TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/17 2002/03/0277

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Veröffentlicht am 17.06.2004
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Index

91/01 Fernmeldewesen;

Norm

TKG 1997 §41 Abs2;
TKG 1997 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Handstanger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der M AG & Co KG in W, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 9. September 2002, Zl. Z 14/02- 9, betreffend Zusammenschaltungsanordnung (mitbeteiligte Partei:

U AG in W, vertreten durch Gruner & Pohle Rechtsanwälte in 1070 Wien, Kirchengasse 19/11), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gemäß § 41 Abs. 3 i.V.m. § 111 Z. 6 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 32/2002, eine "Teilzusammenschaltungsanordnung" für die Zusammenschaltung des öffentlichen Telekommunikationsnetzes der Beschwerdeführerin mit dem öffentlichen Telekommunikationsnetz der mitbeteiligten Partei "als Ergänzung des Bescheides der Telekom-Control-Kommission vom 30.07.2001 und 5.11.2001, Z 5, 7/01" (Spruchpunkt A); weiters wurden den Verfahrensparteien gemäß § 83 Abs. 2 und 3 TKG Informationspflichten im Falle der Sperre von Zusammenschaltungsverkehr auferlegt (Spruchpunkt B). Schließlich wurden mit Spruchpunkt C Anträge der Beschwerdeführerin auf Erlassung einer Zusammenschaltungsanordnung "insoweit, als über die beantragten Regelungen in den verbundenen Verfahren der Telekom-Control-Kommission Z 5/01 und Z 7/01 bereits mit Bescheiden vom 30.06.2001 und 05.11.2001 rechtskräftig abgesprochen wurde, gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen".

Zwischen den Verfahrensparteien bestehe zum Entscheidungszeitpunkt eine "ungekündigte Anordnung" der belangten Behörde zur Zl. Z 5, 7/01 "vom 30.07.2002 (richtig: 2001) (1. Teilbescheid) und 05.11.2002 (richtig: 2001) (2. Teilbescheid)" betreffend die Regelungen der indirekten Zusammenschaltung (Phase I) und die Regelungen der direkten Zusammenschaltung (Phase II). Auf Grund der amtsbekannten Tatsache, dass die T AG ab 1. Jänner 2002 von der kaskadierten Abrechnung abgegangen sei und daher die Abrechnung des indirekt zwischen den Telekommunikationsnetzen der Verfahrensparteien geführten Verkehrs erst seit Jänner 2002 direkt zwischen diesen zu erfolgen habe, umfasse die genannte Anordnung keine Regelungen über die Modalitäten der direkten Abrechnung des indirekten Verkehrs. Eine diesbezügliche Zusatzvereinbarung sei zwischen den Parteien nicht zu Stande gekommen. Im gegenständlichen Fall liege daher hinsichtlich der Zusammenschaltungsbedingungen der direkten Abrechnung des indirekten Verkehrs keine aufrechte Vereinbarung oder Anordnung vor; betreffend die direkte Abrechnung des direkt übergebenen Verkehrs liege hinsichtlich der im Verfahren Z 5, 7/01 verfahrensgegenständlichen Regelungen eine rechtskräftige aufrechte Anordnung vor. Hinsichtlich der direkten Abrechnung des indirekten Verkehrs seien sämtliche Antragsvoraussetzungen gegeben, sodass diesbezüglich die Anrufung der belangten Behörde als Regulierungsbehörde gemäß § 111 Z. 6 TKG auf Erlassung einer Anordnung gemäß § 41 Abs. 2 und 3 TKG zulässig sei.

Anders stelle sich die Situation betreffend die Regelungen der direkten Abrechnung des direkt übergebenen Verkehrs insoweit dar, als diesbezüglich rechtskräftige Anordnungen bestünden bzw. im Verfahren Z 5, 7/01 entsprechende Anträge rechtskräftig abgewiesen worden seien.

