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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ArbVG §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. Dezember 2000, Zl. MA 15-II-O 8/99, betreffend Beitragsnachbelastung (mitbeteiligte Partei: O. GmbH in W., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach und Dr. Sieglinde Gahleitner, 1010 Wien, Köllnerhofgasse 6/2), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Die mitbeteiligte Partei bezahlt sowohl ihren Angestellten als auch ihren Arbeitern Bezüge, die über jenen des anzuwendenden Kollektivertrages liegen. Sie schloss mit dem Betriebsrat am 24. November 1997 eine Betriebsvereinbarung betreffend eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung durch Errichtung einer "Zukunftssicherung gemäß § 3/1/15 EStG" sowie durch den Beitritt zu einer Pensionskasse. Diese Betriebsvereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:
"...
Zukunftssicherung gem. § 3/1/15 EStG
1. Geltungsbereich:
(Die mitbeteiligte Partei) und der Betriebsrat erklären ihr Einverständnis mit der Errichtung einer Zukunftsvorsorge gemäß § 3 Abs. 1 Z. 15 EStG für alle Dienstnehmer, die am 01.11.1997, dem Stichtag der Einrichtung der Vorsorge, in einem aufrechten, ungekündigten Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.
Nach dem 01.11.1997 in das Unternehmen eintretende Mitarbeiter werden mit dem Ersten des auf den Eintritt folgenden Monats in die Vorsorge aufgenommen.
Im Falle des Ausscheidens eines in die Vorsorge bereits eingebundenen Dienstnehmers aus dem Unternehmen endet die Prämienzahlung mit dem Letzten des Monats, in dem der Dienstnehmer aus dem Unternehmen ausscheidet.
2. Beiträge des Dienstgebers:
(Die mitbeteiligte Partei) verpflichtet sich, eine Prämie von S 4.000,00 (Viertausend) pro Begünstigtem jährlich zugunsten eines Direktversicherungsvertrages in eine kapitalbildende Lebensversicherung einzuzahlen. In Jahren, in die Zeiten fallen, in denen der Dienstnehmer kein Entgelt bezieht und in die Nichtleistungszeiten wegen Absolvierung des Präsenzdienstes bzw. Zivildienstes oder wegen Karenz des Dienstnehmers fallen, wird der Prämienaufwand aliquot um die Kalendermonate gekürzt, in welchen keine Arbeitsleistung erbracht wird. Angefangene Monate der Nichtleistung sind von der Kürzung nicht betroffen.
Es steht dem Dienstnehmer jedoch frei, die Zahlungen in diesem Zeitraum auf seine eigenen Kosten fortzusetzen.
3. Beiträge der Dienstnehmer:
Die an der Zukunftsvorsorge teilnehmenden Mitarbeiter der (mitbeteiligten Partei) leisten Beiträge an den Prämienzahlungen wie folgt:
-
Bei den Angestellten wird die ab 01.11.1997 bzw. die ab 01.01.1998 fällige Erhöhung der Bruttogehälter auf Grund der Änderung des Kollektivertrages um öS 286,-- (Zweihundertsechsundachtzig) brutto monatlich gekürzt. Die Angestellten verzichten unwiderruflich auf diesen Betrag zugunsten der Prämienzahlung durch (die mitbeteiligte Partei).
-
Bei den Arbeitern wird die am 01.01.1998 gewährte Lohnerhöhung bzw. die ab 01.05.1998 fällige Erhöhung der Bruttolöhne auf Grund der Änderung des Kollektivertrages um öS 286,-- (Zweihundertsechsundachtzig) brutto monatlich gekürzt. Die Arbeiter verzichten unwiderruflich auf diesen Betrag zugunsten der Prämienzahlung durch (die mitbeteiligte Partei).
-
Bei neu eintretenden Mitarbeitern wird der Beitrag des Dienstnehmers vom Gehalt bzw. Lohn abgezogen.
