TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/15 2004/05/0052

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Veröffentlicht am 15.06.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
58/02 Energierecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
ÖkostromG 2002 §12;
ÖkostromG 2002 §13 Abs1;
ÖkostromG 2002 §13 Abs12;
ÖkostromG 2002 §13 Abs3;
ÖkostromG 2002 §13 Abs4;
ÖkostromG 2002 §13 Abs6;
ÖkostromG 2002 §13 Abs7;
ÖkostromG 2002 §13 Abs8;
ÖkostromG 2002 §13;
ÖkostromG 2002 §4 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Cogeneration-Kraftwerke Management Steiermark GmbH (CMST) in Graz, vertreten durch Dr. Thomas Rabl, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Wagramer Str. 19 (IZD Tower), gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 5. Jänner 2004, Zl. 555.052/330-IV/5/03, betreffend Unterstützungstarif nach § 13 Ökostromgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 richtete die Beschwerdeführerin an die belangte Behörde den Antrag auf Förderung von KWK-Energie durch einen von der belangten Behörde "zu ermittelnden Unterstützungstarif". Der Antrag bezog sich auf zwei am Gelände der Magna Steyr Fahrzeugtechnik AG und Co KG (SFT) in Graz-Tondorf bestehende Anlagen, nämlich eine Gasturbine mit Abhitzekesselanlage zur Warmwassererzeugung und ein Blockheizkraftwerk. Mit Bescheid vom 18. Juni 2003 setzte die belangte Behörde den Unterstützungstarif wie folgt fest:

"Die Anlage Kraftwerk SFT BHKW erhält für die KWK-Energie i. S. des Ökostromgesetzes in Höhe von 11.075.328 kWh einen vorläufigen Unterstützungstarif in Höhe von 1,0375 Cent pro kWh für das Jahr 2003.

Die Anlage Kraftwerk SFT Gasturbinenanlage mit Abhitzekessel erhält für die KWK-Energie i.S. des Ökostromgesetzes in Höhe von

84.802.684 kWh einen vorläufigen Unterstützungstarif in Höhe von 1,0375 Cent pro kWh für das Jahr 2003.

Der Unterstützungstarif ist nach Maßgabe der von der Energie-Control GmbH von den Netzbetreibern eingehobenen Beiträgen in monatlichen Teilbeträgen auszuzahlen.

Die endgültige Feststellung des Unterstützungstarifes erfolgt durch gesonderten Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit nach Ablauf der Abrechnungsperiode."

Nach dem Bescheidspruch waren bestimmte Bedingungen und Auflagen einzuhalten, wobei nach Punkt 4. der Bedingungen sich die belangte Behörde vorbehielt, mit Bescheid den im Spruch bestimmten Unterstützungstarif a) nachträglich gemäß § 13 Abs. 10 ÖkostromG anzupassen und b) entsprechend zu kürzen, wenn infolge einer Erhöhung des Marktpreises eine Verkürzung des Mehraufwandes eintritt.

Dieser Bescheid bildet den Gegenstand des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage, Zl. 2003/05/0129.

Danach nahm die Beschwerdeführerin einerseits einen Umbau ihrer Anlagen vor und änderte andererseits die Verträge mit ihren Abnehmern, sodass ab September 2003 die Anlage zur Gänze dem Betrieb der öffentlichen Wärmeversorgung dient. Dies veranlasste die belangte Behörde zur Neufestsetzung des Unterstützungstarifes mit Bescheid vom 10. November 2003; der Unterstützungstarif wurde in Höhe von 1,245 Cent pro kWh für die Monate September bis Dezember 2003 "vorläufig" festgesetzt. Das Effizienzkriterium als Voraussetzung einer Bemessung nach § 13 Abs. 3 ÖkostromG wurde als erfüllt angesehen, vom dortigen Satz von 1,5 Cent pro kWh wurde in Anwendung des § 13 Abs. 10 letzter Satz ÖkostromG ein Abzug von 17 % vorgenommen. Der Bescheid blieb unbekämpft.

Nach den vorliegenden Verwaltungsakten veranlasste eine (nicht im Akt erliegende) Mitteilung der Energie-Control GmbH die belangte Behörde ohne weiteres Verfahren zur Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Der mit Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit Zl. ... vom 18.6.2003 sowie Zl. vom 10.11.2003 vorläufig festgesetzte Unterstützungstarif wird gemäß § 13 Abs. 3, 4 und 12 Ökostromgesetz vorläufig mit 0,9 Cent/kWh für Anlagen gemäß § 13 Abs. 3 Ökostromgesetz und vorläufig mit 0,65 Cent/kWh für Anlagen gemäß § 13 Abs. 4 Ökostromgesetz neu festgesetzt.

