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95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;Norm
IngG 1990 §4 Abs1 Z1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des T in G, vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwaltssozietät in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 14. Oktober 2002, Zl. 91.508/31553- I/3/02, betreffend Verweigerung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Oktober 2002 wies der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" vom 15. April 2002 mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ab. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am 24. September 1998 die Reifeprüfung (Kolleg) an einer Höheren Technischen Lehranstalt, Fachgebiet "Bautechnik-Hochbau", abgelegt. An Berufspraxis habe er durch die Vorlage entsprechender Dienstgeberbestätigungen Tätigkeiten seit dem 15. Mai 1999 bei einer Bau Gesellschaft m.b.H. als Bautechniker sowie seit dem 15. Juni 2000 bei der A. GmbH geltend gemacht. Die letztgenannte Gesellschaft befasse sich mit der Erzeugung von Transport- und Fertigbeton, Verleih und Einsatz von Baumaschinen (gemäß § 6 Z. 3 Gewerbeordnung 1973), Erzeugung von Fertigbeton, Sand- und Schottergewinnung, Durchführung von Erdarbeiten unter Ausschluss aller dem konzessionierten Baugewerbe vorbehaltenen Tätigkeiten und mit der Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr (Güterfernverkehr) - eingeschränkt auf die Verwendung von 10 Lastkraftwagen (gemäß § 3 Abs. 2 Z. 2 Güterbeförderungsgesetz) - und verfüge über die entsprechenden Gewerbeberechtigungen.
Nach dem Praxiszeugnis dieser Gesellschaft sei der Beschwerdeführer als Techniker beschäftigt gewesen und habe Tätigkeiten in folgenden Bereichen ausgeübt: Baustellenbetreuung in technischen und kaufmännischen Belangen, Führung von Mitarbeitern, Kalkulation von Angeboten, Nachkalkulation von Baustellen, Erstellung von Ausschreibungen sowie Bestandsaufnahmen. Über Aufforderung habe der Beschwerdeführer eine "Projektliste samt Spezifikation" über die bei diesen Gesellschaften durchgeführten bzw. umgesetzten Projekte vorgelegt. Danach habe er als Techniker bei der A. GmbH an mehreren näher bezeichneten Bauvorhaben im Rahmen seines Aufgabenbereiches "Abrechnung der Baustellen nach Aufmaß, Überwachung und Controlling der Baustellen, Materialeinkauf und Preisverhandlungen" folgende Tätigkeiten ausgeübt:
"Bauvorhaben Arge P., G.:
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technische Schwierigkeiten, da Teilabbrüche
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Vorkehrungen - Baugrubensicherung zur Straße Bauvorhaben S., F.:
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bodenmechanische Maßnahmen - Bodenaustausch und Verbesserung
Bauvorhaben U., E.:
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technische Schwierigkeiten, da Teilabbrüche in der Innenstadt
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Sicherungsmaßnahmen
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Bestandsaufnahme bzw. besondere Vorsicht bei Nachbargebäuden Bauvorhaben G., K.:
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Abbruch im Inneren der Werkstätte
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Trennung der gefährlichen Stoffe Bauvorhaben P. C. von H. Straße:
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vorsichtiges Heranarbeiten an die HDBV-Baugrubensicherung"
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen führte die belangte Behörde rechtlich aus, die für die Verleihung des Ingenieurtitels erforderliche Berufspraxis müsse überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand haben, die den vermittelten Lehrinhalten der gewählten Fachrichtung - im vorliegenden Fall "Bautechnik-Hochbau" - entsprächen. Nach der Stundentafel des Reifeprüfungszeugnisses des Beschwerdeführers sei neben den allgemein-bildenden Fächern der Schwerpunkt der Ausbildung in den Gegenständen Bauzeichnen und Konstruktionsübungen, Entwurfszeichnen, Statik, Baukonstruktionslehre, Gebäudelehre, Stahlbetonbau, Stahlbau und konstruktiver Holzbau, Tiefbaukunde, Gestaltungslehre, Baustillehre, Vermessungskunde, Baubetriebslehre und Baumaschinenkunde gelegen gewesen. Die geltend gemachte Berufspraxis bei der A. GmbH habe nicht überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand gehabt, die das Spezifikum des Fachgebietes "Bautechnik-Hochbau" darstellten, sondern überwiegend gewerbliche Tätigkeiten, die im Bereich der Gewerbeberechtigungen dieser Gesellschaft lägen. Die dort zurückgelegte Berufspraxis habe nur einen kleinen Bereich jener Tätigkeiten abgedeckt, welche höhere ingenieurmäßige Fachkenntnisse auf dem genannten Fachgebiet vorausgesetzt hätten, zumal auch bei der Durchführung von Erdarbeiten alle dem konzessionierten Baugewerbe vorbehaltenen Tätigkeiten ausgeschlossen seien. Bei den aufgezählten Bauvorhaben müsse davon ausgegangen werden, dass diese entsprechend dem Gewerberechtsumfang erfolgt seien, weil trotz ausdrücklicher Aufforderung keine weiteren Beweismittel und Unterlagen vorgelegt worden seien.
