TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/30 2001/09/0182

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Veröffentlicht am 30.06.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
43/01 Wehrrecht allgemein;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
67 Versorgungsrecht;

Norm

ADV §31 Abs1;
ADV §31 Abs2;
ASVG §175 Abs2;
HVG §1 Abs2 Z6;
HVG §1 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des T in T, vertreten durch Dr. Mario Noe-Nordberg, Rechtsanwalt in 3830 Waidhofen an der Thaya, Hamernikgasse 10, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen vom 1. August 2001, Zl. OB. 214-486153- 008, betreffend Beschädigtenversorgung nach dem Heeresversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1966 geborene Beschwerdeführer war ab 22. Oktober 1991 zu einer Kaderübung beim österreichischen Bundesheer am Truppenübungsplatz A (Niederösterreich) einberufen worden; er nahm daran teil und wurde mit 29. Oktober 1991 vorzeitig entlassen. Zur Zeit der genannten Kaderübung hatte der Beschwerdeführer seine Wohnung in W.

Am 24. Oktober 1991, um etwa 22.10 Uhr, erlitt der Beschwerdeführer, als er mit dem PKW von Groß-Siegharts kommend in Richtung T (Landesstraße) unterwegs war, im Bereich der Südeinfahrt T einen Verkehrsunfall, der für ihn schwere Gesundheitsschädigungen zur Folge hatte.

Am 18. Jänner 2001 meldete der Beschwerdeführer entsprechend dem § 83 Abs. 1 Heeresversorgungsgesetz (HVG) bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt Versorgungsansprüche nach dem HVG an; er machte geltend, er habe einen Dienstunfall erlitten, weil er sich "auf dem Weg von einem Ort der militärischen Dienstleistung zu einem Ort des bewilligten Aufenthaltes" befunden habe. Dieser Antrag langte am 22. Jänner 2001 beim zuständigen Bundessozialamt Wien Niederösterreich Burgenland ein. Über Aufforderung dieses Bundessozialamtes ergänzte der Beschwerdeführer unter Verwendung eines ihm übermittelten Formblattes seinen Antrag unter anderem dahingehend, er habe den Verkehrsunfall "auf der Reise zum bewilligten Aufenthaltsort (Übernachtung bei meiner Mutter in T)" erlitten, bzw. es sei ein "Wegunfall während eines Ausganges" vorgelegen gewesen.

Mit Bescheid vom 24. April 2001 hat das Bundessozialamt Wien Niederösterreich Burgenland die vom Beschwerdeführer mit seinem Antrag vom 22. Jänner 2001 (im Einzelnen näher bezeichneten) Gesundheitsschädigungen nicht als Dienstbeschädigungen anerkannt und die von ihm begehrte Gewährung von Beschädigtenversorgung abgelehnt.

Zur Begründung führte das Bundessozialamt im Wesentlichen aus, es liege kein Wegunfall im Sinne von § 1 Abs. 2 HVG vor, weil der Unfall des Beschwerdeführers sich nicht zwischen dem Ort der militärischen Dienstleistung und seiner Wohnung bzw. einem allfälligen Dienstfreistellungsort ereignet habe; nach den erhobenen Unterlagen des Militärkommandos Niederösterreich habe der Unfall "außer Dienst" stattgefunden und angeblich seien an diesem Tag weder eine Dienstfreistellung noch ein Ausgang gewährt worden.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe sich "auf einem genehmigten Weg" befunden. Er habe schon bei vorangegangenen Übungen (als Zeitsoldat) seinen Aufenthalt in seinem Elternhaus in T gemeldet. Auch am Unfalltag habe er sich beim Verlassen des Truppenübungsplatzes (Lager K) beim dienstführenden Unteroffizier abmelden müssen; seinen Aufenthaltsort (Elternhaus in T) habe er damals nochmals bekannt gegeben. Er habe somit eine "Erlaubnis und Genehmigung" für den Ausgang und den Aufenthalt im Elternhaus anstelle seiner Wohnung gehabt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 1. August 2001 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensverlaufes bzw. des unstrittigen Sachverhaltes aus, nach den eingeholten Unterlagen des Militärkommandos Niederösterreich habe sich der Unfall jedenfalls außer Dienst ereignet, und es sei damals weder eine Dienstfreistellung noch ein Ausgang gewährt worden. Davon ausgehend liege kein Wegunfall im Sinne des § 1 Abs. 2 HVG vor.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