Die aufgrund der oben genannten Bescheide ermittelte 10., 11. und 12. Förderbeitragsrate ist von der Energie-Control GmbH nicht zur Anweisung zu bringen.

Die endgültige Feststellung des Unterstützungstarifes für das Jahr 2003 erfolgt durch gesonderten Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit nach Ablauf der Abrechnungsperiode und Aufrollung."

In der Begründung verwies die belangte Behörde darauf, dass den bisherigen Festsetzungen gemäß § 13 Abs. 3 und 4 ÖkostromG ein Marktpreis von 24 EUR pro MWh unterlegt worden war. Mit der auflösenden Bedingung A 4b dieses Bescheides sei es vorbehalten gewesen, infolge einer Erhöhung des Marktpreises eine Kürzung des Unterstützungstarifes durch neue Festsetzung vorzunehmen. Dieser Fall sei eingetreten, da der Marktpreis im Jahresdurchschnitt auf 26,99 EUR pro MWh gestiegen sei; diesbezüglich wird auf eine Veröffentlichung auf der web-site der Energie-Control GmbH verwiesen. Auszugehen sei von einer Erhöhung dieses Marktpreises um 10 bis 20 % gemäß § 13 Abs. 2 ÖkostromG, wenn die typischen Lastganglinien von relevanten KWK-Anlagen unterlegt würden. Daher sei eine vorläufige Neufestsetzung notwendig gewesen. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Energie-Control GmbH keine weiteren Teilbeträge auszuzahlen habe, da die bereits ausbezahlten Förderbeträge das Unterstützungsvolumen für das Jahr 2003 auf Grund der gestiegenen Marktpreise bereits abdeckten. Nach erfolgter Aufrollung nach Ende der Abrechnungsperiode würde der Unterstützungstarif bzw. das Gesamtausmaß der Unterstützung in einem gesonderten Bescheid bestimmt werden.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Unterlassung einer Kürzung der mit den Bescheiden vom 18. Juni 2003 und 10. November 2003 zuerkannten Unterstützungsbeiträge sowie in ihrem Recht auf Gewährung der Auszahlung der mit den genannten Bescheiden zuerkannten Unterstützungsbeiträge verletzt. Sie macht die Unzuständigkeit der belangten Behörde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der 2. Abschnitt des 2. Teils des Bundesgesetzes, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern und auf dem Gebiet der Kraft-Wärme-Kopplung erlassen werden (Ökostromgesetz), BGBl. I Nr. 149/2002, lautet:

"2. Abschnitt

Elektrische Energie aus KWK-Anlagen

Förderungsvoraussetzungen für KWK-Energie

§ 12. Eine Förderung der Erzeugung von elektrischer Energie, die unmittelbar und effizienzmaximiert als Koppelprodukt bei der Erzeugung von Fernwärme hergestellt wird, aus bestehenden oder modernisierten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (§ 13) ist nur unter der Voraussetzung zulässig, dass

1.

deren Betrieb der öffentlichen Fernwärmeversorgung dient und

2.

eine Einsparung des Primärenergieträgereinsatzes und der CO2-Emissionen im Vergleich zu getrennter Strom- und Wärmeerzeugung erzielt wird.

Kostenersatz für KWK-Energie

"§ 13. (1) Betreibern von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen werden unter Berücksichtigung der Strom- und Fernwärmeerlöse die für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlichen Kosten in einem jährlich durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu ermittelnden Betrag in Cents pro kWh Stromerzeugung (Unterstützungstarif für KWK-Strom) durch die Energie-Control GmbH abgegolten. Diese Kosten bestehen aus den Kostenkomponenten Brennstoffkosten, Kosten der Instandhaltung und Betriebskosten; ausgenommen sind bei bestehenden KWK-Anlagen die Kosten für eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals, Pensionszahlungen, Verwaltungskosten und Steuern. Bei modernisierten KWK-Anlagen werden die Kosten für eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals berücksichtigt. Bei der Kostenermittlung sind auch die beim Betrieb einer KWK-Anlage gegenüber dem Stillstand sich ergebenden Auswirkungen auf die Systemnutzungskosten des Netzbetreibers, in dessen Netz die KWK-Anlage einspeist, mit einzurechnen. Diese Kosten sind bei der Ermittlung des Systemnutzungstarifes hinzuzurechnen. Für die Strommengen, die nicht unmittelbar und effizienzmaximiert als Koppelprodukt bei der Erzeugung von Fernwärme hergestellt werden, werden keine Kostenabgeltungen gewährt. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit kann zur Feststellung des für die Bestimmung des Unterstützungstarifes maßgeblichen Sachverhalts insbesondere auch Sachverständige beiziehen, die dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie der Energie-Control GmbH zur Verfügung stehen.

