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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H W in G, vertreten durch Dr. Manfred Thorineg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 8/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 1. März 2002, Zl. UVS 303.8-5/2001-17, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 2002 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 29. September 2000 um 17.20 Uhr ein Fahrrad an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt und er habe sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet habe werden können, dass er sich beim Lenken des Fahrrades in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Die Verweigerung sei am 29. September 2000 um 18.25 Uhr erfolgt.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (EUR 1.453,46), im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen, verhängt wurde.
Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Verdacht bestanden habe, dass der Beschwerdeführer an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang beteiligt gewesen sei. Bei der folgenden Amtshandlung habe Revierinspektor S. im Zuge der Einvernahme des Beschwerdeführers bei diesem deutliche Alkoholisierungsmerkmale, wie Alkoholgeruch aus dem Mund, feststellen können und sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, seine Atemluft auf Alkoholgehalt überprüfen zu lassen. Im Fahrzeug des Verkehrsunfallkommandos sei das Atemalkoholgerät Alkotest 7110 MK-III-A der Firma Dräger mitgeführt worden. Revierinspektor S. habe den Beschwerdeführer aufgefordert, sich dem Alkotest zu unterziehen. Dieser habe eingewilligt und es habe nach mehreren Messversuchen um 18.20 Uhr und 18.21 Uhr jeweils ein gültiges Messergebnis erzielt werden können, wobei die Alkoholbeeinträchtigung 0,85 mg/l Atemluft betragen habe. Nach Beendigung des Alkotestes sei am Display des Alkomaten der relevante Messwert erschienen und Revierinspektor S. habe die verwertbaren Messungen ausdrucken wollen. In Folge eines defekten Farbbandes, dieses sei in der Farbbandkassette so verdreht gewesen, dass trotz des Funktionierens des Matrix-Druckers kein Ausdruck möglich gewesen sei, habe kein lesbarer Messstreifen ausgedruckt werden können.
Revierinspektor S. habe an Ort und Stelle den Defekt repariert, wobei ein Ausdruck des ursprünglichen abgeschlossenen und verwertbaren Testes wegen der zu großen Zeitspanne zwischen dem letzten Blasversuch und der abgeschlossenen Reparatur nicht mehr möglich gewesen sei, und habe den Beschwerdeführer aufgefordert, neuerlich seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Der Beschwerdeführer habe am Tattag um
18.25 Uhr eine neuerliche Überprüfung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert und Revierinspektor S. habe die Amtshandlung beendet.
Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, dass der Beschwerdeführer die Aufforderung zur neuerlichen Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zu befolgen gehabt hätte, weil ein Messprotokoll die ordnungsgemäße Atemluftalkoholkontrolle - auch aus Gründen der Beweissicherung - dokumentieren würde, was auch "in der Verordnung des Bundesministeriums für Inneres und der Gebrauchsanweisung des Atemalkoholmessgerätes vermerkt" sei. Der Beschwerdeführer hätte so lange den Alkomaten beatmen müssen, bis der Beamte den Test für beendet erklärt habe, dieser Verpflichtung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen und habe deshalb § 5 Abs. 2 StVO übertreten.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 i.d.F. BGBl. Nr. 518/1994 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand
1.
ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
2.
als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,
auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
Gemäß § 5 Abs. 3 leg.cit. ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft misst und entsprechend anzeigt (Alkomat).
Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 16.000,--
bis S 80.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, "wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht."
Insoweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe ihn verdächtigt, an einem dem Alkomattest vorangegangenen Verkehrsunfall beteiligt gewesen zu sein und habe vom Beschwerdeführer zur Entkräftigung dieses Verdachtes angebotene Zeugen nicht einvernommen, vermag er die Relevanz eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensfehlers nicht darzutun, zumal es im gegebenen Zusammenhang nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer - oder ein anderer Radfahrer - den Verkehrsunfall verursacht hat. Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, vor der Aufforderung zum Alkomattest ein Fahrrad gelenkt zu haben und hat auch nicht bestritten, dass er Alkoholisierungssymptome aufgewiesen hat. Da er somit jedenfalls verdächtig war, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, waren die Voraussetzungen für die Durchführung des Alkomattests gegeben.
Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, dass er bereit gewesen sei, an der Atemluftprobe zur Widerlegung des Verdachts der Alkoholisierung teilzunehmen. Er habe auch ordnungsgemäß zwei Atemluftproben abgegeben, die nach Aussage der Beamten gültig gewesen seien und ein brauchbares Ergebnis gebracht hätten. Damit habe er seine Verpflichtung an der Mitwirkung zur Erzielung verwertbarer Ergebnisses des Alkomattests erfüllt. Die beiden an der Amtshandlung beteiligten Beamten hätten verschiedene Möglichkeiten gehabt, das verwertbare Ergebnis der Atemluftprobe zu dokumentieren, obwohl das Farbband des Druckers defekt gewesen sei.
Die belangte Behörde vertritt dem gegenüber die Ansicht, es sei dem Beschwerdeführer zwar prinzipiell beizupflichten, dass die festgestellte Alkoholisierung von 0,85 mg/l Atemluft auch im Wege eines Aktenvermerkes hätte dokumentiert werden können, es sei jedoch dem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht "durchaus zuzubilligen", dass eine neuerliche Durchführung des Alkomattestes mit dem nunmehr an Ort und Stelle reparierten Drucker durchzuführen sei. Bis zu Beendigung der Amtshandlung habe der Beschwerdeführer seine Atemluft in den Alkomaten einzublasen. Erst nach Beendigung der Amtshandlung durch das Straßenaufsichtsorgan sei die Verpflichtung des Lenkers beendet. Der Ausdruck des entsprechenden Messprotokolles würde einen integrierten Bestandteil der Durchführung des Alkomattestes darstellen, welcher nach zwei gültigen Blasversuchen beendet sei. Somit hätte der Beschwerdeführer die Verpflichtung gehabt, seine Atemluft so lang auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, bis das "nicht ordnungsgemäß funktionierende Gerät", was im Übrigen nicht erwiesen werden habe können, eine entsprechendes Messprotokoll ausgedruckt hätte.
Der belangten Behörde ist einzuräumen, dass der Beschwerdeführer nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes so lange an der Durchführung des Alkomattests mitzuwirken hatte, bis eine gültige Messung seiner Atemluftalkoholkonzentration zu Stande gekommen war, und dass er bis dahin die Durchführung weiterer Blasversuche nicht verweigern durfte (vgl. unter vielen etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2003, Zl. 2003/03/0060). Daraus ist für den Standpunkt der belangten Behörde jedoch nichts gewonnen. Denn diese geht in der Begründung des angefochtenen Bescheides selbst davon aus, dass nach mehreren Blasversuchen des Beschwerdeführers eine gültige Messung seiner Atemluftalkoholkonzentration zu Stande gekommen war und nach Beendigung des Alkomattests auf dem Display des Alkomaten der relevante Messwert aufgezeigt wurde. Erst danach, als versucht worden sei, die Ergebnisse der Messung auszudrucken, habe sich ein Defekt des Farbbandes erwiesen, sodass der Meldungsleger eine Reparatur durchführte und anschließend infolge der großen Zeitspanne ein Ausdruck nicht mehr möglich gewesen sei. Der Beschwerdeführer hat sich somit dem Alkomattest unterzogen und er hat sowohl um 18.20 Uhr als auch um 18.21 Uhr in den Alkomaten seine Atemluft eingeblasen und es konnte am Display das Ergebnis der Messung (0,85 mg/l Atemluftalkoholkonzentration) festgestellt werden. Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer ein verwertbares und auf der Geräteanzeige ausgewiesenes Ergebnis erzielt hat und es nicht in seiner Sphäre lag, dass der Drucker aufgrund eines defekten Farbbandes nicht mehr funktionierte. Damit kann dem Beschwerdeführer rechtens auch nicht vorgeworfen werden, er habe seine Mitwirkung an der Messung verweigert, bevor noch die Amtshandlung abgeschlossen war. Eine Verpflichtung, nach vollständig abgeschlossener gültiger Messung erneut den Alkomattest wiederholen zu müssen, bestand für den Beschwerdeführer nicht.
Insoweit sich die belangte Behörde auf die Verordnung des Bundesministers für Inneres BGBl. 1994/789 und auf die Gebrauchsanweisung des Alkoholmessgerätes bezieht, vermag dies ihren Standpunkt nicht zu stützen, weil sich daraus nicht ergibt, dass die zwei Messungen erst dann als solche verwertbar sind, wenn ein Protokoll darüber vollständig ausgedruckt ist.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 17. Juni 2004
Schlagworte
Alkotest VerweigerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002030111.X00Im RIS seit
09.07.2004Zuletzt aktualisiert am
25.07.2014