TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/2 2003/04/0168

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Veröffentlicht am 02.06.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §202 Abs1 Z1;
GewO 1994 §202 Abs1 Z2;
GewO 1994 §202 Abs1 Z3;
GewO 1994 §203;
GewO 1994 §28 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Ing. M in G, vertreten durch Mag. Manfred Pollitsch, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/10/40, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 24. Jänner 2002, Zl. 322.588/2-I/9/01, betreffend Verweigerung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid vom 24. Jänner 2002 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 203 GewO 1994 die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das Baumeistergewerbe verweigert.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, dass der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 28. August 2000 das Ansuchen des Beschwerdeführers auf Anerkennung der den vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für die Ausübung des Baumeistergewerbes, eingeschränkt auf ausübende Tätigkeiten, ersetzenden Qualifikation (gemäß § 373c GewO 1994) abgewiesen habe. Dieser Bescheid sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. November 2000 ersatzlos behoben worden (weil ein Antrag auf Anerkennung einer den Befähigungsnachweis ersetzenden Qualifikation gemäß § 373c GewO 1994 gar nicht gestellt worden sei). In der zu dieser Entscheidung führenden Berufung habe der Beschwerdeführer den Antrag gestellt, ihm die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das gemäß § 127 Z. 4 GewO 1994 bewilligungspflichtige gebundene Baumeistergewerbe zu erteilen. Über dieses als neues Begehren zu wertende Ansuchen habe der Landeshauptmann von Steiermark nicht rechtzeitig entschieden. Nach Ablauf der Entscheidungsfrist gemäß § 73 Abs. 1 AVG habe der Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag gestellt. Mit Einlangen dieses Antrages bei der belangten Behörde am 9. August 2001 sei die Zuständigkeit zur Entscheidung über das in Rede stehende Ansuchen gemäß § 73 Abs. 2 AVG an die belangte Behörde übergegangen.

Gemäß § 203 GewO 1994 dürfe der Nachweis der Befähigung für die Baumeistertätigkeiten gemäß § 202 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 leg. cit. nicht gemäß § 28 leg. cit. nachgesehen werden. Für ausführende Tätigkeiten des Baumeisters gemäß § 202 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 sei eine Nachsicht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. unzulässig. "Insoweit der Nachsichtswerber sein Nachsichtsansuchen nicht auf die Tätigkeiten gemäß § 202 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 beschränkt hat, steht der Erteilung der von ihm beantragten Nachsicht das im § 203 GewO 1994 normierte Nachsichtsverbot entgegen. Da nach dem Gesetz die Erteilung einer Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das Baumeistergewerbe mit sämtlichen Berechtigungen nach § 202 Abs. 1 GewO 1994 nicht möglich ist, musste die beantragte Nachsicht verweigert werden."

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein. Dieser Gerichtshof lehnte mit Beschluss vom 22. September 2003, B 554/02, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der GewO 1994 in der anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 haben folgenden Wortlaut:

"§ 202. (1) Der Baumeister ist berechtigt,

1. Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten zu planen und zu berechnen,

2.

Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten zu leiten,

3.

Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten nach Maßgabe des § 201 Abs. 4 und des Abs. 3 auch auszuführen und Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten abzubrechen.

...

§ 203. Der Nachweis der Befähigung für die Tätigkeiten gemäß § 202 Abs. 1 Z. 1 und 2 darf nicht gemäß § 28 Abs. 1 bis 5 nachgesehen werden. Für die Tätigkeiten gemäß § 202 Abs. 1 Z. 3 ist eine Nachsicht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 unzulässig."

Der Beschwerdeführer hat am 28. April 2000 beim Landeshauptmann von Steiermark die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das gemäß § 127 Z. 4 GewO 1994 bewilligungspflichtige gebundene Baumeistergewerbe beantragt. Ein als "Beilage zum Ansuchen um Nachsicht" übertiteltes Schreiben des Beschwerdeführers vom 25. April 2000 enthält folgende abschließende Formulierung:

"Mit Hinweis auf § 373c GewO, dem VfGH-Erkenntnis G 42/99 vom 09.12.1999 und der EWR-Nachsicht-Verordnung BGBl. 775/1993 wird der Antrag gestellt, Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das ausführende Baugewerbe zu erteilen."

Der Beschwerdevertreter bezieht sich in seinem Schreiben vom 23. Juni 2000 an den Landeshauptmann von Steiermark auf den "Antrag meines Mandanten, die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das ausführende Baugewerbe zu erteilen". In der Berufung - die zur ersatzlosen Behebung des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28. August 2000 führte - hat der Beschwerdeführer folgenden Antrag gestellt:

"Es wird daher

beantragt,

den Bescheid des Landeshauptmannes für das Land Steiermark, vertreten durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Rechtsabteilung 4, vom 28.4.2000, zu GZ 04-31/162-00/3, dahingehend abzuändern, dass

1. das Ansuchen des Berufungswerbers um Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das gem. § 127 Zif. 4 Gewerbeordnung 1994 bewilligungspflichtige gebundene Baumeistergewerbe bewilligt wird;

in eventu

2. das Ansuchen des Berufungswerbers um die Anerkennung der den vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für die Ausübung des Gewerbes 'Baumeister, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten', ersetzende Qualifikation, bewilligt wird."

Durch diesen Antrag in seiner Berufung hat der Beschwerdeführer klargestellt, dass er primär die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das uneingeschränkte Baumeistergewerbe und nur im Eventualfall - bei Abweisung des primären Antrages - die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das auf ausführende Tätigkeiten eingeschränkte Baumeistergewerbe beantragt.

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 203 GewO 1994 "die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das Baumeistergewerbe" verweigert. Aus der Begründung dieses Bescheides ("insoweit der Nachsichtswerber sein Nachsichtsansuchen nicht auf die Tätigkeiten gemäß § 202 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 beschränkt hat, steht der Erteilung der von ihm beantragten Nachsicht das im § 203 GewO 1994 normierte Nachsichtsverbot entgegen.") wird deutlich, dass damit nur über das die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das uneingeschränkte Baumeistergewerbe betreffende Hauptbegehren, nicht jedoch über das die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das auf ausführende Tätigkeiten eingeschränkte Baumeistergewerbe betreffende Eventualbegehren entschieden worden ist.

Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die - unbedenkliche - Ansicht der belangten Behörde, dass § 203 GewO 1994 der primär beantragten Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das uneingeschränkte Baumeistergewerbe gemäß § 28 leg. cit. entgegenstehe, bringt jedoch vor, dass ihm die belangte Behörde zumindest die Nachsicht für ausführende Tätigkeiten hätte erteilen müssen. Damit macht er geltend, dass die belangte Behörde über seinen Eventualantrag hätte entscheiden müssen.

Im Fall der Stellung eines Primärantrages und eines Eventualantrages hat die Behörde zunächst über den Primärantrag und erst nach dessen Abweisung über den Eventualantrag abzusprechen. Gründe dafür, dass beide Erledigungen gleichzeitig, in einem Bescheid erfolgen müssten, sind nicht erkennbar (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 (2003) S. 735, E 90b, zitierte hg. Judikatur).

Die Unterlassung eines Abspruches über den Eventualantrag des Beschwerdeführers führt daher nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

Der Spruch über den Kostenersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 2. Juni 2004

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003040168.X00

Im RIS seit

01.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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