TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/15 2004/05/0095

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Veröffentlicht am 15.06.2004
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Index

L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;
21/03 GesmbH-Recht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs1;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs2;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §16 Abs1;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §16 Abs4;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 TPB7;
GmbHG §15;
GmbHG §18;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/05/0096

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde 1. der N und 2. des M, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. Jänner 2004, Zlen. UVS- 07/F/16/4571/2003/16, UVS-07/V/16/4572/2003, UVS- 07/F/16/4569/2003/6, UVS-07/V/16/4570/2003, betreffend Übertretung des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 433,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 7. Februar 2003 richtete der Magistrat der Stadt Wien sowohl an die Erstbeschwerdeführerin als auch an den Zweitbeschwerdeführer je eine Aufforderung zur Rechtfertigung. In dem hier jeweils verfahrensgegenständlichen Punkt 2 wurde den Beschwerdeführern vorgeworfen, als handelsrechtliche Geschäftsführerin (als handelsrechtlicher Geschäftsführer) der F. GesmbH am 20. November 2002 vor der Liegenschaft B-Gasse 3 auf dem öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, einen nicht ortsfesten Verkaufsstand (Punschhütte) aufgestellt gehabt zu haben, ohne hiefür vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben.

Beide Beschwerdeführer rechtfertigten sich damit, dass für die Benützung des Gemeindegrundes in Form eines Vorgartens eine Gebrauchserlaubnis bestehe. Diese inkludiere auch den Gebrauch durch die Aufstellung eines Punschstandes.

Mit Straferkenntnissen des Magistrates der Stadt Wien vom 23. April 2003 wurde den Beschwerdeführern die obgenannte Tat jeweils unter Spruchpunkt 2 angelastet. Die Beschwerdeführer hätten dadurch § 1 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 2 und Tarifpost A 11 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) in der geltenden Fassung in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG verletzt. Über die Beschwerdeführer wurde gemäß § 16 Abs. 4 GAG jeweils eine Geldstrafe von EUR 49,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden, verhängt. Ferner wurde den Beschwerdeführern gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von je EUR 4,90 auferlegt. Begründend führte die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, der Vorgarten bestehe seit 16. November 2002 ohne Bewilligung. Ein Vorgarten werde im Übrigen nach Tarifpost B 7 genehmigt, eine Punschhütte sei ein nicht ortsfester Verkaufsstand und falle entweder unter Tarifpost A 11 (Aufstellung für weniger als 14 Tage) oder Tarifpost C 5. Ein Antrag auf Aufstellung eines nicht ortsfesten Verkaufsstandes (Punschhütte) sei nicht eingebracht worden.

