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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §52 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der K in I, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4. März 2002, Zl. Vd-AR-2002- 2/18/Th, betreffend Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 2. Dezember 2000 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Neufeststellung des Grades der Behinderung, da es zu einer wesentlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes gekommen sei.
Das Bundessozialamt Tirol wies mit Bescheid vom 24. September 2001 diesen Antrag der Beschwerdeführerin gemäß §§ 2 Abs. 1, 3 und 14 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes - BEinstG ab, weil nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Grad der Behinderung nur 40 v.H. betrage.
In der dagegen erhobenen Berufung warf die Beschwerdeführerin der Erstbehörde vor, den Grad der Behinderung wegen Nichtbeachtung von Befunden als zu gering eingeschätzt zu haben.
Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren und holte zur Feststellung des Grades der Behinderung ein amtsärztliches Sachverständigengutachten ein.
Im unfallchirurgischen Gutachten des Dr. C vom 27. Juni 2001, welches dem abschließenden amtsärztlichen Gutachten u.a. als Grundlage diente, wird (zusammenfassend) festgehalten:
"Cervikalsyndrom mit mittelgradiger Funktionseinschränkung sowie radiologischen Veränderungen der HWS; Lumbo-ischialgie ohne wesentliche radiologische Veränderung und Funktionseinschränkung.
RSP 190 20 % (zwanzig Prozent) Belastungsschmerzen an beiden Vorderfüßen bei Zustand nach
beidseitiger Hallux valgus Operation, Belastungsschmerzen am linken Kniegelenk bei Zustand nach medialer Meniskusteilresektion, Sensibilitätsdefizit am linken Mittelfinger radialseitig bei operativ versorgter Schnittwunde am linken Mittelfinger mit konsekutiver Nerventransplantation.
RSP 417 10 % (zehn Prozent)."
Das Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H vom 22. Juli 2001 enthält folgende Beurteilung:
"Bei der Untersuchten besteht ein Zustand nach Implantation eines ventrikuloatrialen Shunts auf Grund einer Liquorzirkulationsstörung im Rahmen eines Hydrozephalus. Die vorliegende Stressinkontinenz muss einerseits im Rahmen der vorangegangenen gynäkologischen operativen Eingriffe als auch in Zusammenhang mit der Liquorzirkulationsstörung interpretiert werden; insgesamt haben sich die neurologischen Beschwerden nach der Ventilimplantation aber deutlich zurückgebildet.
In der heutigen durchgeführten klinischen Untersuchung findet sich kein Herdhinweis; auch die kognitiven Defizite haben sich im Vergleich mit den vorliegenden Befunden gebessert. Im Vordergrund steht derzeit die psychische Symptomatik.
Die von der Untersuchten angegebenen kognitiven Einschränkungen müssen im Rahmen der psychischen Irritation interpretiert werden. Die Untersuchte ist in regelmäßiger psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung.
Bezüglich der angegebenen vertebragenen Beschwerden stehen die cervikogenen und lumbalgiformen Beschwerden im Vordergrund. In den durchgeführten radiologischen Zusatzuntersuchungen zeigen sich degenerative Wirbelsäulenveränderungen; in der klinischen Untersuchung finden sich derzeit keine radikulären Ausfälle, die für eine isolierte Nervenwurzelkompression sprechen würden; elektroneurographisch auch kein Hinweis für eine andere periphere Nervenschädigung im Bereich der oberen Extremitäten. Insgesamt ergibt sich eine Diskrepanz zwischen der vorliegenden klinischen Symptomatik und der subjektiven Befindlichkeit.
Bezüglich der in Vorbefunden angegebenen Migräne hat sich nach der Ventilimplantation eine vollständige Remission ergeben; die Untersuchte berichtet nur mehr über die "normalen Kopfschmerzen"; diesbezüglich ergibt sich keine funktionelle Beeinträchtigung
Bezüglich der Gefühlsstörung im linken Mittelfinger nach einer 1993 erlittenen Schnittverletzung ergibt sich keine funktionelle Beeinträchtigung; ebenso bezüglich der Gefühlsstörung am linken Unterschenkel.
