Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §78 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Riedinger, Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der U KG in R, vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Peter Kolb, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapuit 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 8. Juni 2001, Zl.-IIa-42-L(1)6-00, betreffend Vorschreibung von Verwaltungsabgaben in Angelegenheit von Kontingenterlaubnissen auf Grund des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt I wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte und insbesondere auch hinsichtlich der dort ausführlich dargestellten maßgeblichen Rechtslage wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juli 2000, Zl. 97/03/0064, verwiesen, mit welchem der Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 1997 betreffend Vorschreibung von Verwaltungsabgaben in Angelegenheit Erteilung von Kontingenterlaubnissen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde.
Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid vom 8. Juni 2001 sprach die belangte Behörde namens und auftrags des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst; nunmehr Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) Folgendes aus:
"Der U KG, R (Beschwerdeführerin), wurden im Zeitraum 1. Jänner 1996 bis 31. Dezember 1996 aufgrund ihrer Anmeldung des Anspruches für das Jahr 1996 sowie aufgrund ihrer Bewerbungen um Kontingenterlaubnisse für das erste und für das zweite Halbjahr 1996 gemäß den §§ 5 und 6 der Kontingentenerlaubnis-Vergabeverordnung-KVV, BGBl. Nr. 974/1994 i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 durch die Vergabe von 14.580 Ökopunkten insgesamt
1.458 Berechtigungen bzw. Genehmigungen zur Durchführung von Transitfahrten durch Österreich zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, durch das Bundesgebiet hindurch, erteilt.
Darüber hinaus wurden der U KG im gleichen Zeitraum gemäß den §§ 5 und 6 der Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung-KVV, BGBl. Nr. 974/1994 i.V.m. § 8 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 593/1995, zusätzlich 120 Bestätigungen über die Erteilung von bilateralen Kontingenterlaubnissen zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland, und zwar nach bzw. von Deutschland und nach bzw. von Italien, ausgestellt.
Spruch
Der Landeshauptmann von Tirol entscheidet gemäß § 2 Abs. 1 Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung-KVV, BGBl. Nr. 974/1994, namens und auftrags des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) wie folgt:
I. Die Verwaltungsabgabe für jede der U KG im Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 1996 durch die Ausgabe von Ökopunkten erteilte Berechtigung bzw. Genehmigung zur Durchführung von Transitfahrten durch Österreich beträgt gemäß § 78 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 i.V.m. Tarifpost 2 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung 1983 S 60,-- (EURO 4,36), sohin insgesamt für die erteilten 1.458 Transitgenehmigungen S 87.480,-- (EURO 6357,42).
II. Die Verwaltungsabgabe für jede der U KG im Zeitraum von 1. Jänner bis 31. Dezember 1996 ausgestellte Bestätigung über die Erteilung einer bilateralen Fahrtgenehmigung nach oder von Deutschland und nach oder von Italien beträgt gemäß § 78 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 i.V.m. Tarifpost 3 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung 1983 S 20,-- (EURO 1,45), sohin insgesamt für die 120 ausgestellten Bestätigungen S 2.400,-- (EURO 1,45), sohin insgesamt für die 120 ausgestellten Bestätigungen S 2.400,-- (EURO 174,41).
Der Gesamtbetrag von S 89.880,-- (EURO 6531,83) ist gemäß § 78 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 von der U KG binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides mit beiliegendem Erlagschein an das Amt der Tiroler Landesregierung zu entrichten."
