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