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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, in der Beschwerdesache des D in H, vertreten durch Mag. Markus Peißl, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Pestalozzistraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 24. November 2003, Zl. 437.871/39-V.4/2003, betreffend Strafvollzugsortsänderung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verbüßt eine langjährige Freiheitsstrafe und wurde seit 8. September 1999 in der Justizanstalt Graz-Karlau angehalten.
Mit Eingabe vom 7. Mai 2003 beantragte der Beschwerdeführer die Änderung des Strafvollzugsortes durch Verlegung in die Justizanstalten Wien-Simmering, Hirtenberg oder Sonnberg. Einerseits wolle der Beschwerdeführer "meinen Beruf als Maler und Anstreicher Fertiglernen", was ihm in der Justizanstalt Graz-Karlau nicht möglich sei, andererseits könne er dort von seinen in Wien wohnenden Angehörigen wegen der Reisestrapazen und -kosten kaum besucht werden. Außerdem beabsichtige der Beschwerdeführer, sich nach seiner Haftentlassung wieder in Wien niederzulassen; dafür nötige Vorbereitungen (Wohnungs- und Arbeitssuche) wären von Graz aus nicht möglich.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Ansuchen um Änderung des Vollzugsortes "gemäß § 10 (§ 134 Abs. 6) StVG" nicht Folge.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, sie anerkenne zwar, dass die Verlegung in eine dem Wohnsitz der Angehörigen des Strafgefangenen näher gelegene Justizanstalt wegen der Erleichterung der Besuchsmöglichkeit für ihn vorteilhaft und zu Förderung seiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft dienlich sein könnte. Dennoch "sprechen aber Bedenken der Erfordernisse der zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen vor allem in Hinblick auf die derzeit prekäre Haftsituation im Raum Wien und Umgebung gegen seine Verlegung." Die Justizanstalten Wien-Simmering, Hirtenberg und Sonnberg seien "derzeit an der Grenze bzw. zum Teil über der Grenze ihrer Belagskapazität" und es seien nach den Erfahrungen der belangten Behörde in den nächsten Monaten "weitere Belastungen" zu erwarten. Für Einlieferungen und Strafantritte müsse "jedenfalls eine ausreichende Platzreserve" in diesen Anstalten bestehen bleiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Bei der Aktenvorlage teilte die belangte Behörde mit, dass die Überstellung des Beschwerdeführers in die Justizanstalt Hirtenberg "zwischenzeitig" veranlasst worden sei. Der Vertreter des Beschwerdeführers übermittelte in der Folge eine in diesem Sinn am 7. Mai 2004 ergangene Anordnung der belangten Behörde.
Im Hinblick darauf, dass damit dem verfahrenseinleitenden Ansuchen des Beschwerdeführers vom 7. Mai 2003 nunmehr entsprochen wurde, erklärte der Beschwerdeführer in seiner - ihm zur Frage der Gegenstandslosigkeit vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten - Stellungnahme vom 2. Juni 2004, er habe "kein konkretes rechtliches Interesse an der Feststellung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides mehr" und er sei "durch die belangte Behörde klaglos gestellt" worden. Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. den hg. Beschluss vom 24. April 2003, Zl. 2001/20/0695, den hg. Beschluss vom 21. November 2002, Zl. 2000/20/0093, und schließlich den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2003/20/0646; siehe auch den hg. Beschluss vom 19. Februar 2004, Zl. 2002/20/0547).
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers in der genannten Äußerung liegt kein Fall einer formellen Klaglosstellung vor (siehe auch dazu den zuletzt zitierten Beschluss vom 19. Februar 2004; weitere Nachweise etwa auch in Mayer, BVG3, Anm. II zu § 33 VwGG), sodass ein Kostenzuspruch nach § 56 erster Satz VwGG nicht in Betracht kommt.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich vielmehr auf § 58 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Nach der erstgenannten Bestimmung ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen. Die demnach vorzunehmende hypothetische Beurteilung des Beschwerdeerfolges führt im vorliegenden Fall zu einem Kostenzuspruch an den Beschwerdeführer, weil die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid wegen der in der vorliegenden Form nicht nachvollziehbaren Ausführungen zur "derzeit prekären Haftsituation", zur "Grenze der Belagskapazität" und zur "ausreichenden Platzreserve" mit einem wesentlichen Begründungsmangel belastet hat (vgl. zum bloßen Hinweis auf "die fehlende Platzkapazität" das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2003, Zl. 2003/20/0222, das zur Argumentation mit dem bloßen Hinweis auf "Belagsgründe" auf das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1987, Zl. 86/01/0206, verweist).
Wien, am 24. Juni 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003200541.X00Im RIS seit
19.10.2004