Pensionskasse
1. Allgemeines:
(Die mitbeteiligte Partei) erklärt sich bereit, für (ihre) Mitarbeiter als Ergänzung zu den Leistungen der Sozialversicherung eine zusätzliche Versorgung durch den Beitritt zu einer überbetrieblichen Pensionskasse zu treffen. (Die mitbeteiligte Partei) wird zu diesem Zweck mit einer Pensionskasse ihrer Wahl einen Pensionskassenvertrag abschließen, der die Umsetzung der in dieser Betriebsvereinbarung getroffenen Regelung sicherstellt.
Die Pensionsvorsorge erfolgt durch die Zahlung von Beiträgen (siehe 4.) an die Pensionskasse. Die Pensionsleistungen werden direkt durch die Pensionskasse erbracht. ...
2. Geltungsbereich:
Diese Betriebsvereinbarung wird unbefristet abgeschlossen und tritt mit Stichtag 01.11.1997 in Kraft. Die Teilnahme an der Zusatzvorsorge (Entrichtung von Beiträgen) beginnt mit dem auf die Vollendung des sechsten Dienstmonats folgenden Monatsersten, höchstens aber mit Beitritt des Arbeitgebers zur Pensionskasse (01.11.1997).
...
4. Beiträge des Arbeitgebers:
a) (Die mitbeteiligte Partei) leistet für den Arbeitnehmer nach Erfüllung der o.a. Voraussetzung (also für den dann Anwartschaftsberechtigten, kurz AWB) für die weitere Dauer des Dienstverhältnisses einen monatlichen Beitrag in Höhe von öS 333,-- . Dieser Beitrag wird, beginnend mit 01.01.1998, mit 3 % p.a. valorisiert. In Zeiten, in denen der Arbeitnehmer gegen Entfall der Bezüge karenziert ist, leistet (die mitbeteiligte Partei) keinen Beitrag.
Scheidet der AWB vor dem 31.12. eines Jahres aus dem Dienstverhältnis aus, gebührt nur ein aliquoter, der zurückgelegten Dienstzeit entsprechender Beitrag.
b) Weiters leistet (die mitbeteiligte Partei) in Abhängigkeit von der Dienstzeit zusätzlich jeweils einmalige Beiträge nach folgender Maßgabe:
Für Arbeitnehmer die das
5.
Dienstjahr vollendet haben einen Beitrag von öS 5.000,--
10.
Dienstjahr öS 10.000,--
15.
Dienstjahr öS 15.000,--
20.
Dienstjahr öS 20.000,--
30.
Dienstjahr öS 30.000,--
c) (Die mitbeteiligte Partei) leistet hinsichtlich AWB, die beim Pensionskassenbeitritt bereits mindestens fünf Dienstjahre erworben haben, einen Beitrag in Form eines Einmalerlages, der sich bei Anwendung der unter lit. b) angeführten Staffel aus der Zusammenrechnung der den einzelnen vollendeten Dienstjahren entsprechenden Beiträge ergibt.
d) Von allfälligen Jahresprämien, Boni oder sonstigen Einmalprämien können auf Verlangen des AWB mit Stichtag 01.06. variable Beiträge bis maximal 80 % der Höhe der Fixbeiträge als Einmalbeiträge in die Pensionskasse eingezahlt werden. Zu diesen Beiträgen gewährt (die mitbeteiligte Partei) einen Zuschuss im Ausmaß von 25 % zu dem vom Dienstnehmer festgesetzten Einmalbeitrag.
5. Beiträge der AWB:
Jedem Anwartschaftsberechtigten steht es frei, eine Vereinbarung über die freiwillige Zahlung leistungserhöhender eigener Beiträge an die Pensionskasse zu schließen. Der Anwartschaftsberechtigte kann seine eigene Beitragsleistung jederzeit einstellen oder für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren herab- oder aussetzen.
Die beabsichtigte Änderung in der Beitragsleistung ist (der mitbeteiligten Partei) mindestens 1 Monat vor ihrem Wirksamwerden schriftlich anzuzeigen.
