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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §36 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des DDr. G in S, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 27. August 2001, Zl. 121.909/2- 7/2001, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG sowie Rückerstattung von Beiträgen (mitbeteiligte Parteien:
1. Salzburger Gebietskrankenkasse, Faberstraße 19-23, 5024 Salzburg; 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1021 Wien; 3. Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien; 4. Universität Salzburg, Kapitelgasse 4, 5020 Salzburg), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2000 erhob der Beschwerdeführer eine zur hg. Zl. 2000/08/0219 protokollierte Säumnisbeschwerde. Darin brachte er vor, er habe am 31. Oktober 1996 bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse einen Antrag auf Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen gestellt, den diese mit Bescheid vom 16. September 1997 abgewiesen habe. Über den gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch habe der Landeshauptmann von Salzburg nicht entschieden. Die im Devolutionswege zuständig gewordene belangte Behörde habe ebenfalls innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung getroffen.
Mit Verfügung vom 8. Jänner 2001 wurde der belangten Behörde aufgetragen, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Dieser Beschluss wurde der belangten Behörde am 16. Jänner 2001 zugestellt.
Mit Bescheid vom 27. August 2001 hat die belangte Behörde über den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse entschieden; der Verwaltungsgerichtshof hat daraufhin das Verfahren wegen Nachholung des versäumten Bescheides mit Beschluss vom 22. Oktober 2001 eingestellt.
In der vorliegenden Beschwerde gegen den Bescheid vom 27. August 2001 wird unter anderem Unzuständigkeit der belangten Behörde im Hinblick darauf geltend gemacht, dass deren Zuständigkeit zur Erlassung des Bescheides infolge Versäumung der vom Verwaltungsgerichtshof für die Nachholung des Bescheides gesetzten Frist auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm - ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt und die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt - von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und teilte in dem Vorlageschreiben mit, dass der Verwaltungsgerichtshof eine Verlängerung der Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides bis Ende August gewährt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die Frist kann unter bestimmten Voraussetzungen einmal verlängert werden. Nach dem dritten Satz der zitierten Vorschrift in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 88/1997 ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen, wenn der Bescheid erlassen wird oder vor Einleitung des Vorverfahrens erlassen wurde.
Die belangte Behörde bleibt zur Nachholung des versäumten Bescheides bis zum Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist zuständig, verliert diese Zuständigkeit aber mit Ablauf der Frist. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof im Säumnisbeschwerdeverfahren gesetzten Frist erlassen; dass diese Frist verlängert worden wäre, ist weder den Verwaltungsakten noch dem genannten verwaltungsgerichtlichen Akt zu entnehmen. Die belangte Behörde war daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unzuständig.
Diese Unzuständigkeit ist vom Verwaltungsgerichtshof im Bescheidbeschwerdeverfahren (nur) aufzugreifen, wenn sie in der Beschwerde ausdrücklich geltend gemacht wird. Dies ist hier der Fall; der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (vgl. hiezu z.B. das Erkenntnis vom 24. April 2002, Zl. 2001/12/0257, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003. Wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) war das auf den Ersatz von Pauschalgebühren gerichtete Begehren abzuweisen.
Wien, am 26. Mai 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001080165.X00Im RIS seit
02.07.2004