§ 1 Abs. 2 HVG (BGBl. Nr. 27/1964 in seiner zuletzt geänderten mit 1. Jänner 2001 in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 70/2001) hat folgenden - aus der Sicht des Beschwerdefalles in Betracht zu ziehenden - Wortlaut:

"Eine Gesundheitsschädigung, die ein Wehrpflichtiger oder eine Frau im Ausbildungsdienst auf einem der folgenden Wege erlitten hat, ist ebenfalls als Dienstbeschädigung zu entschädigen, wenn sie nicht auf ein grob fahrlässiges Verhalten des Wehrpflichtigen oder der Frau im Ausbildungsdienst zurückzuführen ist:

1. Auf dem Weg zum Antritt des Präsens- oder Ausbildungsdienstes oder auf dem Heimweg nach dem Ausscheiden aus dem Präsens- oder Ausbildungsdienst,

...

5. Im Falle einer Dienstfreistellung auf dem Weg vom Ort der militärischen Dienstleistung zum Ort des bewilligten Aufenthaltes oder auf dem Rückweg,

6. Im Falle eines Ausganges auf dem Hin- oder Rückweg zwischen der Wohnung und dem Ort der militärischen Dienstleistung,

..."

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0232, vom 1. Juli 1998, Zl. 96/09/0167, und vom 26. September 1991, Zl. 89/09/0003) setzt die erweiterte Anerkennung einer (auf bestimmten Wegen erlittenen) Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung voraus, dass sich der Unfall auf dem Weg zwischen dem Ort der militärischen Dienstleistung und der Wohnung oder auf dem Rückweg ereignete. Das HVG legt in § 1 Abs. 2 den Ausgangs- und den Endpunkt des geschützten Weges fest. Wird daher der Weg von einem anderen als dem geschützten Ausgangspunkt oder zu einem anderen (als dem geschützten) Endpunkt angetreten, besteht kein Schutz nach dem HVG.

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob sich der Beschwerdeführer im Unfallszeitpunkt auf einem nach den wiedergegebenen Bestimmungen des HVG geschützten Weg befunden hat. Der Beschwerdeführer behauptet jedenfalls nicht, er habe sich im Unfallszeitpunkt auf einem sogenannten "Umweg" oder auf dem Weg zwischen dem Ort der militärischen Dienstleistung und seiner Wohnung in W befunden.

In seiner Beschwerde setzt der Beschwerdeführer sich zunächst damit auseinander, dass die Behörde erster Instanz bei ihren Feststellungen betreffend Ausgang und Dienstfreistellung das Wort "angeblich" verwendet habe, während die belangte Behörde dies in diesem Zusammenhang unterlassen habe. Inwiefern die belangte Behörde allein dadurch ihre Entscheidung mit einem Begründungsmangel belastet habe, ist vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen, ist den (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten) eingeholten militärischen Unterlagen doch nicht zu entnehmen, der Beschwerdeführer sei am 24. Oktober 1991 aufgrund seiner Dienstfreistellung an einem bewilligten Aufenthaltsort abwesend gewesen, bzw. fehlen Aufzeichnungen über die näheren Umstände seines Ausganges. Dem Beschwerdevorbringen ist aber dafür, dass dem Beschwerdeführer im Unfallszeitpunkt Dienstfreistellung gemäß § 53 Wehrgesetz 1990 (BGBl. Nr. 305/1990) gewährt worden sei, kein stichhaltiges Argument zu entnehmen. Von daher kann dem Beschwerdeführer ein Aufenthalt in T nicht als Dienstfreistellungsort bewilligt worden sein. Der Beschwerdeführer befand sich daher, geht man von seinem Vorbringen und den (noch) vorliegenden militärischen Unterlagen aus, nicht auf einem geschützten Weg im Sinne der Z 5 des § 1 Abs. 2 HVG.

Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, es bestünde kein Anhaltspunkt dafür, er habe sich "unerlaubt" vom Truppenübungsplatz Allentsteig entfernt. Die Versorgungsbehörden haben dies ohnedies nicht angenommen, sondern sie haben übereinstimmend zugrunde gelegt, dass der Beschwerdeführer sich im Unfallszeitpunkt "außer Dienst" (gemeint damit: nach Beendigung seiner dienstlichen Inanspruchnahme; vgl. § 29 ADV) befunden hat. Dem Beschwerdeführer ist darin zu folgen, dass er nach § 31 Abs. 1 ADV berechtigt war, "die Kaserne nach Dienstschluss zu verlassen", sodass sein Unfall sich während seines Ausganges nach Dienstschluss ereignete. Von daher ist für die Anerkennung als "Wegunfall" allerdings entscheidend, ob der Beschwerdeführer sich im Unfallszeitpunkt auf einem geschützten Weg im Sinne der Z 6 des § 1 Abs. 2 HVG befand. Dass er nicht auf dem Weg zwischen dem Truppenübungsplatz und seiner Wohnung in W unterwegs war, ergibt sich schon aus seinem Vorbringen.

Einer "Genehmigung" seines während seines Ausganges beabsichtigten Aufenthaltes (in T) bedurfte es ebensowenig, wie dem Beschwerdeführer auch nicht Ausgang zu "gewähren" war, weil er - wie insoweit in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wurde - zu diesem Ausgang nach § 31 Abs. 2 ADV berechtigt war. Dass der Beschwerdeführer seinen während des Ausganges beabsichtigten Aufenthaltsort (etwa aus militärischen Erfordernissen, um mit ihm Kontakt aufnehmen zu können) vor dem Verlassen des Truppenübungsplatzes gemeldet hat, bedeutet jedoch nicht, dass allein deshalb der Weg zu diesem beabsichtigten Aufenthaltsort zum Schutzbereich des HVG gehörte bzw. dadurch in diesen einbezogen wurde. Es stand grundsätzlich im Belieben des Beschwerdeführers, ob er Ausgang nimmt und in welcher Weise er von seinem Ausgang Gebrauch machte. Dass der Beschwerdeführer etwa während seines Ausganges nicht zu seiner Wohnung in W sondern zu seinen Eltern in T unterwegs war, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet hat, dass es sich um seine Wohnung handelt. Auch von daher ist ein Versorgungsschutz nach dem HVG ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer befand sich daher im Unfallszeitpunkt nicht auf einem geschützten Weg im Sinne der Z 6 des § 1 Abs. 2 HVG.

Insoweit der Beschwerdeführer unter Berufung auf Judikatur zum ASVG meint, T könne wegen der Nähe zum Ort der militärischen Dienstleistung seinem "in W gelegenen Hauptwohnsitz" gleichgehalten werden, ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass der Versorgungsanspruch ausschließlich nach den (vom ASVG abweichenden) Bestimmungen des HVG zu prüfen ist (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 1991, Zl. 89/09/0003, und vom 23. April 1992, Zl. 91/09/0220). Zudem wird damit nur das persönliche Interesse des Beschwerdeführers, warum er nach T (statt zu seiner Wohnung in W) unterwegs war, dargetan. Die Voraussetzungen der Z 6 des § 1 Abs. 2 HVG sind - auch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers - somit nicht erfüllt.

Insoweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe seine Mutter sowie "einen informierten Vertreter des österreichischen Bundesheeres" nicht einvernommen, hat er es verabsäumt, die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensfehlers darzutun, ist seiner Beschwerde doch nicht einmal zu entnehmen, worüber diese Personen hätten vernommen werden sollen, bzw. inwieweit die belangte Behörde durch die Aussage dieser Zeugen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 30. Juni 2004

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001090182.X00

Im RIS seit

26.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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