Die belangte Behörde verwies in der Begründung ihrer Entscheidung auf das erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juli 2000 und führte im Wesentlichen aus, es komme hinsichtlich der mit der Ausgabe von Ökopunkten verliehenen Berechtigungen, Transitfahrten durch Österreich durchzuführen, mangels Vorhandenseins einer besonderen Tarifpost lediglich noch die Anwendung der Tarifpost 2 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung in Betracht, wonach der Tarif für Bescheide und sonstige Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei lägen, soweit nicht eine andere Tarifpost Anwendung finde, S 60,-- (EURO 4,36) betrage. Die belangte Behörde verwies auf § 1 Abs. 2 der Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung und vertrat die Auffassung, mit der Ausgabe einer entsprechenden Anzahl an Ökopunkten in Form von Marken sei der Beschwerdeführerin die Berechtigung verliehen worden, Transitfahrten durchzuführen. Die Anzahl der auszugebenden Einzelgenehmigungen bzw. Ökopunkte sei beschränkt und durch die Vergabebehörde zu verwalten, die die Genehmigungen entsprechend den Bestimmungen der genannten Verordnung auszugeben oder allenfalls zu verweigern habe. Im Falle der für den Transit durch Österreich erforderlichen Transit-Kontingenterlaubnisse werde die "Erlaubnis" bzw. Genehmigung durch die Vergabe der erforderlichen Ökopunkte selbst erteilt, wobei entsprechend dem für 1996 festgesetzten Faktor jeweils 10 Ökopunkte der Berechtigung zur Durchführung einer Transitfahrt entsprechen sollten. Die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung einer Transitfahrt durch Österreich durch Ausgabe der entsprechenden Anzahl an Ökopunkten stelle eine sonstige, wesentlich im Interesse der Partei gelegene Amtshandlung dar, wobei sich diese nicht in der Ausgabe der Ökopunkte erschöpfe, sondern auch die ordnungsgemäße Verwendung der zur Durchführung der Transitfahrt auf einer sogenannten Ökokarte aufzuklebenden Ökopunkte von der Behörde gemäß § 11 der Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung gegebenenfalls zu überprüfen sei. Die zu entrichtende Verwaltungsabgabe betrage daher pro erteilter Genehmigung S 60,-- (EURO 4,36) gemäß TP 2 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung. Bei den ausgestellten Bestätigungen zur Durchführung von 120 bilateralen Fahrten nach bzw. von Deutschland und nach bzw. von Italien handle es sich hingegen um von der Behörde ausgegebene Bestätigungen gemäß § 8 Abs. 2 GüterbefG darüber, dass die über die grenzüberschreitende Beförderung abgeschlossenen Vereinbarungen eingehalten worden seien. Hiefür sei daher die Verwaltungsabgabe pro ausgestellter Bestätigung nach TP 3 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung vorzuschreiben gewesen.
Gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin beantragt, "den angefochtenen Bescheid" wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin wendet gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides ein, der belangten Behörde sei zwar zuzustimmen, dass für die Ausgabe der Ökopunkte mangels Vorhandenseins einer besonderen Tarifpost lediglich noch die Anwendung der Tarifpost 2 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 in Betracht komme. Verfehlt sei aber die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass es im Zuge der Ausgabe der Ökopunkte, welche nach dem in der Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung geregelten Verfahren zu erfolgen habe, zu einer Kumulation von Amtshandlungen offensichtlich dergestalt kommen würde, dass ebenso viele Amtshandlungen vorgenommen werden würden, wie mit den zugeteilten Ökopunkten unter Anwendung des fiktiven Umrechnungsschlüssels, dass 10 Ökopunkte einer Transitfahrt entsprächen, Transitfahrten durchgeführt werden können. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, das amtliche Tätigwerden der Behörde im Rahmen der Ökopunktevergabe bestehe keinesfalls in einer Mehrheit von Amtshandlungen, sondern beschränke sich eindeutig auf einen einzigen Akt, nämlich die Ausfertigung der beantragten Ökopunkte und damit einhergehend die Verleihung einer Berechtigung, mit den zugeteilten Ökopunkten Transitfahrten durchzuführen.
Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.