Auf Grund der von den Beschwerdeführern gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen führte die belangte Behörde am 17. Dezember 2003 und am 16. Jänner 2004 mündliche Berufungsverhandlungen durch.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurden die Spruchpunkte 2 der erstinstanzlichen Bescheide mit der Abänderung bestätigt, dass bei den verletzten Rechtsvorschriften die Tarifpost "C 5" zu lauten habe und die Nummer des Landesgesetzblattes mit "2000/26" sowie die Sanktionsnorm als "§ 16 Abs. 4 leg. cit." zu zitieren seien. Zu den Spruchpunkten 2 wurde den Beschwerdeführern ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von jeweils EUR 9,80 auferlegt. Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, der Punschstand sei auf dem bestehenden Podest des Schanigartens errichtet worden. Der Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis dafür sei zwar nach Ansicht der Magistratsabteilung 19 unter der Voraussetzung, dass das bestehende Schanigartenpodest entfernt würde, genehmigungsfähig gewesen. Die Genehmigung sei ausschließlich deshalb nicht erteilt worden, weil der Antrag vom 28. Oktober 2002 nach Begutachtung durch die Magistratsabteilung 19 erst am 18. November 2002 bei der Magistratsabteilung 59 eingelangt sei. Die Magistratsabteilung 59 habe in einem Schreiben an die F. GesmbH mitgeteilt, dass ein Mindestzeitraum von vier Wochen vor dem beabsichtigten Beginn der Standaufstellung unerlässlich gewesen wäre. Damit stehe zwar fest, dass hier eine Verkürzung der Abgabe vorgelegen sei, die jedoch nicht vorgeworfen und daher auch nicht verfahrensgegenständlich sei. Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2003 hätten die Beschwerdeführer ihr Vorbringen, es liege eine Gebrauchserlaubnis vor, die das Aufstellen eines Punschstandes inkludiere, widerrufen. Es habe lediglich einen Bescheid gegeben, der zur Aufstellung von Tischen und Stühlen für die Zeit vom 1. März bis 15. November berechtigt habe. Ob der Punschstand direkt auf dem öffentlichen Gemeindegrund oder auf einem rechtswidrig nicht beseitigten Podest errichtet worden sei, sei unerheblich. Die Beschwerdeführer seien im Übrigen mit den Aufforderungen zur Rechtfertigung ausdrücklich als handelsrechtliche Geschäftsführer der F. GesmbH zu Verantwortung gezogen worden. Eine Zitierung des § 9 VStG als (auch) verletzte Verwaltungsvorschrift sei im Spruch des Straferkenntnisses nicht erforderlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich soweit darin über die Spruchpunkte 2 der erstbehördlichen Straferkenntnisse abgesprochen wird, die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn in diesem Umfang kostenpflichtig wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsstrafverfahren vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen vor, dass nach der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides das Aufstellen des Punschstandes ohne Genehmigung eine Handlung darstelle, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt worden sei. Daher wäre eine Strafe gemäß § 16 Abs. 1 GAG zu verhängen gewesen. Es liege ein Widerspruch im angefochtenen Bescheid vor, da die belangte Behörde trotz dieser eindeutigen Rechtsmeinung die erstinstanzlichen Bescheide bestätigt habe, die von einer Übertretung von Geboten und Verboten des Abschnittes I des GAG ausgehen, welche eine Bestrafung im Sinne des § 16 Abs. 4 GAG nach sich ziehe. Die Beschwerdeführer hätten nicht den Vorwurf erhoben, dass § 9 VStG im Spruch nicht zitiert worden sei. Ihr Vorwurf gehe aber in die Richtung, dass sie nur als handelsrechtliche Geschäftsführer, nicht aber auch als "nach außen Berufene" verfolgt worden seien. Handelsrechtliche Geschäftsführer seien nicht notwendigerweise "nach außen Berufene", da eine juristische Person auch einen verantwortlichen Beauftragten bestellen könne. Im Übrigen sei deshalb, weil der Punschstand auf einem Podest gestanden sei, durch sein Aufstellen das öffentliche Gut nicht gebraucht worden. Nach der Auslegung der belangten Behörde wäre für dieselbe Benützung des Gemeindegrundes eine zweifache Gebrauchsabgabe zu entrichten (für das Podest und für die Aufstellung des Punschstandes). Bei der Gebrauchsabgabe für einen Vorgarten im Sinne der Tarifpost B 7 sei aber vorgesehen, dass für etwaige Gegenstände innerhalb der Einfriedung, die weder mit dem Gebäude noch mit dem Gehsteig fest verbunden seien, eine weitere Abgabe nicht zu entrichten sei. Analoges müsse auch für das Belassen des Podestes eines Vorgartens in der Zeit nach dem 15. November gelten.

§ 1 Abs. 1 und 2 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (GAG), LGBl. Nr. 20 in der hier maßgebenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 42/2003, lautet:

"Abschnitt I

Gebrauchserlaubnis

§ 1. (1) Für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll.

(2) Die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauches von öffentlichem Gemeindegrund (Abs. 1) gehen über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus."

§ 16 GAG in der genannten Fassung lautet auszugsweise:

"§ 16. (1) Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Abgabe verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 21 000 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen.

...

(4) Übertretungen der Gebote und Verbote des Abschnittes I dieses Gesetzes sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 2100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einem Monat zu bestrafen. ..."