(2) Eine im Vergleich zu modernen kalorischen Kraftwerksanlagen ohne Wärmenutzung wesentliche Einsparung des Primärenergieträgereinsatzes von KWK-Anlagen liegt dann vor, wenn im Betrachtungszeitraum folgende Relation für die Anlage erfüllt ist:

     2/3*W/B + E/B ( 0,55

     W = Wärmemenge, die an das öffentliche Fernwärmenetz

abgegeben wird (kWh),

     B = Gesamter Brennstoffeinsatz in kWh,

     E = Elektrische Energie (kWh), die an das öffentliche

Elektrizitätsnetz abgegeben wird.

Ab dem Jahre 2005 erhöht sich die aus vorstehender Formel ergebende Relation (Effizienzkriterium) auf 0,6. Die Berechnung des Effizienzkriteriums hat auf monatlicher Basis pro Anlage oder pro Betreiber zu erfolgen. Auf ein Gesamtoptimum hinsichtlich Treibhausgasminderungen ist Bedacht zu nehmen.

(3) Den Betreibern von KWK-Anlagen, die mehr als 10% des Heizwertes des eingesetzten Brennstoffs als Fernwärmeenergie zur öffentlichen Fernwärmeversorgung nutzen, wird, ausgehend von einem Marktpreis für elektrische Energie von 24 EUR/MWh, für die Jahre 2003 und 2004 ein Unterstützungstarif von 1,5 Cent/kWh KWK-Strom in jenem Umfang gewährt, als deren Anlagen die im Abs. 2 bestimmte Relation erfüllen. Die Förderung ab dem Jahre 2005 wird unter Anwendung der Bestimmungen gemäß Abs. 1 bestimmt.

(4) Für Anlagen, die die im Abs. 2 bestimmte Relation nicht erfüllen oder die nur 3% bis 10% des eingesetzten Heizwertes des eingesetzten Brennstoffs zur öffentlichen Fernwärmeversorgung nutzen, beträgt der Unterstützungstarif, ausgehend von einem Marktpreis für elektrische Energie von 24 EUR/MWh, für die Jahre 2003 und 2004 höchstens 1,25 Cent/kWh. Die Förderung ab dem Jahre 2005 wird unter Anwendung der Bestimmungen gemäß Abs. 1 bestimmt.

(5) Die Förderung von bestehenden Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ist bis 31. Dezember 2008 begrenzt. Für modernisierte Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen endet diese Frist mit Ablauf des 31. Dezember 2010.

(6) Die Betreiber der Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen haben mit dem Antrag auf Prüfung des Mehraufwandes alle erforderlichen Unterlagen beizulegen und auf Verlangen des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit die Unterlagen entsprechend zu ergänzen. Dies gilt ebenfalls für Überprüfungen seitens des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit. Dem Antrag sind alle relevanten Daten und Unterlagen, die zur Beurteilung des Sachverhaltes notwendig sind, beizuschließen. Zu diesen Daten und Unterlagen zählen insbesondere die Aufstellung aller Kosten der Erzeugungsanlagen, die Darstellung der Marktpreisentwicklung und Abschätzungen für die beantragte Zeit der Abnahme, die Erlöse aus dem Verkauf der Fernwärme samt den Verträgen zur Lieferung von Fernwärme, die Eigentums- und Vertragsverhältnisse, die fernwärmerelevanten Teile der Erzeugungsanlage betreffend, Anlagengenehmigungsbescheide und sonstige Bescheide die Anlage betreffend, in der Vergangenheit abgeschlossene Stromlieferungsverträge sowie aktuelle Stromlieferungsverträge, Verträge über Brennstoffbezug, Produktionsmengen von Fernwärme und elektrischer Energie in den letzten zehn Jahren und deren zeitliche Aufschlüsselung (monatlich), alle aktuellen Stromlieferungsverträge von allen Anlagen des Betreibers sowie Anteil der Fernwärmeproduktion der Anlage an der gesamten Aufbringung von Fernwärme im Fernwärmenetz.

