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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
HGG 2001 §31 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. Ingrid Schaffernack und Dr. Georg Prchlik, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Kärntnerring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 1. August 2002, GZ. 826.481/1-2.1/02, betreffend Wohnkostenbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. März 2002 auf Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe für die erforderliche Beibehaltung einer näher bezeichneten Wohnung in Wien gemäß § 31 Abs. 1 Heeresgebührengesetz 2001 (HGG 2001) abgewiesen und ausgesprochen, dass kein Härteausgleich gewährt werde.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 2. April 2002 den Grundwehrdienst angetreten. Der Einberufungsbefehl sei ihm am 1. Februar 2002 zugestellt worden. Er habe die Wohnung, für welche nunmehr Wohnkostenbeihilfe begehrt werde, gemietet. Als "voraussichtlicher Mietbeginn" werde im Mietvertrag der 1. März 2002 angeführt. Der Vormieter, dem bezüglich der Weitergabe der Mietwohnung an einen Nachmieter ein Vorschlagsrecht gegenüber dem Vermieter zukomme, habe mit Schreiben vom 16. Februar 2002 bestätigt, dass sich der Beschwerdeführer im Dezember 2001 um die Wohnung beworben habe und als voraussichtlicher Übergabetermin der 1. März 2002 vereinbart worden sei. Der Vermieter habe dem Beschwerdeführer betreffend die Vermietung der gegenständlichen Wohnung am 14. Februar 2002 eine "fixe Zusage" gegeben. Der Vormieter habe sich am 26. Februar 2002 von dort abgemeldet; der Beschwerdeführer habe sich am 19. März 2002 an der verfahrensgegenständlichen Adresse angemeldet. Davor habe der Beschwerdeführer über keine eigene Wohnung verfügt. Er habe vorübergehend bei einem guten Freund kostenlos gewohnt.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, da das Mietverhältnis betreffend die verfahrensgegenständliche Wohnung mit 1. März, also nach Zustellung des Einberufungsbefehles, begonnen habe, sei gemäß § 31 Abs. 1 Z. 2 HGG 2001 zu prüfen gewesen, ob der Erwerb der Wohnung (Anmietung) nachweislich vor dem entscheidungsrelevanten Zeitpunkt (Einberufung) eingeleitet worden sei. Eine zumindest einseitige Bindung seitens des Mieters oder des Vermieters stelle einen Mindeststandard hinsichtlich einer nachweislichen Einleitung des Erwerbs einer Wohnung dar. Das Bemühen, Anfragen und Erkundigen über die Möglichkeit einer Wohnungsübernahme entspräche diesem Mindeststandard nicht. Die Bestätigung des Vormieters über die Bewerbung um die Wohnung sei kein entsprechender Nachweis, weil damit noch keine bindende Zusage zum Abschluss eines Mietvertrages seitens des Vermieters oder Mieters vorgelegen sei. Eine fixe Zusage des Vermieters sei erst am 14. Februar 2002 erfolgt. Eine besondere Härte im Sinne des § 56 Abs. 2 HGG 2001 liege nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. Februar 2003, B 1441/02-7, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Gewährung von Wohnkostenbeihilfe verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Folgende Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes 2001, BGBl. I Nr. 31/2001, (in der Folge: HGG 2001) sind im Beschwerdefall von Bedeutung:
"§ 31. (1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind Anspruchsberechtigten jene Kosten abzugelten, die ihnen nachweislich während des Wehrdienstes für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung entstehen, in der sie nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet sind. Dabei gilt Folgendes:
1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte bereits zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Einberufung gegen Entgelt gewohnt hat.
2. Wurde der Erwerb einer Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt nach Z 1 eingeleitet, so besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Wohnung erst nach diesem Zeitpunkt bezogen wird.
3. Hat der Anspruchsberechtigte nach dem Zeitpunkt nach Z 1 eine andere eigene Wohnung bezogen und sich in dieser Wohnung gemeldet, so gebühren, sofern nicht Z 2 anzuwenden ist, an Stelle der Kosten für diese Wohnung die ehemaligen Kosten jener eigenen Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte zu diesem Zeitpunkt gewohnt hat.
4. Ein Anspruch besteht auch dann, wenn das Nutzungsrecht des Anspruchsberechtigten an der Wohnung erst nach dem Zeitpunkt nach
Z 1 durch Eintritt in den Mietvertrag nach § 14 Abs. 2 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl. Nr. 520/1981, oder sonstigen Übergang von Todes wegen oder auf Grund einer Ehescheidung entstanden ist.