Die Beschwerdeführerin habe Regelungen über die Erbringung von Sicherheitsleistungen beantragt, die für beide Arten der Übergabe von Verkehr gelten sollten und inhaltlich von der aktuellen Regulierungspraxis abweichen würden. Eventualiter habe die Beschwerdeführerin beantragt, ebenfalls für beide Arten der Zusammenschaltung eine Sicherheitsleistung im Wesentlichen in der Art anzuordnen, wie sie "der aktuellen Regulierungspraxis (Z 20/01 ff)" entspreche, mit der Ausnahme, dass die Verzinsung der Akontozahlung geringer beantragt worden sei, als es der Regulierungspraxis entspreche. Nach § 68 Abs. 1 AVG habe die Behörde Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liege eine entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert habe und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren decke, wobei es in erster Linie auf die rechtliche und nicht (nur) auf eine rein technische oder mathematische Betrachtungsweise ankomme. Eine neuerliche Entscheidung einer rechtskräftig erledigten Verwaltungssache sei daher nur dann zulässig, wenn sich in zumindest einem der genannten Elemente eine wesentliche Änderung ergebe. Dies sei jedoch im gegenständlichen Verfahren hinsichtlich der Regelungen betreffend die Sicherheitsleistungen für Entgelte aus direkter Zusammenschaltung nicht der Fall. Weder in zivil- bzw. handelsrechtlicher noch in spezifisch telekommunikationsrechtlicher Hinsicht liege eine Änderung der relevanten Rechtsgrundlage vor. Auch der maßgebliche Sachverhalt habe sich nicht in den für die rechtskräftige Entscheidung wesentlichen Teilen insoweit geändert, dass ein Eingriff in die Rechtskraft der Vorgängerbescheide erfolgen könne. Im Bescheid Z 5, 7/01 sei über die beantragte Verpflichtung jeder Partei, auf bloßes Verlangen der anderen Partei eine Sicherheitsleistung erlegen zu müssen, abgesprochen worden. Dabei sei dem diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin nicht gefolgt worden. Die Frage, ob eine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten sei, wegen der das Vorliegen einer entschiedenen Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG zu verneinen wäre, sei nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung erfahren habe. Im genannten Verfahren sei dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Anordnung einer Sicherheitsleistung deshalb nicht gefolgt worden, weil die Beschwerdeführerin "keine konkreten Beweise für eine schlechte Zahlungsmoral" der mitbeteiligten Partei habe vorlegen können. Die Änderung des Sachverhaltes, aus der die Beschwerdeführerin nunmehr die Zulässigkeit einer neuerlichen Entscheidung ableiten wolle, betreffe dem gegenüber nicht eine behauptete Änderung der Zahlungsmoral der mitbeteiligten Partei, sondern die seit der Entscheidung eingetretenen Liquiditätsprobleme der Telekommunikationsbranche. Zahlungsschwierigkeiten in Bezug auf die mitbeteiligte Partei, die für die rechtskräftige Entscheidung des Verfahrens Z 5, 7/01 entscheidend gewesen seien, würden nicht einmal behauptet. Das insofern entscheidungswesentliche Sachverhaltselement habe daher keine Änderung erfahren, die einen Eingriff in die Rechtskraft der Entscheidung Z 5, 7/01 rechtfertigen könne. Auch eine wesentliche Änderung des Parteibegehrens, aus der sich eine Änderung der "Sache" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG ergeben könne, liege nicht vor: Die Intention, die hinter dem verfahrensgegenständlichen Antrag, soweit er die Abrechnung des direkt übergebenen Verkehrs betreffe, stehe, sei ein und die selbe, wie im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren Z 5, 7/01. Die Beschwerdeführerin möchte eine Regelung, die es ihr ermögliche, die sich auf Grund der Besonderheit der Zusammenschaltung ergebende Vorleistungspflicht des Teilnehmernetzbetreibers absichern zu können. Die genauen Modalitäten der möglichen Regelung einer Sicherheitsleistung (wie Höhe, Verzinsung, Art), die die Beschwerdeführerin nunmehr gegenüber ihrem Antrag im vorangegangenen Verfahren adaptiert habe, seien nach Meinung der belangten Behörde keine so wesentlichen Änderungen des Parteibegehrens, dass im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "eine (zu ergänzen: andere) Sache im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG" vorliege.

