TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/27 2003/03/0253

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Veröffentlicht am 27.05.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des WR in B, vertreten durch Schlick & Steinhofer, Rechtsanwälte KEG in 8010 Graz, Wielandgasse 2/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 19. August 2003, Zl. UVS 30.7-26,27/2003-8, betreffend Übertretungen des Führerscheingesetzes und des Kraftfahrgesetzes 1967,

1. den Beschluss gefasst:

Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung betreffend Punkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen wurde, gemäß § 33a VwGG abgelehnt;

2. zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird im Übrigen als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 4. März 2003 wurde dem Beschwerdeführer in Punkt 1. zur Last gelegt, er habe am 29. Dezember 2001 um 05.21 Uhr als Lenker eines nach dem amtlichen Kennzeichen bestimmten Fahrzeuges in S. auf der L 315, Straßenkilometer 0,2, in Richtung Berndorf fahrend folgende

Verwaltungsübertretungen begangen:

"Sie waren nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung der betreffenden Klasse oder Unterklasse, da

Ihnen diese mit Bescheid entzogen wurde. Behörde: BH Graz-Umgebung, Bescheid vom 15. 10. 2001, ... ."

Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 37 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 3 FSG verletzt. In Punkt 2. wurde dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung gemäß § 102 Abs. 5 lit. b KFG zur Last gelegt.

Es wurde über ihn zu Punkt 1. gemäß § 37 Abs. 4 Z. 1 FSG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 727,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit 14 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und zu Punkt 2. gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 21,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit 15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung wurde im Hinblick auf die Verwaltungsübertretung gemäß Punkt 1. im Wesentlichen damit begründet, die Gendarmeriebeamten L. und D. hätten auf der Streife das Fahrzeug anhand des Kennzeichens als jenes erkannt, mit dem der Beschwerdeführer immer wieder ohne Lenkberechtigung unterwegs gewesen sei. Die Beamten hätten das Fahrzeug verfolgt, hätten es überholt und es auf der L 315 im Ortsgebiet auf der Höhe Strkm 0,2 aufgehalten. Die Beamten seien ausgestiegen, zu dem Fahrzeug gegangen und hätten den Beschwerdeführer am Steuer sitzen sehen. Der Beamte L. habe den Beschwerdeführer gefragt, ob er es auch diesmal abstreiten werde, gefahren zu sein, was dieser mit dem Satz beantwortet habe, heute sei er gefahren. Der Beschwerdeführer sei von der Anzeige in Kenntnis gesetzt worden und habe sein Fahrzeug vor Ort abgestellt.

Der Beschwerdeführer habe die Ereignisse völlig anders geschildert. Er habe angegeben, dass er sein Fahrzeug seinem Freund K.S., bei dem er damals gewohnt habe, zum Lenken überlassen hätte. Auch am Tattag, dem 29. Dezember 2001, sei nicht er, sondern K.S. am Steuer gesessen. Dieser wiederum habe in seiner Einvernahme die Aussage des Beschwerdeführers vollinhaltlich bestätigt und angegeben, dass er von einem der Beamten kontrolliert worden sei. Die damalige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers A.S. habe in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass ihr der Beschwerdeführer von der Angelegenheit erzählt und gesagt habe, dass er seinen Freund K.S. als Lenker namhaft machen werde. Während die Aussagen der beiden Beamten sowie der damaligen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers überzeugend und glaubwürdig gewesen seien, wäre die Aussage des K.S. unglaubwürdig und als mit dem Beschwerdeführer abgesprochen erschienen, getragen von dem Vorsatz, den Beschwerdeführer zu entlasten.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es werde prinzipiell einem Beamten mehr Glauben geschenkt, hielt die belangte Behörde entgegen, die Strafdrohung des § 289 StGB sei so gravierend, dass es wohl gewichtiger Interessen an einem bestimmten Verfahrensausgang bedürfe, um sich durch eine falsche Aussage der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung auszusetzen. Lägen keine Anhaltspunkte für derartige Interessen vor, so könne davon ausgegangen werden, dass die Angaben des Anzeigers oder Zeugen den Tatsachen entsprächen und - in Abwägung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie mit allen übrigen Beweismitteln - im Rahmen der Rechtsfindung heranzuziehen seien. Eine Beamtenstellung desjenigen, der die Beweisaussage tätige, bedeute nicht von vornherein eine besondere Qualifikation seiner Beweisaussage. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, dass ein Beamter in bestimmter Funktion auf Grund seiner Ausbildung und Diensterfahrung Geschehnisse und Sachverhaltsabläufe genauer wiedergeben könne als eine andere Person. Gerade der persönliche Eindruck im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung habe die belangte Behörde überzeugt, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verantworten habe.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

2. Zur Ablehnung hinsichtlich der Abweisung der Berufung betreffend die Verwaltungsübertretung nach Punkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses:

Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens 726 Euro verhängt wurde.

