Index
E3R E07204010;Norm
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des SO in S, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 25. März 2002, Zl. UVS-7/11612/6-2002, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm über die Berufung gegen Punkt b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses entschieden wurde, wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 13. Juli 2001 wurde dem Beschwerdeführer in Punkt b) zur Last gelegt, er habe am 19. Oktober 2000 um 08.20 Uhr bei einer Verkehrskontrolle und einer Überprüfung der Schaublätter bei Anthering auf der B 158 bei km 15,2 in Richtung Oberndorf als Lenker des nach dem Kennzeichen bestimmten Sattelzugfahrzeuges
"b) als Fahrer die Schaltvorrichtung des Kontrollgerätes nicht ordnungsgemäß betätigt, damit die Lenkzeiten, alle sonstigen Arbeitszeiten, die Bereitschaftszeit, die Arbeitsunterbrechungen und die Tagesruhezeiten und die dazugehörigen Zeichen (Symbole) unterscheidbar aufgezeichnet wurden".
Der Beschwerdeführer habe zu Punkt b) Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 verletzt, weswegen über ihn gemäß § 134 Abs. 1 Kraftfahrgesetz 1967 eine Geldstrafe in Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfall von 2 Tagen) verhängt wurde.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte darin zu Punkt b) im Wesentlichen aus, die Verfolgung einer Person sei unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden sei (§ 31 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 2 und 3 VStG). Verfolgungsverjährung sei eingetreten, weil das Kontrollgerät im Sinne des Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 i. V.m. Art. 4 Z. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nur an Fahrzeugen vorhanden und ordnungsgemäß bedient werden müsse, die einerseits der Güterbeförderung dienten und andererseits das zulässige Gesamtgewicht von 3,5 t überstiegen. Nach Art. 3 dieser Verordnung müsse das Kontrollgerät bei Fahrzeugen eingebaut und benutzt werden, die der Personen- oder Güterbeförderung im Straßenverkehr dienten und in einem Mitgliedstaat zugelassen seien. Da die Tatbestandsmerkmale des Gesamtgewichtes von mehr als 3,5 t sowie, dass das gelenkte Fahrzeug dem Personen- und Güterverkehr diene, bislang in eine Verfolgungsverhandlung nicht aufgenommen worden seien, sei Verfolgungsverjährung eingetreten, "weswegen des Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt ... einzustellen sein wird." Es wurde abschließend der Antrag gestellt, die belangte Behörde möge der Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 13. Juli 2001 in allen 3 Spruchpunkten aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.
Die belangte Behörde führte am 20. Februar 2002 eine mündliche Verhandlung durch. Im Verhandlungsprotokoll ist unter dem Titel "Schlussäußerung des Beschuldigtenvertreters" folgende Aussage des Vertreters des Beschwerdeführers wiedergegeben (angemerkt wird, dass sich der Verweis auf Punkt 2. auf Punkt b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bezieht):
"Zu Punkt 2. ist festzustellen, dass nach der Aussage des Zeugen S... der Zeitgruppenschalter ständig auf Arbeitszeit gestellt gewesen war. Der Beschuldigte hat insofern nicht durch seine Verhaltensweise gegen die angewandte Bestimmung verstoßen, weil es für die Exekutive nachvollziehbar sein muss, ob Lenkpausen und Ruhezeiten eingehalten worden sind, dem Schaublatt nach hat er diese offenbar nicht eingehalten, weswegen dieses Verhalten im Fall einer Arbeitszeitkontrolle sogar zu seinem Nachteil wäre. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Tat ist daher entsprechend gering und wird eine Vorgangsweise nach § 21 VStG beantragt."
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung im Hinblick auf Punkt b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, die sich nach Auffassung der belangten Behörde nur gegen die Höhe der Strafe richtete, Folge gegeben und wurden die verhängte Geldsowie Ersatzfreiheitsstrafe einschließlich des Kostenbeitrages von S 200,-- behoben.
