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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §30 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): AW 2004/07/0027Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge
1. des A, vertreten durch Mag. J, Rechtsanwalt, der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 9. Februar 2004, Zl. WA1-W-41.859/1-04, erhobenen Beschwerde (hg. Zl. 2004/07/0060),
2. des A und der R, beide vertreten durch Rechtsanwalt Mag. J, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 5. März 2004, Zl. WA1-W-41.946/1-04, erhobenen Beschwerde (hg. Zl. 2004/07/0066),
jeweils betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird den Anträgen nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Februar 2004 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 30. April 2004
a) die im Hochwasserabflussbereich des Ortsgrabens befindlichen Anschüttungen auf Grundstück Nr. 15/1 KG G, zu entfernen,
b) die im Hochwasserabflussbereich des Ortsgrabens im Grenzbereich zwischen den Grundstücken Nr. 15/1 und 19, beide KG G, aufgestellte Bretterwand (Länge rund 20 lfm) zu entfernen.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 2004 wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 20. Mai 2004
a) die im Hochwasserabflussbereich des Ortsgerinnes von G auf Grundstück Nr. 15/1 entlang der Grundstücke Nr. 19 und 26/2 errichtete Betonwand mit einer Länge von rund 20 lfm und einer Höhe von bis zu 1,6 m zu entfernen,
b) die im Hochwasserabflussbereich des Ortsgrinnes von G auf Grundstück Nr. 15/1 in östlicher Richtung anschließend an die unter Punkt a) genannte Betonmauer befindlichen Anschüttungen längst der Scheune der Familie F. (Grundstücke Nr. 45 und 18) mit einer Länge von rund 70 lfm, einer durchschnittlichen Breite von rund 2 m sowie einer Mächtigkeit zwischen 0,5 und 0,7 m zu entfernen und
c) die im Hochwasserabflussbereich des Ortsgerinnes von G auf Grundstück Nr. 15/1 auf zu den bereits im Vorjahr durchgeführten Anschüttungen im Hochwasserabflussbereich mit einer Mächtigkeit von rund 10 cm und auf einer Länge von rund 30 lfm durchgeführten Anschüttungen zu entfernen.
Beide Bescheide wurden im Wesentlichen damit begründet, dass nach Ansicht der beigezogenen Sachverständigen von den Beschwerdeführern gesetzte Maßnahmen vorlägen, die sich innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer befänden. Bestimmte Maßnahmen der benachbarten Grundstückseigentümer F. (wie Verrohrung, Anschüttungen und Bauführungen) hätten zu einer nachteiligen Wasserführung bei Hochwasser für die Beschwerdeführer geführt. Diese hätten sich zum Schutz ihrer Grundstücke nunmehr veranlasst gesehen, ihrerseits die gegenständlichen "Schutzmaßnahmen" zu ergreifen, deren Beseitigung Gegenstand der angefochtenen Bescheide sei. Die dabei gesetzten Schritte sperrten aber nach Ansicht der beigezogenen Sachverständigen den verbliebenen Abflussquerschnitt in der Tiefenlinie völlig ab und verschlechterten die bereits ursprünglich zum Nachteil veränderte Abflusssituation noch weiter. Die erhebliche Beeinträchtigung resultiere aus der Tatsache, dass es nun zu einer völligen Verbauung des Abflussquerschnittes mit Ausnahme der Verrohrung komme, welche aber für eine Abfuhr der Hochwässer nicht ausreiche. Da zudem eine große Verklausungsgefahr bestehe, könne in Extremfällen von einer vollständigen Absperrung gesprochen werden. Die anfallenden Wässer würden rückgestaut, führten zu Vernässungen und könnten nur unkontrolliert und daher schadensbringend abfließen.
In ihren Anträgen auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden machen die Beschwerdeführer geltend, es läge keine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vor und es handle sich um "Schutzmaßnahmen" der Beschwerdeführer, welche nicht rechtswidrig sein könnten. Sollte den Beschwerden die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden, so seien weitere Überflutungen und Schädigungen ihrer Grundstücke und der darauf vorhandenen Einrichtungen zu befürchten bzw. sogar zu erwarten. Diese Auswirkungen stellten für die Beschwerdeführer einen unverhältnismäßigen Nachteil dar. Demgegenüber stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine öffentlichen Interessen, insbesondere keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen, wenn man berücksichtige, dass die Behörden bereits längste Zeit mit Beseitigungsaufträgen nach § 138 WRG 1959 gegen die Grundstückseigentümer F. vorgehen hätten können. Diese Möglichkeit bestehe auch jetzt noch, sodass eine bei Hochwasser allenfalls gegebene Gefährdungssituation leicht dadurch beseitigt bzw. vermieden werden könne, wenn den Verursachern der gegebenen Situation entsprechende Beseitigungsaufträge erteilt würden.
