TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/2 2004/04/0049

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Veröffentlicht am 02.06.2004
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Index

L72004 Beschaffung Vergabe Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

LVergabenachprüfungsG OÖ 2002 §18 Abs3;
LVergabenachprüfungsG OÖ 2002 §6 Abs2 Z4;
LVergabePauschalgebührenV OÖ 2003 §1;
LVergabePauschalgebührenV OÖ 2003 §3;
VwGG §42 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der BBau Gesellschaft mbH, Hoch- und Tiefbau, Zimmermeisterei in P, vertreten durch Pallauf, Pullmann, Meißnitzer & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Jänner 2004, Zlen. VwSen-550093/23/Gf/Gam und VwSen-550094/22/Gf/Gam, betreffend Zurückweisung von Anträgen im Vergabenachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Lochen, 5221 Lochen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Anträge der Beschwerdeführerin auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der mitbeteiligten Partei betreffend Errichtung eines Gesundheits- und Leistungszentrums als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die vorliegenden Anträge am 17. Juli 2003 gestellt worden seien. Diese Anträge seien bereits mit Beschluss der belangten Behörde vom 26. Juli 2003 als unzulässig zurückgewiesen worden, weil die Verständigung des Auftraggebers nicht spätestens gleichzeitig mit der Antragstellung erfolgt sei. Dieser Beschluss sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 2003, Zl. 2003/04/0147, aufgehoben worden. Zwischenzeitig habe sich die Rechtslage insofern geändert, als am 8. November 2003 die Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung, LGBl. Nr. 127/2003 (im Folgenden: Pauschalgebührenverordnung), in Kraft getreten sei. Nach dieser Verordnung iVm § 18 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (im Folgenden: VergNPrG) sei für jeden der gegenständlichen Anträge eine Gebühr in der Höhe von EUR 2.500,-- zu entrichten.

Im Hinblick darauf, sei der Beschwerdeführerin zur Klärung der Frage, ob sie sämtliche Anträge aufrecht halte, ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilt worden. Darin sei ausdrücklich auf die Gebührenpflicht aufmerksam gemacht worden.

Die Beschwerdeführerin habe dem Verbesserungsauftrag insofern fristgerecht entsprochen, als sie bekannt gegeben habe, beide Anträge weiterhin aufrecht halten zu wollen. Die entsprechende Gebühr sei jedoch bisher nicht entrichtet worden.

Gemäß § 6 Abs. 2 Z. 4 VergNPrG sei ein Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens u.a. dann unzulässig, wenn er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt werde. Die Gebührenpflicht habe den Sinn, übereilte und nicht fundierte Antragstellungen unterlegener Bieter hintan zu halten. U.a. § 18 Abs. 3 VergNPrG, wonach die Gebühr bereits bei Antragstellung zu entrichten sei, habe den Sinn, der Behörde möglichst schnell Gewissheit darüber zu verschaffen, ob ein formal zulässiger Antrag vorliege. Werde also ein Antrag trotz entsprechenden Hinweises nicht ordnungsgemäß vergebührt, könne davon ausgegangen werden, dass dem "Rechtsmittelwerber" an einer weiteren ordnungsgemäßen Behandlung nicht mehr gelegen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht u.a. geltend, dass die gegenständlichen Anträge bereits am 17. Juli 2003, sohin vor Inkrafttreten der Pauschalgebührenverordnung, eingebracht worden seien. Für diese Anträge sei nach den damals in Kraft stehenden Bestimmungen eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von EUR 13,-- entrichtet worden. Es wäre sittenwidrig, der Beschwerdeführerin nunmehr auf Grund der zwischenzeitig in Kraft getretenen Pauschalgebührenverordnung eine weitere Vergebührung aufzuerlegen. Weder das VergNPrG noch die Pauschalgebührenverordnung enthielten Bestimmungen, wonach auch für bereits eingelangte Anträge rückwirkend eine Gebühr vorzuschreiben sei. Überdies handle es sich bei der Verfügung der belangten Behörde vom 19. Jänner 2004 nicht um einen Auftrag zur Verbesserung im Sinn von § 6 Abs. 1 Z. 4 VergNPrG, sondern um einen Auftrag, ein bestimmtes Formular auszufüllen.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des VergNPrG und der Pauschalgebührenverordnung haben folgenden Wortlaut:

"Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002

§ 6. ...

