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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde 1. der A W, und 2. der L F, beide in G, vertreten durch Dr. Gerhard Richter, Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 30. September 2002, Zl. A 17 - 2.747/2001 - 7, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: B-Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schönaugasse 4), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführerinnen insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Republik Österreich (Bundesgebäudeverwaltung), vertreten durch den Landeshauptmann für Steiermark als Rechtsvorgänger der mitbeteiligten Gesellschaft, suchte mit Eingabe vom 22. Dezember 2000 (Tag des Einlangens bei der Baubehörde erster Instanz) um die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Universitätsgebäudes für Musik und Musiktheater samt 21 PKW-Abstellplätzen auf den im Eigentum der Republik Österreich stehenden Grundstücken 9/2 und 9/3 der KG S - in der Folge ergänzt auf die Grundstücke .10/1, .10/2 und 9/1 - an. Dieser - in der Folge zu Grundstück Nr. 9/3 vereinigte - Bauplatz liegt nach dem 2.0 Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz 2000 im Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet mit einer höchstzulässigen Bebauungsdichte von 0,5 - 2,5.
Mit Anfang des Jahres 2001 wurde das Eigentum an dem Bauplatz gemäß dem Bundesimmobiliengesetz BGBl. I Nr. 141/2000 (das verfahrensgegenständliche Grundstück ist in Anhang A angeführt) an die nunmehrige mitbeteiligte Gesellschaft übertragen.
Die Beschwerdeführerinnen sind Eigentümerinnen der Grundstücke .61 (Erstbeschwerdeführerin) und .64 (Zweitbeschwerdeführerin), jeweils KG S in G, welche von dem Bauplatz durch die öffentliche Verkehrsfläche 2030, KG S, mit der Bezeichnung L-Gasse, getrennt sind, und nach dem Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz im Allgemeinen Wohngebiet liegen.
Nach einem entsprechenden Vorhalt der erstinstanzlichen Behörde erklärte die mitbeteiligte Partei (ihrerseits vertreten durch die Immobilien-Management des Bundes Gesellschaft mbH), nicht nur Grundeigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke, sondern nunmehr auch Bauwerberin im vorliegenden Bauverfahren zu sein.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 8. Juli 2002 wurde der mitbeteiligten Gesellschaft die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung
a) eines Universitätsgebäudes für Musik und Musiktheater (auch für öffentlich zugängliche Veranstaltungen) und
b) von 7 PKW-Abstellplätzen
auf den Grundstücken Nr. 9/1, .10/1, 9/3 und .10/2, alle KG II S in G, unter gleichzeitiger Vorschreibung diverser Auflagen erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen Berufungen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diesen Berufungen keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Nach Darstellung des Verfahrensganges, wörtlicher Wiedergabe der Berufungsausführungen sowie Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Grundstücke der beiden Beschwerdeführerinnen seien vom gegenständlichen Bauplatz durch die öffentliche Verkehrsfläche L-Gasse (Grundstück Nr. 2030) getrennt. Gemäß § 13 Abs. 13 Stmk. BauG gälten die Absätze 1 bis 12 und somit auch die Bestimmungen über die Gebäudeabstände und den Grenzabstand, nicht für Gebäude gegenüber öffentlichen Verkehrsflächen. Zu den vom gegenständlichen Bauplatz durch die öffentliche Verkehrsfläche L-Gasse getrennten Grundstücken der Beschwerdeführerinnen liege somit keine Abstandsverletzung vor, abgesehen davon, dass seitens der Nachbarn auch keine diesbezügliche Abstandsverletzung geltend gemacht worden sei, sondern sich ihr Vorbringen lediglich auf eine Abstandsunterschreitung der bereits bestehenden Objekte zum zukünftigen Objekt auf dem Bauplatz selbst bezogen hätte. Hinsichtlich der Einhaltung der Mindestabstände der Gebäude auf dem Bauplatz selbst zueinander stehe dem Nachbarn aber kein Mitspracherecht zu. Ein Rechtsanspruch auf Einhaltung der gesetzlichen Mindestabstände bestehe für den Nachbarn ausschließlich jeweils zu seiner eigenen Liegenschaft.
