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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §84 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Riedinger, Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H R in P, vertreten durch Dr. Erwin Fidler, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Schildbach 111, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. Mai 2002, Zl. FA13B - 22 - 72/02 - 1, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 4. April 2002 sprach die Bezirkshauptmannschaft Hartberg Folgendes aus:
"Gemäß § 84 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, i.d.g.F., wird der Antrag von Frau U und Herrn H R, vom 26. Februar 2002 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zur Anbringung einer Ankündigung im Freiland an der L 406, in Höhe StrKm 13,200, mit der Textierung
'Seminarhotel Restaurant ****R (Logo)
Abzweigung nach 2 km rechts
Ksiedlung'
abgewiesen."
Die Erstbehörde ging davon aus, die Antragsteller hätten ihren Antrag vom 26. Februar 2002 im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bereits um eine bestehende Tafel handle, bei der nur die Rückseite für die gegenständliche Ankündigung benützt würde, und somit keine neue Tafel aufgestellt werden müsste. Sie hätten weiters ausgeführt, dass die Tafel im verbauten Gewerbegebiet bzw. direkt im Betriebsgelände der Firma E R in W stehe und dass auf Grund der Geschwindigkeit auf der L 406 die Größe von ca. 1,5 m x 2,5 m notwendig sei, damit die Autofahrer die Tafel wahrnehmen könnten.
Die Erstbehörde hielt dem Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes entgegen:
"... Im Hinblick auf Nützung von bereits bestehenden Werbungs- und Ankündigungstafeln wird ausgeführt, dass dies für die Ausnahmebewilligung irrelevant ist, weil gemäß § 84 Abs. 3 StVO eine Ausnahmebewilligung immer nur dann gewährt werden kann, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist.
Auch kann die Begründung, dass die Tafel im verbauten Gewerbegebiet bzw. direkt im Betriebsgelände einer Firma steht, dem Antrag nicht zum gewünschten Erfolg verhelfen, weil die zutreffende Norm der Straßenverkehrsordnung nicht auf verbautes Gewerbegebiet bzw. Betriebsgelände einer anderen Firma sondern nur auf das Ortsgebiet abstellt.
Gemäß § 84 Abs. 3 StVO kann die Behörde Ausnahmen hievon bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist.
Eine Ausnahmebewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO ist gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht zu erteilen, wenn die Ankündigung lediglich die speziellen Bedürfnisse einzelner Straßenbenutzer anzusprechen geeignet ist. Daraus folgt, dass zwar die Ankündigung nicht im Interesse aller Straßenbenützer zu sein braucht, aber dennoch eine Mindestanzahl anzusprechen vermag. Nicht jedes Interesse der Straßenbenützer rechtfertigt eine Ausnahmegenehmigung, das Interesse muss zumindest erheblich sein.
Aus den der entscheidenden Behörde bereits bekannten Ausführungen des Antragstellers hinsichtlich der Frequenz der Gäste und Seminarteilnehmer - konkret handelt es sich hierbei um ca. 30.000 bis 40.000 Nächtigungen pro Jahr - wird diese der Anzahl von Fahrzeugen, die täglich die L 406 befahren, gegenübergestellt.
Die L 406 hat ein Verkehrsaufkommen von 6.820 Fahrzeugen pro Tag mit einem Schwerverkehr von 3%. Auf das Jahr gerechnet, ergibt sich somit ein Verkehrsaufkommen von 2.489.3000 Fahrzeugen. Selbst wenn man von der Höchstzahl von 40.000 Gästen ausginge, und sogar noch jedem die Anfahrt mit einem eigenen Kraftfahrzeug zubilligen würde, ergäbe sich ein Verkehrsaufkommen zum Seminarhotel Retter von - aufgerundet - 110 Fahrzeugen pro Tag. Setzt man die Tagesfrequenz der Gäste dem Verkehrsaufkommen auf der L 406 gegenüber, liegt diese bei 1,607 Prozent.
Selbst bei der Berechnung nach den für den Antragsteller günstigsten Bedingungen kann objektiv nicht von einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer oder für diese immerhin von erheblichem Interesse gesprochen werden.
Der im gegenständlichen Verfahren angehörte Straßenerhalter hat sich mit Stellungnahme vom 1. März 2002 gegen diese Bewilligung ausgesprochen und unter anderem ausgeführt, dass die beantragte Werbetafel an der L 406, ca. 2 km vor der Abzweigung Ksiedlung in das Werbeverbot des § 84 StVO - Verbot von Werbungen und Ankündigungen außerhalb von Ortsgebieten und Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand - fällt.
Abschließend wird festgestellt, dass es unter anderem auf der L 406 bei StrKm 10,932, bei der Abzweigung P-Ksiedlung bereits eine mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 19. Oktober 1995, GZ 11 A 48-95/63, ergangene Ausnahmebewilligung für eine Hinweistafel in der Normgröße von 1,15 m x 0,31 m gibt.
Da die gegenständliche Ankündigung weder ein vordringliches Bedürfnis noch von erheblichem Interesse für die Straßenbenützer ist, war daher spruchgemäß zu entscheiden. ..."
Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Berufung abgewiesen. Die belangte Behörde übernahm in der Begründung ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen und Ausführungen der Erstbehörde und billigte deren Entscheidung.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 sind außer den in Abs. 1 dieser Gesetzesstelle angeführten Fällen (diese liegen gegenständlich nicht vor) außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Gemäß § 84 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde Ausnahmen von dem in Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960, dass nicht bloß ein Interesse allgemeiner Natur an der Art der in der Ankündigung enthaltenen Information, sondern ein solches an der konkreten Information besteht. Es rechtfertigt nicht jedes Interesse der Straßenbenützer eine Ausnahmegenehmigung, sondern das Interesse muss zumindest erheblich sein. Es ist zwar nicht erforderlich, dass die Ankündigung im Interesse sämtlicher Straßenbenützer liegt, die Ausnahmebewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 ist aber dann nicht zu erteilen, wenn die Ankündigung lediglich die speziellen Bedürfnisse einzelner Straßenbenützer anzusprechen geeignet ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof ferner ausgeführt hat, ist bei Beurteilung der nach der genannten Gesetzesstelle erforderlichen Voraussetzungen ein entsprechend strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Feber 2004, 2001/03/0339, mwH).