...
Zustimmungserklärung
(Die mitbeteiligte Partei) wird jedem Mitarbeiter eine Erklärung aushändigen, mit der das Einverständnis zur Teilnahme an der Zukunftssicherung und an der Pensionskasse per Unterschrift bekräftigt wird und der Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Sinne dieser Vereinbarung zugestimmt wird.
Mitarbeiter, die der Personalabteilung bis 15.12.1997 keine unterschriebene Zustimmungserklärung übermitteln, werden weder in die Pensionskasse aufgenommen noch wird für sie eine Zukunftssicherung im Sinne dieser Betriebsvereinbarung errichtet.
..."
Für die erwähnte Zustimmungserklärung wurde ein für alle Dienstnehmer gleichlautendes Schreiben mit folgendem Inhalt verwendet:
"Zukunftssicherung, Pensionskasse
Ich teile Ihnen mit, dass ich an den Maßnahmen im Sinne der Betriebsvereinbarung über die Errichtung einer Zukunftssicherung und über den Beitritt zu einer Pensionskasse teilnehmen möchte und erkläre mich ausdrücklich damit einverstanden, dass mein Bruttomonatsbezug um öS 286,-- (Zweihundertsechsundachtzig) zugunsten der Zahlung einer Prämie für eine kapitalbildende Lebensversicherung vermindert wird.
Ich ermächtige Sie, meine Person betreffende Daten an die Versicherungsgesellschaft und an die Pensionskasse im unbedingt erforderlichen Ausmaß weiterzuleiten."
Die Erhöhung der Löhne laut Kollektivvertrag für die Arbeiter erfolgte per 1. Jänner 1998. Die mitbeteiligte Partei bezahlte für die Arbeiter bereits in den Monaten November und Dezember 1997 die Beiträge für die Zukunftssicherung laut Betriebsvereinbarung zusätzlich zum "Anspruchslohn".
Die Erhöhung der Bezüge der Angestellten erfolgte per 1. November 1997. Trotz Abzug der S 286,-- pro Monat lag das Entgelt weiterhin über dem kollektivvertraglichen Mindestlohn. Die Angestellten unterfertigten die Zustimmungserklärung teils im November, teils im Dezember 1997. 1.2. Mit Bescheid vom 1. Juni 1999 verpflichtete die Beschwerdeführerin die mitbeteiligte Partei als Dienstgeberin, für die in der Anlage namentlich angeführten Dienstnehmer für die Zeit vom 1. November 1997 bis 31. Dezember 1997 Beiträge und Umlagen in Gesamthöhe von S 32.101,78 zu entrichten. In der Begründung wurde zu dem unstrittigen Sachverhalt ausgeführt, verzichte ein Arbeitnehmer auf Bezüge, auf die er einen Rechtsanspruch hat, zugunsten einer anderen Verwendung, so verfüge er über diese ihm zustehenden Einkommensbestandteile. Der Gesamtbetrag, das ausbezahlte Entgelt plus Pensionsbeitrag, sei beitragspflichtiges Entgelt. Da es sich um einen regelmäßigen Verzicht handle, sei dieses Entgelt als solches im Sinne von § 49 Abs. 1 ASVG zu bewerten. Die Beurteilung aus Sicht der Sozialversicherung entspreche zur Gänze den steuerrechtlichen Beurteilungskriterien. Lohn- oder Gehaltserhöhungen stünden den Arbeitnehmern uneingeschränkt und unverzichtbar zu. Wenn ein Dienstnehmer auf beide dieser Bezüge verzichte, so verzichte er im Endeffekt auf seinen Nettolohn. Bei der Bemessung der Beitragsleistung sei in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht immer vom Anspruchsprinzip auszugehen. Im Beschwerdefall hätten alle in der Anlage namentlich angeführten Dienstnehmer Anspruch auf Lohn oder Gehalt inklusive der ab 1. November 1997 kollektivertragsmäßig zu gewährenden Erhöhung im Ausmaß von S 286,-- pro Monat.