Zum Berufungsvorbringen, der Bauplatz bestehe aus mehreren Grundstücken, es bestehe kein einheitliches Grundstück im Sinne des Vermessungsgesetzes, diese gehörten auch verschiedenen Kategorien des Flächenwidmungsplanes an, sei festzustellen, dass es einerseits zulässig sei, dass die einen Bauplatz bildenden Grundstücke im Flächenwidmungsplan unterschiedlich ausgewiesen seien, im Gegenstandsfall also Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet bzw. Freiland - öffentliche Parkanlage sowie Sonderfläche Hochschule - Universität. Ebenso zulässig sei es im Sinne des § 22 Abs. 2 Z. 3 Stmk. Baugesetz, dass ein Bauplatz kein Grundstück im Sinne des Vermessungsgesetzes darstelle, wenn - wie hier - bereits bestehende Bauten vorhanden seien.
Auch stehe dem Nachbarn kein Mitspracherecht hinsichtlich der Übereinstimmung eines Bauvorhabens mit den Bestimmungen des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1980 bzw. überhaupt hinsichtlich schönheitlicher Rücksichten zu.
Hinsichtlich der geltend gemachten Lärmimmissionen sei darauf zu verweisen, dass für die Baubehörde allein die Widmung des zu bebauenden Grundstückes, nicht aber die Widmung der Grundstücke der Nachbarn, entscheidend sei. Jener Bauplatzteil, auf welchem das Bauvorhaben errichtet werden solle, sei im 2.0 Flächenwidmungsplan 1990 sowie im 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 als Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet (ausgenommen Einkaufszentren) ausgewiesen. Gemäß § 23 Abs. 5 lit. c des Stmk. Raumordnungsgesetzes seien dies Flächen, die vornehmlich für Verwaltungsgebäude, Büro- und Kaufhäuser, Hotels, Theater, Kirchen, Versammlungsräume, Gast- und Vergnügungsstätten odgl. bestimmt seien, wobei auch die erforderlichen Wohngebäude und Garagen in entsprechender Verkehrslage sowie Betriebe, die sich der Eigenart des Büro- und Geschäftsgebietes entsprechend einordnen ließen und keine diesen Gebietscharakter widersprechenden Belästigungen verursachten, errichtet werden könnten. Die in § 43 Abs. 2 Z. 5 Baugesetz normierten "zufriedenstellenden Wohn- und Arbeitsbedingungen" wiesen als Maßstab zulässiger Immissionen auf das jeweils in einer Widmungskategorie zulässige Widmungsmaß hin. Solange sich eine Schallimmission im Rahmen des in einer bestimmten Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halte bzw. das für die Widmungskategorie geltende Widmungsmaß einhalte, sei davon auszugehen, dass zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen in diesem Sinne sichergestellt seien. Aus den lärmtechnischen Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. G. T vom 1. Juni 2001 bzw. 31. Jänner 2002 sowie dem schalltechnischen Sachverständigengutachten des Amtssachverständigen des Umweltamtes des Magistrats Graz ergebe sich nachvollziehbar, dass das Widmungsmaß durch das Summenmaß an zwei Immissionspunkten um 3 dB tagsüber überschritten werde, diese Überschreitung des Widmungsmaßes jedoch ausschließlich auf die bestehende Ist-Situation, verursacht durch den Verkehrslärm, zurückzuführen sei und das Prognosemaß unter dem Widmungsmaß liege. Die Ist-Situation werde durch das gegenständliche Projekt nicht erhöht. Dies sei aus dem Grunde beachtlich, weil der Gutachter vom Widmungsmaß für allgemeines Wohngebiet ausgegangen sei und nicht richtigerweise von dem Widmungsmaß für Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet. Da das Prognosemaß schon unter dem Widmungsmaß für allgemeines Wohngebiet gelegen sei, liege es jedenfalls unter dem Widmungsmaß für Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet, sodass eine Verletzung der Nachbarn in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten nicht vorliege.
