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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des V, (geboren 1974), vertreten durch Dr. Thomas G. Eustacchio, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währingerstraße 26, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. September 2002, Zl. 312.854/2-III/11/02, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 16. September 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe am 13. Dezember 2001 an den Landeshauptmann von Wien einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zur Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit gestellt. Dieser Antrag sei vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 25. Mai 2002 (rechtswirksam zugestellt am 29. Mai 2002) gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG abgewiesen worden.
Dagegen habe der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Berufung erhoben und im Wesentlichen eingewendet, dass er einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens "zur Aufhebung des Aufenthaltsverbotes" eingebracht hätte.
Für die belangte Behörde habe sich aus der Aktenlage ergeben, dass der Beschwerdeführer am 1. Oktober 1998 illegal nach Österreich eingereist und in weiterer Folge im Besitz einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG gewesen sei. Seither sei er ständig im Bundesgebiet aufhältig und seit 9. Juni 2000 "polizeilich aufrecht" an einer näher genannten Adresse in Wien "gemeldet".
Da der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 2 FrG nicht zur Inlandsantragstellung berechtigt sei, sei ihm von der belangten Behörde mit Schreiben vom 27. August 2002 mitgeteilt worden, dass sein Antrag somit abzuweisen wäre, ferner sei ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausgeführt, dass er zur Volksgruppe der Kosovo-Albaner zählen würde, die "durch UNO-Resolution" die Stellung von Flüchtlingen erhalten hätten und legal als Flüchtlinge nach Österreich einreisen hätten können. "Die Antragstellung gemäß § 14 Abs. 2 FrG" wäre daher in seinem Fall "nicht gegeben".
Nach Wiedergabe des § 14 Abs. 2 FrG fuhr die belangte Behörde wie folgt fort:
Auf Grund der Aktenlage sei ersichtlich, dass der vorliegende Antrag am 13. Dezember 2001 vom damaligen rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers per Post beim Landeshauptmann von Wien gestellt worden sei, während sich der Beschwerdeführer in Österreich aufgehalten habe. Diese Beurteilung werde vor allem durch die Tatsache bekräftigt, dass der Beschwerdeführer seit dem 9. Juni 2000 polizeilich aufrecht an der schon angeführten Adresse gemeldet sei und er in seinem Antrag als "einzigen derzeitigen Wohnsitz" lediglich diese Unterkunft in Österreich angegeben habe. Des weiteren habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung seinen derzeitigen Aufenthalt im Bundesgebiet bekräftigt, ferner gehe er - laut vorgelegter Lohnbestätigung - in Österreich einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nach.
Zum Einwand des Beschwerdeführers, dass er auf Grund der Verordnung der Bundesregierung, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt worden sei, zur Inlandsantragstellung berechtigt sei, werde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nie im Besitz dieser Aufenthaltsberechtigung gewesen sei. Zwar hätte er die Voraussetzung für die Gewährung eines Aufenthaltsrechts gemäß Art. I der Verordnung der Bundesregierung vom 27. April 1999, BGBl. Nr. 133/1999, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt worden sei, erfüllt, jedoch sei im Art. II leg. cit. eine eigene Quote für Niederlassungsbewilligungen für Ehegatten und minderjährige Kinder bereits im Bundesgebiet niedergelassener Fremder festgelegt. Solchen könnten Niederlassungsbewilligungen nach Inlandsantragstellung erteilt werden (Verordnung BGBl. Nr. 461/1999). Diese Sonderregelung für die Inlandsantragstellung stelle auf Art. II Z. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 133/1999 ab. Nach der auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers beruhenden Aktenlage hat der Beschwerdeführer keine im Bundesgebiet rechtmäßig niedergelassenen Familienangehörigen ("Verwandtschaftsgrad gem. Art. II Z. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 133/1999"), weshalb der Beschwerdeführer nicht zu einer Inlandsantragstellung berechtigt sei. In der Berufung widerspreche der Beschwerdeführer nicht "der Antragstellung vom Inland aus", die Berufung werde vielmehr damit begründet, dass im Fall des Beschwerdeführers eine Inlandsantragstellung möglich wäre.
Für Erstanträge sei aber § 14 Abs. 2 erster Satz FrG maßgebend. Diese Norm sei als Anordnung an die entscheidende Behörde aufzufassen, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt worden sei, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten sei.
Im Beschwerdefall sei der Antrag unbestritten im Inland gestellt worden, womit der Erfolgsvoraussetzung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG nicht Genüge getan worden sei. Dies habe die Abweisung des Antrags zur Folge. Eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf die in Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien könne "auf Grund des Obgenannten" entfallen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 14 Abs. 2 FrG in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 126/2002 hat folgenden Wortlaut:
"Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht erteilt hätte werden können (§ 13 Abs. 3). Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Saisonarbeitskräfte und Erntehelfer (§ 9) kann nach der Einreise gestellt werden, wenn der Fremde an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt ist."
Bei § 14 Abs. 2 erster Satz FrG handelt es sich um eine Anordnung an die Behörde, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich auch vom Ausland aus abzuwarten ist. Bei einem entgegen dieser Bestimmung gestellten Antrag kommt eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf die im § 8 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2003/18/0148, mwH).
2. Aufgrund der §§ 18 und 29 FrG wurde am 27. April 1999 die Verordnung über das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner, BGBl. II Nr. 133/1999 erlassen. Die §§ 2, 4, 5 und 6 des Art. I dieser Verordnung haben in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 461/1999 folgenden Wortlaut:
"§ 2. Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, die glaubhaft machen, Kosovo-Albaner zu sein, sowie deren Ehegatten und minderjährigen Kindern, die vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sind, infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren und anderweitig keinen Schutz vor Verfolgung finden können, kommt ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu. Dies gilt nicht für Fremde, die sonst ein Aufenthaltsrecht haben.
