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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GewO 1994 §74 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der M Liegenschaftsverwaltung GmbH in B, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Juli 2002, Zl. WST1-BA-0130, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (BH) vom 10. April 2001 wurde der beschwerdeführenden Partei die Errichtung und der Betrieb einer näher beschriebenen gewerblichen Betriebsanlage (Selbstbedienungsrestaurant einschließlich Lichtwerbung) nach Maßgabe gekennzeichneter und zum Bescheidbestandteil erklärter Projektunterlagen und bei Einhaltung von im Einzelnen genannten Auflagen erteilt. Unter Auflagenpunkt 21 wurde vorgeschrieben, die Aktivkohlefilteranlage der Küchenabluft sei so auszulegen und zu betreiben, dass im Reingasstrom ein Emissionswert von 40 Geruchseinheiten (GE)/m3 (angegeben als Halbstundenmittelwert) nicht überschritten werde. Frühestens sechs Wochen nach Inbetriebnahme der Anlage - so Auflagenpunkt 22 - sei die Einhaltung des im Punkt 21 angeführten Emissionswertes durch einen facheinschlägigen Zivilingenieur oder eine akkreditierte Prüfanstalt nachzuweisen. Der Überprüfungsbericht sei in bestimmter - näher dargelegter - Art und Weise zu erstellen und der BH vorzulegen. Unter Auflagenpunkt 24 wurde schließlich vorgeschrieben, die Aktivkohle der Abluftreinigungsanlage der Küchenabluft mindestens alle sechs Monate zu wechseln. Über den Wechsel der Aktivkohle seien Aufzeichnungen zu führen; die Aufzeichnungen seien in der Betriebsanlage zur Einsichtnahme aufzulegen.
Begründend wurde u.a. ausgeführt, in den von der beschwerdeführenden Partei ergänzend vorgelegten Projektunterlagen sei die zu erwartende Geruchsemission mit näherer Begründung auf 40 bis 50 GE/m3 geschätzt worden. Unter Zugrundelegung einer Geruchsemission von 40 GE/m3 ergäbe sich auf der Grundlage der Berechnungen des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung für die nächstliegende Wohnnachbarschaft eine mittlere Geruchsimmission (Halbstundenmittelwert) von maximal 0,5 GE/m3; die Jahresgeruchsstunden lägen für die Wohnnachbarschaft W.-Straße 14 und 16 bei ca. 1,74 % und für die Wohnnachbarschaft W.-Straße 18 bei 2,02 %. Auf Grund der Höhe der zu erwartenden Geruchsspitzen von maximal ca. 2 GE/m3 bei 1,74 % bzw. 2,02 % der Jahresstunden, sei die zu erwartende Geruchsbelästigung der Wohnnachbarschaft aus medizinisch-hygienischer Sicht noch zumutbar.
Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung und beantragte die Aufhebung der Auflagenpunkte 21, 22 und 24. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, mit den geforderten 40 GE/m3 läge die Quelle der Geruchsimmission wesentlich unter der Irrelevanzgrenze nach der "Geruchsimmissionsrichtlinie" in Deutschland. Die Forderung nach Grenzwerten unter 200 GE/m3 wäre daher fachlich sehr bedenklich; keinesfalls handle es sich dabei um die gelindeste noch zum Ziele führende Auflage. Die Auflagenpunkte 22 und 24 dienten lediglich der Einhaltung und Durchsetzung anderer Auflagen. Sie könnten schon aus diesem Grunde nicht auf § 77 Abs. 1 GewO 1994 gestützt werden. Mit Wegfall des Auflagenpunktes 21 verlören sie ihre Rechtfertigung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Juli 2002 wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als der Entfall des im Erstbescheid vorgeschriebenen Auflagenpunktes 24 verfügt und die Auflagenpunkte 21 und 22 wie folgt geändert wurden:
"21) Zur Einhaltung der im Projekt vorgesehenen Emissionswerte von 40 - 50 GE/m3 (angegeben als Halbstundenmittelwert) ist die Aktivkohle der im Projekt vorgesehenen Aktivkohlefilteranlage in der Küchenabluft mind. alle 6 Monate zu wechseln. Über den Wechsel der Aktivkohle sind Aufzeichnungen zu führen, welche in der Betriebsanlage zur Einsichtnahme aufzulegen sind.
22) Frühestens 6 Wochen nach Inbetriebnahme der Aktivkohlefilteranlage der Küchenabluft sind die Geruchsemissionen (angegeben als Geruchseinheiten GE/m3 - nach der Aktivkohlefilteranlage) durch einen facheinschlägigen Zivilingenieur oder eine akkreditierte Prüfanstalt zu überprüfen, unter Berücksichtigung der gerätebedingten Messunsicherheit. Die Messunsicherheit darf +/- 2 Geruchs dB betragen. Der Überprüfungsbericht ist gemäß VDE-Richtlinie 4220 (Qualitätssicherung; Anforderungen an Emissions- und Immissionsprüfstellen für die Ermittlung luftverunreinigender Stoffe), Anhang B, zu erstellen und der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vorzulegen."