(7) Der von der Energie-Control GmbH abzugeltende Mehraufwand (KWK-Unterstützungstarif) pro kWh für den gleichzeitig mit Fernwärme erzeugtem Strom wird vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit für jeweils ein Kalenderjahr im Voraus für die jeweilige Anlage bestimmt. Die Betreiber von KWK-Anlagen haben ihre Anlagen so einzusetzen, dass ein möglichst effizienter Betrieb sichergestellt wird.

(8) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ist jederzeit berechtigt, amtswegig eine Überprüfung vorzunehmen, ob die tatsächliche Entwicklung der Kostenstrukturen und des Betriebes der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage den bei der Festlegung des Mehraufwandes zugrunde gelegten Annahmen weiterhin entspricht. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit kann zur Feststellung dieses Sachverhalts insbesondere auch Sachverständige beiziehen, die dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie der Energie-Control GmbH zur Verfügung stehen. Sollten die bei der Festlegung des Mehraufwandes zugrunde gelegten Annahmen nicht zutreffen, hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit den abzugeltenden Mehraufwand neu zu bestimmen.

(9) Bei Lieferungen und Leistungen von Unternehmen, die mit dem Eigentümer oder Betreiber der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage eigentumsrechtlich verbunden sind, ist die Angemessenheit der Preise durch eine Dokumentation der verbindlichen Preisangebote von Unternehmen, die nicht mit dem Eigentümer oder Betreiber der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage eigentumsrechtlich verbunden sind, darzulegen.

(10) (Verfassungsbestimmung) Die Finanzierung des Mehraufwandes für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen erfolgt durch einen einheitlichen Zuschlag (KWK-Zuschlag) auf alle an Endverbraucher abgegebenen Strommengen, der von den Netzbetreibern gemeinsam mit dem jeweiligen Netznutzungsentgelt einzuheben ist und auf der Rechnung für die Endverbraucher getrennt auszuweisen ist. Die Höhe des Zuschlages hat den erwarteten Aufwendungen für die Mehraufwendungen für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zu entsprechen und darf in den Jahren 2003 und 2004 höchstens 0,15 Cent/kWh, in den Jahren 2005 und 2006 höchstens 0,13 Cent/kWh, in den Jahren 2007 und 2008 höchstens 0,10 Cent/kWh und in den Jahren 2009 und 2010 höchstens 0,05 Cent/kWh betragen. Der Zuschlag ist vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit jährlich im Vorhinein festzulegen. Etwaige Differenzen sind im jeweiligen Folgejahr auszugleichen. Kann mit diesen Zuschlägen nicht das Auslangen gefunden werden, so ist der Unterstützungstarif für alle Anlagen anteilsmäßig zu kürzen.

(11) Die gemäß Abs. 10 eingehobenen Beträge sind vom Netzbetreiber monatlich an die Energie-Control GmbH abzuführen. Die Energie-Control GmbH kann den vom Netzbetreiber abzuführenden Beitrag mit Bescheid vorschreiben. Die Energie-Control GmbH hat aus den, von den Netzbetreibern eingehobenen Beträgen die Mittel, die an den Betreiber der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage gemäß Abs. 1 zu entrichten sind, bereitzustellen.

(12) Bei der Ermittlung des Marktpreises für KWK-Strom gemäß Abs. 3 und 4 als Durchschnitt für die letzten zwölf Monate ist der Grundlast- und Spitzenlastanteil entsprechend einer typischen Stromerzeugungsganglinie einer KWK-Anlage zu berücksichtigen. Die Ermittlung und Festlegung des Marktpreises für KWK-Strom erfolgt unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 20."

Diese den Marktpreis betreffende Bestimmung lautet:

"§ 20. Die Energie-Control GmbH hat vierteljährlich die durchschnittlichen Marktpreise elektrischer Grundlastenergie festzustellen und in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Dazu sind öffentlich zugängliche Indizes von Strombörsen oder Institutionen zu verwenden, welche die Erstellung von Indizes durchführen (zB SWEP, Platt's Notierungen)."

Vorauszuschicken ist, wie Schanda, Energierecht3, vor § 1 ÖkostromG darstellt, dass die gesamte Gesetzesvorlage zum ÖkostromG vom Wirtschaftsausschuss als Antrag nach § 27 der GO des Nationalrates eingebracht wurde, sodass keine Begutachtung stattfand und die Gesetzesvorlage dem Parlament nicht schriftlich erläutert wurde, weshalb keine Erläuterungen vorliegen, die eine Hilfe bei der Ergründung des Willens des Gesetzgebers bieten könnten.