Die bereits 1996 in der farbkodierten Duplexsonographie diagnostizierte beginnende diffuse Gefäßsklerose hat keine funktionellen Auswirkungen; bezüglich der psychischen Verfassung handelt es sich um rezidivierende depressive Episoden; insgesamt mit Hinweis für eine zusätzliche somatoforme Komponente. Es besteht allerdings keine Neurose oder Psychopathie mit dem Krankheitswert einer schweren Psychose, sodass diesbezüglich keine Einstufung entsprechend der Richtsatzverordnung § 7 KOVG möglich ist.
Gesamt GdB/Gesamt MdE
RSP
190:
30
%
RSP
245:
10
%
RSP
2:
20
% "
Ausgehend von den fachärztlichen Gutachten und der Nachuntersuchung der Beschwerdeführerin am 17. Jänner 2002 bewertete der Amtsarzt in seinem Gutachten vom 29. Jänner 2002 den Grad der Behinderung mit 40 v.H. und begründete dies u.a. wie folgt:
"Nach dem jetzigen Untersuchungsbefund vom 17. 1. 2002 ist festzuhalten, dass sich bezüglich der Wirbelsäule entsprechend den vorgelegten Befunden keine relevante Änderung ergeben hat, insbesondere aber keine Änderung hinsichtlich des funktionellen Beeinträchtigungszustandes, welcher nach wie vor als bescheiden anzusprechen ist. Festzuhalten ist jedenfalls, dass sich der radiologische Befund der Abnützungsveränderungen an der Wirbelsäule in den letzten Jahren keineswegs verbessert hat und dieser radiologische Befund primär auch das Maß für die prozentuelle Einschätzung der MdE war. Diese Einschränkung wurde in den Vorgutachten jeweils entsprechend der Richtsatzposition 190 mit 30 % bewertet, sodass auch zum jetzigen Zeitpunkt kein hinreichender Grund gesehen werden kann, diese Beeinträchtigung von Seiten der Wirbelsäule mit einem geringeren Prozentausmaß zu bewerten, wie dies im unfallchirurgischen-fachärztlichen Gutachten des Dr. C vom 27. 6. 2001 getan wurde.
Eine relevante Änderung im Vergleich zu den Vorgutachten hat sich bei K dadurch ergeben, dass auf Grund des bereits früher festgestellten Hydrocephalus, offensichtlich auf Grund der anhaltenden migräneformen Beschwerdesymptomatik, am 10. 2. 2000 eine Ventilimplantation in den Schädel durchgeführt wurde zur Ableitung der Hirnwasserflüssigkeit in die obere Hohlvene. Dieser Eingriff war insofern erfolgreich, als seither die migräneartigen Kopfschmerzen verschwunden sind und nur noch fallweise Kopfschmerzen auftreten, bei vorübergehender Druckerhöhung im Hirnkammernsystem. Damit ergibt sich eine Änderung der Einschätzung der Behinderung insofern, als das früher berücksichtigte Migräneleiden, welches entsprechend Richtsatzposition 561 mit 20% bewertet wurde, in dieser Form nicht mehr vorliegt, andererseits aber der Zustand nach Ventilimplantation mit der Öffnung des Schädels und doch immer wieder auftretende Beschwerden zu berücksichtigen ist, was entsprechend Richtsatzposition 2 mit 20 % bewertet werden kann, wie dies bereits zutreffend im neurologisch-fachärztlichen Gutachten von Frau Dr. H vom 22. 7. 2001 ausgeführt wurde.