Die Tarifpost B 7 des GAG lautet:

"7. für Vorgärten (Aufstellung von Tischen, Sesseln u.a.) von Geschäftslokalen aller Art je m2 Fläche 3,63 Euro, in Fußgängerzonen und verkehrsarmen Zonen je m2 27,25 Euro, mindestens aber 43,60 Euro; die Abfriedung (Geländer, Gitter, Abschlußwand, Zierpflanzen u. dgl.) ist innerhalb der bewilligten Ausmaße aufzustellen; für etwaige Gegenstände innerhalb der Einfriedung, die weder mit dem Gebäude noch mit dem Gehsteig fest verbunden sind und über die zugestandene Vorgartenfläche nicht hinausragen, ist eine weitere Abgabe nicht zu entrichten; die Bewilligung für Vorgärten gilt nur für die Zeit vom 1. März bis 15. November; wird ausnahmsweise die Belassung der Abfriedung ganz oder teilweise über den genannten Zeitraum hinaus bewilligt, erhöht sich die Abgabe um ein Drittel; "

Die Tarifpost C 5 des GAG lautet:

"5. für nicht unter die Tarifposten A 11 und C 4 fallende, nicht ortsfeste Verkaufsstände aller Art und nicht ortsfeste pratermäßige Volksbelustigungsstände aller Art (Schießbuden, Karusselle u.dgl.) 3 vH der Einnahmen."

Soweit sich die Beschwerdeführer darauf berufen, dass der Punschstand auf einem Podest und nicht unmittelbar auf dem öffentlichen Gut gestanden sei, ist ihnen zu entgegnen, dass bereits der Wortlaut des § 1 Abs. 1 GAG deutlich macht, dass es darauf nicht ankommt. Da das Gesetz auch jeden Gebrauch des über dem öffentlichen Gemeindegrund befindlichen Luftraumes umfasst (und ebenso den Gebrauch des unter dem öffentlichen Gemeindegrund befindlichen Untergrundes), kann ein und dieselbe Fläche des öffentlichen Gemeindegrundes auch durch verschiedene Arten des Gebrauches im Sinne des GAG "verwendet" werden. Ob dafür auch eine mehrfache Gebrauchsabgabe zu entrichten ist, kann im vorliegenden Fall, bei dem es nicht um die Abgabepflicht geht, dahingestellt bleiben. Zu bemerken ist, dass auch das in der Tarifpost B 7 genannte Aufstellen von Gegenständen innerhalb der Einfriedung eines Vorgartens eine Art des Gebrauches im Sinne des § 1 Abs. 2 GAG darstellt. Die Tarifpost B 7 normiert lediglich, dass dafür eine weitere Abgabe nicht zu entrichten ist.

Die Beschwerdeführer behaupten nicht, im Zusammenhang mit der Aufstellung des Punschstandes wegen einer Übertretung des § 16 Abs. 1 GAG verfolgt worden zu sein. Ist der Tatbestand des § 16 Abs. 4 GAG erfüllt, so kann es unter diesen Umständen aber dahingestellt bleiben, ob eine Bestrafung des Verhaltens der Beschwerdeführer auch nach § 16 Abs. 1 GAG in Frage kommt (vgl. zur Konkurrenz von Deliktstatbeständen und zur Frage der Doppelbestrafung z.B. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage, S. 408 ff).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss in der Tatumschreibung gemäß § 44a Z 1 VStG zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person strafrechtlich Verantwortlicher begangen hat (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO, S. 765 unter E 62 zitierte hg. Judikatur). Darüber hinaus ist es erforderlich, dass auch die Art der Organfunktion, derzufolge der Täter zur Vertretung nach außen berufen ist, eindeutig angeführt wird (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO, S 765 unter E 63 zitierte hg. Judikatur).

Diesen Anforderungen ist die belangte Behörde gerecht geworden. Es trifft zwar zu, dass für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften ein von dem zur Vertretung nach außen Berufenen verschiedener Verantwortlicher bestellt werden kann, doch ändert dies nichts daran, dass die belangte Behörde dadurch, dass sie die Beschwerdeführer als handelsrechtliche Geschäftsführer der F. GesmbH für schuldig erkannt hat, dem Gebot des § 44a Z 1 VStG ausreichend entsprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2004, Zl. 2003/05/0144). Im Übrigen wird in der Beschwerde nicht vorgebracht, dass die Bestrafung der Beschwerdeführer deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil ein von ihnen verschiedener Verantwortlicher bestellt gewesen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. Juni 2004

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Verantwortlichkeit (VStG §9) zur Vertretung berufenes Organ

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004050095.X00

Im RIS seit

08.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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