Ausgehend von den im Bescheidspruch zitierten Absätzen des § 13 ÖkostromG bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die belangte Behörde zur Bescheiderlassung nicht ermächtigt war, woraus die Unzuständigkeit der belangten Behörde (und wie die Beschwerdeführerin behauptet, auch jeder anderen Behörde) abgeleitet wird. Es ist daher vorrangig nicht die Zuständigkeitsfrage, sondern die Frage zu prüfen, ob das Gesetz die hier vorgenommene Kürzung einer gewährten Unterstützung erlaubt.

Nach § 13 Abs. 7 ÖkostromG bestimmt der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) für jeweils ein Kalenderjahr im Voraus den abzugeltenden Mehraufwand (KWK-Unterstützungstarif). Dies ist hier mit Bescheid vom 11. Juni 2003 erfolgt. Der Abs. 8 dieser Bestimmung berechtigt den BMWA, jederzeit amtswegig eine Überprüfung vorzunehmen, ob die tatsächliche Entwicklung der Kostenstrukturen und des Betriebes der KWK-Anlage den bei der Festlegung des Mehraufwandes zu Grunde gelegten Annahmen weiterhin entspricht.

Bei Untersuchung des Anwendungsbereiches dieser Bestimmung ist zunächst die Frage zu klären, was der Gesetzgeber mit dem Begriff "Mehraufwand" meint. Denkbar wäre nämlich, zumal gerade auf die Kostenstrukturen eingegangen wird, dass er nur die Kosten nach § 13 Abs. 1 ÖkostromG im Auge hat, die aber erst ab dem 1. Jänner 2005 Bemessungsgrundlage sein werden. Andererseits setzt der Gesetzgeber im § 13 Abs. 7 ÖkostromG ausdrücklich den Begriff "Mehraufwand" mit dem Begriff "KWK-Unterstützungstarif" gleich, wobei sich diese Identität auch aus § 13 Abs. 6 ÖkostromG ergibt, weil selbstverständlich auch für die Jahre 2003 und 2004 nur auf Grund eines Antrages nach der letztgenannten Bestimmung ein Unterstützungstarif zugesprochen werden kann. "Mehraufwand" ist daher sowohl die in Anwendung des § 13 Abs. 1 wie auch die in Anwendung des § 13 Abs. 3 und 4 ÖkostromG ermittelte Förderung.

Die Möglichkeit einer Neubestimmung nach § 13 Abs. 8 letzter Satz ÖkostromG besteht unzweifelhaft dann, wenn sich bei einer Bestimmung nach § 13 Abs. 1 ÖkostromG die dort genannten Kosten (Brennstoff-, Instandhaltungs- und Betriebskosten, bei modernisierten Anlagen die Verzinsung) geändert haben. Da aber der Mehraufwand alle Fälle des Unterstützungstarifes erfasst, muss die "tatsächliche Entwicklung der Kostenstruktur und des Betriebes" auch andere Komponenten, jedenfalls auch eine Veränderung des Marktpreises beinhalten.

Dafür spricht, dass die Abs. 3 und 4 des § 13 ÖkostromG ausdrücklich die Berücksichtigung eines bestimmten Marktpreises ("ausgehend von einem Marktpreis von 24 EUR pro kWh") fordern; dies wäre überflüssig, wenn ohne Bedachtnahme auf den Marktpreis die Sätze von 1,5 bzw. 1,25 Cent pro kWh in den Jahren 2003 und 2004 uneingeschränkt Anwendung fänden. Überflüssig wäre aber auch § 13 Abs. 12 ÖkostromG, der die Ermittlung des Marktpreises regelt, wenn der Marktpreis bei der Festlegung des Unterstützungstarifes keine Rolle spielen sollte. Durch die Nennung des (derzeitigen) Marktpreises in § 13 Abs. 3 und 4, durch die Bestimmung des Verfahrens, wie der Marktpreis zu ermitteln ist (§ 13 Abs. 12) und auch durch die in § 13 Abs. 1 erster Satz ÖkostromG geforderte Berücksichtigung der Strom- und Fernwärmeerlöse (also erzielten Preise) bringt der Gesetzgeber klar zum Ausdruck, dass er die Heranziehung des Marktpreises als bestimmende Komponente bei der Ermittlung des Unterstützungstarifes wünscht. Eine unterschiedliche Betrachtungsweise, weil nur im Tatbestand des § 13 Abs. 4 ÖkostromG das Attribut "höchstens" verwendet, ist ausgeschlossen, weil beide Bestimmungen den Marktpreis nennen (vgl. St. Korinek, Das neue Ökostromgesetz, ecolex 2002, 730 ff.: "..., sodass der BMWA den Unterstützungstarif, wenn sich der Marktpreis gravierend verändert, in Anwendung des § 13 Abs. 8 entsprechend anzupassen haben wird").

