Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des M, (geboren 1974), vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 9. September 2003, Zl. St 157/03, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 9. September 2003 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Kamerun, gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z. 7 iVm mit den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. Mit diesem Bescheid wurde ferner der von der Erstbehörde gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung bestätigt.
Die Erstbehörde habe folgenden Sachverhalt festgestellt:
"Sie wurden am 22.05.2003 um ca. 22.00 Uhr im Rahmen einer Fremdenkontrolle des BH Linz-Land in Zusammenarbeit mit Gendarmeriebeamten des Bezirkes und der KIAB (Kontrolle illegaler Ausländerbeschäftigung) auf dem Firmengelände der Firma D ... kontrolliert. Sie konnten bei der Kontrolle weder ein Reisedokument mit einem gültigen Aufenthaltstitel noch eine Arbeitserlaubnis vorweisen. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass Ihr Asylverfahren seit 05.07.2001 rechtskräftig negativ abgeschlossen ist. Sie verfügen über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß Asylgesetz. An Barmitteln konnten Sie nichts vorweisen.
Es liegen somit bestimmte Tatsachen im Sinne des § 36 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 vor.
Zu Ihren persönlichen Verhältnissen ist anzuführen, dass Sie in Österreich keine Verwandten haben. Es konnten auch somit keine berücksichtigungswürdigen Bindungen an Österreich festgestellt werden."
Im Übrigen habe die Erstbehörde auf die Niederschrift vom 23. Mai 2003 hingewiesen. "In dieser Niederschrift" sei vom Beschwerdeführer selbst ausgeführt worden, dass er weder krankennoch sozialversichert wäre. Auch würde er über keine Barmittel verfügen und keine Verwandten in Österreich haben.
In seiner Berufung vom 16. Juni 2003 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er bei der in Rede stehenden Firma "nicht schwarzgearbeitet" sondern lediglich einem Freund geholfen hätte. Er wäre im Besucherraum der Firma kontrolliert worden und hätte auch keine Firmenbekleidung angehabt. Bezüglich der erforderlichen Mittel für seinen Unterhalt habe der Beschwerdeführer lediglich lapidar darauf hingewiesen, dass er "durch Freunde unterstützt" würde. Abschließend habe der Beschwerdeführer noch vorgebracht, dass sein Asylverfahren beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig wäre. Das Bundesasylamt, Außenstelle Linz, hätte seinen Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Die Ausführungen im Erstbescheid, wonach der Beschwerdeführer in Österreich über keine näheren verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen verfügen und auch keiner legalen Beschäftigung nachgehen würde, seien vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass durch die Erlassung des Aufenthaltsverbots nicht in relevanter Weise in sein Privat- und Familienleben eingegriffen werde. Auch halte sich der Beschwerdeführer noch nicht sehr lange in Österreich auf, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass er "einen höheren Integrationsgrad" aufweisen würde.
Es sei Sache des Fremden, von sich aus (initiativ) zu beweisen, dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Der "lapidare Hinweis auf Freunde", die für den Unterhalt sorgten, reiche diesbezüglich nicht aus. Mittellosigkeit bedinge zwar nicht zwangsläufig die Begehung strafbarer Handlungen, die Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer durch strafbare Handlungen den nötigen Lebensunterhalt verschaffen würde, könne jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
Aus den oben angeführten Tatsachen sei nicht nur die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, sondern auch das Aufenthaltsverbot im Lichte des § 37 Abs. 1 leg. cit. dringend geboten. Zudem sei das "Gesamtfehlverhalten" des Beschwerdeführers "doch schwerwiegenderer Art", weshalb nicht mehr mit einer bloßen niederschriftlichen Ermahnung das Auslangen habe gefunden werden können, sondern von der Ermessensbestimmung des § 36 Abs. 1 FrG habe Gebrauch gemacht werden müssen. Da unter Abwägung aller oben angeführten Tatsachen - im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose - die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots wesentlich schwerer wögen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation, sei das Aufenthaltsverbot auch zulässig im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG. Daran vermöge der Hinweis des Beschwerdeführers "auf das Asylverfahren" nichts zu ändern, zumal "dieses in erster Instanz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen" worden sei.
Die Dauer des von der Erstbehörde verhängten Aufenthaltsverbotes sei nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal nach Ablauf dieser Zeit erwartet werden könne, dass sich der Beschwerdeführer wieder an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten würde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist. Gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Nach ständiger hg. Rechtsprechung hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Unterstützungsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, sind zur Dartuung ausreichender Unterhaltsmittel nicht geeignet. (Vgl. zum Ganzen etwa das Erkenntnis vom 20. Februar 2004, Zl. 2003/18/0313, mwH.)
1.2. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die von der belangten Behörde getroffene Feststellung, dass der Beschwerdeführer bei der der Niederschrift vom 23. Mai 2003 zu Grunde liegenden Vernehmung selbst ausgeführt habe, weder krankennoch sozialversichert zu sein, über keine Barmittel zu verfügen sowie keine Verwandten in Österreich zu haben. Die Auffassung der belangten Behörde, dass der Hinweis des Beschwerdeführers auf Freunde, die für seinen Unterhalt sorgten, zum Nachweis des Besitzes der erforderlichen Mittel für den Unterhalt nicht ausreiche, hat die genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für sich, besteht vorliegend doch kein Anhaltspunkt dafür, dass dem Beschwerdeführer auf die Leistungen seiner Freunde ein Rechtsanspruch zugekommen wäre. Vor diesem Hintergrund begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer die Mittel zu seinem Unterhalt nicht habe nachweisen können, und dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.