1.3. Die mitbeteiligte Partei erhob Einspruch. Darin führte sie aus, die Beschwerdeführerin gehe davon aus, dass die Beurteilung der Sozialversicherung zur Gänze den steuerlichen Beurteilungskriterien entspreche. Warum allerdings die Beschwerdeführerin zu einer Sozialversicherungspflicht für die Beiträge an das Versicherungsunternehmen komme, sei völlig unklar. Hinsichtlich der Einbeziehung der Zahlung der Versicherungsprämien für die Arbeiter sei darüber hinaus auszuführen, dass der Verzicht eine kollektivvertragliche Lohnerhöhung ab 1998 betroffen habe. Warum daher bereits im Jahr 1997 ein sozialversicherungsrechtlich relevantes Entgelt vorliegen solle, sei unverständlich. Für den Fall, dass zugunsten der Zukunftssicherung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 15 EStG auf Bezüge verzichtet werde, bestehe im Bundesministerium für Finanzen einhellig die Meinung, dass in diesem Fall keine Lohnsteuerpflicht gegeben sei.
Im Schreiben vom 7. Oktober 1999 wies die mitbeteiligte Partei darauf hin, dass ein Verzicht auf zukünftige kollektivvertragliche Ist-Lohnerhöhungen zulässig sei, wenn es sich um überschaubare künftige Kollektivvertragserhöhungen handle. Da ihre Arbeitnehmer nur auf die Erhöhungen per 1. November 1997 und 1. Jänner 1998 bzw. 1. Mai 1998 verzichtet hätten, sei von überschaubaren Zeiträumen auszugehen (Hinweis auf OGH 8 Ob A 173/98v). Abgesehen davon sei im vorliegenden Fall der Verzicht auf zukünftige Entgelterhöhungen zulässig, weil die Vereinbarung insgesamt gesehen für den Arbeitnehmer günstiger sei. Dies treffe sowohl für einen Brutto- als auch einen Nettovergleich zu.
1.4. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch teilweise stattgegeben. Die Einspruchsbehörde verpflichtete die mitbeteiligte Partei, für die in der Anlage zum bekämpften Bescheid genannten Angestellten für die Zeit vom 1. November 1997 bis 31. Dezember 1997 Beiträge und Umlagen in Gesamthöhe von S 15.883,-- an die Beschwerdeführerin zu entrichten.
In der Begründung wurde zunächst das Verwaltungsgeschehen und der unstrittige Sachverhalt dargestellt. Sodann führte die belangte Behörde aus, der Verzicht der Arbeiter der mitbeteiligten Partei auf die Ist-Lohnerhöhung zugunsten der Prämienzahlung sei erst im Jahr 1998 zum Tragen gekommen. Die mitbeteiligte Partei habe bereits für November und Dezember 1997 den Beitrag für die Arbeiter zur Zukunftsvorsorge zusätzlich zum Anspruchslohn getragen. Bei diesen Beiträgen handle es sich daher um Aufwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer gemäß § 3 Abs. 1 Z. 15 EStG. Diese Beiträge seien gemäß § 49 Abs. 3 Z. 18 lit. a ASVG beitragsfrei. Die Vorschreibung von Beiträgen bezüglich der Arbeiter für die Monate November und Dezember 1997 durch die Beschwerdeführerin sei daher nicht zu Recht erfolgt.