Begründend wurde nach Wiedergabe eines ergänzend eingeholten Gutachtens des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung im Wesentlichen ausgeführt, die Emissionswerte von 40 - 50 GE/m3 stammten aus dem Einreichprojekt. Der Behörde sei es verwehrt, wesentliche Änderungen am Einreichprojekt vorzunehmen; es könne daher dem Begehren der beschwerdeführenden Partei, diesen Wert anzuheben, nicht nachgekommen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Unterbleiben der Auflagenvorschreibung Nr. 21 und 22 verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, Auflagenpunkt 21 verfüge Maßnahmen zur Einhaltung eines Emissionsgrenzwertes von 40 - 50 GE/m3, nämlich eine Verpflichtung zum Wechsel der Aktivkohle nach jeweils sechs Monaten und Auflagenpunkt 22 normiere die Verpflichtung zur Überprüfung der Geruchsemissionen durch einen facheinschlägigen Zivilingenieur oder eine akkreditierte Prüfanstalt. Allerdings stehe die emissionsseitige Regulierung der Küchenabluft mit der GewO nicht im Einklang. Da es sich nicht um Luftschadstoffe, sondern um Geruchsstoffe handle, die das Wesen der Küchenabluft ausmachten, seien diese im gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahren erst relevant, wenn dadurch die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten werde. Das Verwaltungsverfahren habe im vorliegenden Fall aber nicht erbracht, dass die Betriebsanlage der beschwerdeführenden Partei die Nachbarn durch Küchenabluft unzumutbar belästige. Eine Vorschreibung von Auflagen komme in diesem Punkt daher nicht in Betracht. Daran ändere der Umstand, dass in den Projektunterlagen ein entsprechender Emissionswert vermerkt sei, nichts. Bezeichnenderweise versuche die belangte Behörde gar nicht, den Emissionswert von 40 - 50 GE/m3 in der Sache zu verteidigen. Sie ordne diesen Wert auch nicht an, treffe aber Regelungen, um ihn durchzusetzen. Auch die Überprüfungsregelung, die unter Auflagenpunkt 22 getroffen worden sei, sei gesetzwidrig, weil dafür eine gesetzliche Grundlage fehle. Sie diene nicht der Emissionsbegrenzung, sondern ausschließlich der Durchsetzung anderer Auflagen. Sie sei weiters unverhältnismäßig, weil die Überprüfung auch durch die beschwerdeführende Partei selbst vorgenommen werden könnte. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die beschwerdeführende Partei noch vor, der angefochtene Bescheid sei mangelhaft begründet. Die Wiedergabe der sachverständigen Darlegungen sei unverständlich, die Sachverhaltsfeststellungen unvollständig; entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei sei keine Auseinandersetzung mit den für die Annahme einer unzumutbaren Geruchsbelästigung maßgeblichen Werten erfolgt. Überdies sei die belangte Behörde bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit von Geruchsimmissionen von unzutreffenden fachlichen Annahmen ausgegangen.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
...
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in sonstiger Weise zu belästigen, ...
Die Betriebsanlage ist gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage unter Vorschreibung von Auflagen setzt voraus, dass ein Genehmigungshindernis besteht, etwa die Erwartung unzumutbarer Belästigungen der Nachbarn durch den Betrieb des zur Genehmigung beantragten Projektes, das allerdings durch die Vorschreibung zulässiger Auflagen beseitigt werden kann. In diesem Sinne kann eine Auflage gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl. die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO2, (2003) S 562 f referierte Judikatur), jede der Vermeidung von Immissionen dienende, geeignete (behördlich erzwingbare) Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben.
Im vorliegenden Fall steht die Eignung der Betriebsanlage der beschwerdeführenden Partei, die Nachbarn infolge der Emissionen von Küchenabluft durch Geruch zu belästigen, nicht in Zweifel. Die beschwerdeführende Partei hat diesem Umstand nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten auch Rechnung getragen und in dem zur Genehmigung eingereichten Projekt eine aus mehreren Filterstufen bestehende Abluftreinigungsanlage vorgesehen. In der
5. Filterstufe soll ein - näher beschriebener - Aktivschüttkohlefilter die Geruchsemissionen reduzieren, wobei "eine Geruchsstoffkonzentration nach Aktivkohle von 40 - 50 GE/m3 geschätzt" wird; die Standzeit der Aktivkohle betrage "in Abhängigkeit von der Küchenauslastung bis zu 6 Monaten".