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die Regelungen betreffend die direkte Abrechnung des direkten Verkehrs und des indirekten Verkehrs aus Gründen der Praktikabilität nicht unterschiedlich sein könnten. Der Antrag auf Anordnung einer Sicherheitsleistung sei daher hinsichtlich der direkten Zusammenschaltung wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen; hinsichtlich der indirekten Zusammenschaltung sei zur Wahrung der Einheitlichkeit der Abrechnungsbedingungen der beiden Übergabearten ebenfalls keine Regelung der Sicherheitsleistung angeordnet worden.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend und stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über eine zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei entstandene Zusammenschaltungsstreitigkeit; die hierfür maßgeblichen Rechtsvorschriften - § 41 Abs. 1 bis 3 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997 - lauteten wie folgt:

"Verhandlungspflicht

§ 41. (1) Jeder Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes ist verpflichtet, anderen Betreibern solcher Netze auf Nachfrage ein Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben. Alle Beteiligten haben hiebei das Ziel anzustreben, die Kommunikation der Nutzer verschiedener öffentlicher Telekommunikationsnetze untereinander zu ermöglichen und zu verbessern.

(2) Kommt zwischen einem Betreiber eines Telekommunikationsnetzes, der Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, und einem anderen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes eine Vereinbarung über Zusammenschaltung binnen einer Frist von sechs Wochen ab dem Einlangen der Nachfrage nicht zu Stande, kann jeder der an der Zusammenschaltung Beteiligten die Regulierungsbehörde anrufen.

(3) Die Regulierungsbehörde hat nach Anhörung der Beteiligten innerhalb einer Frist von sechs Wochen, beginnend mit der Anrufung, über die Anordnung der Zusammenschaltung zu entscheiden. Die Regulierungsbehörde kann das Verfahren um längstens vier Wochen verlängern. Die Anordnung ersetzt eine zu treffende Vereinbarung. Die Regulierungsbehörde hat dabei die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften, die nach Art. 6 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision - ONP) (ABl. Nr. L 192 vom 24.7.1990, S 1) vom Europäischen Parlament und vom Rat erlassen werden, zu beachten. Entsprechend der Richtlinie findet der Grundsatz der Kostenorientiertheit nur bei der Festlegung der Höhe der Entgelte von marktbeherrschenden Unternehmen Anwendung."

2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf angemessene Zusammenschaltungsbedingungen und insbesondere in ihrem Recht, nicht Adressat einer Zusammenschaltungsanordnung zu werden, die nicht vollständig dem Gesetz entspricht, insbesondere in ihrem Recht, durch eine Zusammenschaltungsanordnung nicht zu Vorleistungen verpflichtet zu werden, ohne eine entsprechende Sicherheit für die Einbringlichkeit der Gegenforderung zu haben," verletzt zu sein. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid, entgegen dem Antrag der Beschwerdeführerin, keine Anordnung hinsichtlich einer Sicherheitsleistung getroffen. Die Nichtanordnung einer Sicherheitsleistung durch die belangte Behörde stütze sich zum Einen darauf, dass einer Sicherheitsleistung für die Abrechnung sowohl des direkten als auch des indirekt übergebenen Verkehrs das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegenstehe, da diese Frage hinsichtlich des direkt übergebenen Verkehrs bereits im Verfahren Z 5, 7/01 rechtskräftig entschieden worden sei, zum Anderen darauf, dass eine Sicherheitsleistung für die Abrechnung nur des indirekt übergebenen Verkehrs insoferne nicht in Betracht komme, als die Regelungen betreffend die Abrechnung des direkten Verkehrs und jene betreffend des indirekten Verkehrs nicht unterschiedlich sein könnten. Beide Argumente seien unrichtig. Zwar sei der Behörde darin zuzustimmen, dass sich die relevanten Rechtsgrundlagen nicht geändert hätten, jedoch sei die in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretene Ansicht der belangten Behörde unzutreffend, wonach sich auch der Sachverhalt nicht in wesentlichen Teilen geändert hätte. Es werde sogar von der belangten Behörde ausdrücklich zugestanden, dass das Auftreten von Liquiditätsproblemen in der gesamten Branche nach der Entscheidung in den Verfahren Z 5, 7/01 sowie die verstärkt auftretenden Insolvenzfälle zu einer Änderung des Sachverhaltes geführt hätten und die belangte Behörde daher aus diesem Grunde eine geänderte Regulierungspraxis anwende. Der Relevanz dieser Änderung des Sachverhaltes stehe es nicht entgegen, dass der Bescheid vom 30. Juli 2001, Z 5, 7/01 die Nichtanordnung einer Sicherheitsleistung nur damit begründe, dass die Beschwerdeführerin keine konkreten Beweise für eine schlechte Zahlungsmoral der mitbeteiligten Partei vorlegen habe können und sich daran nichts geändert habe.

