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L82000 Bauordnung;Norm
AVG §8;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/06/0143Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerden des Dipl. Ing. MW in W, vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 1,
1. gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 16. Februar 2000, Zl. 03-12.10 P 37 - 00/26, (protokolliert zu Zl. 2002/06/0142) betreffend Aufhebung eines Bescheides betreffend Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme, den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen;
und
2. gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. August 2002, Zl. FA13A-12.10 P 37 - 02/27, (protokolliert zu Zl. 2002/06/0143) betreffend Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Zustellung des erstangefochtenen Bescheides (mitbeteiligte Partei: CR in S, vertreten durch Dr. Gerald Carli, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Raimund - Obendrauf - Straße 9), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des vorliegenden Falles wird auf die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1992, Zl. 92/06/0148, und vom 16. Oktober 1997, Zl. 96/06/0185, hingewiesen. Auch darin ging es bereits um einen Zubau der mitbeteiligten Partei auf einem, an ein Grundstück des Beschwerdeführers angrenzenden Grundstück.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen und in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde P vom 13. Oktober 1998 wurde die Mitbeteiligte zum Beschwerdeverfahren Zl. 2002/06/0043 "als Besitzerin der Liegenschaft" aufgefordert, eine auf ihrem Grundstück errichtete "Holzlage" bis zum 31. Dezember 1998 zu beseitigen. Infolge Nichterfüllung dieses Auftrages und nach Androhung einer Ersatzvornahme durch die Bezirkshauptmannschaft H trug diese mit Bescheid vom 20. Juli 1999 der Mitbeteiligten gemäß § 4 VVG die Vorauszahlung von mit S 85.000,-- geschätzten Kosten für die Ersatzvornahme der mit dem angeführten Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde P vom 13. Oktober 1998 angeordneten Beseitigung der Holzlage auf. Gegen diesen, der Mitbeteiligten sowie der Marktgemeinde P zugestellten Bescheid erhob die Mitbeteiligte Berufung.
Auf Grund dieser Berufung wurde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft H vom 20. Juli 1999 mit dem erstangefochtenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 2 VVG ersatzlos behoben. Dieser, der Mitbeteiligten, der Marktgemeinde P sowie der Bezirkshauptmannschaft H zugestellte Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass die verfahrensgegenständliche Holzlage unter § 21 Abs. 1 Z. 3 des Steiermärkischen Baugesetzes - Stmk. BauG - als bewilligungsfreie bauliche Anlage eingestuft werden könne, weshalb eine Baubewilligung für diese konkrete Anlage nicht erforderlich und daher auch die Vollstreckung des Titelbescheides vom 13. Oktober 1998 nicht zulässig sei, weshalb der von der Vollstreckungsbehörde erster Instanz erlassene Kostenvorauszahlungsauftrag zu beheben gewesen sei.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2002 begehrte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde, ihm den erstangefochtenen Bescheid zuzustellen.
Nach der Aktenlage wurde dem Beschwerdeführer der erstangefochtene Bescheid mit einem Begleitschreiben der Bezirkshauptmannschaft H vom 31. Juli 2002 übermittelt. Der Beschwerdeführer ist in diesem Bescheid nicht als Bescheidadressat angeführt.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 2. August 2002 wurde dieser Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 8 AVG i.V.m. § 10 Abs. 1 VVG mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei einem Vollstreckungsverfahren um ein Einparteienverfahren handle und hier lediglich der Verpflichtete Partei sei, weshalb auch nur diesem das Recht auf Erhebung der Berufung sowie auf Zustellung des Bescheides zustehe.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, sie wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte im Verfahren zu Zl. 2002/06/0143 die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung dieser Beschwerde, auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung dieser Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes - VVG lautet:
"§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.
(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."
Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 16. Februar 2000 wurde ein von der Bezirkshauptmannschaft H gegen die Mitbeteiligte erlassener Kostenvorauszahlungsauftrag gemäß § 4 Abs. 2 VVG behoben. Bei einem derartigen Kostenvorauszahlungsauftrag handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um keine Vollstreckungsverfügung (vgl. die von Walter/Thienel in: Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, II. Band, 2. Auflage 2000, zu § 4 VVG unter E 127 ff dargestellte hg. Rechtsprechung), sondern um einen Bescheid, der der Schadloshaltung des Trägers der Vollstreckungsbehörde hinsichtlich des in § 4 Abs. 1 VVG normierten Ersatzanspruches gegenüber dem Verpflichteten dient. Darauf, dass sich die Vollstreckungsbehörde im Verfahren zur Vollstreckung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages gegen den Eigentümer des betroffenen Grundstückes eines Kostenvorauszahlungsauftrages für die Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs. 2 VVG bedient, hat der Nachbar weder nach dem Steiermärkischen Baugesetz noch nach dem VVG einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse, er besitzt im diesbezüglichen Verfahren daher keine Parteistellung.
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die in der Begründung des erstangefochtenen Bescheides vertretene Auffassung wendet, der dem eingeleiteten Vollstreckungsverfahren zu Grunde liegende Titelbescheid sei unwirksam geworden, kann er durch diese schon deswegen nicht in Rechten verletzt sein, weil es sich bei dieser Aussage nur um die Beantwortung einer Vorfrage handelt, die nicht Teil der Rechtskraft dieses Bescheides geworden ist.
Durch den erstangefochtenen Bescheid konnte der Beschwerdeführer daher nicht in Rechten verletzt sein, weshalb die zu Zl. 2002/06/0142 protokollierte Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen war.
Die zu Zl. 2002/06/0143 erhobene Beschwerde war hingegen aus denselben Gründen als unbegründet abzuweisen.
Ob die Nachbarrechte des Beschwerdeführers im Rahmen eines baupolizeilichen Verfahrens nach § 41 Abs. 6 des Steiermärkischen Baugesetzes entsprechende Berücksichtigung finden können (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2003, Zl. 2002/06/0033, und vom 30. März 2004, Zl. 2002/06/0155), war im vorliegenden Fall ebenso wenig zu beurteilen, wie die Auffassung der belangten Behörde, der Titel sei nicht mehr vollstreckbar (siehe allerdings das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 98/06/0228).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 22. Juni 2004
Schlagworte
Baurecht Nachbar Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar Diverses BauRallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002060142.X00Im RIS seit
22.07.2004