...
§ 4. (1) Das Aufenthaltsrecht gemäß der §§ 1 bis 3 besteht bis zum 31. Dezember 1999.
(2) Ein Aufenthaltsrecht Fremder gemäß den §§ 1 bis 3, das am 31. Dezember 1999 besteht, wird bis zur Ausreise der Fremden mit finanzieller Rückkehrhilfe, längstens bis 31. März 2000 verlängert.
§ 5. Fremden, denen gemäß den §§ 1 bis 3 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht eingeräumt wurde und die über eine Bestätigung des Bundeslandes ihres Aufenthaltes verfügen, dass ihnen auf Grund individueller Umstände aus humanitären Gründen eine Rückkehr in den Kosovo vor dem 15. November 1999 nicht zugemutet werden konnte, kommt bis zum 31. Juli 2000 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu.
§ 6. Niederlassungsbewilligungen gemäß Art. II Z 2 können Fremden, denen nach § 4 Abs. 2 oder § 5 ein Aufenthaltsrecht zukommt, auch noch im Jahr 2000 erteilt werden. Anträge hierauf können im Inland gestellt werden."
Mit Art. II wurde die Niederlassungsverordnung 1999 geändert und eine zusätzliche Quote für aus dem Kosovo kriegsvertriebene Familienangehörige (Ehegatten und minderjährige Kinder) von bereits im Bundesgebiet niedergelassenen Fremden vorgesehen.
3.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, den Antrag vom Inland aus gestellt zu haben. Er vertritt indes die Auffassung, dass "ihm durch Art. I § 2 der VO über das Aufenthaltsrecht direkt vertriebener Kosovo-Albaner" ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zugekommen sei, er damit bereits im Sinn des § 14 Abs. 2 FrG über einen Aufenthaltstitel verfügt habe und daher den besagten Antrag im Inland habe stellen dürfen. Entgegen der belangten Behörde komme es bei der Antragstellung auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß Art. II Z. 2 leg.cit. (wie in seinem Fall) nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer unter die Quote des § 3 der Niederlassungsverordnung falle.
3.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Beschwerdeführer wendete sich nicht gegen die Ausführungen der belangten Behörde, dass er nach seiner Einreise am 1. Oktober 1998 "in weiterer Folge im Besitz einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz" gewesen sei. Das Asylverfahren des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenats vom 17. Oktober 2001 abgeschlossen (vgl. den im angefochtenen Bescheid genannten Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers betreffend das Asylverfahren, OZ 16 der Verwaltungsakten), damit endete auch die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG (vgl. § 19 Abs. 4 leg. cit.). Nach der hg. Rechtsprechung steht aber abgewiesenen Asylwerbern, die bis zum rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügten, nicht die Möglichkeit offen, einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung im Inland zu stellen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. November 2002, Zl. 2002/18/0235, auf das ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Der Beschwerdeführer war von daher nicht berechtigt, seinen in Rede stehenden nach Abschluss des Asylverfahrens mit Bescheid vom 17. Oktober 2001 gestellten Antrag vom 13. Dezember 2001 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zur Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit vom Inland aus zu stellen.
Ungeachtet dessen ist festzuhalten, dass für den Beschwerdeführer selbst dann, wenn ihm ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht nach der in Rede stehenden Verordnung zugekommen wäre, entgegen seiner Ansicht nicht die Möglichkeit bestanden hätte, den in Rede stehenden Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vom 13. Dezember 2001 im Inland zu stellen. Gemäß § 29 Abs. 4 FrG kann in einer nach § 29 Abs. 1 leg.cit. erlassenen Verordnung (bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen) festgelegt werden, dass bestimmte Gruppen der Aufenthaltsberechtigten einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung wirksam im Inland stellen können. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 4. Februar 2000, Zl. 98/19/0317, ausgesprochen, dass ohne die in § 29 Abs. 4 FrG ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, die Zulässigkeit einer Inlandsantragstellung einzuräumen, eine solche Inlandsantragstellung nicht bereits nach § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG 1997 zulässig ist. Aus der in der vorliegenden Verordnung getroffenen einschlägigen Regelung in Art. I § 6 zweiter Satz könnte der Beschwerdeführer schon deshalb nichts für sich gewinnen, weil ihm kein Aufenthaltsrecht nach Art. I § 4 Abs. 2 und Art. I § 5 zukam. Dies deshalb, weil er nach der hg. Rechtsprechung während der Dauer seiner vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG kein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gemäß Art. I § 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 133/1999 erwerben konnte (vgl. das Erkenntnis vom 17. März 2000, Zl. 99/19/0136, auf das diesbezüglich gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Für den vom Beschwerdeführer im Dezember 2001 gestellten Antrag käme demnach Art. I § 6 zweiter Satz der in Rede stehenden Verordnung nicht zum Tragen.
4. Da sich der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Antragstellung im Inland aufgehalten hat, wurde dem § 14 Abs. 2 erster Satz FrG nicht Genüge getan. Dieser Umstand bildet einen Versagungsgrund. Sein Vorliegen hat die Abweisung des Antrags zur Folge. Aus diesem Grund hat die belangte Behörde den Antrag gemäß § 14 Abs. 2 FrG zurecht abgewiesen, ohne dass eine Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einer Niederlassung im Bundesgebiet mit dem gegenläufigen öffentlichen Interesse erforderlich gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2002, Zl. 2002/18/0267).
5. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 19. Mai 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002180307.X00Im RIS seit
24.06.2004Zuletzt aktualisiert am
27.07.2009