Die Verzichtserklärung der Angestellten sei unbestrittenermaßen erst nach dem Wirksamwerden der Erhöhung nach dem Kollektivvertrag abgegeben worden. Der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. April 1992, 87/08/0121) habe ausgesprochen, dass eine Verschlechterungsvereinbarung, welche die Herabsetzung des Lohnes außerhalb des kollektivvertraglichen Mindestlohnbereiches betreffe, die nach einer am 1. Jänner durchgeführten kollektivvertraglichen Ist-Lohnerhöhung am darauffolgenden 1. Februar mit Wirkung vom 1. Februar vereinbart worden sei, zulässig sei. Im vorliegenden Verfahren stelle sich jedoch die Frage, ob eine Verschlechterungsvereinbarung auch dann zulässig sei, wenn diese nach dem Inkrafttreten der diesbezüglichen kollektivvertraglichen Ist-Lohnerhöhung abgeschlossen worden sei, dann aber die Ist-Lohnerhöhung a priori überhaupt nicht durchgeführt worden sei.
Die belangte Behörde schließe sich in dieser Frage den Rechtsausführungen von Schrank (Zur Zulässigkeit von Verschlechterungsvereinbarungen bei aufrechtem Arbeitsverhältnis, RdW 1983,16) an, wonach es wegen der Normwirkung nicht zulässig und wirksam sei, eine kollektivvertraglich angeordnete Ist-Lohnerhöhung als solche vertraglich abzudingen, also die Erhöhung a priori nicht durchzuführen. "In Anbetracht der Begrenztheit dieser Normwirkung auf den Erhöhungsakt" sei es allerdings möglich, eine durchgeführte Ist-Lohnerhöhung zu einem späteren Zeitpunkt als dem Erhöhungsstichtag durch einvernehmliche Vertragsänderung pro futuro wieder ganz oder teilweise zu beseitigen. Dies bedeute, dass die mit den einzelnen Angestellten rückwirkend per 1. November 1997 abgeschlossene Vereinbarung vom November bzw. Dezember 1997 jeweils erst ab dem Beginn der nächsten Lohnzahlungsperiode als gültig anzusehen sei. Die Vereinbarungen hinsichtlich des Verzichts auf die Ist-Lohnerhöhung, die im November 1997 abgeschlossen worden seien, seien demnach erst ab Dezember 1997 wirksam geworden. Bei jenen Angestellten, die die Vereinbarung erst im Dezember 1997 abgeschlossen hätten, sei diese erst ab Jänner 1998 wirksam geworden. Dies habe zur Folge, dass die monatliche Zahlung von S 286,-- für die Zukunftsvorsorge nur ab jenem Zeitpunkt als beitragsfrei im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 18 lit. a ASVG angesehen werden könne, ab dem die Vereinbarung über den teilweisen Verzicht auf die Ist-Lohnerhöhung wirksam geworden sei.
1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Die Beschwerdeführerin vertritt - wie bereits im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, dass bei den gegenständlichen monatlichen Beträgen von S 286,-- von Aufwendungen des Dienstgebers keine Rede sein könne. Wenn ein Arbeitnehmer auf Bezüge, auf die er einen Rechtsanspruch habe, zugunsten einer anderen Verwendung verzichte, so verfüge er über diese ihm zustehenden Einkommensbestandteile, weshalb auch dieser Betrag weiterhin als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG anzusehen sei.
1.6. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Für die Berechnung der Beiträge ist nicht lediglich der tatsächlich gezahlte Lohn maßgebend, sondern, wenn er den tatsächlich gezahlten Lohn übersteigt, der Lohn, auf dessen Zahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch bestand. Der Beitragsvorschreibung ist daher in diesem Fall der nach dem Kollektivertrag gebührende Lohn zu Grunde zu legen. Ob ein Anspruch auf Geld- oder Sachbezüge im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 28. April 1992, 87/08/0121).
