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L38007 Verwaltungsabgaben Tirol;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der H GmbH & Co KG in U, vertreten durch Böhmdorfer-Gheneff Rechtsanwälte KEG, 1040 Wien, Favoritenstraße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. Februar 2001, Zl. U-13.350/7, betreffend Landesverwaltungsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft die (nachträgliche) naturschutzbehördliche Bewilligung "für Werbeeinrichtungen (Werbeaufkleber auf der dem Einstieg gegenüber liegenden Außenseite auf 80 von 88 Gondeln der Thurntaler-Einseilumlaufbahn, 57 x 25 cm, weiß mit schwarzer Aufschrift)" gemäß §§ 15 Abs. 1 und 4 iVm § 40 Abs. 1 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 8/1999 (TirNatSchG), erteilt.
Mit dem durch die vorliegende Beschwerde allein angefochtenen Spruchpunkt II.2. dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführerin nach TP VIII Z. 69 der Tiroler Landes-Verwaltungsabgabenverordnung, LGBl. Nr. 23/1996 idF LGBl. Nr. 24/2000 (TirLVAV) iVm § 6 Abs. 2 des Tiroler Verwaltungsabgabengesetzes, LGBl. Nr. 24/1968 idF LGBl. Nr. 14/1975 (richtig: idF LGBl. Nr. 10/2000), TirVwAbgG, Landesverwaltungsabgabe in der Höhe von insgesamt S 80.000,-- vorgeschrieben.
Begründend wurde - betreffend die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung - dargelegt, der Amtssachverständige für Naturschutz habe unter Hinweis auf die Ergebnisse des Lokalaugenscheines ausgeführt, die zusätzliche Anbringung von Werbeaufklebern auf den Gondeln der 6er-Einseilumlaufbahn werde nur zu einer geringen Verstärkung der optischen Präsenz der Gondelbahn führen. Dies vor allem deshalb, weil die Werbeaufkleber auf Grund ihrer Größe und ihrer Farbgebung im Verhältnis zur Größe der Gondeln und im Verhältnis zu den firmeneigenen Schriftzügen auf den Gondeln nicht wesentlich hervorträten. Die in grauweiß gehaltenen Werbeaufkleber seien im winterlichen Landschaftsbild nur aus unmittelbarer Nähe optisch wirksam, aus gewisser Entfernung würden sie nicht zu einer wesentlichen Verstärkung der landschaftlichen Beeinträchtigung, wie sie bereits durch das Vorhandensein der Seilbahn ohne Werbeaufkleber gegeben sei, führen. Da somit davon auszugehen sei, dass die Interessen des Naturschutzes durch die beantragten Werbeaufkleber nicht beeinträchtigt würden, sei die Bewilligung zu erteilen. Zur Vorschreibung der Landesverwaltungsabgaben legte die belangte Behörde dar, es werde auf die Anbringung von Werbeeinrichtungen abgestellt. Es bestehe kein Zweifel, dass die Verwaltungsabgabe je einzelner Werbeeinrichtung vorzuschreiben sei. Dies entspreche auch dem Grundsatz, dass mit der Landesverwaltungsabgabe der verbundene Verwaltungsaufwand im Durchschnitt gedeckt werden solle. Typischerweise habe jede einzelne Werbeeinrichtung einen verschiedenen Einfluss auf die Schutzgüter des Naturschutzgesetzes. Auch sei der Einfluss einer Mehrzahl von Werbeeinrichtungen auf das Landschaftsbild verschieden. Dementsprechend gelte es, bei mehreren Werbeeinrichtungen einen höheren Verwaltungsaufwand (z.B. zur Erstellung des Gutachtens) zur Feststellung der allfälligen Beeinträchtigung aufzuwenden. Im gegenständlichen Fall seien mehrere Berechtigungen, die selbständig ausgeübt werden könnten, verliehen worden. Die Beschwerdeführerin habe z.B. das Recht, auf fünf Gondeln die gegenständlichen Werbeaufkleber anzubringen oder von den vorhandenen 88 Gondeln auf die beantragte Maximalzahl von 80 Gondeln jeweils einen Werbeaufkleber anzubringen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit seinem Beschluss vom 14. März 2001, B 319/01, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Vorschreibung der Landesverwaltungsabgabe im 80fachen Betrag in ihren Rechten verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 1 Abs. 1 des TirVwAbgG, LGBl. Nr. 24/1968, lautet:
"In den Angelegenheiten der Landesverwaltung und in den Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung (eigener Wirkungsbereich der Gemeinde aus dem Bereich der Landesvollziehung und aus dem Bereich der Bundesvollziehung) haben die Parteien für die Verleihung von Berechtigungen oder für sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Verwaltungsabgaben zu entrichten, soferne die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist."