Der Aufgabenbereich des Hochbautechnikers umfasse die Konstruktion von Bauwerken des Hochbaues. Im Hochbau planten und konstruierten Bautechniker Bauwerke, die über Niveau lägen, wie z. B. Wohn-, Verwaltungs-, Büro-, Krankenhaus- und Industriebauten. Dabei seien technische Berechnungen (Tragfähigkeit der Bauwerke, Materialbedarfsermittlung) durchzuführen. Die Darstellung der Projekte erfolge in Form von Plänen, die anschließend bei der Baubehörde zur Genehmigung einzureichen seien. Zur Bauausführung seien Polierpläne im Maßstab 1:50, für Stahlbetonbauten auch Schalungspläne sowie Wiegepläne für Bewehrungen (Stahleinlagen im Beton) zu erstellen. Diese Zeichentätigkeit erfolge am Computer (CAD). Darüber hinaus seien Bautechniker bei der Bauausführung (Bauleitung, Baumanagement, Baukalkulation, Bauabrechnung) sowie bei der Bauüberwachung (Kontrolle der Bauausführung durch den Bauherrn) eingesetzt. Ihnen obliege es, die Entwürfe von Gebäuden und baulichen Anlagen auszuarbeiten, deren baubehördliche Genehmigung vorzubereiten, die erforderlichen bautechnischen Details zu planen, die Angaben der Baunebengewerbe zu integrieren, für die Bauherrschaft treuhändisch durch Ausschreibung, Anbotseinholung und Vergabe tätig zu werden, Baustellen zu leiten und die Kollaudierung zu erwirken.
Solche anrechenbaren, höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes Hochbau voraussetzenden Tätigkeiten gingen aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen nicht hervor und seien auch nicht geltend gemacht worden, sodass die Voraussetzungen für die Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" nicht gegeben seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt. Er bringt vor, es sei nur auf Grund der Gewerbeberechtigung der A. GmbH, die kein Baumeistergewerbe, sehr wohl aber die Durchführung von Erdarbeiten, die Erzeugung von Transport- und Fertigbeton, den Verleih und Einsatz von Baumaschinen sowie die Sand- und Schottergewinnung umfasse, angenommen worden, dass er keine seiner Reifeprüfung entsprechenden spezifischen Tätigkeiten auf dem Fachgebiet "Bautechnik-Hochbau" ausgeübt habe. Tatsächlich habe er bei zahlreichen in seinem Antrag im Einzelnen angeführten Baustellen die Abrechnung nach Ausmaß, die Überwachung und das Controlling sowie den Materialeinkauf und die Preisverhandlungen eigenverantwortlich durchgeführt. Diese als Referenzen angeführten Bauvorhaben hätten u.a. technisch schwierige Teilabbrüche, Baugrubensicherungen, bodenmechanische Maßnahmen, Teilabbrüche in der Innenstadt und Bestandsaufnahmen umfasst. Diese Tätigkeiten seien überwiegend für das Fachgebiet HTL Bautechnik-Hochbau fachspezifisch. Auch ohne eine Gewerbeberechtigung der A. GmbH für das Baumeistergewerbe könnten dennoch für die HTL "Bautechnik-Hochbau" fachspezifische Tätigkeiten im Sinne des § 2 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Durchführung des Ingenieurgesetzes 1990 anfallen.
Die A. GmbH sei hauptsächlich mit der Erzeugung von Beton, der Lieferung dieses Transportbetons an Ort und Stelle sowie mit der Beistellung der hiefür notwendigen Maschinen befasst. Zusätzlich würden die Rohstoffe für den erzeugten Beton (außer Zement) selbst gewonnen. Diese Tätigkeiten seien "natürlich vor allem auf den Hochbau ausgerichtet", weil im so genannten Tiefbau im Zuge von reinen Erdbewegungsarbeiten gar kein Beton gebraucht werde. Die Errechnung der benötigten Betonmengen, die Bestimmung der für Bauwerke notwendigen Betonqualitäten, die Sicherstellung der Erfüllung der strengen Betonnormen, die Bestandsaufnahme und Erstellung von Ausschreibungen sowie die Kalkulation von Angeboten bzw. die Nachkalkulation von Baustellen betreffe aber fast gänzlich Hochbau-Tätigkeiten der A. GmbH, wobei diese nicht notwendigerweise als Baumeister tätig werde, sondern vielmehr im Auftrag der den Beton abnehmenden ausführenden Baufirmen diese Tätigkeiten spezifisch für den Hochbau wahrnehme.