Schon in Anbetracht der aus der Mittellosigkeit resultierenden Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (vgl. in diesem Sinn das vorzitierte Erkenntnis) ist auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass vorliegend die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
1.3. Da die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht auf § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG stützte, erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er nicht "schwarz gearbeitet" hätte, als nicht zielführend.
2. Die von der Beschwerde nicht bekämpfte Auffassung der belangten Behörde, dass § 37 Abs. 1 und 2 FrG der Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbots nicht entgegenstünden, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Der Beschwerdeführer zieht die Annahme der belangten Behörde, dass ihm keine familiären Interessen am Verbleib in Österreich zukämen, nicht in Zweifel und wendet sich auch nicht gegen ihre Ansicht, dass er sich "noch nicht sehr lange im Bundesgebiet" aufhalte und deshalb nicht davon auszugehen sei, dass er einen "höheren Integrationsgrad" aufweise. Vor diesem Hintergrund treten die nicht sehr ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich gegenüber dem gewichtigen an der Erlassung der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme bestehenden Allgemeininteresse (vgl. oben II.1.2.) in den Hintergrund.
3. Nach Auffassung des Beschwerdeführers stand der Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbots § 21 Abs. 1 AsylG entgegen. Diese Bestimmung lautet in ihrer hier maßgeblichen Fassung vor der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101/2003, wie folgt:
"§ 21. (1) Auf Asylwerber findet - soweit im folgenden nicht anderes festgelegt wird - das Fremdengesetz insgesamt Anwendung, die §§ 33 Abs. 2, 36 Abs. 2 Z 7, 55 und 61 bis 63 FrG jedoch nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sofern sie
1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben;
2. den Antrag anläßlich der Grenzkontrolle oder anläßlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt haben.
(2) Ein Asylwerber darf nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden; die Übermittlung personenbezogener Daten eines Asylwerbers an den Herkunftsstaat, ist nicht zulässig; Daten, die erforderlich sind, um die zur Einreise notwendigen Bewilligungen zu beschaffen, dürfen jedoch übermittelt werden, wenn der Antrag - wenn auch nicht rechtskräftig - abgewiesen oder zurückgewiesen worden ist und das Ergebnis der non-refoulement-Prüfung dem nicht entgegensteht und die Identität des Asylwerbers nicht geklärt ist.
(3) Fremde, deren Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde, dürfen in den Herkunftsstaat nur zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden, wenn die Asylbehörde rechtskräftig festgestellt hat, daß dies nach § 57 FrG zulässig ist."
Der Beschwerdeführer bringt nun unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11. Oktober 2003,
B 679/03, vor, dass "gegen Asylwerber kein Aufenthaltsverbot wegen Mittellosigkeit bei eigeninitiativ gestellten Asylanträgen verhängt werden darf". Da er aber nicht dartut, dass ihm eine nach § 21 Abs. 1 leg. cit. neben den in Z. 1 und 2 genannten Voraussetzungen betreffend die "eigeninitiative" Einbringung von Asylanträgen kumulativ erforderliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG zukomme, und sich nicht gegen die von der belangten Behörde übernommenen Feststellungen der Erstbehörde wendet, wonach er über eine solche Aufenthaltsberechtigung nicht verfüge, geht dieses Vorbringen fehl. Damit bestehen aber gegen die Anwendung des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG im Beschwerdefall keine Bedenken.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass der Abspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung im Grund des § 64 Abs. 2 FrG einen von dem die Hauptsache betreffenden Ausspruch zu unterscheidenden (trennbaren) selbständigen Ausspruch im Sinn des § 59 Abs. 1 AVG darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2003/18/0284, mwH).
Gegen die mit dem angefochtenen Bescheid (auch) erfolgte Bestätigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG bringt der Beschwerdeführer vor, die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 leg. cit. seien in seinem Fall nicht vorgelegen, weil es keinerlei Anhaltspunkte gebe, dass die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des öffentlichen Wohls wegen Gefahr in Verzug dringend geboten sei. Auch damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Es kann dahingestellt bleiben, ob im Beschwerdefall die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG gegeben waren, weil mit der Entscheidung der Berufungsbehörde über die Hauptsache ein Ausspruch nach § 64 Abs. 2 leg. cit. jedenfalls seine Wirkung verloren hat und der Beschwerdeführer - der zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung eine Wohnadresse in Österreich angibt - nicht vorbringt, inwieweit der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung nachteilige Auswirkungen auf ihn gehabt habe (vgl. aus der hg. Rechtsprechung in diesem Sinne etwa das Erkenntnis vom 10. April 2003, Zl. 2002/18/0292).
5. Da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 19. Mai 2004
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004180113.X00Im RIS seit
24.06.2004