§ 1 der TirLVAV, LGBl. Nr. 23/1996 idF LGBl. Nr. 24/2000, lautete auszugsweise:
"(1) Für das Ausmaß der nach dem Tiroler Verwaltungsabgabengesetz in den Angelegenheiten der Landesverwaltung zu entrichtenden Landesverwaltungsabgaben ist der angeschlossene, einen Bestandteil dieser Verordnung bildende Tarif (Anlage) maßgebend.
...
(3) Werden mehrere Berechtigungen, die selbständig ausgeübt werden können, mit einem Bescheid verliehen, so ist die Landesverwaltungsabgabe für jede dieser Berechtigungen zu entrichten."
TP VIII der Anlage zur TirLVAV, LGBl. Nr. 23/1996 idF LGBl. Nr. 24/2000, lautete auszugsweise:
"VIII. Naturschutzangelegenheiten
...
69. Bewilligung nach § 15 Abs. 1 ..... S 1.000,-" § 3 Abs. 3 TirNatSchG lautet:
"Werbeeinrichtung ist eine im Landschaftsbild in Erscheinung tretende Einrichtung, die der Anpreisung oder der Ankündigung dient oder die sonst auf etwas hinweisen oder die Aufmerksamkeit erregen soll."
§ 15 Abs. 1 Tir NatSchG lautet:
"Die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von Werbeeinrichtungen außerhalb geschlossener Ortschaften bedarf einer naturschutzrechtlichen Bewilligung, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 weder durch die Materialbeschaffenheit, Größe, Form, Farbe, Lichtwirkung und dergleichen der Werbeeinrichtung noch durch deren Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung am vorgesehenen Ort beeinträchtigt werden."
Abgabentatbestand im Sinne der soeben dargestellten Rechtslage ist im vorliegenden Fall die mit Spruchpunkt II.1. des angefochtenen Bescheides erfolgte "Verleihung einer Berechtigung" (vgl. § 1 Abs. 1 TirVwAbgG) zur "Anbringung von Werbeeinrichtungen" (vgl. TP VIII. Z. 69 der Anlage zur TirLVAV iVm § 15 Abs. 1 TirNatSchG 1997). Die Lösung der im Beschwerdefall strittigen Frage hängt davon ab, ob mit Spruchpunkt II.1. des angefochtenen Bescheides eine Berechtigung oder aber - im Sinne des § 1 Abs. 3 TirLVAV - "mehrere Berechtigungen, die selbständig ausgeübt werden können", verliehen wurden. Dabei steht im Beschwerdefall der Begriff der "Werbeeinrichtung" als "im Landschaftsbild in Erscheinung tretende Einrichtung" im Sinne von § 3 Abs. 3 TirNatSchG im Vordergrund.
Den im angefochtenen Bescheid auf der Grundlage des Befundes des Amtssachverständigen getroffenen Feststellungen ist im Zusammenhalt mit dem Inhalt der Verwaltungsakten zu entnehmen, dass im Hinblick auf das Erscheinungsbild der Seilbahn als einheitliche Anlage, wobei die mit Werbeaufklebern versehenen Gondeln als deren unselbständige Bestandteile in Erscheinung treten, von einer (einzigen) Werbeeinrichtung zu sprechen ist. Anhand des hier maßgebenden Erscheinungsbildes kann nicht gesagt werden, dass durch die Anbringung jedes einzelnen Werbeaufklebers eine "selbständige" Werbeeinrichtung hergestellt würde (und die Seilbahn daher mit 80 - im Landschaftsbild als solche in Erscheinung tretenden - "selbständigen" Werbeeinrichtungen ausgestattet wäre).
Nur am Rande ist zu bemerken, dass diese Auffassung - am Beispiel des vorliegenden Falles - auch mit dem von der belangten Behörde in den Vordergrund gestellten Aspekt der Deckung des durchschnittlichen Verwaltungsaufwandes durch die Abgabe in Einklang zu bringen ist: Es ist nämlich - im Unterschied zu Verfahren über die Bewilligung von mehreren Werbeanlagen, die an verschiedenen Orten in Erscheinung treten - nicht ersichtlich, dass der Verwaltungsaufwand im vorliegenden Fall ein Vielfaches von jenem Aufwand betragen hätte, der entstanden wäre, hätte die beschwerdeführende Gesellschaft die Bewilligung für die Anbringung eines Aufklebers an nur einer Seilbahngondel beantragt.
Die belangte Behörde hat somit das Gesetz verkannt, indem sie annahm, sie habe mit Spruchpunkt II.1. ihres Bescheides 80 Bewilligungen, die selbständig ausgeübt werden könnten, verliehen.
Der angefochtene Bescheid ist daher (im Umfang der Anfechtung) mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer vom Pauschbetrag umfasst ist.
Wien, am 18. Mai 2004
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Gutachten rechtliche BeurteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001100177.X00Im RIS seit
17.06.2004Zuletzt aktualisiert am
16.03.2009