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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GelVerkG 1996 §5 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2003/03/0233 E 17. Juni 2004Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Handstanger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des F M in P, vertreten durch Dr. Friedrich Piffl-Percevic, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 4. November 2003, Zl. UVS 413.19-4/2003-12, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für das Mietwagen-Gewerbe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vorliegenden im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Konzession zum Betrieb des Mietwagen-Gewerbes mit zwei Omnibussen am Standort P gemäß §§ 87 und 13 der Gewerbeordnung 1994 idF vor der Gewerberechtsnovelle 2002, BGBl. I Nr. 111, und § 5 Abs. 1 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 entzogen.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28. April 1988 "gemäß §§ 3 Abs. 1 Z. 4, Abs. 2 und 5 Abs. 1 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes" die Konzession zum Betrieb des Mietwagengewerbes mit zwei Omnibussen am genannten Standort erteilt worden. Diese Konzession sei dem Beschwerdeführer von der Erstbehörde mit Bescheid vom 14. August 2003 entzogen worden, weil der Beschwerdeführer zwischen 1991 und 1999 insgesamt fünfmal rechtskräftig verurteilt worden sei, wobei die Verurteilung aus dem Jahr 1998 wegen des Vergehens nach § 269 Abs. 1 StGB zu acht Monaten Freiheitsstrafe und die Verurteilung vom 10. Juni 1999 wegen des Vergehens nach § 107 Abs. 1 StGB zu zehn Monaten Freiheitsstrafe "einen zwingenden Gewerbeentzugsgrund" darstellen würden. Nach Meinung der Erstbehörde würde die Häufung der gerichtlichen Verurteilungen zwischen 1991 und 1999 eindeutig auf ein Charakterbild des Beschwerdeführers hinweisen, wonach eine Wiederholung von Delikten zur Schädigung dritter Personen bei der Ausübung seiner Gewerbeberechtigung nicht ausgeschlossen werden könnte.
Bei der von der belangten Behörde am 5. November 2003 durchgeführten öffentlichen Verhandlung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er derzeit die Konzession lediglich mit einem Omnibus ausüben und diesen Bus selbst lenken würde, er hätte keine Angestellten; darüber hinaus würde er gelegentlich Schülertransporte durchführen. Von der Erstbehörde sei ausgeführt worden, dass bereits im Jahr 2000 beabsichtigt gewesen wäre, die vorliegende Gewerbeberechtigung zu entziehen, davon sei jedoch im Hinblick auf die Angaben des Beschwerdeführers, dass dessen Tochter "in das Unternehmen einsteigen" würde, Abstand genommen worden; der Beschwerdeführer habe jedoch die ihm von der belangten Behörde aufgezeigten rechtlichen Möglichkeiten "zur Überbrückung bis zur Übernahme durch die Tochter" nicht ergriffen, auch hätte dessen Tochter "kein Interesse an einer Betriebsübernahme gezeigt".
Sowohl die Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Graz vom 10. Juni 1999 wegen gefährlicher Drohung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten als auch die Verurteilung dieses Landesgerichts vom 14. August 1998 wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten entsprächen der Tatbestandsvoraussetzung des § 13 Abs. 1 GewO; diese Verurteilungen seien nicht getilgt und unterlägen auch nicht einer Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister.
Bei der Beurteilung des aus der Straftat ersichtlichen Persönlichkeitsbildes gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 sei auch auf das Ausmaß Bedacht zu nehmen, in welchem die über den Gewerbetreibenden verhängte Strafe die in § 13 Abs. 1 GewO genannte Grenze übersteige. Über den Beschwerdeführer sei wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt am 14. August 1998 eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten, das sei mehr als das Zweifache des von der Gewerbeordnung geforderten Zeitausmaßes, ferner wegen gefährlicher Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB am 10. Juni 1999 eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten, das sei mehr als das Dreifache des von der Gewerbeordnung für die Entziehung einer Konzession vorgesehenen Freiheitsentzugs, verhängt worden. Im Zusammenhang mit den weiteren rechtskräftigen Verurteilungen, die alle wegen Verstößen des Beschwerdeführers gegen die körperliche Integrität von Personen erfolgt seien, könne der Argumentation des Beschwerdeführers, dass die Begehung gleicher oder ähnlicher Delikte bei der Ausübung seines Gewerbes "ausgeschlossen sei", nicht gefolgt werden. Insbesondere die Verurteilung wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zeige, dass der Beschwerdeführer nicht jenes Charakterbild aufweise, welches für die sichere Ausübung eines Gewerbes erforderlich sei, bei dem es regelmäßig zu Kontakt mit Personen, nämlich den Fahrgästen sowie im Straßenverkehr darüber hinaus auch mit Staatsorganen, komme.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die ihm vorgeworfene letzte Verurteilung bereits mehr als vier Jahre zurückliegen würde, und er sich zwischenzeitig wohlverhalten hätte, sei auszuführen, dass für die Beurteilung der Persönlichkeit "von einem Gesamtbild der Person" auszugehen sei, weshalb die Behörde nicht auf die Beurteilung bestimmter strafbarer Handlungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums beschränkt sei, sie habe vielmehr "die Neigungen des Verurteilten", nicht nur bezogen auf strafgerichtliche Verurteilungen, im Zusammenhang mit der zeitlichen Entwicklung zu würdigen. Es zeige sich im Beschwerdefall, dass der Beschwerdeführer "über 20 Jahre" unselbstständig tätig gewesen sei und in dieser Zeit strafgerichtlich nicht verurteilt worden sei. Einige Jahre jedoch, nachdem er sich selbstständig gemacht habe, sei er wiederholt (im Zeitraum von 1991 bis 1999 insgesamt fünf Mal) straffällig geworden. Der Beschwerdeführer sei auch mehrmals wegen Übertretungen von Verwaltungsvorschriften rechtskräftig bestraft worden, zuletzt am 20. August 2001. Es sei auch nicht unzulässig, für die Beurteilung des Charakterbildes "auch jahrelang zurückliegende Ereignisse" zu berücksichtigen; darüber hinaus finde sich in der GewO 1994 keine Bestimmung, wonach die Gewerbebehörden "durch jahrelanges Untätigbleiben" bei Vorliegen von Gewerbeentziehungsgründen "das Recht zum Entzug" verwirkt hätten bzw. von dieser Pflicht enthoben wären.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass im Beschwerdefall gemäß § 375 Abs. 4 GewO 1994 die Regelungen der §§ 13 und 87 GewO 1994 idF von ihrer Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 anzuwenden sind.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994, BGBl. Nr. 194, ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 und 2 leg. cit. zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Nach § 13 Abs. 1 GewO 1994 sind (soweit vorliegend maßgeblich) natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, die von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt wurden und die Verurteilung weder getilgt ist, noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt; dies gilt auch, wenn mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.