Die bei Ausführung dieses Projektes bei den Nachbarn zu erwartende Geruchsbelästigung wurde von der belangten Behörde als zumutbar beurteilt. Sie erachtete es allerdings als erforderlich, in Form zweier Auflagen einerseits den Wechsel der Aktivkohle des Filters mindestens alle sechs Monate und andererseits eine Kontrollmessung der Geruchsemissionen frühestens sechs Wochen nach Inbetriebnahme der Anlage vorzuschreiben.
Was zunächst die Auflage betreffend den Wechsel der Aktivkohle anlangt, war diese Vorschreibung zur Vermeidung einer unzumutbaren Geruchsbelästigung der Nachbarn nicht erforderlich, weil entsprechende Vorkehrungen - wie dargelegt - bereits Gegenstand des Projektes waren; der Bezug auf die Standzeit schließt die Verpflichtung in sich, die Aktivkohle nach Ablauf von längstens sechs Monaten zu erneuern. Es war daher verfehlt, den projektgemäß vorgesehenen Wechsel der Aktivkohle mindestens alle sechs Monate (noch einmal) als Auflage vorzuschreiben. Allerdings ist es ausgeschlossen, dass durch eine solche Rechtswidrigkeit subjektive Rechte der beschwerdeführenden Partei verletzt werden, weil durch die Vorschreibung von Maßnahmen, die bereits Gegenstand des Projektes sind, als Auflagen in die Rechtssphäre des Konsenswerbers nicht eingegriffen wird. Auch wird ein Zuwiderhandeln gegen die Nichteinhaltung von Auflagen nicht strenger bestraft als der genehmigungslose Betrieb einer in genehmigungspflichtiger Weise geänderten Betriebsanlage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1998, Zl. 95/04/0075, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Gleiches gilt für die Anordnung, über den Wechsel der Aktivkohle Aufzeichnungen zu führen. Auch diesbezüglich sieht bereits das Projekt der beschwerdeführenden Partei die Führung "einer Wartungs- bzw. Reinigungsliste" vor.
Was die Auflage betreffend die Kontrollmessung frühestens sechs Wochen nach Inbetriebnahme der Anlage anlangt, so dient diese Auflage erkennbar dem Zweck, die Funktionstüchtigkeit der Abluftreinigungsanlage nach dem im Einreichprojekt vorgegebenen Maßstab sicherzustellen, der seinerseits der Annahme die Grundlage bietet, die Nachbarn würden durch Geruch nicht unzumutbar belästigt. Ob höhere Geruchsstoffemissionen als die erwähnten "40 - 50 GE/m3" zu einer Immissionsbelastung bei den Nachbarn führten, die diesen gleichfalls zumutbar sei, ist im gegebenen Zusammenhang nicht entscheidend. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war nämlich eine Abluftreinigungsanlage, die bei ordnungsgemäßem Betrieb entsprechend dem Einreichprojekt eine im Abluftstrom nach Reinigung verbleibende Geruchsstoffkonzentration in einer Größenordnung erwarten lässt, die die Nachbarn nicht unzumutbar belästigt. Bei dieser Sachlage war die Festlegung eines Emissionsgrenzwertes freilich entbehrlich. Allerdings hatte die belangte Behörde, soweit nicht bereits im Projekt entsprechende Maßnahmen vorgesehen sind, jene Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich sind, um die Grundlagen ihrer Annahme sicherstellen, die Nachbarn würden durch den Betrieb der Anlage keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.
Dass die Auflage 22 nicht dem Zweck dient, den ordnungsgemäßen Betrieb der Abluftreinigung sicherzustellen, sondern - wie die beschwerdeführende Partei ohne nähere Begründung behauptet - bloß der Durchsetzung anderer Auflagen, ist bei der gegebenen Sachlage nicht zu sehen.
Es ist aber auch der weitere Vorwurf nicht zu teilen, Auflagenpunkt 22 sei unverhältnismäßig, weil die erforderliche Messung ohne Zivilingenieur bzw. ohne akkreditierte Prüfanstalt vorgenommen werden könne. Soweit die beschwerdeführende Partei nämlich behauptet, sie könne die geforderte Kontrollmessung selbst bewerkstelligen, hat sie nicht einmal dargelegt, dass sie über die dafür erforderlichen Voraussetzungen verfüge.
Schließlich ist auch die Verfahrensrüge der beschwerdeführenden Partei nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Indem sie nämlich die "Beurteilung der Unzumutbarkeit" durch die belangte Behörde als unzutreffend, unverständlich und unvollständig erachtet, übersieht sie, dass im angefochtenen Bescheid zwar die Stellungnahme des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung zum Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei wiedergegeben wird, dass dem angefochtenen Bescheid jedoch die Annahme, die Betriebsanlage der beschwerdeführenden Partei werde zu einer unzumutbaren Geruchsbelästigung der Nachbarn führen, gerade nicht zu Grunde liegt.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. Juni 2004
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002040123.X00Im RIS seit
01.07.2004