TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/19 2004/18/0114

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Veröffentlicht am 19.05.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §179a Abs1;
AsylG 1997;
AVG §13a;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des M in W, geboren 1974, vertreten durch Dr. Robert Wallentin, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 6-8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. März 2004, Zl. SD 298/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. März 2004 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 22. September 2002 illegal nach Österreich gelangt und habe am folgenden Tag einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug vom unabhängigen Bundesasylsenat am 17. Jänner 2003 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Er habe während seines Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 - AsylG verfügt.

Der Beschwerdeführer, der unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei, sei weder im Besitz eines Aufenthaltstitels noch auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt und sei nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens im Bundesgebiet verblieben. Er halte sich sohin unrechtmäßig hier auf, sodass die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG vorlägen.

Der Beschwerdeführer lebe seit ca. eineinhalb Jahren in Österreich und verfüge - außer zu seinem Wahlvater, von dem er allerdings weder Namen noch Adresse bekannt gegeben habe - über keine familiären Bindungen im Bundesgebiet. Trotzdem sei davon auszugehen, dass mit der vorliegenden Maßnahme ein Eingriff in sein Privat- bzw. Familienleben verbunden sei. Dieser Eingriff erweise sich jedoch als dringend geboten. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien vom Beschwerdeführer angesichts der Tatsache, dass er nach rechtskräftiger Beendigung seines Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben sei, in gravierender Weise missachtet worden. Dabei könne der Versuch, seinen Verbleib im Bundesgebiet mit der baldigen gerichtlichen Genehmigung seiner Adoption durch einen österreichischen Wahlvater zu rechtfertigen, nicht positiv gewertet werden. Die Wirksamkeit einer Annahme an Kindes statt setze nach § 179a zweiter Satz ABGB die gerichtliche Bewilligung des Vertrages zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind (dem Beschwerdeführer) voraus. Eine solche Bewilligung sei jedoch im vorliegenden Fall (noch) nicht erteilt worden. Der Beschwerdeführer könne daher nicht als Angehöriger eines Österreichers im Sinn des § 49 Abs. 1 FrG, dem Niederlassungsfreiheit zukommen könne, eingestuft werden.

Die durch das Verhalten des Beschwerdeführers bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass seine gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet. Dem genannten öffentlichen Interesse liefe es grob zuwider, wenn ein Fremder bloß auf Grund von Tatsachen, die von ihm geschaffen worden seien (Nichtausreise trotz rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens), den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte.

Da sonst keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grund der unstrittigen Sachverhaltsannahmen im angefochtenen Bescheid bestehen gegen die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, keine Bedenken.

2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde die Bindungen des Beschwerdeführers zu einem österreichischen Staatsbürger, mit dem er einen Adoptionsvertrag geschlossen hat, berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff im Sinn dieser Gesetzesbestimmung angenommen.

Diesen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die mit seinem jedenfalls seit dem rechtskräftigen negativen Abschluss des Asylverfahrens (Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. Jänner 2003) unrechtmäßigen Aufenthalt verbundene erhebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, gegenüber. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist ist und sich für seinen weiteren Aufenthalt in Österreich auf Asylgründe berufen hat, die sich - wie der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens gezeigt hat - als unberechtigt herausgestellt haben. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und demnach im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die Adoption des Beschwerdeführers kurz vor der Bewilligung stehe, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis, weil die Wirksamkeit der Adoption, worauf bereits im angefochtenen Bescheid hingewiesen wurde, gemäß § 179a Abs. 1 zweiter Satz ABGB die gerichtliche Genehmigung des Vertrages voraussetzt und eine solche Genehmigung (noch) nicht vorliegt, wobei die Möglichkeit einer Versagung der Genehmigung nicht ausgeschlossen werden kann.

Entgegen der Beschwerdeansicht bestand für die belangte Behörde auch keine Verpflichtung, den Beschwerdeführer zu einem ergänzenden Vorbringen in Bezug auf seine persönlichen Interessen anzuleiten, wird doch die Behörde auf Grund der von der Beschwerde angesprochenen Verpflichtung zur Rechtsbelehrung gemäß § 13a AVG (Manuduktionspflicht) nicht dazu verhalten, einer Partei Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten sei, damit dem Standpunkt der Partei von der Behörde allenfalls Rechnung getragen werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. April 2003, Zl. 99/18/0447, mwN). Abgesehen davon legt die Beschwerde nicht dar, welche Feststellungen die belangte Behörde im Einzelnen noch hätte treffen müssen, sodass auch die von der Beschwerde vorgebrachte weitere Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte (weitere) Ermittlungen hinsichtlich der privaten oder familiären Interessen des Beschwerdeführers vornehmen müssen, nicht zielführend ist.

3. Ferner bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, von ihrem Ermessen im Grund des § 33 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, gehen doch besondere Umstände, die für eine derartige Ermessensübung sprächen, weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde hervor. Da, wie zuvor ausgeführt, die Wirksamkeit einer Adoption die gerichtliche Bewilligung voraussetzt, stellt der bloße Abschluss eines Adoptionsvertrages keinen - über die private oder familiäre Beziehung zum Vertragspartner hinausgehenden - Umstand dar, der zu einer positiven Ermessensübung führen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2003, Zl. 2003/18/0161).

4. Schließlich ist auch der weitere Beschwerdevorwurf, dass der angefochtene Bescheid mangelhaft begründet sei, nicht berechtigt, weil aus der Begründung dieses Bescheides mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar ist, welchen Sachverhalt die belangte Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat und welche Erwägungen für ihre Beurteilung maßgeblich waren.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 19. Mai 2004

Schlagworte

Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004180114.X00

Im RIS seit

22.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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