Mit seiner Tätigkeit und seiner Stellung im Unternehmen sei auch die Führung von Mitarbeitern und die Baustellenbetreuung im technischen und kaufmännischen Bereich verbunden gewesen; er sei mit dem Einkauf von Rohstoffen und Produkten befasst gewesen, was von der belangten Behörde auch nicht in Abrede gestellt werde. In der Stundentafel der HTL-Matura seien auch Tiefbaukunde, Baubetriebslehre, Baumaschinenkunde, Stahlbetonbau, Bauzeichnung und Konstruktionsübungen enthalten, also Tätigkeiten, die er der Behörde nachgewiesen habe und die von ihr auch anerkannt worden seien. Es seien also laut Stundentafel zumindest teilweise auch Tiefbautätigkeiten durchaus für die Fachrichtung Rohbau fachspezifisch. Entsprechend den von ihm erbrachten Nachweisen sei er bei den aufgezählten Bauvorhaben mit genau jenen Tätigkeiten befasst gewesen.
Es sei unrichtig, die Tätigkeit der anstellenden Gesellschaft nur auf Grund ihrer Gewerbeberechtigung dahingehend zu definieren, diese nehme hauptsächlich Erdbewegungen vor, obwohl sie ein Lieferant von Transportbeton sei und für ihre Abnehmer im Zuge dieser Lieferungen hochbauspezifische Tätigkeiten wahrnehme, die im Zusammenhang mit der Einbringung von Beton notwendig seien.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die
a) die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und
b) eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.
Nach § 2 der zum Ingenieurgesetz 1990 ergangenen Durchführungsverordnung BGBl. Nr. 244/1991 ist eine berufliche Tätigkeit anzurechnen, wenn sie erlaubt und selbstständig oder in einem Dienstverhältnis ausgeübt wurde und "in überwiegendem Maße" höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetzt.
Der belangten Behörde ist zunächst beizutreten, dass Tätigkeiten, die typischerweise im Rahmen eines Gewerbes ausgeführt werden, für dessen Antritt keine entsprechende höhere Ausbildung gefordert wird, in der Regel nicht als höherwertige Tätigkeiten im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 angesehen werden können. Dies schließt aber nicht aus, dass im Rahmen eines solchen Gewerbebetriebes tatsächlich Tätigkeiten verrichtet werden, die derartige höhere Fachkenntnisse erfordern. In einem solchen Fall ist es allerdings Sache des Antragstellers, konkret darzutun, dass und aus welchen Gründen dies zutrifft (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2003, Zl. 2003/04/0088).
Die belangte Behörde ist ausgehend von den Gewerbeberechtigungen der A. GmbH und anhand der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen zu Recht zur Auffassung gelangt, die (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur mehr bei dieser Gesellschaft strittige) Berufspraxis hätte keine höheren Fachkenntnisse des vom Beschwerdeführer absolvierten Fachgebietes vorausgesetzt. Der Beschwerdeführer hat selbst darauf hingewiesen, die A. GmbH sei "hauptsächlich" mit der Erzeugung von Beton, der Lieferung dieses Transportbetons an Ort und Stelle sowie mit der Beistellung der hiefür notwendigen Maschinen befasst und dies durch eine Projektliste belegt.
Dass bereits die Erzeugung und Lieferung von Beton und die Beistellung der nötigen Maschinen eine spezifische Tätigkeit des Fachgebietes "Bautechnik-Hochbau" darstellte, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch mit dem weiteren Vorbringen, die genannten Tätigkeiten seien "auf den Hochbau ausgerichtet" und erfolgten "im Auftrag der ausführenden Baufirmen, die ja den Beton abnehmen" wird nicht dargetan, dass der Beschwerdeführer selbst diese hochbauspezifischen Tätigkeiten wahrgenommen habe. Ebenso wenig ergibt sich aus dem Hinweis auf "technische Schwierigkeiten" bei den bezeichneten Bauvorhaben, dass zu ihrer Überwindung höhere Fachkenntnisse entsprechend der vom Beschwerdeführer absolvierten Ausbildung erforderlich gewesen wären.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf die beispielsweise Aufzählung der Tätigkeiten in § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 244/1991 beruft, übersieht er, dass diese Tätigkeiten unter dem Vorbehalt anzurechnen sind, dass sie "in überwiegendem Maße" höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetzen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 30. Juni 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002040186.X00Im RIS seit
13.08.2004