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L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;Norm
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 24. Juni 2003, Zl. UVS-07/F/16/7861/2002/10, betreffend Übertretung des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. April 2002 hat der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin vorgeworfen, als handelsrechtliche Geschäftsführerin der F GesmbH vom 16. November 2001 bis zum 25. Februar 2002 vor der Liegenschaft in Wien 6, S-Gasse vor Nr. 2 ident mit B-Gasse vor Nr. 1, auf dem öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, die Abgrenzung eines bis 15. November 2001 genehmigten Vorgartens im Ausmaß von 12 x 3,6 m, ab dem fünften Fenster 5 x 2,1 m, in Front S-Gasse und 16,6 x 3,6 m links vom Lokaleingang und 7,5 x 3,6 m rechts vom Lokaleingang in Front B-Gasse aufgestellt gelassen zu haben, ohne dass sie hiefür vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt habe. Dadurch habe sie die Gebrauchsabgabe nach Tarifpost B 7 um den Betrag von EUR 1.326,06 fahrlässig verkürzt.
Nach einer schriftlichen Äußerung der Beschwerdeführerin vom 8. Mai 2002 erließ der Magistrat der Stadt Wien das Straferkenntnis vom 2. August 2002, mit dem der Beschwerdeführerin angelastet wurde, als handelsrechtliche Geschäftsführerin der F GesmbH vor der oben genannten Liegenschaft auf dem öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, die genannten Abfriedungen a) an der Front S-Gasse vom 16. November 2001 bis 26. November 2002 und b) an der Front B-Gasse vom 16. November 2001 bis 25. Februar 2002 belassen zu haben, ohne hiefür vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben. Dadurch habe die Beschwerdeführerin § 1 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 2 und Tarifpost B 7 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG verletzt. Gemäß § 16 Abs. 4 GAG wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- , im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Tagen, verhängt. Gemäß § 64 VStG wurde der Beschwerdeführerin ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von EUR 200,-- auferlegt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Am 4. April 2003 führte die belangte Behörde eine mündliche Berufungsverhandlung durch.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, dass der Tatzeitraum zu Punkt a) "16.11.2001 bis 25.02.2002" zu lauten habe. Die Geldstrafe wurde auf EUR 500,--, bei Uneinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt und der erstinstanzliche Kostenbeitrag auf EUR 50,-- ermäßigt. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, es stehe unbestritten fest, dass der im Spruch umschriebene Sachverhalt verwirklicht worden sei und es sich bei der Beschwerdeführerin um eine handelsrechtliche Geschäftsführerin der F GesmbH handle. Der F GesmbH sei mit Bescheid vom 8. Mai 2001 die Bewilligung für die Errichtung des verfahrensgegenständlichen Vorgartens für die Zeit bis 15. November 2001 und vom 1. März bis 15. November 2002 erteilt worden. Der Antrag der Gesellschaft vom 8. April 2002 auf Belassung der Einfriedung über den 15. November hinaus sei mit Bescheid vom 6. Februar (richtig: Dezember) 2002 abgewiesen worden, ebenso die dagegen eingebrachte Berufung. Ferner legte die belangte Behörde dar, der Zitierung des § 9 VStG als verletzte Verwaltungsvorschrift im Spruch hätte es nicht bedurft. Verfolgungsverjährung liege nicht vor. Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. April 2002, somit innerhalb der Verjährungsfrist von sechs Monaten, sei der Beschwerdeführerin zwar die Verkürzung der Abgabe gemäß § 16 Abs. 1 GAG zur Last gelegt worden. Der Vorwurf der Verkürzung der Abgabe schließe aber den Vorwurf gemäß § 16 Abs. 4 GAG ein. Der Einwand, durch die Belassung der Abfriedung über den 15. November hinaus sei nicht gegen ein Gebot des I. Abschnittes des GAG verstoßen worden, sei unberechtigt, da § 1 Abs. 1 GAG die Erwirkung einer Gebrauchserlaubnis vor dem Gebrauch vorschreibe. Die Richtigstellung des Datums im Spruch bedeute keine Tatauswechslung und sei zulässig und geboten gewesen. Abgesehen davon könne ein offensichtlicher Schreibfehler (um einen solchen handle es sich) jederzeit auch gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigt werden. Der objektive Unwertgehalt der Übertretung müsse als hoch angesehen