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L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung eines Antrags auf Nachprüfung eines Vergabeverfahrens; ausreichende Bescheidbegründung; keine gemeinschaftsrechtswidrige Gesetzesanwendung; ausreichende Wahrung des Anscheins der Unabhängigkeit des entscheidenden VergabekontrollsenatesSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Magistrat der Stadt Wien, Wiener Krankenanstaltenverbund, hat in Regie zu erbringende Reinigungsarbeiten im Rahmen eines offenen Verfahrens zur Vergabe ausgeschrieben. Die Kundmachung erfolgte sowohl im Amtsblatt der Stadt Wien als auch im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. Nach den Ausschreibungsunterlagen hat sich die Auftraggeberin vorbehalten, die ausgeschriebenen Leistungen in Teilen zu vergeben. In der Folge wurden die Reinigungsleistungen auch differenziert nach Regiestunden im allgemeinen Bereich als Obergruppe 01 und nach Regiestunden im OP-Bereich als Obergruppe 02 ausgeschrieben. Die beschwerdeführende Gesellschaft hat sich am Vergabeverfahren beteiligt und ein Angebot für beide Reinigungsbereiche gelegt. Die Angebotsöffnung fand am 28. Oktober 1999 statt.
Am 10. Dezember 1999 wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft per Fax mitgeteilt, daß vorgesehen sei, die Reinigung im OP-Bereich an die beschwerdeführende Gesellschaft, die Reinigung im allgemeinen Bereich aber an eine Mitbewerberin zu vergeben.
Am 26. Dezember 1999 beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens beim Vergabekontrollsenat beim Amt der Wiener Landesregierung (in der Folge: VKS) und stellte den Antrag, "die Zuschlagserteilung der Antragsgegnerin (Auftraggeberin) dahingehend abzuändern, daß der gesamte Auftrag der Antragstellerin zugeschlagen werde oder die Zuschlagserteilung an die (erfolgreiche Bieterin) als nichtig aufgehoben werde".
Mit Bescheid vom 28. Jänner 2000, ZVKS-S 662/99, wies der VKS diesen Antrag ab.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird.
3. Der VKS erstattete eine Gegenschrift, in der er den Beschwerdebehauptungen entgegentrat und beantragte, der Verfassungsgerichtshof möge erkennen, daß die beschwerdeführende Gesellschaft weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch durch Anwendung einer verfassungswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden sei. Auf diese Gegenschrift hat die beschwerdeführende Gesellschaft repliziert und ist den Ausführungen des VKS entgegengetreten.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde, in der ausschließlich Fragen des richtigen Vollzugs gerügt werden, erwogen:
1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.337/1985, 11.436/1987).
2. Die beschwerdeführende Gesellschaft wirft dem VKS gehäuftes Verkennen der Rechtslage sowie willkürliches Verhalten insofern vor, als er sich mit den von ihr vorgebrachten Einwänden nicht ausreichend auseinandergesetzt habe: Insbesondere habe er bei der von ihm vorgenommenen rechtlichen Würdigung des Vergabesachverhaltes unzulässigerweise Regie- und Einheitspreis gleichgesetzt und nicht ausreichend berücksichtigt, daß die vergebende Stelle in rechtswidriger Weise von der Ausschreibung zugunsten des erfolgreichen Bieters abgewichen sei und bei der Beurteilung der fachlichen und wirtschaftlichen Zuverlässigkeit sowie hinsichtlich des Nachweises der Eignungskriterien diesen in mehrerer Hinsicht bevorzugt habe. Das ihrer Ansicht nach zwingend notwendige Ausscheiden des erfolgreichen Bieters sei nicht entsprechend berücksichtigt worden, genauso wie der Umstand, daß Teilpreise rechtswidrigerweise nicht verlesen worden seien. Zu Unrecht habe die belangte Behörde zudem die von den Bietern angebotenen Preise als gleichwertig angesehen und mit dieser - unzutreffenden - Begründung das Erfordernis einer vertieften Prüfung des Angebotes der erfolgreichen Bieterin negiert.
Mit diesen und anderen in der Beschwerde weitläufig behaupteten Rechtswidrigkeiten habe sich der VKS nicht ausreichend auseinandergesetzt und sei deshalb "willkürlich" vorgegangen. Die Bestimmungen der §§43 Abs3, 44 Abs4 WrLVergG erschienen der beschwerdeführenden Gesellschaft unter dem Blickwinkel des Art18 Abs1 B-VG zudem verfassungswidrig, was freilich nicht näher substantiiert wird.
3. Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Bestimmungen des WrLVergG sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlaß dieses Verfahrens nicht entstanden; insbesondere kann von einer mangelhaften Determinierung der in der Beschwerde genannten Bestimmungen nicht die Rede sein. Mit den in der Beschwerde weiters erhobenen Vorwürfen werden keine in die Verfassungssphäre reichende Fehler geltend gemacht; eine verfassungswidrige Gesetzesanwendung kann dem VKS nicht vorgeworfen werden: Die Behörde hat ihre Entscheidungen - wie aus dem Bescheid hervorgeht - plausibel und nachvollziehbar begründet und diese weder leichtfertig getroffen noch sonst Willkür geübt. Ob das Verfahren in jeder Hinsicht rechtmäßig geführt wurde und die materiell-vergaberechtlichen Fragen mitsamt rechtsrichtig geklärt wurden, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen; und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen einen Bescheid des VKS - einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG - richtet, der beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 10.565/1985, 10.659/1985, 12.697/1991).
4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, daß die beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Bescheidbegründung, EU-Recht, VergabewesenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B613.2000Dokumentnummer
JFT_09998873_00B00613_00