(2) Der Antrag ist in folgenden Fällen unzulässig:

...

4. wenn der Antrag trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.

...

§ 18. (1) Nach Maßgabe einer entsprechenden finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung ist für Anträge gemäß den §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 14 Abs. 1 und für Teilnahmeanträge gemäß § 5 Abs. 2 und 4 von den Antragstellern bzw. Antragstellerinnen eine Pauschalgebühr einzuheben.

(2) Die Höhe der zu entrichteten Gebühren ist von der Landesregierung durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die Art des durchzuführenden Verfahrens und die Höhe der für Verfahren vor dem Bundesvergabeamt gemäß Anhang X des BVergG festgesetzten Gebühren zu bestimmen. Die Höhe der Pauschalgebühr für Teilnahmeanträge ist mit 50 % der Pauschalgebühr für den verfahrenseinleitenden Antrag festzusetzen.

(3) Die Gebühr ist durch Einzahlung mittels Erlagschein bei Antragstellung zu entrichten. Nach Maßgabe der beim Unabhängigen Verwaltungssenat bestehenden Möglichkeiten kann die Bezahlung auch durch Barzahlung, mittels Bankomatkarte oder Kreditkarte erfolgen.

...

Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung, LGBl. Nr. 127/2003

§ 1. (1) Die vom Antragsteller für den Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung, auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nach Zuschlagserteilung oder Widerruf, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sowie auf Feststellung von Rechtsverstößen zu entrichtende Pauschalgebühr beträgt bei

...

7. sonstigen Verfahren im Unterschwellenbereich betreffend Bauaufträge 2.500 Euro

...

§ 2. Die Gebühr ist gleichzeitig mit der Einbringung des Antrags bzw. Teilnahmeantrags durch Barzahlung, Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomatkarte oder Kreditkarte zu entrichten. Die über Barzahlung und Einzahlung mit Erlagschein hinausgehenden zulässigen Entrichtungsarten sind durch den Unabhängigen Verwaltungssenat nach Maßgabe der vorhandenen technischorganisatorischen Voraussetzungen festzulegen und entsprechend bekannt zu machen."

Das VergNPrG ist gemäß dessen § 20 mit 1. Jänner 2003 in Kraft getreten. Die Pauschalgebührenverordnung ist nach deren § 3 erst am 8. November 2003 in Kraft getreten. Sie enthält keine Bestimmung, wonach sie auch auf bereits vor ihrem Inkrafttreten eingebrachte Anträge anzuwenden ist.

Aus § 18 Abs. 3 VergNPrG, wonach die Gebühr bei Antragstellung zu entrichten ist, ergibt sich, dass der Gebührenanspruch bereits mit Antragstellung entsteht.

Auf Grund der Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses der belangten Behörde vom 26. Juli 2003 mit hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2003, Zl. 2003/04/0147, war das Verfahren über den bereits am 17. Juli 2003 eingebrachten Antrag gemäß § 42 Abs. 3 VwGG wieder bei der belangten Behörde anhängig. Im Zeitpunkt der Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrages und damit der Entstehung des Gebührenanspruchs war somit die Pauschalgebührenverordnung noch nicht in Kraft.

Da der Tatbestand, durch welchen der Gebührenanspruch entstanden ist, vor dem Inkrafttreten der Pauschalgebührenverordnung verwirklicht wurde, ist diese Verordnung nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 26. Jänner 1996, Zl. 95/17/0206, mwN) auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Eine - über die unstrittig bereits bei Antragstellung entrichtete Gebühr von EUR 13,-- hinausgehende - Vergebührung des gegenständlichen Antrags nach der Pauschalgebührenverordnung kam daher nicht in Betracht. Die Zurückweisung des Antrags mangels Gebührenentrichtung gemäß § 6 Abs. 2 Z. 4 VergNPrG beruht somit auf einer Verkennung der Rechtslage.

Im Hinblick darauf braucht nicht näher darauf eingegangen zu werden, ob es sich bei einem einen anderen Punkt betreffenden Verbesserungsauftrag, der abschließend auch einen Hinweis auf die Gebührenpflicht enthält, um eine "Aufforderung zur Verbesserung" im Sinn von § 6 Abs. 2 Z. 4 VergNPrG handelt.

Da der angefochtene Bescheid somit auf einer Verkennung der Rechtslage beruht, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 2. Juni 2004

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004040049.X00

Im RIS seit

01.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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