Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
Grenzüberschreitender Personenverkehr Omnibussen Tschechien 1997;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12. März 2001, uvs-2001/2/019-1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: CF in F, Tschechien, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8/I), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.017,36 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 21. Dezember 2000 wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, er habe
"als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit den Kennzeichen ..... (CZ) und des Sattelaufliegers mit dem Kennzeichen ..... (CZ) (höchstzulässiges Gesamtgewicht über 7,5 t) am 1. September 2000 eine Transitfahrt im gewerbsmäßigen Güterverkehr durch das Gebiet der Republik Österreich auf der Strecke Autobahn A 12 von Deutschland kommend und in Richtung Italien fahrend durchgeführt, wobei bei einer Kontrolle des Landesgendarmeriekommandos für Tirol Außenstelle Wiesing, am 1. September 2000 um 8.35 Uhr auf der A 12 im Gemeindegebiet von Kundl bei km 24 entgegen den Bestimmungen des § 7 Güterbeförderungsgesetz in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) 3298/94 in der Fassung EGVO 1524/96 und EGVO 609/2000 die entsprechende Genehmigung nicht zur Prüfung vorgelegt werden konnte. Es war zwar eine Fahrtenbewilligung für den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr Österreich - Tschechien vom Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr vorhanden, diese war jedoch nicht entwertet."
Der Mitbeteiligte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 3 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 EGVO 1524/96 begangen; über ihn wurde gemäß § 23 Abs. 1 und 2 GütbefG iVm Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) 3298/94 in der Fassung EGVO 1524/96 und EGVO 609/2000 eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- (EUR 1.453,46), Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, verhängt.
Begründend führte die Erstbehörde im Wesentlichen aus, dass die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung auf Grund der von den Beamten des Landesgendarmeriekommandos für Tirol Verkehrsabteilung - Außenstelle Wiesing durchgeführten Erhebungen als erwiesen anzusehen sei. Der Mitbeteiligte habe bei der Kontrolle am 1. September 2000 um 8.35 Uhr auf der A 12 Inntalautobahn im Gemeindegebiet von Kundl bei km 24 die gemäß § 7 GütbefG erforderliche Überstellungsgenehmigung nicht vorweisen können bzw. sei die Fahrtenbewilligung nicht mehr gültig gewesen.
Bei der gegenständlichen Übertragung handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, sodass bereits das bloße Zuwiderhandeln gegen die Vorschrift (Nichtvorweisen der Überstellungsgenehmigung) zur Begehung der Verwaltungsübertretung genüge, unabhängig von den Gründen für dieses Nichtvorweisen. Zur Erfüllung des Tatbildes sei Vorsatz nicht erforderlich, es genüge bereits einfache Fahrlässigkeit. Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes sei dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt des Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und der Beschuldigte nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Die Erstbehörde habe keine Veranlassung, die Angaben der Anzeige anzuzweifeln. Sie erachte es daher aufgrund der Angaben und Feststellungen des Meldungslegers als einwandfrei erwiesen, dass der Mitbeteiligte die ihm zur Last gelegte Übertretung begangen und sich nach der bezogenen Gesetzesstelle strafbar gemacht habe. Es sei Sache des Lenkers eines Lkws, sich über die Rechtslage hinsichtlich der Durchführung einer durch österreichisches Hoheitsgebiet führenden Fahrt - und sohin über die dafür erforderlichen Unterlagen - zu informieren. In den europäischen Rechtsvorschriften seien als Entwertungsmöglichkeit nicht nur der Stempelautomat, sondern auch das Abstempeln an den Grenzkontrollstellen, das Abstempeln durch die innerstaatlichen Behörden des Güterkraftverkehrsunternehmens vor der Einreise in österreichisches Hoheitsgebiet und das Abstempeln durch die Behörde, die die Erstaktivierung der Umweltdatenträger vornehme, genannt. Es sei vollkommen irrelevant, ob der Unternehmer noch eine ungenutzte Bewilligung zur Verfügung habe, weil ja diese Bewilligung bei einer späteren Fahrt verwendet werden könne. Da die gegenständliche Genehmigung weder mit Datum und Unterschrift des Lenkers noch mit einem Entwertungsgerät entwertet worden sei, bestünde die Möglichkeit, dass der Lenker diese Genehmigung mehrmals verwende.
Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten wurde der erstinstanzliche Bescheid mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Mitbeteiligte eine ausgefüllte Bewilligung, die noch bis 31. Dezember 2000 gültig gewesen sei, mitgeführt habe. Er habe diese Bewilligung bei der Einreise nach Österreich nicht gestempelt bzw. anderweitig entwertet. Das Mitführen einer nicht abgestempelten Bewilligung falle nicht unter das Tatbild des § 23 Abs. 1 Z. 3 GütbefG und sei damit nicht strafbar. Das Verfahren sei daher einzustellen. Unrichtigerweise wären in diesem Zusammenhang die Bestimmungen der Verordnung (EG) zitiert worden, die aber mit dem Tatbestand des § 23 Abs. 1 Z. 3 GütbefG nichts zu tun hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde gemäß § 21a GütbefG, in der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der beschwerdeführende Bundesminister kommt in der vorliegenden Amtsbeschwerde - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - aufgrund der Auslegung der Bestimmungen des § 8 Abs. 2 und des § 9 Abs. 1 GütbefG in "verständiger Weise" zum Ergebnis, dass die Übergabe der noch nicht vollständig ausgefüllten Kontingenterlaubnis durch die Behörde für sich allein noch nicht als Bewilligung einer konkreten Fahrt anzusehen sei, sondern dass diese Bewilligung erst durch die Konkretisierung - d.h. Festlegung des Zeitpunktes der Ein- und Ausreise im Formular - durch den Frächter oder den Lenker erfolge. Erst wenn diese Konkretisierung vorgenommen werde, gelte die konkrete Fahrt als bewilligt. Daraus folge, dass derjenige, der eine Kontingenterlaubnis nicht konkretisiere, ohne die erforderliche Bewilligung fahre und damit den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Z. 3 GütbefG verwirkliche.
Hiezu genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des zu einem gleichgelagerten Sachverhalt ergangenen hg. Erkenntnisses vom 3. September 2003, Zl. 2001/03/0138, zu verweisen: Danach sieht § 7 Abs. 1 letzter Satz GütbefG vor, dass eine Bewilligung gemäß § 7 Abs. 1 GütbefG nicht erforderlich ist, wenn u.a. eine Vereinbarung gemäß § 8 GütbefG besteht. Zwischen Österreich und Tschechien besteht eine zwischenstaatliche Vereinbarung u.a. betreffend den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr (BGBl. Nr. 24/1968; Weiteranwendung bestehender österreichisch-tschechoslowakischer Staatsverträge, BGBl. III Nr. 123/1997). Die Verpflichtung des Mitführens und Vorlegen-Könnens gemäß § 7 Abs. 3 GütbefG bezieht sich auf den Nachweis einer Bewilligung gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. Die Verpflichtung des Mitführens und Vorlegen-Könnens gemäß § 9 Abs. 1 GütbefG betrifft die Kontingenterlaubnis gemäß § 8 Abs.1 und 2 GütbefG i.V.m. der jeweiligen zwischenstaatlichen Vereinbarung (hier: der angeführten zwischenstaatlichen Vereinbarung). Im Falle eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 3 bzw. § 9 Abs. 1 GütbefG stellt der Umstand, welche Bewilligung (gemäß § 7 Abs. 1 oder eine Kontingenterlaubnis gemäß § 8 Abs. 1 und 2 GütbefG) mitzuführen ist, ein wesentliches Tatbestandselement der Straftat dar. Im vorliegenden Fall hat sich die erstinstanzliche Behörde zu Unrecht auf § 7 GütbefG als mitzuführende Bewilligung bezogen. Eine Richtigstellung dieses auch in der erstinstanzlichen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. Oktober 2000 erhobenen strafrechtlichen Vorwurfes auf das Nichtmitführen einer Kontingenterlaubnis gemäß § 9 Abs. 1 i.V.m.
§ 8 Abs. 1 und 2 GütbefG würde aber eine unzulässige Auswechslung der innerhalb der Verfolgungsverjährung vorgeworfenen Verwaltungsstraftat bedeuten. In Bezug auf die Verwaltungsstraftat gemäß § 9 Abs. 1 GütbefG ist gemäß § 31 Abs. 1 und 2 VStG bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, ihre Ahndung würde gegen diese Bestimmung verstoßen.
Da sich die Einstellung des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens im Ergebnis als rechtmäßig erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 17. Juni 2004
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Spruch der Berufungsbehörde Ergänzungen des Spruches der ersten Instanz Spruch der Berufungsbehörde Änderungen des Spruches der ersten InstanzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001030161.X00Im RIS seit
08.07.2004