Die Kontingenterlaubnisse gemäß § 1 Abs. 2 Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung, BGBl Nr 974/1994 (KVV) stellen insbesondere Einzelgenehmigungen einschließlich Ökopunkte dar. Es liegt daher, worauf der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem eingangs erwähnten Erkenntnis vom 5. Juli 2000 verwiesen hat, nicht die bloße - faktische - Tätigkeit der Ausgabe von Ökopunkten (in Form von Marken) vor, sondern es wird mit der Ausgabe der Ökopunkte eine Berechtigung verliehen, Transitfahrten durchzuführen. Die Anzahl der auszugebenden Einzelgenehmigungen ist beschränkt und durch die Behörde zu verwalten, die die Genehmigungen in Form von Ökopunkten nur im bestimmten Rahmen auszugeben oder allenfalls zu verweigern hat. Die Erlaubnis bzw. Genehmigung wird also durch die Vergabe der erforderlichen Ökopunkte selbst erteilt. Wie der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls in diesem Erkenntnis ausgeführt hat, regeln die §§ 5 und 6 KVV das Verfahren zur Vergabe der Kontingenterlaubnisse, wobei zwischen dem Anmeldungsverfahren (§ 5) und einem Bewerbungsverfahren (§ 6) zu unterscheiden ist. Hierbei muss die Bewerbung des Unternehmers gemäß § 6 Abs. 1 KVV unter Verwendung e i n e s Formulars gemäß der Anlage dieser Verordnung für jeden Staat erfolgen und u.a. auch die Art der beantragten Kontingenterlaubnisse, wie etwa auch solche für den Transit, enthalten. Die §§ 7 ff KVV enthalten schließlich die besonderen Bestimmungen für die Vergabe der Kontingenterlaubnisse.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen mehrere gebührenpflichtige Ansuchen vor, wenn in einem Schriftsatz mehrere selbständige Amtshandlungen begehrt werden; das heißt, dass dann jedes Ansuchen zu vergebühren ist. Anders ist jedoch vorzugehen, wenn im Gesetz vorgesehen ist, dass Berechtigungen der selben Art in einem Ansuchen begehrt werden können. In einem solchen Fall unterstellt schon das Gesetz, dass die Begehren untereinander in einem Zusammenhang stehen. So sieht - wie oben ausgeführt - insbesondere auch § 6 Abs. 1 KVV vor, dass Erlaubnisse für einen Staat in einem einzigen Formular zu beantragen sind. Eine derartige Antragstellung ist keine subjektive Kumulierung der Ansuchen zwecks Umgehung der Gebührenpflicht, sondern es liegt dann nur ein der Gebührenpflicht unterliegendes Ansuchen vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1997, Zl. 96/16/0287).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid selbst darauf verwiesen, dass die hier in Rede stehenden Kontingenterlaubnisse gemäß den §§ 5 und 6 KVV durch Vergabe der (14.580) Ökopunkte erteilt worden seien. Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage ist für die Frage der Gebührenpflicht entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht die Anzahl der den Ökopunkten entsprechenden Transitfahrten, sondern die Zahl der nach § 6 Abs. 1 KVV zu stellenden Ansuchen maßgeblich.
Der Einwand der belangten Behörde, dass sich die Amtshandlung nicht in der Ausgabe von Ökopunkten selbst erschöpfe, sondern auch die ordnungsgemäße Verwendung der zur Durchführung einer Transitfahrt auf einer sogenannten Ökokarte aufzuklebenden Ökopunkte von der Behörde gemäß § 11 KVV gegebenenfalls zu überprüfen sei, lässt für ihren Standpunkt nichts gewinnen.
Die Beschwerdeführerin begehrte lediglich die Berechtigung zur Durchführung von Transitfahrten; die Erteilung dieser Berechtigung ist im Hinblick auf die maßgebliche rechtliche Grundlage als selbständige Amtshandlung zu werten. Gemäß § 1 Abs. 1 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung haben die Parteien für jede Verleihung einer Berechtigung oder für sonstige wesentliche in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen, die von Behörden im Sinne des Art. VI Abs. 1 EGVG vorgenommen wurden, in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung - abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen - die gemäß dem Abschnitt II festgesetzten Verwaltungsabgaben zu entrichten. Gemäß § 2 Abs. 1 dieser Verordnung tritt die Pflicht zur Entrichtung der Verwaltungsabgabe in dem Zeitpunkt ein, in dem die Berechtigung rechtskräftig verliehen oder die Amtshandlung vorgenommen wird. Die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Überprüfung der ordnungsgemäßen Verwendung der zur Durchführung einer Transitfahrt auf einer sogenannten Ökokarte aufzuklebenden Ökopunkte kann daher schon deshalb nicht Grundlage der hier in Rede stehenden Abgabe sein, weil sie im Zeitpunkt der Verleihung der Berechtigung von Transitfahrten noch nicht durchgeführt werden kann, sondern erst eine gegebenenfalls in der Zukunft stattfindende Amtshandlung darstellt.
Da somit die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher im bekämpften Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Mai 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001030217.X00Im RIS seit
01.07.2004