Das Vorbringen, dass auch von den beantragten 7 PKW-Abstellplätzen eine Lärmbeeinträchtigung ausgehen könne, werde erstmals in der Berufung erhoben und sei präkludiert.
Zum Berufungsvorbringen, durch das Bauvorhaben, insbesondere die reflektierende Stahlnetzgewebe-Fassade entstünden optische Reflexionen, welche zu einer Blendwirkung führten, sei festzustellen, dass Immissionen, die sich im Rahmen der in einer bestimmten Widmungskategorie üblichen Ausmaße hielten, von den Nachbarn hingenommen werden müssten. Dazu gehörten im Kern-, Büro, und Geschäftsgebiet zweifellos auch die möglicherweise auftretenden Emissionen in Form von Blendungen, die von einem Stahlnetzgewebe ausgehen könnten. Das Stmk. Baugesetz enthalte keine Grundlage für die Beschränkung der Baustoffe bei Gebäuden.
Zum weiteren Berufungsvorbringen, die im Bescheid der Behörde erster Instanz enthaltene Auflage 10 ("Veranstaltungen dürfen ausschließlich entweder im großen Saal des Objektes mit maximal 500 Besucherplätzen oder im Orchesterproberaum mit maximal 140 Besuchersitzplätzen (jedoch nicht gleichzeitig) durchgeführt werden") bringe keine Sicherstellung für die Nachbarschaft mit sich, sei festzustellen, dass die wiedergegebene Auflage bestimmt und auf Grund ihrer Bestimmtheit bei Nichteinhaltung auch vollstreckbar sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 25. November 2002, B-1663/02-3, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde, in welcher nach auftragsgemäßer Ergänzung die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die belangte Behörde legte überdies auch die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie die belangte Behörde bereits zutreffend dargelegt hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u. v.a.). Dies gilt auch für den Nachbarn, der im Sinne des § 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1999 die Parteistellung beibehalten hat.
Gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 des Steiermärkisches Baugesetzes - Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, in der Fassung LGBl. Nr. 33/2002, kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist diese Aufzählung taxativ (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 2000, Zl. 98/06/0073, und vom 22. April 1999, Zl. 97/06/0220).
Auch entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Verfahrensrechte der Partei nicht weiterreichen als die von ihnen geltend gemachten materiellen Rechte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2003, Zl. 2002/06/0068, und die dort angegebene Judikatur).
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften machen die Beschwerdeführerinnen eine Verletzung der gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 für den Immissionsschutz relevanten Verfahrensbestimmung des § 22 Abs. 5 Stmk. BauG geltend, da die Zusammenlegung der Grundstücke 9/3 und 9/1 bzw. .10/1 und .10/2 zu einem einheitlichen Bauplatz unzulässig sei, da es sich bei diesen Grundstücken um in verschiedene Widmungskategorien fallende Grundstücke handle und die Konsenswerberin nicht in der Lage sei, für den gesamten Bauplatz den Nachweis eines einheitlichen Grundstückes im Sinne des Vermessungsgesetzes zu erbringen. Die von der Behörde zitierte Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Stmk. Baugesetz 1995 sei auf das gegenständliche Bauvorhaben nicht anwendbar.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides greifen die Beschwerdeführerinnen wiederum die Unzulässigkeit der Einbeziehung auch der im Freiland gelegenen Flächen in den "erweiterten" Bauplatz auch mit dem Argument auf, es sei einer Umgehung der Bebauungsdichtebestimmungen damit Tor und Tür geöffnet. Auch die Ausnahmebestimmung des § 22 Abs. 2 Z. 3 Stmk. Baugesetz 1995 sei nicht anwendbar, weil diese nur für bestehende Bauten anwendbar sei; "bestehende Bauten" seien im Gegenstandsfall überhaupt nur auf einem anderen Grundstück situiert und stünden mit dem gegenständlichen Bauvorhaben in keinem wie immer gearteten baulichen Zusammenhang. Auch hier sei durch die rechtswidrige Lesart der genannten Ausnahmebestimmung durch die belangte Behörde einer Umgehung der Abstandsbestimmungen Tür und Tor geöffnet.