In der vorliegenden Beschwerde werden im Hinblick auf die Verwaltungsübertretung nach Punkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des § 33a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Es sind daher die Voraussetzungen des § 33a VwGG erfüllt, sodass die Behandlung der Beschwerde in diesem Punkt abgelehnt werden konnte.

3. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 3 erster Satz Führerscheingesetz 1997, BGBl. I Nr. 120 (FSG 1997) i.d.F. BGBl. I Nr. 94/1998, ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5 (kommen im vorliegenden Fall nicht in Betracht), nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt.

Gemäß § 37 Abs. 1 FSG 1997 i.d.F. des im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses geltenden, im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG günstigeren BG, BGBl. I Nr. 32/2002, begeht, wer u.a. diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Der Beschwerdeführer bestreitet, am Tattag zur Tatzeit mit dem im angefochtenen Bescheid nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeug gefahren zu sein. Der Lenker sei K.S. gewesen, was dieser auch anlässlich seiner Einvernahme am 1. Juli 2003 vor der belangten Behörde ausdrücklich bestätigt habe. K.S. habe den Führerschein, den er in einem im Fond des Fahrzeugs befindlichen Rucksack verstaut gehabt habe, den Beamten zeigen wollen, diese seien aber weggefahren.

Auch die belangte Behörde sei den Angaben der Gendarmeriebeamten mit der Begründung gefolgt, dass sie keinen Grund gesehen habe, warum die beiden Beamten sich dazu hätten hinreißen lassen sollen, wahrheitswidrig auszusagen und den Beschwerdeführer zu belasten. Offensichtlich werde prinzipiell Beamten mehr Glauben geschenkt als "normalen" Staatsbürgern und werde die Strafdrohung des § 289 StGB als Entlastungsargument herangezogen, indem argumentiert werde, dass nicht daran zu denken wäre, dass Beamte sich auf Grund einer falschen Aussage der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen würden. Allein deshalb den Beamten Glauben zu schenken, da sie sich keiner strafrechtlichen Verfolgung aussetzen wollten, und deshalb sicherlich nicht falsch aussagen würden, sei als reines Schutzargument der belangten Behörde zu werten. Die Aussagen der Beamten, insbesondere jene des Beamten L., seien vor dem Hintergrund einer bereits seit einigen Jahren bestehenden offensichtlich privaten Fehde zwischen diesem und dem Beschwerdeführer zu sehen.

Der Beschwerdeführer rügt auch, seine ehemalige Lebensgefährtin A.S. hätte im Zuge ihrer Beziehung zu ihm falsche Zeugenaussagen vor der erstinstanzlichen und auch vor der belangten Behörde getätigt, weil sie der Beschwerdeführer unter Druck gesetzt habe und sie auch immer wieder geschlagen hätte. Dies werde jedoch vom Zeugen K.S. eindeutig widerlegt, der angegeben habe, dass er die Beziehung des Beschwerdeführers zu A.S. gekannt und nie gehört habe, dass A.S. misshandelt worden wäre. Es handle sich vor dem Hintergrund des Obsorge- bzw. Besuchsrechtsstreites hinsichtlich des gemeinsamen Sohnes um eine Racheaktion der ehemaligen Lebensgefährten. Die belangte Behörde hätte der einzigen objektiven Zeugenaussage, jener des Zeugen K.S. folgen müssen, da dieser keinen Grund habe, sich selbst einer Falschaussage auszusetzen, während A.S. auf Grund des Obsorge- bzw. Besuchsrechtsstreites und der beendeten Lebensgemeinschaft einschlägig vorbelastet sei, wobei durchaus die Gefahr bestehe, dass ihre Aussage emotional gefärbt und verfälscht sei.

Der Beschwerdeführer wendet sich damit gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Dabei ist daran zu erinnern, dass die Würdigung der Beweise, auf Grund deren der Sachverhalt angenommen wurde, nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, als es sich um die Prüfung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, d.h. mit den Denkgesetzen im Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Der im § 45 Abs. 2 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, normierte Grundsatz der freien Beweiswürdigung schließt demnach eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle nicht in der Richtung aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Hierbei sind gemäß § 25 Abs. 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Ob die Beweiswürdigung aber nun richtig in dem Sinn ist, dass die Version des Meldungslegers und nicht die Version des Beschwerdeführers und der von ihm geführten Zeugen den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Die Beweiswürdigung der belangte Behörde, die sich auf die Aussagen der beiden amtshandelnden Beamten und der damaligen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers stützte, die sich nach Ansicht der belangten Behörde zum einen als übereinstimmend erwiesen und zum anderen auf Grund des persönlichen Eindruckes dieser Zeugen in der mündlichen Verhandlung als glaubwürdig beurteilt wurden, kann in diesem Sinne nicht als unschlüssig erkannt werden. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass die beiden Beamten, die den Beschwerdeführer kannten, diesen bei der Amtshandlung zu Unrecht identifiziert hätten.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde in Bezug auf die Verwaltungsübertretung nach Punkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, wird die Beschwerde diesbezüglich gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen.

Wien, am 27. Mai 2004

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003030253.X00

Im RIS seit

02.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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