§ 1 Abs. 2 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 (GelverkG), BGBl. Nr. 112/1996, bestimmt:
"(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, dass die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe gelten."
§ 5 leg. cit. lautet (auszugsweise):
"§ 5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes
1.
die Zuverlässigkeit,
2.
die finanzielle Leistungsfähigkeit und
3.
die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) vorliegen. Der Bewerber hat überdies entsprechend dem beabsichtigten Konzessionsumfang (§ 4) in der in Aussicht genommenen Standortgemeinde oder einer daran unmittelbar angrenzenden Gemeinde über die erforderlichen Abstellplätze außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verfügen. Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession unbeschadet der §§ 87 bis 91 GewO 1994 von der zur Erteilung der Konzession zuständigen Behörde zu entziehen. ..."
In der Beschwerde wird nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz am 1. Februar 1991 wegen § 269 Abs. 1 StGB zu drei Monaten Freiheitsstrafe, mit Urteil des Bezirksgerichts für Strafsachen Graz vom 8. Jänner 1993 wegen § 83 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen, mit Urteil des Bezirksgerichts Eibiswald vom 18. Dezember 1997 wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen, weiters mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 14. August 1998 wegen § 269 Abs. 1 StGB zu acht Monaten Freiheitsstrafe und schließlich mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 10. Juni 1999 wegen § 107 Abs. 1 StGB zu zehn Monaten Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden sei. Angesichts der mit den Urteilen in den Jahren 1998 und 1999 ausgesprochenen Strafen erweist sich (was die Beschwerde nicht in Abrede stellt) die Beurteilung der belangten Behörde, dass vorliegend ein Ausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 gegeben sei, nicht als rechtsirrig. Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund der genannten fünf Straftaten, die innerhalb eines Zeitraums etwa eines Jahrzehnts gesetzt wurden, weiters die Auffassung vertrat, dass nach der Eigenart der strafbaren Handlungen und nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes im Sinn des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 zu befürchten sei, zumal es sich bei Körperverletzung und gefährlicher Drohung um auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende strafbare Handlungen handelt (§ 71 StGB; vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 12. November 1992, Zl. 92/18/0439), und auch die beiden dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Vergehen nach § 269 Abs. 1 StGB auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen. Ferner hat die belangte Behörde bei der Beurteilung des aus den Straftaten ersichtlichen Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers zu Recht auch auf das Ausmaß hingewiesen, in dem die über ihn verhängten Strafen die in § 13 Abs. 1 GewO 1994 genannte Grenze übersteigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. März 1999, Zl. 98/04/0223). Wenn der Beschwerdeführer einwendet, dass seine Verurteilungen nicht auf eine kriminelle Neigung zurückzuführen seien und auch Unzuverlässigkeit nicht vorliegen würde, weil "seinerzeit Umstände" gegeben gewesen seien, welche aus einer "besonderen nicht alltäglichen Situation heraus entstanden" seien und nicht auf eine bestimmte Charaktereigenschaft, die der Ausübung der Konzession entgegenstehen würde, schließen ließen, ist ihm entgegenzuhalten, dass sein wiederholtes Fehlverhalten erkennen lässt, dass er jedenfalls in "nicht alltäglichen Situationen" die Bereitschaft zeigt, Gewalttaten zu setzen, dass solche Situationen gemessen an den Zeitpunkten seiner Verurteilungen nach jeweils wenigen Jahren wieder auftreten, und dass schließlich kein Anhaltspunkt dafür besteht, warum solche Situationen nicht im Rahmen der Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes auftreten könnten. Angesichts des besagten mehrfach wiederholten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers versagt auch sein Einwand, dass seit seiner letzten Verurteilung vier Jahre vergangen seien und er sich seither wohlverhalten hätte. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers war die belangte Behörde auch nicht gehalten, einen neuerlichen "konkreten Anlassfall" für die Entziehung der Gewerbeberechtigung abzuwarten. Schließlich versagt der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 7 Abs. 3 Z. 4 des Führerscheingesetzes und die hg. Rechtsprechung hiezu, weil diese gesetzliche Bestimmung vorliegend nicht maßgeblich ist. Schließlich ist festzuhalten, dass der in der Beschwerde enthaltene Verweis auf "die Ausführung und den Sachverhalt in dem bereits beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. AW 2003/03/0029-7 anhängigen Verfahren" keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe darstellt und daher nicht beachtlich ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2003/18/0348).
Da sich somit die Einwände der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid als unbegründet erweisen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 17. Juni 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003030304.X00Im RIS seit
09.07.2004Zuletzt aktualisiert am
09.11.2015