Auf Grund des Aufkommens von Liquiditätsproblemen in der gesamten Branche liege nunmehr ein geänderter Sachverhalt vor. Diese Liquiditätsprobleme würden eine entscheidungswesentliche Tatsache für die Entscheidung über die Anordnung einer Sicherheitsleistung darstellen. Der Bescheid vom 30. Juli 2001, Zl. Z 5, 7/01, thematisiere die Frage nach Liquiditätsproblemen in der gesamten Branche nicht. Da eine Sicherheitsleistung nicht vorgeschrieben worden sei, liege diesem Bescheid offenkundig die Annahme zu Grunde, dass keine Liquiditätsprobleme in der gesamten Branche gegeben seien. Dies entspreche auch den Ausführungen der belangten Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid. Derzeit seien jedoch Liquiditätsprobleme in der gesamten Branche gegeben. Der für eine Entscheidung über die Anordnung von Sicherheitsleistungen maßgebliche Sachverhalt habe sich in einem wesentlichen Punkt geändert; res judicata liege daher nicht vor. Der Anordnung einer Sicherheitsleistung auch für den Bereich des direkt übergebenen Verkehrs stehe somit die Rechtskraft des Bescheides vom 30. Juli 2001, Z 5, 7/01, nicht entgegen. Damit verliere auch das zweite Argument der belangten Behörde, wonach eine Unterschiedlichkeit zwischen direkt übergebenem Verkehr und indirektem Verkehr im Hinblick auf die Anordnung einer Sicherheitsleistung aus Praktikabilitätsgründen nicht möglich sei, seine Relevanz.

3. Diesem Vorbringen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Wie von den Parteien des Verwaltungsverfahrens und der belangten Behörde übereinstimmend vorgebracht wird, hat die belangte Behörde mit einem Bescheid vom 30. Juli 2001, Zl. Z 5, 7/01, sowie mit einem zweiten Teilbescheid vom 5. November 2001, Zl. Z 5, 7/01, eine Zusammenschaltungsanordnung "betreffend die Regelungen der indirekten Zusammenschaltung (Phase I) und die Regelungen der direkten Zusammenschaltung (Phase II)" getroffen. Gemäß § 41 Abs. 3 TKG ersetzt eine derartige Anordnung eine zwischen den an der Zusammenschaltung beteiligten Unternehmen zu treffende Vereinbarung. Da nach § 41 Abs. 2 TKG eine Anrufung der Regulierungsbehörde nur zulässig ist, wenn zwischen den beteiligten Unternehmen keine Zusammenschaltungsvereinbarung besteht, ist während der Geltungsdauer einer Zusammenschaltungsanordnung - ebenso wie während eines aufrechten Zusammenschaltungsvertrages - die Anrufung der Regulierungsbehörde ausgeschlossen, soweit nicht entweder im Hinblick auf die Fortführung des Zusammenschaltungsverhältnisses besondere Regeln über die Neuaushandlung der Zusammenschaltungsbedingungen im Rahmen sogenannter "Öffnungsklauseln" (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2002/03/0273) vorgesehen sind oder die Anrufung Zusammenschaltungsleistungen betrifft, die nicht Gegenstand der bestehenden Anordnungen sind.