§ 49 Abs. 3 Z. 18 ASVG wurde mit der 19. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 67/1967, durch die wörtliche Übernahme des § 3 Abs. 1 Z. 25 des EStG 1953, BGBl. Nr. 1/1954, in der Fassung der Einkommensteuernovelle 1964, BGBl. Nr. 187, mit Beginn der Beitragsperiode Jänner 1967 in das ASVG aufgenommen. Wie die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur 19. ASVG-Novelle (286 BlgNR. XI. GP, 14) zum Ausdruck bringen, erfolgte diese Einfügung, um dem schon bei der Schaffung des ASVG vorgebrachten Wunsch nachzukommen, die Abzüge vom Lohn für Zwecke der Lohnsteuer und der Sozialversicherung nach Möglichkeit zu vereinheitlichen. Wegen dieser Übereinstimmung können Begriffserläuterungen im Steuerrecht im entsprechenden Zusammenhang auch im Bereich der Sozialversicherung herangezogen werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der in Z. 25 des § 3 auch in das Einkommensteuergesetz 1967 gleichlautend übernommenen Bestimmung sind unter Aufwendungen für die Zukunftssicherung im Sinne dieser Gesetzesbestimmung Ausgaben des Arbeitgebers zu verstehen, die dazu dienen, Arbeitnehmer oder diesen nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, der Invalidität, des Alters oder des Todes des Arbeitnehmers sicherzustellen, und die der Arbeitgeber für die Gesamtheit oder eine Mehrzahl von Arbeitnehmern aufwendet (vgl. etwa das Erkenntnis vom 2. Juli 1991, 89/08/0111).
Durch die 30. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 23/1974, wurde die Z. 18 des § 49 Abs. 3 ASVG an den Wortlaut des § 3 Z. 20 EStG 1972 angepasst, um zu gewährleisten, dass die in Rede stehenden Aufwendungen so wie vor dem Inkrafttreten des EStG 1972 in beitrags- und steuerrechtlicher Hinsicht gleich beurteilt werden (965 BlgNR. XIII GP 13).
Die Änderungen im § 3 EStG 1972 durch die Einkommensteuergesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 469, führten zur Änderung des § 49 Abs. 3 Z. 18 ASVG durch die 31. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 775/1974, mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes und des Lohnsteuerrechtes (1286 BlgNR. XIII GP, 13). Die nachfolgenden Änderungen durch die Bundesgesetze BGBl. Nr. 282/1990 betrafen die Bezeichnung als lit. a und die Einfügung einer lit. b bzw. durch BGBl. I Nr. 67/2001 und BGBl. I Nr. 1/2002 die Währungsumstellung.
§ 49 Abs. 3 Z. 18 lit. a und b ASVG (in der im Streitjahr geltenden Fassung laut BGBl. Nr. 282/1990) bestimmt:
"(3) Als Entgelt im Sinne der Abs. 1 und 2 gelten nicht:
18.a) Aufwendungen des Dienstgebers für die Zukunftssicherung seiner Dienstnehmer, soweit diese Aufwendungen für alle Dienstnehmer oder bestimmte Gruppen seiner Dienstnehmer getätigt werden oder dem Betriebsratsfonds zufließen und für den einzelnen Dienstnehmer S 4.000,-- jährlich nicht übersteigen;
b) Beiträge, die der Dienstgeber für seine Dienstnehmer im Sinne des § 2 Z. 1 des Betriebspensionsgesetzes leistet, soweit sie nach § 4 Abs. 4 Z. 2 lit. a bzw. § 26 Z. 7 des Einkommensteuergesetzes 1988 nicht der Einkommen(lohn)steuerpflicht unterliegen;"
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 4. Juli 1985, 84/08/0006, darauf hingewiesen, dass trotz der Verschiedenheit der Zwecke des Sozialversicherungsrechts und des Einkommensteuerrechts nicht nur hinsichtlich jener Tatbestände, in denen der Gesetzgeber ausdrücklich auf die steuerlichen Vorschriften hinweist, eine Wertung nach steuerrechtlichen Vorschriften geboten ist. Die Parallelität der Formulierungen im Sozialversicherungs- und Einkommensteuerrecht gebietet auch (unter Beachtung der verschiedenartigen Zwecke) in den Fällen eine möglichst einheitliche Interpretation, in denen der Gesetzgeber den steuerrechtlichen Tatbestand (aus dem Grund der Angleichung von Sozialversicherungs- und Steuerrecht) wörtlich übernommen hat.