Die gegenteiligen Argumente der Beschwerdeführerin überzeugen nicht: Soweit sie sich auf das in § 4 Abs. 1 Z. 6 ÖkostromG definierte Ziel der Investitionssicherheit beruft, ist dieses Ziel nicht gefährdet, wenn bei einer Erhöhung der Erlöse die Förderung entsprechend reduziert wird.

Da § 13 Abs. 8 ÖkostromG jederzeit eine Überprüfungsmöglichkeit und daran anknüpfend eine Neufestsetzung vorsieht, bestehen keine Bedenken dagegen, dass auch innerhalb der im § 13 Abs. 7 ÖkostromG genannten Jahresperiode eine solche Neufestsetzung erfolgt.

Der Umstand, dass die belangte Behörde in ihrem Bescheidspruch § 13 Abs. 8 ÖkostromG nicht als Rechtsgrundlage genannt hat, macht den Bescheid nicht rechtswidrig, weil im Gesetz eine Grundlage für eine derartige Kürzung besteht (siehe die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2, E 209 ff wiedergegebenen Beispiele aus der hg. Judikatur). Die belangte Behörde hat wegen der Änderung des Marktpreises eine Änderung des Unterstützungstarifes vorgenommen, dazu war sie in Anwendung des § 13 Abs. 8 ÖkostromG berechtigt. Damit erübrigen sich auch weitere Ausführungen zu der von der Beschwerdeführerin behaupteten Unzuständigkeit.

Das Gesetz sieht zwar ein Verfahren zur Ermittlung des Marktpreises vor, regelt aber nicht, inwieweit sich Veränderungen des Marktpreises auf die Höhe des Unterstützungstarifes auswirken.

§ 13 Abs. 1 ÖkostromG bestimmt grundsätzlich, wie der Unterstützungstarif ermittelt werden soll; für die Jahre 2003 und 2004 gibt es in den Absätzen 3 und 4 Sonderbestimmungen. Da für diese Jahre die veränderliche Marktpreiskomponente zu berücksichtigen ist, kann die Tariffestsetzung, auch wenn § 13 Abs. 1 ÖkostromG noch nicht unmittelbar Anwendung findet, mangels anderer Anhaltspunkte im Gesetz nur unter Bedachtnahme auf die dort genannten Parameter (Erlöse, Kosten) erfolgen.

Was die Bemessung dieser Kürzung betrifft, fehlt dem Bescheid jedoch eine nachvollziehbare Begründung. Es wird überhaupt nicht erklärt, wieso die belangte Behörde bei einer Erhöhung des Marktpreises um rund 11 % (26,99 EUR pro MWh statt 24 EUR pro MWh) zu einer Reduktion des Unterstützungstarifes um 27 % (0,9 Cent sind rund 73 % von 1,245 Cent) bzw. um 37 % (0,65 Cent sind rund 63 % von 1,0375 Cent) gelangt.

Dieser Begründungsmangel trifft auch den 2. Absatz des Spruches des angefochtenen Bescheides, weil nur eine exakte ziffernmäßige Feststellung der Höhe der Jahresförderung unter Bedachtnahme auf eine korrekt berechnete Kürzung auf Grund der Veränderung des Marktpreises die Beurteilung ermöglicht, ob schon nach Auszahlung von 9 Förderraten der Jahresförderungsbetrag erreicht wurde.

Nicht unerwähnt soll schließlich bleiben, dass im ergänzenden Ermittlungsverfahren Verfahrensgrundsätze, wie der des rechtlichen Gehörs, Beachtung finden müssen.

Der angefochtene Bescheid war daher, da der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG).

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Ungeachtet des Parteienantrages konnte in Anwendung des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG von der Durchführung der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

Wien, am 15. Juni 2004

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004050052.X00

Im RIS seit

14.07.2004

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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