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass sowohl hinsichtlich der Abwicklung des direkten Verkehrs als auch hinsichtlich der Abwicklung des indirekten Verkehrs die mit den zitierten Bescheiden der belangten Behörde zur Zl. Z 5, 7/01 erlassenen Zusammenschaltungsanordnungen das zwischen den Parteien des Verwaltungsverfahrens bestehende Zusammenschaltungsverhältnis abschließend regeln sollten. Wie sich aus der sowohl von der Beschwerdeführerin als auch der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei in ihren Äußerungen zitierten Bescheidbegründung zum Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juli 2001, Zl. Z 5, 7/01, ergibt, stellt das Unterbleiben einer Anordnung betreffend die Sicherheitsleistung in diesem Bescheid keine Unvollständigkeit in dem Sinne dar, dass die Regelung möglicher Sicherheitsleistungen ausgespart und Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung oder Anordnung werden sollte. Die belangte Behörde ist vielmehr einem Antrag der Beschwerdeführerin zur Regelung von Sicherheiten im Zusammenschaltungsverhältnis aus den von der Behörde in diesem Bescheid dargelegten Gründen nicht gefolgt.

Die Beschwerdeführerin stützt ihr im beschwerdegegenständlichen Verfahren neuerlich gestelltes Begehren auf Anordnung von Sicherheitsleistungen vor allem darauf, dass sich der Sachverhalt in wesentlichen Teilen - gegenüber der Entscheidung in den vorangegangenen Verfahren - geändert habe. Von der belangten Behörde werde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich zugestanden, dass das Auftreten von Liquiditätsproblemen in der gesamten Branche nach der Entscheidung "in den Verfahren Z 5, 7/01" sowie die verstärkt auftretenden Insolvenzfälle zu einer Änderung des Sachverhalts geführt hätten und die belangte Behörde daher eine geänderte Regulierungspraxis anwende.

Hiezu ist zunächst darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid - von der Beschwerdeführerin unbestritten - festgestellt hat, dass die Zusammenschaltungsanordnungen vom 30. Juli 2001 und vom 5. November 2001, welche das Zusammenschaltungsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei regeln, ungekündigt aufrecht seien. Wie sich aus Punkt 11 des Allgemeinen Teils der von der belangten Behörde erlassenen Zusammenschaltungsanordnung vom 30. Juli 2001 ergibt, bestand für beide Parteien des Zusammenschaltungsverhältnisses die Möglichkeit, dieses unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von vier Monaten zum Ende jedes Kalendermonats zu kündigen; lediglich für die verkehrsabhängigen Zusammenschaltungsentgelte wurde in der Anordnung der belangten Behörde vom 5. November 2001 eine abweichende Geltungsdauer (Befristung bis zum 31. Dezember 2002) festgelegt. Es wäre der Beschwerdeführerin daher möglich gewesen, das Zusammenschaltungsverhältnis jedenfalls nach Punkt 11.3. der Zusammenschaltungsanordnung durch ordentliche Kündigung - dass die Voraussetzungen für die bei Dauerschuldverhältnissen jederzeit mögliche Auflösung aus wichtigem Grund vorgelegen wären, lässt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen - zu beenden, um im Wege von Verhandlungen mit der mitbeteiligten Partei, oder - sollte im Verhandlungsweg keine Einigung erzielt werden können - gegebenenfalls durch eine darauf folgende Anrufung der belangten Behörde gemäß § 41 Abs. 2 TKG eine Neuregelung des Zusammenschaltungsverhältnisses zu erreichen. Die Bedenken Raschauers (in FS Krejci (2001), S. 2077), wonach in einem derartigen Fall ein "vertragsloser Zustand" eintreten würde, der für den auf die Leistung seines Zusammenschaltungspartners angewiesenen Unternehmer unzumutbar wäre (jedenfalls wenn er einem marktbeherrschenden Unternehmer gegenübersteht), treffen im vorliegenden Fall nicht zu, da die in der aufrechten Zusammenschaltungsanordnung vorgesehenen Kündigungsregeln die Möglichkeit vorsehen, über Wunsch jedes an der Zusammenschaltung beteiligten Unternehmens die Zusammenschaltungsbeziehung über den Kündigungstermin hinaus fortzusetzen, bis eine Vereinbarung abgeschlossen oder eine das Zusammenschaltungsverhältnis regelnde Anordnung erlassen wird.