2.2. Nach der Betriebsvereinbarung wurde die Errichtung einer Zukunftssicherung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 15 EStG 1988 mit dem Beitritt zu einer Pensionskasse verknüpft. Nach dieser Betriebsvereinbarung haben die Dienstnehmer nur die Wahl, an der Zukunftssicherung und an der Pensionskasse teilzunehmen oder keiner dieser Maßnahmen beizutreten. Eine Teilnahme lediglich an der Zukunftssicherung oder lediglich an der Pensionskasse ist nicht möglich. Im Beschwerdefall zahlt der Dienstgeber einerseits 14 mal pro Jahr S 286,-- für jeden Dienstnehmer in den Versicherungsvertrag (das sind S 4.000,--/Jahr) und für alle diese Dienstnehmer, die den "Verzicht" unterschrieben haben, überdies S 333,-- pro Monat in die Pensionskasse (ergibt wieder ca. S 4.000,--/Jahr). Als Gegenleistung für die Teilnahme an beiden Maßnahmen stimmt der Dienstnehmer einer Verminderung seines Bruttomonatsbezuges um S 286,-- durch Verzicht auf die per 1. November 1997 bzw. 1. Jänner 1998 fällige Erhöhung seines Ist-Lohnes auf Grund der Änderung des Kollektivvertrages zu. Die Dienstnehmer verzichten unwiderruflich auf diesen Betrag zugunsten der Prämienzahlung des Dienstgebers in dieser Höhe für die Zukunftssicherung. Die mitbeteiligte Partei als Dienstgeberin nimmt darüber hinaus die Beitragszahlung in eben dieser Höhe an die Pensionskasse vor. Die Beiträge an die Pensionskasse werden von der mitbeteiligten Partei als Dienstgeberin für ihre Dienstnehmer erbracht. Die vertraglich festgelegten Pensionskassenbeiträge sind zufolge § 49 Abs. 3 Z. 8 lit. b ASVG beitragsfrei.
Aufwendungen des Dienstgebers im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 18 lit. a ASVG sind Ausgaben des Dienstgebers für Versicherungsoder/und Versorgungseinrichtungen, die dazu dienen, Dienstnehmer oder diesen nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, der Invalidität, des Alters oder des Todes des Dienstnehmers sicherzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1991, 89/08/0111). Es kommt daher darauf an, ob ein Entgeltanspruch des Dienstnehmers gemäß § 3 ArbVG zulässigerweise in einen Beitrag des Dienstgebers zur Zukunftssicherung und damit in einen Anspruch auf sonstige geldwerte Vorteile aus dem Dienstverhältnis umgewandelt wurde und ob der in Rede stehende Betrag von S 286,-- unter dem Blickwinkel des § 539a Abs. 3 ASVG als eine überkollektivvertragliche Entlohnung beurteilt wird.