(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten, die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Anspruchsberechtigte einen selbständigen Haushalt führt. Gehören die Räumlichkeiten zu einem Wohnungsverband, so müssen sie eine selbständige Benützbarkeit ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen gewährleisten."
Der Beschwerdeführer trägt vor, Schutzzweck der Regelung des § 31 Abs. 1 Z. 2 HGG 2001 sei die Verhinderung von Scheinkonstruktionen zum Nachteil des Bundes. Er habe nicht versucht, das Gesetz zu umgehen. Zum Zeitpunkt seiner Einberufung habe er keine eigene Wohnung gehabt. Die vorübergehende Unterkunftnahme in der Wohnung seines Freundes nach seiner Scheidung könne nicht als zumutbare Dauerlösung angesehen werden. Daher habe er sich bereits zu einem Zeitpunkt, als von seiner Einberufung noch keine Rede gewesen sei, nach einer dauerhaften leistbaren Wohnung umgesehen. Bereits im Dezember 2001 habe er entsprechende Schritte zum Erwerb der Wohnung gesetzt. Die fixe Zusage der Hausverwaltung erst am 14. Februar 2002 könne nicht dem Beschwerdeführer angelastet werden, weil dies nicht in seiner Sphäre gelegen war. Schon die Vereinbarung mit dem Vormieter sei als Einleitungshandlung zu werten.
Im Hinblick auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer die gemietete Wohnung erst nach der Zustellung des Einberufungsbefehles (siehe § 23 Abs. 3 Z. 1 HGG) bezogen hat, ist im Beschwerdefall von entscheidender Bedeutung, ob der Erwerb dieser Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles eingeleitet worden war und sich der Beschwerdeführer demnach erfolgreich auf § 31 Abs. 1 Z. 2 HGG 2001 berufen kann.
Die belangte Behörde hat unter Bezugnahme auf die hg. Erkenntnisse vom 19. März 1997, Zl. 96/11/0148, und vom 11. Juli 2000, Zl. 2000/11/0164, zutreffend darauf verwiesen, dass informative Gespräche oder ein unverbindliches, nicht konkretisiertes In-Aussicht-Stellen eines späteren Vertragsabschlusses ohne Bindung wenigstens eines Verhandlungspartners mangels jeglicher Rechtswirkungen keine Einleitung des Erwerbes einer bestimmten Wohnung darstellen. Die einem Wohnungsinteressenten von einem Vormieter gegebene Zusage, ihn dem Vermieter als Nachmieter vorzuschlagen, erfüllt diese an die Einleitung des Erwerbes einer bestimmten Wohnung gestellten Voraussetzungen jedenfalls dann nicht, wenn ihm - wie im Beschwerdefall - untersagt ist, die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag zu übertragen. Es ist jedoch der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung entgegen zu treten, erst mit der "fixen Zusage" (des Abschlusses eines Mietvertrages) an den Beschwerdeführer am 14. Februar 2002 sei der Erwerb der Wohnung nachweislich eingeleitet worden. Für die nachweisliche Einleitung des Erwerbs einer Mietwohnung im Sinne des § 31 Abs. 1 Z. 2 HGG 2001 reicht es nämlich, dass sich der spätere Mieter ernsthaft für die Wohnung interessiert und gegenüber dem Vermieter die bindende Erklärung zum Abschluss des - in der Folge auch zustande gekommenen - Mietvertrages abgibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1997, Zl. 96/11/0148).
Im Beschwerdefall ist daher entscheidend, wann der Beschwerdeführer erstmals dem Vermieter gegenüber nachweislich - d. h. insbesondere durch schriftliche oder mündliche Bestätigung seitens des Vermieters oder seiner Bediensteten (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 98/11/0299) - verbindlich erklärt hat, die verfahrensgegenständliche Wohnung mieten zu wollen. Erst wenn fest steht, wann der Beschwerdeführer eine entsprechende, seinen Bindungswillen zum Ausdruck bringende Offerte abgegeben hat, kann beurteilt werden, ob der Erwerb dieser Mietwohnung vor der Wirksamkeit der Einberufung erfolgt ist.
Da die belangte Behörde ausgehend von ihrer als unzutreffend erkannten Rechtsansicht diesbezügliche Ermittlungen unterlassen hat und im angefochtenen Bescheid daher entscheidungswesentliche Feststellungen fehlen, ist der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Mai 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003110053.X00Im RIS seit
05.07.2004