TE Vfgh Beschluss 2000/11/27 B2074/98 ua

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Veröffentlicht am 27.11.2000
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

ASVG §110 Abs1 Z2 lita
VfGG §17 Abs2
VfGG §17a
ZPO §30 ff
ZPO §63 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung einer Eingabe betreffend Nichtigerklärung eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs und Beigebung eines Verfahrenshelfers in diesem Beschwerdeverfahren als unzulässig; Zurückweisung des Antrags auf Befreiung von der Eingabegebühr mangels eines tauglichen Gegenstandes infolge Gebührenbefreiung eines Verfahrens vor der Landes- bzw Bundesschiedskommission sowie des darauffolgenden Beschwerdeverfahrens vor dem VfGH gemäß ASVG

Spruch

Die Eingabe wird, soweit sie die "Nichtigerklärung" des hg. Erkenntnisses vom 14. Juni 2000, B2074/98, und die Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe im genannten Beschwerdeverfahren anstrebt, zurückgewiesen.

Der Antrag auf Befreiung von der Eingabegebühr im Verfahren B2074/98 wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Einschreiter wendet sich mit einem als Beschwerde überschriebenen selbstverfaßten Schriftsatz gegen das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Juni 2000, B2074/98, mit dem die Beschwerde des Einschreiters gegen einen Bescheid der Bundesschiedskommission als unbegründet abgewiesen worden war.

Begründend bringt er vor, daß er im damaligen Verfahren - nach Einbringung eines formlosen und nicht belegten Antrages auf Verfahrenshilfe am 5. November 1998 und nach darauffolgender Einbringung einer Beschwerde durch eine frei gewählte Rechtsanwältin am letzten Tag der ursprünglichen Beschwerdefrist, eingelangt am 9. November 1998 - vom Verfassungsgerichtshof aufgefordert worden sei, dazu Stellung zu nehmen, ob der Verfahrenshilfeantrag gegenstandslos sei. Er habe den Gerichtshof mit Schreiben vom 14. Feber 1999 "um (eine) Aussprache zur Erörterung des Problems gebeten(,) um zu entscheiden, ob ich den Antrag zurückziehe". Da "diese Aussprache" oder "irgend eine diesbezügliche Entscheidung (...) bisher nicht erfolgt" sei, gelte der Verfahrenshilfeantrag noch als aufrecht. Somit gelte die von der frei gewählten Rechtsanwältin eingebrachte Beschwerde "als nicht autorisiert und dementsprechend gegenstandslos", woraus sich "automatisch" ergebe, daß die vom Verfassungsgerichtshof getroffene Entscheidung "keine Rechtskraft" habe. Er beantrage die Nichtigerklärung der getroffenen Entscheidung und die Behandlung des Verfahrenshilfeantrages.

2. Die Anträge sind unzulässig:

2.1. Gegen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs ist kein Rechtsmittel zulässig (zB VfSlg. 11.216/1987, 11.355/1987, 11.798/1988); vielmehr sind diese Entscheidungen - abgesehen von den Fällen der Wiederaufnahme des Verfahrens und der hier nicht in Betracht kommenden Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§33 und 34 VerfGG) - endgültig.

2.2. Für die Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG besteht gemäß §17 Abs2 VerfGG 1953 Anwaltspflicht. Soweit das VerfGG 1953 keine näheren Bestimmungen enthält, sind die Bestimmungen der ZPO anzuwenden (§35 Abs1 VerfGG 1953) - so auch hinsichtlich der Prozeßvollmacht.

§31 Abs1 Z1 ZPO ermächtigt einen bevollmächtigten Rechtsanwalt zur Anbringung der Klage (somit im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zur Beschwerdeeinbringung). Die einem Rechtsanwalt erteilte Prozeßvollmacht hat (ua.) diesen gesetzlichen Umfang; eine Beschränkung der Prozeßvollmacht in diesem Umfang ist ohne jede Wirkung (§32 ZPO). Der Einschreiter behauptet auch nicht, daß die im Verfahren zu B2074/98 eingeschrittene Rechtsanwältin über keine Prozeßvollmacht verfügt habe, auf die sie sich gemäß §30 Abs2 ZPO berufen konnte und auch berufen hat.

Von dieser grundsätzlich nach außen nicht beschränkbaren Prozeßvollmacht ist das Innenverhältnis zwischen dem die Vollmacht Erteilenden und dem Bevollmächtigten zu unterscheiden, in dessen Rahmen es denkbar ist, daß das Einschreiten des Bevollmächtigten ungeachtet der erteilten Prozeßvollmacht erst nach Erfüllung von weiteren Bedingungen, insbesondere von Stellungnahmen oder einer besonderen Zustimmung der die Vollmacht erteilenden Partei zulässig sein sollte. Solche Beschränkungen der Vollmacht entfalten jedoch nach außen hin keine Wirkung.

2.3. Abgesehen davon bewirkt die Rechtskraft des Erkenntnisses vom 14. Juni 2000, B2074/98, auch eine Bindung in der (als Prozeßvoraussetzung vorweg zu beurteilenden) Frage, ob der Beschwerdeführer überhaupt eine formell wirksame (dh unter anderem rechtzeitige und anwaltlich gefertigte) Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof erhoben hat. Wiederaufnahmsgründe werden vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. Mit der fristgerechten Beschwerdeerhebung durch einen gewählten Parteienvertreter erweist sich aber auch der Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenshilfe als überholt und daher gegenstandslos.

3. Die nunmehrige Eingabe war daher - soweit sie die Nichtigerklärung des mehrfach genannten Erkenntnisses und in Erledigung des zu B2074/98 gestellten Verfahrenshilfeantrages die Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe anstrebt - als unzulässig zurückzuweisen.

4. Soweit der Verfahrenshilfeantrag zu B2074/98 auch als Antrag auf Befreiung von der Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG 1953 anzusehen ist, ist er durch die Einbringung einer Beschwerde mittels eines frei gewählten Rechtsanwaltes nicht gegenstandslos geworden. Insoweit ist dieser Antrag - wie dem Einschreiter im Ergebnis beizupflichten ist - formell noch unerledigt. Dieser Antrag ist jedoch ebenfalls zurückzuweisen, weil nicht nur das Verfahren vor der Landes- bzw. Bundesschiedskommission, sondern auch ein allfälliges darauf folgendes Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß §110 Abs1 Z2 lita ASVG von jeglichen Gebühren befreit ist, sodaß es dem Antrag auf Gebührenbefreiung im Rahmen der Verfahrenshilfe insoweit an einem tauglichen Gegenstand fehlt. Die Zurückweisung dieses Teils des Antrages auf Verfahrenshilfe vom 5. November 1998 war daher unter einem nachzuholen.

5. Dies konnte ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953).

Schlagworte

Rechtskraft, VfGH / Anwaltszwang, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Kosten, VfGH / Prozeßvollmacht, VfGH / Sachentscheidung Wirkung, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B2074.1998

Dokumentnummer

JFT_09998873_98B02074_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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