2.3. Gemäß § 3 Abs. 1 erster Satz ArbVG können die Bestimmungen in Kollektivverträgen, soweit sie die Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern regeln, durch Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden. Nach § 3 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. sind Sondervereinbarungen, sofern sie der Kollektivvertrag nicht ausschließt, nur gültig, soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger sind oder Angelegenheiten betreffen, die im Kollektivvertrag nicht geregelt sind. Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. sind bei der Prüfung, ob eine Sondervereinbarung im Sinne des Abs. 1 günstiger ist als der Kollektivvertrag, jene Bestimmungen zusammenzufassen und gegenüberzustellen, die in einem rechtlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
Gemäß § 3 Abs. 1 ArbVG gilt im Verhältnis des Kollektivvertrages zur Betriebsvereinbarung und zum Einzelarbeitsvertrag - außer wenn der Kollektivvertrag abweichende Vereinbarungen im Einzelfall ausschließt - das Günstigkeitsprinzip: Betriebsvereinbarungen und Einzelvereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber können kollektivvertragliche Mindestansprüche der Arbeitnehmer nur erweitern und verbessern, nicht aber einschränken. Ob eine Sondervereinbarung gegenüber dem Kollektivvertrag eine günstigere Regelung darstellt, ist nach dem im § 3 Abs. 2 ArbVG festgelegten Günstigkeitsvergleich zu beurteilen. Die Wertung richtet sich nicht nach der subjektiven Einschätzung des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers, sondern nach objektiven Kriterien (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1990, VwSlg. 13.346/A). Bei der Prüfung der Günstigkeit können nicht einzelne Bestimmungen isoliert betrachtet werden, sondern es ist ein Vergleich sachlich und rechtlich zusammenhängender Bestimmungen durchzuführen. Ein rechtlicher und sachlicher Zusammenhang liegt dann vor, wenn die Bestimmungen den selben Regelungsgegenstand betreffen. Der Günstigkeitsvergleich hat grundsätzlich auf den Einzelfall des betroffenen Arbeitnehmers abzustellen und ist auf jenen Zeitpunkt zu beziehen, zu dem einander die in den oben genannten Vergleich einzubeziehenden Bestimmungen des Kollektivvertrages und der abweichenden Einzel- oder Betriebsvereinbarung erstmals gegenübergestanden sind.
Die Einzelvereinbarungen, die nach ihrer wirtschaftlichen Zielsetzung zweifellos intendierten, dass sich die Dienstnehmer gemeinsam mit dem Arbeitgeber an der Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung beteiligen sollten, können nicht unter den in § 3 ArbVG genannten Günstigkeitsgesichtspunkten beurteilt werden, da die zu vergleichenden Faktoren, nämlich die Finanzierung einer Altersversorgung auf der einen Seite und ein höherer Ist-Lohn auf der anderen Seite, in ihrer Wertigkeit nicht auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können und daher der Sache nach nicht quantitativ vergleichbar sind. Ob das eine oder das andere bevorzugt wird, hängt ausschließlich von der jeweiligen individuellen und subjektiven Bewertung ab. Diese Vereinbarungen können daher schon im Ansatz gegenüber der Ist-Lohnerhöhung nicht als günstiger angesehen werden.
Das macht die Vereinbarungen freilich nicht ungültig: Keine arbeitsrechtliche Vorschrift verbietet es dem Arbeitgeber, die Einrichtung einer betrieblichen Pensionsvorsorge davon abhängig zu machen, dass auch die Arbeitnehmer einen Beitrag zu dieser Versorgung leisten. Ebenso wenig verbietet es eine arbeitsrechtliche Vorschrift den Arbeitnehmern, ihre Zustimmung dazu zu erklären, dass zB im Zuge einer Ist-Lohnerhöhung ein bestimmter monatlicher Geldbetrag nicht mit dem Arbeitslohn ausbezahlt, sondern vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer (als seine Beteiligung) in eine Pensionsvorsorge einbezahlt wird. Insoweit liegt aber Einkommensverwendung durch den Arbeitnehmer vor (und kein Beitrag des Arbeitgebers), sodass sich an der Beitragspflicht für jenen Entgeltteil, der in die Pensionsvorsorge einbezahlt wird, nichts ändert.
Soweit die hier strittige Vereinbarung aber darüber hinaus intendiert, den nach dem Parteiwillen wirtschaftlich die Arbeitnehmer belastenden Beitrag in die Pensionsvorsorge als Beitrag des Arbeitgebers erscheinen zu lassen und so die Beitragsfreiheit dieses - nach dem Vorgesagten beitragspflichtigen - Entgeltteils herbeizuführen, ist die Vereinbarung gemäß § 539 ASVG nichtig.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Juni 2004
Schlagworte
Auslegung Allgemein authentische Interpretation VwRallg3/1Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001080028.X00Im RIS seit
16.07.2004Zuletzt aktualisiert am
26.11.2015