werden. Es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse, dass während der kalten Jahrszeit der gesamte Schanigarten einschließlich seiner Umrandung entfernt werde, da er, im Gegensatz zur warmen Jahreszeit, lediglich eine trostlose Ansammlung von unbenutzten Einrichtungselementen darstelle. Schließlich liege der Tatort innerhalb einer Schutzzone. Es seien auch keine Umstände hervorgekommen, nach welchen der Beschwerdeführerin die Einhaltung der übertretenen Vorschriften nur erschwert möglich gewesen wäre. Auch ihr Verschulden könne somit nicht als bloß geringfügig angesehen werden. Der objektive Unwertgehalt der Übertretung sei allerdings wesentlich geringer als von der Erstinstanz angenommen, die dabei von der Höhe der verkürzten Abgabe ausgegangen sei, welches Kriterium nur bei einer Übertretung des § 16 Abs. 1 GAG eine Rolle spiele. Der wirtschaftliche Nutzen des von der Beschwerdeführerin vertretenen Unternehmens habe ausschließlich darin bestanden, dass es sich die Kosten für die Demontage und Lagerung der in Rede stehenden Elemente des Schanigartens erspart habe. Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der für ein Kind sorgepflichtigen Beschwerdeführerin seien nicht bekannt gegeben worden. Unter Berücksichtigung der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit sowie der Annahme einer bloß durchschnittlichen wirtschaftlichen Lage sei die Strafe somit spruchgemäß herabzusetzen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. April 2002 sei ihr eine Verkürzung der Gebrauchsabgabe vorgeworfen worden. In dem von der belangten Behörde bestätigten Straferkenntnis der Behörde erster Instanz sei ihr hingegen angelastet worden, dass die Abfriedung belassen worden sei, ohne dass sie hiefür zuvor eine Gebrauchserlaubnis erwirkt habe. Die Aufforderung zur Rechtfertigung sei daher nicht tauglich gewesen, die Verjährung hintan zu halten. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe sei außerdem ein Erfolgsdelikt, nunmehr sei die Beschwerdeführerin aber wegen der Begehung eines Dauerdelikts bestraft worden. Diesem lägen andere Sachverhaltselemente zu Grunde. Außerdem hätte die belangte Behörde die Merkmale, denen zufolge die Beschwerdeführerin die Eigenschaft als Verantwortliche für die F GesmbH hat, im Spruch des Straferkenntnisses anführen müssen. Es müsse nämlich nicht sein, dass die Beschwerdeführerin als handelsrechtliche Geschäftsführerin auch für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich ist, da dafür ein Verantwortlicher bestellt werden könne. Im Übrigen bedürfe die ausnahmsweise Belassung der Abfriedung über den 15. November hinaus nach Tarifpost B 7 des GAG einer Bewilligung. Dabei handle es sich jedoch nicht um eine Gebrauchserlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 1 GAG sondern um eine andere Bewilligung, die einzig und allein in Tarifpost B 7 umschrieben werde. Damit habe die Beschwerdeführerin nicht gegen ein Gebot oder Verbot des Abschnittes I des GAG verstoßen. Somit liege aber auch keine Strafbarkeit nach § 16 Abs. 4 GAG oder nach einer anderen Norm vor. Eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 1 GAG scheide im Verwaltungsstrafrecht als verfassungswidrig aus. Schließlich habe es die belangte Behörde unterlassen, die Unterhaltspflicht der Beschwerdeführerin für ein Kind bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Die Behörde erster Instanz habe diese Unterhaltspflicht nicht gekannt, für die belangte Behröde treffe dies aber nicht zu. Die belangte Behörde hätte daher darlegen müssen, weshalb die Sorgepflicht für ein Kind bei der Herabsetzung der Strafe nicht eine noch weitergehende Rolle gespielt habe.
§ 1 Abs. 1 und 2 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (GAG), LGBl. Nr. 20 in der hier maßgebenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 42/2003, lautet:
"Abschnitt I
Gebrauchserlaubnis
§ 1. (1) Für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll.
(2) Die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauches von öffentlichem Gemeindegrund (Abs. 1) gehen über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus."
§ 16 GAG in der genannten Fassung lautet auszugsweise:
"§ 16. (1) Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Abgabe verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 21 000 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen.
