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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung von Bestimmungen betreffend Rechtsmittel im Verfahren nach dem AlVG; Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde; Abweisung der Verfahrenshilfeanträge wegen AussichtslosigkeitSpruch
I. Die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe werden abgewiesen.
II. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.
III. Die Gesetzesprüfungsanträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer - nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen - Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Diese zweite Voraussetzung trifft zu, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines für verfassungswidrig erachteten Gesetzes (§56 Abs2 bis 4 AlVG) sowie der Sache nach die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen - insbesondere, was den Zeitpunkt und den Inhalt der Entscheidung betrifft - aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen verlangt eine Beurteilung der in diesen Punkten aufgeworfenen Fragen hingegen nicht.
Soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen tatsächlich berührt, läßt ihr Vorbringen angesichts des Umstandes, daß sich der angefochtene Bescheid gar nicht auf die als verfassungswidrig gerügten Bestimmungen stützt, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
2. Die (gesondert und unter einem mit der Beschwerde gestellten) auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Anträge auf Aufhebung des §56 Abs2, 3 und 4 AlVG (neue Fassung) wegen behaupteten Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip sind unzulässig:
Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 13.871/1994).
Ein solcher anderer zumutbarer Weg zur Wahrung des Rechtsschutzes gegen die bekämpfte Gesetzesbestimmung ist indes gegeben. Dem Antragsteller steht es offen, eine allfällige Berufung gegen eine Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle mit dem Antrag zu verbinden, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, und sodann gegen einen diesen Antrag abweisenden, auf §56 AlVG gegründeten Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben und die amtswegige Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens anzuregen. Die vom Antragsteller zur Begründung der Unzumutbarkeit dieses Weges aufgestellte These, daß die Behörde berechtigt sei, über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erst mit der Erledigung der Berufung zu entscheiden, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu.
Auch der Umstand, daß der von einer Rechtsnorm Betroffene im Verfahren nach Art144 B-VG die Gesetzesprüfung nur anregen kann und es der Beurteilung durch den Verfassungsgerichtshof überlassen bleibt, ob er von Amts wegen ein solches Prüfungsverfahren einleitet, kann nicht als Argument gegen die Zumutbarkeit der Beschreitung dieses Weges gelten, denn auf die materiellen Erfolgschancen des dem Antragsteller zur Verfügung stehenden Weges kommt es nicht an (vgl. zB VfSlg. 9285/1981, 10.592/1985). Daß der Verfassungsgerichtshof die Behandlung von Beschwerden gegen auf §56 Abs1 AlVG gestützte Bescheide (wegen Aussichtslosigkeit) ablehnen könnte, begründet die Legitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG nicht.
3. Da somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof insgesamt offenbar aussichtslos erscheint, sind seine unter einem mit der Beschwerde und den Individualanträgen gestellten Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen (§63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG).
Von einer Behandlung der Beschwerde wird abgesehen und die Anträge auf Aufhebung des §56 Abs2 bis 4 AlVG werden als unzulässig zurückgewiesen.
Diese Entscheidungen können gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG bzw. §19 Abs3 Z1 und Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Arbeitslosenversicherung, Wirkung aufschiebende, VfGH / Individualantrag, VfGH / VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B588.2000Dokumentnummer
JFT_09998873_00B00588_00