Von Frau K werden nach wie vor Beschwerden von Seiten der Hüftgelenke, insbesondere der rechten Hüfte, geltend gemacht, welche durch die funktionelle Untersuchung allerdings in dieser Form nicht nachvollziehbar sind. Auch steht zur radiologischen Beurteilung nur der im Rahmen einer früheren Begutachtung 1995 angefertigte Röntgenbefund, nach welchem wohl gewisse Überlastungszeichen der Hüftgelenke festgestellt werden konnten, allerdings keine Arthroseveränderung im Sinne der Definition. Trotzdem wurde diese Beschwernis bereits in den früheren Gutachten entsprechend Richtsatzposition 96 mit 10 MdE berücksichtigt. Das Untersuchungsergebnis vom 17. 1. 2002 ergibt keinen Grund, von dieser früheren Beurteilung abzugehen.
Bezüglich der von Frau K angegebenen Beschwerden mit der Blasenentleerung sind, auch in Berücksichtigung aller bisher gelegten Befunde, nach wie vor als Stressinkontinenz anzusprechen und so wie bisher entsprechend Richtsatzposition 245 mit 10 % zu bewerten.
Beschwerden von Seiten des Magens und der Speiseröhre werden von Frau K nach wie vor geltend gemacht, wobei diese befundmäßig unterlegt werden mit den chirurgisch fachärztlichen Befunden nach Magenspiegelung. Diese nachvollziehbaren, zumindest fallweisen Beschwerden sind einerseits auf eine mäßiggradig chronische Gastritis mit Schleimhautveränderung zu beziehen, andererseits auf eine Störung der Speiseröhrenperistaltik. Weiter gehende Beeinträchtigungen, insbesondere eine Beeinträchtigung des Gesamt-Ernährungszustandes liegen bei Frau K nicht vor, sodass auch bezüglich dieser Leidenskombination von der früheren Bewertung nicht abgegangen werden kann und nach wie vor eine Einstufung nach Richtsatzposition 347 mit 10 % MdE zutreffend erscheint.
Als ebenfalls vorbekanntes Leiden ist die leichte Obstruktion der Luftwege zu berücksichtigen, welche laut lungenfachärztlichem Befund im Wesentlichen auf eine Allergie auf Katzenhaare zurückzuführen ist und besonders darauf hingewiesen wird, dass Frau K trotz Kenntnis über eine Allergie zu Hause selbst eine Katze hält. Trotzdem ist nach wie vor eine kaum relevante Einschränkung der Lungenfunktion vorliegend, sodass auch nach wie vor von einem leichten chronischen Entzündungszustand ausgegangen werden kann, welcher entsprechend Richtsatzposition 283 mit 10 % MdE bewertet wird.
Seit der letzten Begutachtung 1998 ist bei Frau K auch eine operative Behandlung von Fehlstellungen der Großzehen beiderseits durchgeführt worden, auch eine Teilresektion des medialen Meniskus im linken Kniegelenk im Rahmen eines stationären Aufenthaltes im Sanatorium 1999. Nach dem Untersuchungsbefund vom 17. 1. 2002 ist eine freie Beweglichkeit des linken Kniegelenkes und auch eine freie Funktion des Vorderfußes beiderseits festzuhalten, ist auch keinerlei Gangstörung gegeben und ergaben sich keinerlei morphologische Hinweise für eine gegebenenfalls verminderte Belastbarkeit des linken Beins, sodass die diesbezüglich von einer in Prozenten ausdrückbaren und somit berücksichtigungswürdigen Behinderung nicht ausgegangen werden kann. Der im Rahmen der Befundaufnahme angesprochene Fersensporn links ist weder befundmäßig belegt noch ergeben sich bei der Befundaufnahme am 17. 1. 2002 auch nur geringe Hinweise für eine diesbezüglich verursachte funktionelle Einschränkung, sodass eine Wertung dieser behaupteten Beschwernis nicht möglich ist.
