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L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des Gesetzes über die Wiener Patientenanwaltschaft mangels Eingriff in die Rechtssphäre des antragstellenden RechtsanwaltesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Der Antragsteller ist Rechtsanwalt in Wien. Mit seinem Antrag vom 31.10.2000 begehrt er die gänzliche Aufhebung des Gesetzes über die Wiener Patientenanwaltschaft, LBGl. Nr. 19/1992 als verfassungswidrig.
Zu seiner Antragslegitimation bringt er folgendes vor:
"a) Ich bin seit 20.07.1999 in die Liste der Rechtsanwälte mit Sitz in Wien eingetragener Rechtsanwalt ... .
b) Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt dürfen nur die in den Listen der Rechtsanwaltskammern eingetragenen Personen führen (§8 Abs4 RAO). Auch ist die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung den Rechtsanwälten vorbehalten (§8 Abs2 RAO). Es besteht kein Zweifel daran, dass eine untersagte bzw. ausschließlich bestimmten Personen vorbehaltene Führung der Bezeichnung Rechtsanwalt auch die Führung der Bezeichnung Anwalt mit einschließt. Dies umso mehr, als letzteres sogar dem üblichen Sprachgebrauch entspricht und die in breitesten Kreisen der Bevölkerung tatsächlich gegebene Verwechslungsgefahr dadurch in keinster Weise ausgeschlossen wird.
c) Für die Existenz einer Rechtssphäre, in die unmittelbar eingegriffen wird, spricht auch, dass ich im Falle, dass es nicht der Gesetzgeber wäre, der die Verwendung des Begriffes Anwalt für die 'Patientenanwaltschaft' vorgesehen hat, wegen Beeinträchtigung meiner aus §8 RAO sowie §43 ABGB ergebenen Rechtsposition Unterlassungsansprüche hätte, die ich im Sinne der Entscheidung des OGH 13.07.1999, 4 Ob 140/99a auch über §9 UWG geltend machen könnte.
d) Aufgrund des gesetzlichen Schutzes der Berufsbezeichnung
'Anwalt' bzw. 'Rechtsanwalt' und meinem Tätigsein im geschäftlichen
Verkehr als Angehöriger eines freien Berufes, in welcher Eigenschaft
ich auch in sämtlichen aktuellen Anwaltsverzeichnissen,
Telefonbüchern sowie im Internet präsent bin, ist eine diesbezügliche
Rechtsposition, ein relevanter Eingriff in diese Rechtssphäre sowie
ein Anspruch und ein legitimes Interesse an der Unterlassung der
Führung einer derartigen Berufsbezeichnung durch andere Personen als
Rechtsanwälte weiters dadurch untermauert, dass ich in einem solchen
Falle im Sinne der Entscheidungen OGH 14.06.1988, 4 Ob 24/88 (= MR
1988, 210) und OGH 31.01.1995, 4 Ob 125/94 (= RdM 1995/10) außerdem
Unterlassungsansprüche aufgrund der §§1 und 2 UWG geltend machen könnte.
e) Das hier bekämpfte Gesetz verletzt mich auch eindeutig im aus den vorhin zitierten Bestimmungen ableitbaren ausschließlichen Recht, die Bezeichnung Rechtsanwalt zu führen, ohne dass sich eine nicht-anwaltliche Person oder Institution Rechtsanwalt, Anwalt oder dergleichen nennt.
f) Ein zumutbarer bzw. überhaupt anderer Weg zur Geltendmachung der hier behaupteten Verfassungswidrigkeit ist nicht existent, im besonderen auch kein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren im Gange, das Gelegenheit zur Anregung eines Antrages auf Normenprüfung bzw. zu einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde bieten würde. Aus all diesen Gründen ist meine Antragslegitimation gegeben."
2. Der Antrag ist unzulässig:
2.1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, VfGH 14.6.1994 V84/93).
2.2. Der antragstellende Rechtsanwalt ist nicht Normadressat des Wiener Patientenanwaltschaftsgesetzes, regelt doch dieses Gesetz lediglich die (nicht hoheitlichen) Aufgaben der Patientenvertretung im Bereich des Gesundheitswesens (Behandlung von Beschwerden, Aufklärung von Mängeln oder Mißständen, Erteilung von Auskünften etc.). Auch die Bezeichnung dieser Einrichtung als "Patientenanwaltschaft" bzw. des Leiters derselben als "Patientenanwalt" macht den antragstellenden Rechtsanwalt weder zum Normadressaten, noch vermag sie in irgendeine damit im Zusammenhang stehende Rechtssphäre des Antragstellers einzugreifen (vgl. in diesem Zusammenhang im übrigen auch das Bundesgesetz vom 1. März 1990 über Vereine zur Namhaftmachung von Sachwaltern und Patientenanwälten, BGBl. Nr. 156/1990 idgF; vgl. überdies §§13 ff Unterbringungsgesetz, BGBl. Nr. 155/1990 idgF). Die aus dem Wettbewerbsrecht abgeleiteten Ausführungen des Antragstellers sind schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil es sich - wie der Antragsteller zu übersehen scheint - bei der Wiener Patientenanwaltschaft um keine zur freiberuflichen, entgeltlichen Parteienvertretung berufene Einrichtung, sondern - der Sache nach - um eine Art"Servicestelle" handelt, die zwischen dem Patienten und der Krankenhausverwaltung in vermittelnder, aufklärender und empfehlender Weise tätig zu werden hat. Die in §1 des Gesetzes über die (beim Amt der Wiener Landesregierung eingerichtete) Wiener Patientenanwaltschaft angegebene Zweckbestimmung dieser Einrichtung, nämlich die "Wahrung und Sicherung der Rechte und Interessen der Patienten in allen Bereichen des Gesundheitswesens in Wien" macht die Patientenanwaltschaft offenkundig nicht zum Parteienvertreter, sondern umschreibt vielmehr jene abstrakt umschriebenen Interessen, aus deren Blickwinkel diese Einrichtung die genannte (in den §§2 ff dieses Gesetzes näher umschriebene) öffentliche Aufgabenstellung zu erfüllen hat.
3. Der Antrag erweist sich daher als unzulässig und war somit zurückzuweisen.
4. Dies konnte gem. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Patientenanwaltschaft, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:G116.2000Dokumentnummer
JFT_09998872_00G00116_00