Die belangte Behörde erstattete zu den Anträgen Stellungnahmen vom 11. bzw. vom 21. Mai 2004, in denen sie vorbrachte, dass ein konkreter Missstand vorliege, dessen Beseitigung im zwingenden öffentlichen Interesse notwendig sei. Es bestehe eine konkrete Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen. Rechtswidriges Verhalten anderer Personen rechtfertige es nicht, selbst gegen Normen zu verstoßen und ebenfalls einen rechtswidrigen Zustand herbeizuführen. Das öffentliche Interesse an der Nichtbeeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer überwöge nach Ansicht der belangten Behörde die privaten Interessen am Schutz vor Überflutung einzelner Grundstücke eines Einzelnen.
Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Die Beschwerdeführer bestreiten weder in ihren Beschwerdeausführungen noch in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, dass die Auswirkungen der von ihnen gesetzten Maßnahmen eine völlige Absperrung des Abflussquerschnittes in der Tiefenlinie des Gewässers und somit eine massive Beeinträchtigung des Ablaufes des Hochwassers bewirke, wodurch eine Gefahrensituation für die Allgemeinheit im Falle eines Hochwasser eintrete. Nach den auf die Gutachten des Sachverständigen gestützten Feststellungen im angefochtenen Bescheid, von denen im vorliegenden Fall auch der Verwaltungsgerichtshof ausgeht, kann es auf Grund der von den Beschwerdeführern gesetzten Maßnahmen in Extremfällen zu einem unkontrollierten Hochwasserverhalten kommen. Demnach kann aber mit der belangten Behörde davon ausgegangen werden, dass ein zwingendes öffentliches Interesse der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegensteht.
Die für den Fall der Befolgung des wasserpolizeilichen Auftrages - von der belangten Behörde unbestritten - allerdings (wieder) eintretende Gefahrensituation für die Grundstücke der Beschwerdeführer stellt nun aber zweifelsfrei einen Nachteil für die Beschwerdeführer dar, der der für die Allgemeinheit eintretenden Gefährdungssituation gegenüber zu stellen ist. Bei dieser Prüfung der Verhältnismäßigkeit des zu befürchtenden Nachteils für die Beschwerdeführer war deren Interessen (gegenüber den Interessen aller Umlieger) aber kein Vorzug einzuräumen.
Dies auch vor dem Hintergrund folgender Überlegung: Die Beschwerdeführer machen in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung selbst geltend, dass die Behörde bereits die längste Zeit mit Beseitigungsaufträgen nach § 138 WRG 1959 gegen die Grundeigentümer F. vorgehen hätte können, diese Möglichkeit auch jetzt noch bestehe und damit die Gefährdungssituation für die Beschwerdeführer bereinigt werden könne. Dass die Beschwerdeführer von den ohne wasserrechtliche Bewilligung durch die Grundeigentümer F. gesetzten Maßnahmen betroffen sind, wird in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich festgestellt und auch in der Stellungnahme der belangten Behörde vom 11. bzw. 21. Mai 2004 in keiner Weise in Zweifel gezogen. Solcherart von (möglicherweise) eigenmächtigen Neuerungen "Betroffene" nach § 138 Abs. 1 und 6 WRG 1959 können aber ihrerseits einen Antrag auf Beseitigung dieser unzulässigen Neuerung (hier: der ihrer Ansicht nach widerrechtlichen Einbauten bzw. Anschüttungen im Bereich des Gerinnes) stellen. Den Beschwerdeführern steht also selbst ein Mittel zur Verfügung, den für sie drohenden Zustand einer erhöhten Hochwassergefährdung mit einem im Gesetz vorgesehenen Instrument überprüfen und - bei Zutreffen ihrer Behauptungen - beseitigen zu lassen.
Diesfalls führte aber der Vollzug der Aufträge nicht mehr zu einer Gefährdung der Grundstücke der Beschwerdeführer. Auch unter diesem Aspekt stellt der Vollzug der verfahrensgegenständlichen Aufträge keinen für die Beschwerdeführer unverhältnismäßigen Nachteil dar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 8. Juni 2004
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Wasserrecht Interessenabwägung Unverhältnismäßiger Nachteil Zwingende öffentliche InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:AW2004070024.A00Im RIS seit
14.09.2004