In der Begründung führte die belangte Behörde zu Punkt b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses aus, dass der Beschwerdeführer diese ihm zum Vorwurf gemachte Tat aus den unterschiedlichsten Erwägungen bestritten habe, jedoch in seiner Schlussäußerung ein Vorgehen nach § 21 VStG beantragt habe. Auf Grund dieses Antrages habe der Beschwerdeführer damit seine ursprünglich eingebrachte Berufung in dieser Hinsicht auf eine reine Strafberufung reduziert. Die belangte Behörde hätte sich daher mit dem Schuldspruch und der Rechtmäßigkeit desselben nicht mehr auseinander zu setzen, da "derselbe" (gemeint offensichtlich dieser Teil des Bescheides) mit der Schlussäußerung des Beschwerdeführervertreters in Rechtskraft erwachsen sei. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der Aussage des Meldungslegers, stehe allerdings keinesfalls fest, dass und vor allem inwiefern der Beschwerdeführer den Zeitgruppenschalter unrichtig betätigt habe. Da die belangte Behörde sohin ungeachtet des Vorbringens des Beschwerdeführers zur Überzeugung der Rechtswidrigkeit des Schuldspruches gelangt sei, diesen aber nicht mehr beheben habe können, sei lediglich der Strafausspruch zu beheben.
In der dagegen allein in Bezug auf die Berufungsentscheidung zu Punkt b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Vertreter habe die Berufung im Rahmen der Schlussäußerung bei der mündlichen Verhandlung keineswegs auf eine reine Strafberufung reduziert. In der Berufungsschrift vom 2. August 2001 sei der Antrag gestellt worden, die belangte Behörde möge der Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg in allen drei Spruchpunkten aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen. Hier sei zweifelsfrei vom Vorliegen einer Schuldberufung auszugehen. Eine Reduzierung müsse in eindeutiger Weise und unmissverständlich erfolgen. Der Antrag in der Schlussausführung der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2002, die Verwaltungsstrafbehörde möge nach § 21 VStG vorgehen, neben anderen Ausführungen, könne nicht so verstanden werden, dass über eine Berufung zu entscheiden wäre, welche sich nur mehr gegen die von der Erstinstanz ausgesprochene Strafe richte. Die Ausführungen in der mündlichen Berufungsverhandlung sowie der Antrag des Vorgehens nach § 21 VStG seien neben der Rechtsmittelschrift und deren Inhalt erfolgt. Vielmehr sei es so, dass in der Berufungsverhandlung erstmals Aspekte der Strafbemessung vorgetragen worden seien. Da die belangte Behörde zur Auffassung gelangt sei, der erstinstanzliche Schuldspruch sei rechtswidrig, wäre dieser aufzuheben gewesen und hätte das Verfahren eingestellt werden müssen.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Nach der hg. Rechtsprechung sind Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen, dass eine Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, Zl. 2002/03/0163). Im Lichte dieses Grundsatzes kann aus der wiedergegebenen Aussage des Vertreters des Beschwerdeführers keine Einschränkung der Berufung des Beschwerdeführers auf die Strafhöhe abgeleitet werden. Eine diesbezüglich eindeutige Erklärung des Beschwerdeführers lag mit dieser Stellungnahme nicht vor. Die vorliegende Schlussäußerung des Beschwerdeführers war daher lediglich dahin zu verstehen, dass der Beschwerdeführer in dieser auch die vorgenommene Strafbemessung konkret bekämpfte.
Da die belangte Behörde im Hinblick auf die Berufung zu Spruchpunkt b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu Unrecht davon ausging, dass bloß eine Strafberufung erhoben worden sei, war die allein bekämpfte, im angefochtenen Bescheid zu Spruchpunkt
b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses getroffene Berufungsentscheidung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 17. Juni 2004
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002030132.X00Im RIS seit
22.07.2004