Da im gegenständlichen Fall weder die Beschwerdeführerin noch die mitbeteiligte Partei vom Kündigungsrecht im Hinblick auf die Zusammenschaltungsanordnung vom 30. Juli 2001 Gebrauch gemacht hatten und auch ein anderer Auflösungsgrund nicht eingetreten war, bestand für das Zusammenschaltungsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei zum Zeitpunkt der Antragstellung vor der belangten Behörde zur Erlassung der - nunmehr angefochtenen - Zusammenschaltungsanordnung eine aufrechte, die vertragliche Vereinbarung ersetzende Anordnung der belangten Behörde, sodass sich die Anrufung der Regulierungsbehörde gemäß § 41 Abs. 2 TKG im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin beantragten Regelungen über Sicherheitsleistungen schon aus diesem Grunde als unzulässig erwies.

Auch wenn die belangte Behörde die mit Spruchpunkt C des angefochtenen Bescheides erfolgte Zurückweisung der Anträge der Beschwerdeführerin auf Anordnung von Sicherheitsleistungen nicht mit dem Fehlen der Antragsvoraussetzungen gemäß § 41 Abs. 2 TKG, sondern mit dem Hinweis auf das Vorliegen einer entschiedenen Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG begründet hat, hat sie die Anträge der Beschwerdeführerin daher im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, sodass die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt ist.

4. Die Parteien des Verwaltungsverfahrens gingen übereinstimmend davon aus, dass eine Ergänzung der bestehenden Regelungen ihres Zusammenschaltungsverhältnisses erforderlich war, um den von der Telekom Austria AG vorgesehenen Änderungen im Abrechnungsmodus für die zwischen den Parteien des Verwaltungsverfahrens bestehende indirekte Zusammenschaltung Rechnung zu tragen, da in den zitierten Anordnungen der belangten Behörde vom 30. Juli 2001 und 5. November 2001 auf diese Umstellung der Abrechnung des indirekten Verkehrs nicht hatte Bedacht genommen werden können.

Da über die - auf Grund der Abrechnungsänderung durch den Transitnetzbetreiber erforderlichen - Ergänzungen der Bedingungen für die Zusammenschaltung der Netze der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei keine Einigung zu Stande gekommen war, war - nur diesbezüglich - die Anrufung der Regulierungsbehörde nach Durchführung entsprechender Verhandlungen im Sinn des § 41 Abs. 2 TKG zulässig. Dass sich durch die Änderung der Abrechnung eine abweichende Beurteilung des Erfordernisses besonderer Bestimmungen über Sicherheitsleistungen zwingend ergeben hätte, ist nicht ersichtlich und wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht vorgebracht. Die Anrufung der Regulierungsbehörde erwies sich damit zwar im Hinblick auf die Regelungen über die direkte Abrechnung der indirekten Zusammenschaltung, nicht jedoch hinsichtlich der sonstigen Anträge der Beschwerdeführerin auf Anordnung von Regelungen über die Sicherheitsleistung als zulässig.

Wie bereits dargelegt, ist das Vorliegen einer aufrechten Zusammenschaltungsanordnung für den relevanten Zeitraum dem Bestand einer Zusammenschaltungsvereinbarung gleichzuhalten und hindert daher die Anrufung der Regulierungsbehörde insoweit, als das Zusammenschaltungsverhältnis durch die Zusammenschaltungsanordnung geregelt ist. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides keine Bestimmungen über Sicherheitsleistungen aufgenommen hat.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. Juni 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002030277.X00

Im RIS seit

22.07.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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