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist zunächst festzustellen, dass im (ersten) Bauantrag vom 22. Dezember 2000 (Tag des Einlangens bei der Behörde erster Instanz) der Bauplatz mit den Grundstücken Nr. 9/2 und Nr. 9/3, vereinigt zu dem Grundstück Nr. 9/3, jeweils KG S, angegeben ist. Im modifizierten Bauansuchen vom 12. Dezember 2001 bzw. 11. Februar 2002 umfasst der Bauplatz (neu) die Grundstücke Nr. 9/3 sowie Nr. 9/1, Nr. .10/1 und Nr. .10/2 (Parkanlage sowie Haupt- und Nebengebäude des Palais M). Nach den konsentierten Bauplänen kommt das projektierte Gebäude ausschließlich auf dem Teilgrundstück Nr. 9/3 zu liegen, welches nach dem 2.0 Flächenwidmungsplan 1992 im "Kern- , Büro- und Geschäftsgebiet" mit einem Bebauungsdichtewert von 0,5 - 2,5 ausgewiesen ist. Auch im 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 ist die Widmung die gleiche. Die Grundstücke Nr. 9/1, Nr. .10/1 und Nr. .10/2 liegen nach dem 2.0 Flächenwidmungsplan 1992 der Landeshauptstadt Graz teilweise im Freiland mit der Kennzeichnung "Sonderfläche Hochschule - Universität" bzw. "öffentliche Parkanlage"; nach dem geltenden Flächenwidmungsplan 3.0 der Landeshauptstadt Graz 2002 liegen diese Grundstücke ebenfalls im als Freiland-Sonderfläche gewidmeten Gebiet.
Mit dem wiedergegebenen Vorbringen (soweit es sich nicht auf eine Verletzung des Immissionsschutzes bezieht) machen die Beschwerdeführerinnen jedoch keine Verletzung ihrer subjektivöffentlichen Nachbarrechte geltend, weil dem Nachbarn weder in Hinsicht auf die Einbeziehung eines im Freiland (hier: Sonderfläche) liegenden Grundstücks in den Bauplatz, nicht aber in die verbaute Fläche, bzw. in Hinsicht auf die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 22 Abs. 2 Z. 3 Stmk. BauG noch im Hinblick auf die Bauplatzeignung (§ 5) im Allgemeinen gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG 1995 ein Nachbarrecht eingeräumt ist (zu Letzterem vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2003, Zl. 2003/06/0052, und vom 23. Dezember 1999, Zl. 98/06/0206).
Gemäß § 22 Abs. 2 Z. 3 Stmk. BauG, in der Fassung LGBl. Nr. 33/2003, ist dem Bauansuchen auch der Nachweis, dass die zu bebauende Grundstücksfläche - sofern diese nicht in zwei Katastralgemeinden liegt - aus einem Grundstück im Sinne des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968, in der Fassung BGBl. Nr. 480/1980, besteht, anzuschließen. Der Nachweis kann entfallen für bestehende Bauten sowie für Bauten, die sich auf Grund ihrer Funktion üblicherweise über zwei Grundstücke erstrecken.
Aus der letztgenannten Bestimmung ergeben sich aber keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte, so dass den Beschwerdeführerinnen auch hinsichtlich der Frage, ob unzulässigerweise ein einheitliches Projekt zwei Grundstücke (und zwei bücherliche Einlagezahlen) umfasse, kein Mitspracherecht zukommt (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 2000, Zl. 99/06/0199).
Insoweit die Beschwerdeführerinnen den angefochtenen Bescheid unter dem Blickwinkel des § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. Baugesetz zu bekämpfen suchen, das vorliegende Projekt widerspreche dem Flächenwidmungsplan (auch) in Bezug auf die (mögliche) Überschreitung der höchst zulässigen Bebauungsdichte, ist ihnen entgegenzuhalten, dass § 26 Abs. 1 Stmk. Baugesetz dem Nachbarn kein Recht auf Einhaltung der im Flächenwidmungsplan festgesetzten höchst zulässigen Dichte einräumt (vgl. dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 18. September 2003, Zl. 2003/06/0052), die geltend gemachte Flächenwidmungswidrigkeit daher lediglich unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes näher geprüft werden kann.
Ebenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften machen die Beschwerdeführerinnen geltend, die lärmtechnische Beurteilung des Sachverständigen sei unschlüssig und untauglich. Der Sachverständige sei bei Erstellung seiner Gutachten vom 1. Juni bzw. 5. Juli 2001 bzw. 31. Januar 2002 wegen geänderter Projektsituation von unrichtigen Prämissen ausgegangen. Zunächst habe er lediglich 6 Parkplätze in seine Beurteilung aufgenommen, während Gegenstand der Bewilligung 7 PKW-Parkplätze seien. Unrichtig sei auch seine Annahme, diese würden in der Nachtzeit nicht benützt werden. Realitätsfern seien auch die Annahmen des Sachverständigen in Bezug auf das Publikumsverhalten nach Ende einer Veranstaltung. Vielmehr sei nicht zu erwarten, dass sich - wie der Sachverständige angenommen habe - zwei Drittel des Publikums noch eine halbe Stunde nach Veranstaltungsende im Objekt befände, während lediglich ein Drittel "abgehe" und damit lärmtechnisch beurteilt worden sei. Es entspreche vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass innerhalb einer halben Stunde das gesamte Publikum das Veranstaltungsgebäude verlassen habe. Eine Besucheranzahl von 500 bei einer Veranstaltung bis 22.00 Uhr sei zulässig; in diesem Falle käme es zu lärmtechnisch relevanten Emissionen erst nach diesem Zeitpunkt, was nicht berücksichtigt worden sei. Auch sei unberücksichtigt geblieben, dass abgehendes Publikum nach einer Veranstaltung Gespräche führe. Diesbezüglich hätte es jedenfalls eines Anpassungswertes von zuzüglich 5 dB als Zuschlag zum Ausgangswert infolge der "Informationshaltigkeit" der Geräusche erfordert. Unter Berücksichtigung dieser Komponenten hätte sich ergeben, dass der Summenpegel jedenfalls höher und damit über dem Widmungsmaß gelegen sei. Auch hätte nicht die projektierte Anzahl von PKW-Abstellplätzen in die lärmtechnische Untersuchung einbezogen werden müssen, sondern jene gesetzlich geforderte Anzahl von Mindestabstellplätzen.
Vorauszuschicken ist, dass in Auflage 10 des Baubewilligungsbescheides Folgendes verfügt wurde:
"Veranstaltungen dürfen ausschließlich entweder im großen Saal des Objektes mit max. 500 Besuchersitzplätzen oder im Orchesterproberaum mit max. 140 Besuchersitzplätzen (jedoch nicht gleichzeitig) durchgeführt werden.
Bei einer Veranstaltungsdauer über 22.00 Uhr hinaus dürfen Veranstaltungen im großen Saal des Objekts lediglich mit max. 350 Besuchersitzplätzen durchgeführt werden."
Auf diesen bescheidmäßigen Vorgaben basieren die Ausführungen des Sachverständigen.
Dieses Gutachten wurde den Beschwerdeführerinnen jedoch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - insoweit sich dies aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt - nicht gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnisnahme und allfälligen Äußerung zugestellt, so dass die nunmehr in der Beschwerde dagegen erhobenen Bedenken vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifen waren, weil auch das Neuerungsverbot des § 41 VwGG nicht verhindern kann, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wenn der/die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit hatte/n, zu den von der Behörde zu Grunde gelegten Annahmen des Sachverständigen Stellung zu nehmen.
Die oben dargestellten Argumente gegen die Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens vom 31. Jänner 2002 erweisen sich aber als so schwer wiegend, dass eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen unumgänglich erscheint.
Da nicht gesagt werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des aufgezeigten Verfahrensmangels nicht zu einem anderen, für die Beschwerdeführerinnen günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Beschwerdeausführungen eingegangen werden musste.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. Juni 2004
Schlagworte
Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002060197.X00Im RIS seit
10.08.2004