...
(4) Übertretungen der Gebote und Verbote des Abschnittes I dieses Gesetzes sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 2100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einem Monat zu bestrafen. ..."
Die Tarifpost B 7 des GAG lautet:
"7. für Vorgärten (Aufstellung von Tischen, Sesseln u.a.) von Geschäftslokalen aller Art je m2 Fläche 3,63 Euro, in Fußgängerzonen und verkehrsarmen Zonen je m2 27,25 Euro, mindestens aber 43,60 Euro; die Abfriedung (Geländer, Gitter, Abschlußwand, Zierpflanzen u. dgl.) ist innerhalb der bewilligten Ausmaße aufzustellen; für etwaige Gegenstände innerhalb der Einfriedung, die weder mit dem Gebäude noch mit dem Gehsteig fest verbunden sind und über die zugestandene Vorgartenfläche nicht hinausragen, ist eine weitere Abgabe nicht zu entrichten; die Bewilligung für Vorgärten gilt nur für die Zeit vom 1. März bis 15. November; wird ausnahmsweise die Belassung der Abfriedung ganz oder teilweise über den genannten Zeitraum hinaus bewilligt, erhöht sich die Abgabe um ein Drittel; "
Im vorliegenden Fall kann es dahingestellt bleiben, ob in Bezug auf die Tathandlung die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. April 2002 allein eine zur Unterbrechung der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist taugliche Verfolgungshandlung war. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund ohne Gebrauchserlaubnis bestraft. Es wurde ihr somit ein Dauerdelikt angelastet, bei dem die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt an läuft, in dem das strafbare Verhalten aufgehört hat (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S 1447 unter E 7c zitierte hg. Judikatur). Das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz wurde nach dem im Akt liegenden Rückschein am 14. August 2002, somit noch innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist ab dem angelasteten Tatende vom 25. Februar 2002, zur Post gegeben und der Beschwerdeführerin am 19. August 2002 zugestellt. Für den darin enthaltenen Tatvorwurf der Benützung des öffentlichen Gutes ohne erforderliche Gebrauchserlaubnis erweist sich dieses Straferkenntnis jedenfalls als taugliche Verfolgungshandlung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, 96/10/0149).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch eine Bewilligung für die Belassung einer Abfriedung für die Zeit zwischen 15. November und 1. März eine solche zum Gebrauch des öffentlichen Gemeindegrundes über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus. Sie ist daher als Gebrauchserlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 1 GAG anzusehen. Erfolgt die Benützung ohne eine solche Bewilligung liegt damit aber eine Übertretung des § 16 Abs. 4 GAG vor.
Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe bei der Strafbemessung ihre Unterhaltsverpflichtung für ein Kind nicht zu einer noch weitergehenden Herabsetzung der Strafe zum Anlass genommen, ist sie darauf hinzuweisen, dass dies vorausgesetzt hätte, dass die belangte Behörde in Kenntnis ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gewesen wäre. Da es die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde unterlassen hat, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu nennen, hat sie aber bereits die Wesentlichkeit des insofern geltend gemachten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage, S 365 f unter E 430 zitierte hg. Judikatur).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss in der Tatumschreibung gemäß § 44a Z 1 VStG zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person strafrechtlich Verantwortlicher begangen hat (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO, S 765 unter E 62 zitierte hg. Judikatur). Darüber hinaus ist es erforderlich, dass auch die Art der Organfunktion, derzufolge der Täter zur Vertretung nach außen berufen ist, eindeutig angeführt wird (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO, S 765 unter E 63 zitierte hg. Judikatur).
Diesen Anforderungen ist die belangte Behörde gerecht geworden. Es trifft zwar zu, dass für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften ein von dem zur Vertretung nach außen Berufenen verschiedener Verantwortlicher bestellt werden kann, doch ändert dies nichts daran, dass die belangte Behörde dadurch, dass sie die Beschwerdeführerin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der F GesmbH für schuldig erkannt hat, dem Gebot des § 44a Z 1 VStG ausreichend entsprochen hat. Im Übrigen wird in der Beschwerde nicht vorgebracht, dass die Bestrafung der Beschwerdeführerin deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil ein von ihr verschiedener Verantwortlicher bestellt gewesen ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. Mai 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003050144.X00Im RIS seit
14.06.2004