Frau K macht ebenfalls Schmerzen von Seiten der Brust geltend, im Sinne einer Mastopathie, kann dies befundmäßig aber in keiner Weise belegen. Auch diese Beschwernis ist, so sie vorhanden ist, keine dauernde und anhaltende, sondern eine fallweise auftretende, sodass dieser Zustand auch nicht als eine Behinderung im Sinne eines Dauerzustandes angesprochen werden könnte.
Weiters werden von Frau K noch Beschwerden von Seiten der Hände und auch der Schulter ins Treffen geführt, welche keine eigenständige Behinderung darstellen, sondern im Zusammenhang mit den abnützungsbedingten Veränderungen der Halswirbelsäule zu sehen und in dieser Position mit 30 % Behinderung bereits inkludiert sind.
Im Vorgutachten von Frau Dr. H vom 22. 7. 2001 wird auch die psychische Irritation der Berufungswerberin angesprochen und ihre psychische Verfassung als rezidivierende depressive Episoden diagnostisch angesprochen. Ausgeführt wurde ferner, dass keine Neurosen oder Psychopathien mit dem Krankheitswert einer schweren Psychose bestehen, sodass diesbezüglich keine Einstufung entsprechend der Richtsatzverordnung möglich wäre. Diese Feststellung ist auch von hier aus zu bestätigen, da nur Neurosen und Psychopathien mit dem Krankheitswert einer schweren Psychose, eingestuft auf Grund stationärer klinischer Untersuchung, bewertet werden können, und alle übrigen Neurosen und Psychopathien mit 0 % zu bewerten sind.
Entsprechend der gültigen Verordnung über die Richtsätze für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Vorschriften des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung des Grades der Behinderung zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Dies sind im gegenständlichen Fall die festgestellten Veränderungen der Wirbelsäule mit röntgenologisch nachweisbaren geringgradigen Veränderungen und geringgradiger Funktionseinschränkung, welche entsprechend Richtsatzposition 190 mit 30 % MdE bewertet wurden. Sodann ist zu prüfen, ob und wie weit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Gesamtleidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt. Unter Berücksichtigung dieser Prämissen ist der Zustand nach Ventilimplantation bei Hydrocephalus internus zunächst zu berücksichtigen und bewirkt damit eine Erhöhung der Gesamt MdE um eine Stufe.
Alle übrigen geltend gemachten Behinderungen wie Hüftbeschwerden, Stressinkontinenz, Störung der Speiseröhrenperistaltik, mäßig chronische Gastritis, leichte Obstruktion der Luftwege, Zustand nach Meniskusteilresektion links und Zustand nach Großzehenoperation beidseits, Fersensporn links, Brustschmerzen und rezidivierende depressive Episoden bewirken keine anhaltende wertbare Einschränkung der Beeinträchtigung des gewöhnlichen Tagesablaufes oder der beruflichen Tätigkeit, welche über eine fallweise, kurzzeitige und vorübergehende Befindlichkeitsstörung, wie sie auch völlig gesunde Personen immer wieder treffen kann, hinausgeht und deshalb auch im Zusammenwirken mit den Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule und dem Zustand nach Ventiloperation bei Hydrocephalus keine medizinisch wertbare zusätzliche Beeinträchtigung darstellt und deshalb auch bei der Gesamtbeurteilung gutachterlich nicht berücksichtigungsfähig ist.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass bei Frau K das Ausmaß der Gesamtbehinderung nach wie vor mit 40 von 100 auszumessen ist."
Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht. Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin dazu ist nicht aktenkundig.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin nicht zum Kreis der begünstigten Behinderten gehört und der Grad der Behinderung 40 v.H. beträgt. Ihre Bewertung stützte die belangte Behörde auf das Gutachten des Amtsarztes vom 29. Jänner 2002, welches als Beilage ausdrücklich zum Bestandteil der Begründung des angefochtenen Bescheides erklärt worden ist.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des BEinstG (in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2001) lauten wie folgt:
"Personenkreis
§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ...