Der Beschwerdeführer bekämpft die Entscheidung der belangten Behörde im Wesentlichen damit, es müsse für die Anbringung der gegenständlichen Ankündigung keine neue Tafel aufgestellt werden, sondern es würde dafür die Rückseite einer bereits bestehenden Tafel verwendet werden, das Hotel sei "schlecht auffindbar", die belangte Behörde habe auch nicht berücksichtigt, dass eine - befürwortende - Stellungnahme des Bürgermeister vorliege, und darüber hinaus bestehe im Hinblick auf die für eine nur wenige Kilometer entfernte Örtlichkeit bewilligte Ankündigung keine Grundlage, die gegenständliche zu versagen. Im Übrigen habe die belangte Behörde die Frequenz der Verkehrsteilnehmer, für die die Ankündigung bestimmt sei, falsch berechnet.
Damit vermag es jedoch die Beschwerde nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ob die gegenständliche Ankündigung auf einer bereits bestehenden Tafel angebracht werden soll, ist für die Frage des erheblichen Interesses der Straßenbenützer nicht von Bedeutung. Dass das Hotel schlecht auffindbar sei, hat der Beschwerdeführer nicht näher konkretisiert und es ist diesbezüglich auch dem Inhalt der Verwaltungsakten nichts Stichhältiges zu entnehmen. Das gegenständliche Hotel ist ein Fremdenverkehrsunternehmen und liegt unbestritten in einem vom Fremdenverkehr in erheblichem Ausmaß erschlossenen Gebiet. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2003, Zl. 2000/03/0209), besteht an der Auffindbarkeit von gastronomischen Betrieben, wie auch der vorliegende einen darstellt, in Fremdenverkehrsgebieten grundsätzlich kein erhebliches Interesse der Straßenbenützer, weil vorauszusetzen ist, dass in einem solchen Gebiet derartige Beriebe vorhanden sind. Besondere Umstände, die im Beschwerdefall eine andere Beurteilung zuließen, sind nicht erkennbar. Insoweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, es handle sich um das "beste Seminarhotel Österreichs", es liege die befürwortende Stellungnahme des Bürgermeisters vor, und dass "enge Straßenstellen" auf der Fahrt in das Hotel zu passieren seien, ist ihm zu entgegnen, dass dies - ohne das Hinzutreten besonderer, hier nicht gegebener Umstände - bei Anlegung des gebotenen strengen Maßstabes gleichfalls nicht ein erhebliches Interesse der Straßenbenützer im Sinn des § 84 Abs. 3 StVO 1960 zu begründen vermag.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe das Gesamtverkehrsaufkommen falsch berechnet, weil sie den Straßenverkehr in beiden Richtungen berücksichtigt hat, wo hingegen die Ankündigung nur für die Straßenbenützer aus einer Richtung von Bedeutung sei und daher eine Verdoppelung der Höhe des Anteils der angesprochenen Verkehrsteilnehmer auf 3,23 % vorzunehmen sei, ist auf Grund des oben Gesagten nicht relevant.
Insoweit der Beschwerdeführer rügt, es liege keine "Werbung" vor und auch in Frage stellt, ob eine "Ankündigung" im Sinn des § 84 StVO 1960 anzunehmen sei, ist ihm zu entgegnen, dass im Hinblick auf den Hinweis "...Abzweigung nach 2 km rechts...", somit auf einen anderen Ort, jedenfalls eine Ankündigung gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. März 1990, Zl. 89/03/0212). Wenn die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides unter anderem auch den Begriff "Werbung" verwendete, konnte der Beschwerdeführer somit nicht in seinen Rechten verletzt sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2002, Zl. 99/02/0175).
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf eine im Jahre 1995 - für eine andere Örtlichkeit erteilte - Ausnahmebewilligung ist ebenso verfehlt wie die Berufung auf ein "Beschilderungskonzept" aus den Jahren 1995 und 1996, weil sich daraus kein Anhaltspunkt dafür gewinnen lässt, es sei darin in einer für die nunmehrige Entscheidung bindenden Weise abgesprochen worden.
Schließlich schlägt auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, der in Rede stehende Hinweis werde auf der Rückseite einer Tafel angebracht, die sich auf einem "behördlich genehmigten Betriebsgelände" - dem des Autohandelsbetriebes des E R - befinde, es liege daher eine dem § 84 StVO 1960 nicht zu unterstellende Innenwerbung vor, nicht durch. Eine "Innenwerbung" sollte den Gewerbetreibenden in die Lage versetzen, auf seinen (eigenen) Betrieb in räumlichem Naheverhältnis in geeigneter Weise hinzuweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Feber 1991, Zl. 90/03/0265). Unbestritten befindet sich die Tafel (und auf deren Rückseite die in Rede stehende Ankündigung) auf einem nicht zum eigenen Betrieb des Beschwerdeführers gehörigen Betriebsgrund und es ist auch das erforderliche räumliche Naheverhältnis zum Unternehmen des Beschwerdeführers nicht gegeben; schon von da her liegt auch eine "Innenwerbung" nicht vor.
Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde insgesamt das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Bewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 verneinte.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Mai 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002030172.X00Im RIS seit
24.06.2004