TE Vfgh Erkenntnis 2000/11/27 B1948/99

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Veröffentlicht am 27.11.2000
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7200 Beschaffung, Vergabe

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auf Grund Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §2 Abs1 lita Tir VergabeG mit E v 27.11.00, G91/00. Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr gegeben.

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid des Landesvergabeamtes Tirol (im folgenden: TVA) vom 19. Oktober 1999, mit dem der Antrag der (nunmehr) beschwerdeführenden Gesellschaft als Bewerber um die Vergabe von Reinigungsarbeiten für verschiedene Landesobjekte auf Feststellung der Rechtswidrigkeit sowohl des Ausscheidens ihres Angebotes als auch der Zuschlagserteilung an andere Mitbewerber für bestimmte Objekte durch die Tiroler Landesregierung abgewiesen wurde.

In der Beschwerde wird die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten wegen denkunmöglicher Gesetzesanwendung, wegen Willkür sowie wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt.

2. Das TVA legte die Verwaltungsakten vor und trat in seiner Gegenschrift den Beschwerdebehauptungen verbunden mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen, entgegen.

3. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 13. Juni 2000 ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der lita des §2 Abs1 des Gesetzes vom 11. Dezember 1997 über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Tirol (Tiroler Vergabegesetz 1998), LGBl. für Tirol 17/1998, ein.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G91/00, sprach er aus, daß diese Bestimmung bis zum Ablauf des 12. September 2000 verfassungswidrig war.

II. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet:

Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über den von der beschwerdeführenden Gesellschaft gestellten Nachprüfungsantrag gründet u.a. auf §2 Abs1 lita (iVm §6) des Tiroler Vergabegesetzes (in der Stammfassung).

Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist das für verfassungswidrig erkannte Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden.

Die belangte Behörde war somit zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig. Ihr Bescheid verletzt die beschwerdeführende Partei daher im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Der Bescheid ist folglich aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG in Höhe von S 2.500,-- und Umsatzsteuer in Höhe von S 4.500,-- enthalten.

III. Diese Entscheidung kann gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B1948.1999

Dokumentnummer

JFT_09998873_99B01948_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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