Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §26 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, vom 13. April 2001, Zl. RV/146-16/19/2001, betreffend Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, mit Bescheid vom 15. März 1999 habe das Finanzamt zur Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Kinder Sara (geboren 12. September 1989) und Hatem (geboren 8. Februar 1991) für die Zeit von 1. September 1994 bis 31. Dezember 1998 im Gesamtbetrag von 182.300 S festgestellt, dass sich die Kinder seit September 1994 ständig im Ausland aufgehalten hätten, sodass gemäß § 5 Abs. 4 FLAG ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht bestanden habe. In der Berufung habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, seine Kinder hätten seit September 1994 jeweils von Oktober bis Ende April die Schule in Ägypten besucht. Sie hätten sich jedoch von Mai bis September in Österreich aufgehalten. Den Lebensunterhalt seiner Kinder habe der Beschwerdeführer sowohl während der Schulzeiten als auch während der Ferien getragen. Im Vorlageantrag habe der Beschwerdeführer bekannt gegeben, dass der Sohn Hatem erst seit Ende September 1996 die islamische Schule in Ägypten besuche. Die Kinder hätten sich nur zu Ausbildungszwecken in Ägypten aufgehalten. Ihr Mittelpunkt der Lebensinteressen liege nach wie vor in Österreich.
Im Berufungsfall sei unbestritten - so die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides -, dass die Kinder des Beschwerdeführers im vom erstinstanzlichen Bescheid umfassten Rückforderungszeitraum mehrere Jahre die Schule in Ägypten besucht hätten. Nach den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich einer Anspruchsüberprüfung im Februar 1999 hätten sich die Kinder ab September 1994 während der Schulzeit in Ägypten und in den Ferienmonaten in Österreich aufgehalten. In der Berufungsschrift seien diese Angaben vom Beschwerdeführer bestätigt worden. Im Vorlageantrag argumentiere der Beschwerdeführer zwar, der genannte Zeitraum im erstinstanzlichen Bescheid sei insofern unrichtig, als nur die Tochter des Beschwerdeführers seit September 1994 die Schule in Ägypten besucht habe, währenddessen dies für seinen Sohn erst ab September 1996 zutreffe. Dabei übersehe der Beschwerdeführer, dass der ständige Aufenthalt eines Kindes im Ausland nicht an den Schulbesuch gebunden sei. Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer Bestätigungen vorgelegt, wonach sein Sohn bereits den Kindergarten in Ägypten besucht habe. Der Aufenthalt des Sohnes in Ägypten ab September 1994 werde auch im Vorlageantrag nicht bestritten; es werde lediglich der Schulbesuch des Sohnes, in Anbetracht des Alters des Kindes durchaus glaubhaft, in Abrede gestellt. Im Übrigen könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im strittigen Zeitraum sowohl in Österreich als auch im Ausland einen Wohnsitz gehabt habe und sich die Kinder (möglicherweise mit der Kindesmutter) bereits im Zeitraum vor dem Eintritt der Schulpflicht der Tochter Sara im September 1994 nicht ständig in Österreich aufgehalten hätten. Die Kindesmutter sei nach den Angaben des Beschwerdeführers nicht berufstätig gewesen. Die Kinder hätten in Österreich auch den Kindergarten nicht besucht. Da bei Kleinkindern der ständige Aufenthalt nur schwer nachvollziehbar sei, sei "mangels entsprechender Nachweisbarkeit des Gegenteiles" der Aufenthalt der Kinder im Ausland in Übereinstimmung mit den Angaben des Beschwerdeführers erst ab September 1994 angenommen worden. Beide Kinder hätten sich über den strittigen Zeitraum hinaus jedenfalls bis zum Ende des Schuljahres 1998/1999 - somit zumindest fünf Jahre lang - nur während der Ferienmonate in Österreich aufgehalten. Bei dieser Sachlage sei davon auszugehen, dass sich die Kinder nicht nur vorübergehend, sondern ständig im Ausland aufgehalten hätten. Wegen des ständigen Aufenthaltes der Kinder im Ausland ergebe sich nach § 5 Abs. 4 FLAG der Ausschluss vom Anspruch auf Familienbeihilfe (ein die Gegenseitigkeit verbürgender Staatsvertrag mit Ägypten habe nicht bestanden). Dass der Beschwerdeführer die Kosten des Unterhaltes für seine Kinder überwiegend getragen habe, könne an der Beurteilung nichts ändern.
In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge nicht zurückzahlen zu müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 5 Abs. 4 FLAG in seiner Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996 bestand kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, es sei denn, dass die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge verbürgt ist.
Nach § 5 Abs. 4 (ab BGBl. I Nr. 142/2000 § 5 Abs. 3) FLAG in der durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996 gestalteten, ab dem 1. Mai 1996 geltenden Fassung besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 8/1998 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 FLAG genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist. Nach der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 8/1998 gestalteten Rechtslage steht es der Rückforderung nicht mehr entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 2002, 2002/13/0079).
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 steht einem Abgabepflichtigen für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 4 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abstellende Beurteilung ist nach objektiven Kriterien zu treffen. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinne verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 2000, 98/15/0016, m.w.N.).
In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Schulbesuch im Ausland keineswegs auf den ständigen Aufenthalt im Ausland hindeute. Es handle sich lediglich um eine Ausbildung, "die eben im Ausland absolviert wird". Der Mittelpunkt der Lebensinteressen sei aber nach wie vor in Österreich gelegen. Der Beschwerdeführer sei österreichischer Staatsbürger und gehe hier einer Berufstätigkeit nach. Dass die Kinder die Schule in Ägypten besuchten, sei in keiner Weise ein Indiz dafür, dass ihr ständiger Aufenthalt nicht in Österreich gelegen wäre.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Dass sich die beiden minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers - zumindest - ab September 1994 bis zum Ende des Schuljahres 1998/1999 in Ägypten aufhielten und dort die Schule (bzw. vorher den Kindergarten) besuchten, ist unbestritten. Nach ihren Ferienaufenthalten in Österreich kehrten sie jeweils nach Ägypten zurück. Das Verbringen der Ferien in Österreich ist damit jeweils als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, wodurch der ständige Aufenthalt der Kinder in Ägypten nicht unterbrochen wurde (vgl. insbesondere das ebenfalls einen mehrjährigen Schulbesuch im Ausland betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 2000, 98/15/0016, sowie weiters die Erkenntnisse vom 8. Juni 1982, 82/14/0047, und vom 28. November 2002, 2002/13/0079). Auf den in der Beschwerde angesprochenen Mittelpunkt der Lebensinteressen kam es - wie erwähnt - für die gegenständliche Beurteilung nicht an.
Der Beschwerdeführer wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes nicht in subjektiven Rechten verletzt. Darauf hingewiesen sei, dass bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, denen keine entsprechende Transferzahlung zukommt, die verfassungsrechtlich gebotene, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf Grund der Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern entsprechende einkommensteuerliche Entlastung im Besteuerungsverfahren herbeigeführt werden kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 2003, 2000/15/0204).
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. Juni 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001130160.X00Im RIS seit
09.07.2004Zuletzt aktualisiert am
19.09.2009