Behinderung
§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder psychischen Zustand beruht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
...
Feststellung der Begünstigung
§ 14 ...
(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Behinderten das örtlich zuständig Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung (Abs. 3) festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152 anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim örtlich zuständigen Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monats, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.
...
Übergangsbestimmungen
§ 27 (1) Bis zum Inkrafttreten der Verordnung gemäß § 14 Abs. 3 sind für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
..."
Da eine Verordnung gemäß § 14 Abs. 3 BEinstG noch nicht erlassen wurde, hat die belangte Behörde zu Recht die auf Grund des § 7 Abs. 2 des Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 ergangene Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150, über die Richtsätze für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Vorschriften des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 und die in der Anlage zu dieser Verordnung genannten Richtsätze herangezogen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2001, Zl. 2000/11/0191).
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, das Sachverständigengutachten sei nicht begründet. Der Sachverständige führe nicht an, warum die Leiden der Beschwerdeführerin wie Hüftbeschwerden, Stressinkontinenz, Störung der Speiseröhrenperistaltik, mäßig chronische Gastritis, leichte Obstruktion der Luftwege, Zustand nach Meniskusteilresektion links und Zustand nach Großzehenoperation beidseits, Fersensporn links, Brustschmerzen und rezidivierende depressive Episoden keine medizinisch verwertbaren zusätzlichen Beeinträchtigungen darstellen und warum diese Leiden bei der Gesamtbeurteilung gutachterlich nicht berücksichtigungsfähig seien.
Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Der Beschwerdeführerin ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Gesamteinschätzung mehrer Leidenszustände, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, nicht im Wege der Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze zu erfolgen hat, sondern bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen ist, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht und dann zu prüfen ist, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit gerechtfertigt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. August 2003, Zl. 2002/11/0071). Ferner steht es dem Antragsteller - wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2000, Zl. 2000/11/0093, -
frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften zu versuchen.
Der von der belangten Behörde beigezogene Sachverständige ist in seinen Gutachten auf die in der Beschwerde genannten Leidenszustände einzeln eingegangen, hat sie bewertet und zusammenfassend festgestellt, dass die damit geltend gemachten Behinderungen keine anhaltende wertbare "Einschränkung der Beeinträchtigung" des gewöhnlichen Tagesablaufes oder der beruflichen Tätigkeit bewirken, welche über eine fallweise, kurzzeitige und vorübergehende Befindlichkeitsstörung, wie sie auch völlig gesunde Personen immer wieder treffen kann, hinausgeht, daher auch im Zusammenhang mit den Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule und dem Zustand nach Ventiloperation bei Hydrocephalus keine medizinisch wertbare zusätzliche Beeinträchtigung darstellen und deshalb auch bei der Gesamtbeurteilung gutachterlich nicht berücksichtigungsfähig sind. Der Amtssachverständige hat als Grundlage seiner Beurteilung auch die vorliegenden ärztlichen Befunde bzw. Gutachten berücksichtigt.
Die Beschwerdeführerin hatte Gelegenheit, diese ausführlich begründeten Ausführungen des Sachverständigen in geeigneter Weise, etwa mit einem von ihr selbst in Auftrag gegebenen Gutachten zu widerlegen. Dies hat sie jedoch unterlassen. Weder auf Grund der Beschwerdeausführungen noch sonst auf Grund des Inhaltes der Verwaltungsakten ergeben sich für den Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen das amtsärztliche Sachverständigengutachten. Damit trifft die Beurteilung der belangten Behörde, es seien die Voraussetzungen für die Feststellung der Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zum Kreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 Abs. 1 BEinstG nicht gegeben, zu.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Mai 2004
Schlagworte
Amtssachverständiger der Behörde beigegeben Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Begründung hinsichtlich einander widersprechender BeweisergebnisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002110167.X00Im RIS seit
02.07.2004