Norm
ABGB §879 BIIiRechtssatz
Bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit rechtsgeschäftlicher Haftungserklärungen volljähriger Familienangehöriger ohne jedes oder jedenfalls ohne zulängliches Einkommen und Vermögen hat das Gericht eine auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezogene Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind bei der Abwägung der für und gegen die Sittenwidrigkeit sprechenden Umstände neben der konkreten vertraglichen Ausgestaltung der Mithaftung einschließlich der absoluten Höhe der eingegangenen Verpflichtung etwa das Abdingen bürgschaftsrechtlicher Schutzvorschriften, das Fehlen einer betragsmäßigen Haftungsbegrenzung bzw damit die fehlende Überschaubarkeit des Risikos überhaupt oder eine hoffnungslose Überschuldung des Hauptschuldners, in der Person des gutstehenden Angehörigen liegende Umstände wie die Verharmlosung der Tragweite oder des Risikos der Verpflichtung durch einen Angestellten der Bank, die Überrumpelung des Angehörigen oder die Ausnutzung einer seelischen Zwangslage, die sich aus der gefühlsmäßigen Bindung zum Kreditnehmer oder der wirtschaftlichen Abhängigkeit von ihm ergibt und ebenso auch die geschäftliche Unerfahrenheit.
Entscheidungstexte
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1995:RS0048309Im RIS seit
15.06.1997Zuletzt aktualisiert am
21.03.2018